Jäger ging dann noch einen bedeutenden
Schritt weiter. Während die neuere
Schule der
Zoochemie längst angenommen hatte, daß
die Spezifizität des
Lebens durch diejenige der Eiweißstoffe gegeben sei, die durch ihre riechenden Abspaltprodukte unmittelbar
erkennbar wird, suchte er, anknüpfend an die
Ansicht der
Juden, daß die
Seele imBlut wohne, in dem spezifischen
Dufte die
Seele selbst, welche dem wachsenden
Körper die Form mitteile, so daß z. B. eine Duftpflanze die Nachbarpflanze in
ihrer gestaltlichen
Ausbildung beeinflussen könne. Da nun das
Haar
[* 2] als der hauptsächlichste
Träger
[* 3] der individuellen Duftstoffe
von ihm angesehen wurde, so schlug er vor, aus dem
Haar in irgend einer
Richtung, z. B. im
Gesang, leistungsfähiger
Personen, sogen. Anthropinpillen zu bereiten, welche diese Vorzüge auf andre
Personen zu
übertragen im stande sein sollten.
Er nimmt auch an, daß die Affektdüfte dieselben
Affekte in andern
Personen wieder erzeugen konnten, und spricht in diesem
und ähnlichem
Sinn von Lust- und Unluststoffen,
Appetit- und Ekelstoffen, welche
Sympathie und
Antipathie,
ganz wie nach der
oben erwähnten
PlatonischenTheorie, erzeugen sollten. Er glaