Unter den segensreichen
Folgen der Ehe wird auch aufgeführt, daß sie die
Lebensdauer verlängere. Thatsächlich sterben von 1000 verheirateten
Männern durchweg weniger als von 1000 ledigen derselben Altersklasse. Bei den verheirateten
Frauen ist
dasselbe
Verhältnis in den höhern Altersklassen vorhanden; im
Alter von 20-30
Jahren ist das Sterblichkeitsprozent der verheirateten
Frauen infolge der mit den
Wochenbetten verknüpften Lebensgefahren etwas größer als bei den unverheirateten. In
Preußen
[* 12] starben 1886 von je 1000
Lebenden:
Der Einwand, das; vorwiegend gesunde
Personen heiraten, weniger lebenskräftige ledig bleiben, trifft gegenüber
den thatsächlichen Verhältnissen nicht zu. Sehr viele gesunde, kräftige
Männer in erwerbsfähiger
Lage bleiben unverheiratet,
weil sie das mit größern Mühen und Entbehrungen verknüpfte
Leben der Familienväter scheuen, und um nach ihrer Meinung
das
Leben besser genießen zu können. Über die größere oder geringere Erkrankungsfähigkeit der Eheleute gegenüber ledigen
Personen liegen zuverlässige Ermittelungen nicht vor.
Die
Statistik der
Irrenanstalten ergibt, daß das
Irresein bei Ledigen häufiger ist als bei Verheirateten derselben Altersstufen;
mdes gelangen auch wohl Ledige leichter in die Anstalt als Verheiratete, und viele bleiben ledig, weil
sie denKeim der psychischen
Störung schon
in sich tragen. Dessenungeachtet sind die
Differenzen so bedeutend, daß die Schutzkraft
der Ehe nicht abgeleugnet werden kann. Dieselbe beruht wohl zum Teil auf der Regelung des Geschlechtslebens und darauf,
daß das
Leben im allgemeinen durch die Ehe in ruhigere, gleichmäßigere
Bahnen gelenkt wird und Sorgen und
Kummer weniger nachteilig
wirken können. Im engsten Zusammenhang hiermit steht, daß
Selbstmord bei Eheleuten relativ seltener
als bei nicht und namentlich bei nicht mehr Verheirateten vorkommt. Die größte
Höhe erreicht die
Selbstmordziffer bei den
Geschiedenen.
Rudolf, protest. Theolog, geb. zu
Hainburg, studierte in
Heidelberg,
[* 13]
Berlin und
Göttingen
[* 14] u. übernahm 1859 die
gleichzeitig offen gewordenen Pfarrstellen der lutherischen und der reformierten
Gemeinde zu
Stolberg
[* 15] bei
Aachen
[* 16] mit dem Auftrag,
beide
Gemeinden der
Union zuzuführen. 1874 folgte er einem
Ruf an die deutsch-reformierte
Gemeinde zu
Frankfurt
[* 17] a. M. u. wurde 1878 zum
Konsistorialrat ernannt. Neben einer ausgedehnten Wirksamkeit für humane Bestrebungen war er 1883 auch
an der Begründung des evangelisch-protestantischen Missionsvereins beteiligt u. veröffentlichte
drei Predigtsammlungen: »EvangelischePredigten« (Frankf. 1872),
»Das alte
Gesetz und die neue Zeit, die
zehn Gebote für die
Gegenwart ausgelegt« (das. 1877),
der rechte Vorderlauf des gejagten
Hirsches, welcher am Kniegelenk mit einem etwa 15
cm
langen Hautstreifen abgelöst wird. In letztern wird ein
Schlitz geschnitten und eine
Schlinge daraus gebildet, an welcher
der Ehrenlauf über dem Hirschfängergriff angeschleift wird.
Der Ehrenlauf wird mit einem
Eichen- oder Nadelholzbruch vom Jagdleiter dem
Jagdherrn überreicht, und bisweilen erhalten Teilnehmer der
Jagd, welche der Jagdherr auszeichnen will,
die andern drei ebenso hergerichteten
Läufe des
Hirsches.
[* 23] Die
Naturgeschichte dieser
Tiere hat in den letzten
Jahren sehr erhebliche Fortschritte gemacht durch das
Studium der
Brücken- oder Stacheleidechse (Sphenodon punctatus oder Hatteria punctata) und ihrer fossilen Verwandten. Man
hatte die neuseeländische Stacheleidechse oder Tuatera, die bei den Eingebornen die
Rolle des menschenfressenden
Lindwurms oder
Drachens der deutschen
Sagen spielt, und von der sie schon dem
KapitänCook Schauergeschichten erzählten,
für ein fast ausgestorbenes
Tier gehalten; aber vor
ca. sieben
Jahren hat sie Reischek in
Menge auf den kleinen
Inseln der Mangareibai
im
O. der Nordinsel
Neuseelands lebend angetroffen,
und sie ist seitdem häufig in europäische Sammlungen
gelangt. Trotz ihres teilweise gepanzerten
Körpers und des vom
Kopf bis zum
Schwanz laufenden drohenden Stachelkammes scheint
sie ein ziemlich friedfertiges
Tier zu sein, denn sie teilt ihre unterirdische
Wohnung regelmäßig mit einem
Sturmvogel
(Procellaria
Gouldi oder Cooki) oder einem
¶
mehr
Sturmtaucher (Puffinus gavius), so daß die Eidechse auf der einen, ein oder zwei Sturmvögel auf der andern Seite der Höhle
hausen. Ob diese eigentümliche Art des Zusammenwohnens auf gegenseitigem Nutzen oder bloßer Duldung beruht, ist übrigens
unbekannt, doch das erstere wahrscheinlicher.
An diesem Tier hatte man längst höchst altertümliche Merkmale entdeckt, nämlich beiderseits gehöhlte
Wirbel, wie sie sonst nur bei Fischen, Amphibien und Reptilien der Vorzeit vorkommen, und ebenso im sonstigen Knochenbau Eigentümlichkeiten,
wie sie nur fossilen Tieren zukommen; auch das sogen. Scheitelorgan, welches von den meisten Zoologen für ein
verkümmertes drittes Auge
[* 25] gehalten wird, weist hier noch eine Entwickelung auf, wie bei keinem andern
lebenden Tier.
Auch gehören thatsächlich alle nähern Verwandten der Stacheleidechse längst begrabenen Zeiten an, und die wichtigste davon,
Palaeohatteria longicaudata, eine langschwänzige, 42-47 cm lange Panzereidechse mit robusten Gliedmaßen, aus den Permschichten
des Plauenschen Grundes, ist 1888 von Credner beschrieben worden. Die merkwürdigste Eigentümlichkeit derselben
besteht darin, daß sie im Beckenbau Kennzeichen der Stegokephalen, also von Amphibien, mit denen der Reptilien vereinigt und
eben darin Ähnlichkeiten mit Krokodilen und Dinosauriern auf der einen Seite, mit Plesiosauriern auf der andern besitzt.
Dazu kommen im Schädelbau Anklänge an die Familie der Schildkröten,
[* 26] so daß sich im Bau dieses Tiers Eigenheiten
fast aller Reptilienordnungen vereinigen, obwohl es im allgemeinen den Eidechsen am nächsten zu stehen scheint. Gleichwohl
können Hatteria, Palaeohatteria und andre fossile Verwandte kaum mehr mit den heute lebenden Eidechsen in einer Ordnung vereinigt
bleiben, wie es Huxley und auch Credner befürworteten, und selbst die 1807 für Hatteria aufgestellte
besondere Ordnung der Schnabelechsen (Rhynchokephalen) scheint für Palaeohatteria nicht mehr auszureichen, da diese als eine
wahre Mischform aus allen jüngern Reptilienformen erscheint und darum an die Wurzeln des gemeinsamen Stammbaums gestellt zu
werden verdient.
Auch der noch immer sehr unvollkommen bekannte Ursaurier (Proterosaurus) scheint nach Credners Untersuchungen hierher
zu gehören, und von einer in englischen und indischen Triasschichten gefundenen 2 m langen Art (Hyperodapedon Gordoni) hat
Huxley 1887 nachgewiesen, daß sie ihrem Körperbau nach ein vollkommenes Mittelglied zwischen Rhynchosaurus articeps
der Triasschichten und der lebenden Hatteria bildet. Natürlich tritt jede nähere Erkenntnis der Stammverwandtschaft der
strengen Sonderung in künstliche Abteilungen feindlich entgegen, und wenn man fortfährt, die ältern
Schnabeleidechsen den eigentlichen Eidechsen (Lazertilien) zu nähern, so kann das nur in dem Sinn geschehen, daß letztere die Abkömmlinge
eines Mittelstammes des Reptilreichs darstellen, der bis zu den Schnabelechsen zurückführt, und um den sich die andern
Reptilienordnungen als Seitenzweige gruppieren. Nach alledem muß man sehr gespannt sein, die Ei- und
Jugendentwickelung der Brückeneidechse kennen zu lernen, deren Untersuchung nicht mehr lange auf sich warten lassen wird.
Die schon früher oftmals behauptete, aber immer wieder bestrittene Giftigkeit einzelner Eidechsenarten ist nunmehr bei der
Gattung Heloderma sicher dargethan worden. Zwei Arten derselben, H. horridum und H. suspectum, leben in
den Südstaaten Nordamerikas und in Mexiko,
[* 27] woselbst ihr Biß seit jeher wie derjenige der Klapperschlangen gefürchtet wurde.
Schon
lange wußte man, daß sie Zähne
[* 28] besitzen, welche vorn und hinten mit Furchen versehen sind, wie sie auch bei einzelnen
Giftschlangen vorkommen, die keinen geschlossenen Zahnkanal besitzen, um das Gift in die Wunde zu leiten.
Allein dies wäre noch kein Beweis, denn eine nahe verwandte Eidechse auf Borneo (Lanthanotus borneensis) ist gleichfalls mit
Furchenzähnen versehen, ohne giftig zu sein. In Wirklichkeit betrachteten denn auchBrehm und andre Forscher den Verdacht der
Giftigkeit bei Heloderma, als Volksmärchen, weil man Fälle beobachtet hatte, in denen der Biß ohne alle
übeln Erscheinungen geheilt war und alle übrigen Eidechsen giftlos sind. Indessen haben neuere Beobachtungen von Lubbock, Weir Mitchell
und Reichert dargethan, daß Frösche,
[* 29] Tauben
[* 30] und Meerschweinchen dem Biß oder einer Einspritzung
[* 31] des Speichelgifts in wenigen
Minuten erliegen, und der erstgenannte Naturforscher hat kürzlich einen Fall mitgeteilt, in welchem ein
von der Eidechse in den Daumen gebissener Mann starb.
Die Ungleichheit der Wirkung beruht auf dem eigentümlichen Verhalten, daß ungleich den im Oberkiefer liegenden Giftdrüsen
der Schlangen
[* 32] hier die beträchtlich entwickelten Drüsen im Unterkiefer liegen und, wie J. G. ^[JohannGustav]
Fischer festgestellt hat, ihr Sekret durch vier noch weiter verästelte Kanäle zur Wurzel
[* 33] der vorn und hinten gefurchten Giftzähne
entsenden. Obwohl nun der Rachen des gereizten Tiers in der Regel von dem reichlich abgesonderten Speichel übertrieft, so kann
doch leicht der Fall eintreten, daß die Furchenzähne des Oberkiefers giftfrei sind, und dann werden,
wenn das Tier in gewöhnlicher Stellung zubeißt, nur geringe Mengen des Gifts in die Bißwunde gelangen.
In der Regel jedoch werfen sich diese Eidechsen, wie Sumichrast beobachtete, bei der Verteidigung auf den Rücken, so daß beim Zubeißen
in dieser Lage die Furchenzähne des Unterkiefers von oben nach unten wirken und das Gift, den Gesetzen der
Schwere entsprechend, in die Wunde fließen lassen, wie es bei den Schlangen geschieht. Weir Mitchell und Reichert in Philadelphia
[* 34] haben sich größere Mengen des Sekrets verschafft, indem sie das Tier reizten, auf einen Gefäßrand zu beißen, um damit genauere
Versuche anzustellen. Sie fanden, daß es alkalisch reagiert, nach einigen MinutenKrämpfe, Pupillenerweiterung
und Tod (bei Tauben) veranlaßt, wobei es, ähnlich wie das Cobragift, auf das Herz wirkt. Es zeigte sich im vergifteten Tier
das Herz in völliger Muskelerschlaffung und voll harter, schwarzer Klumpen.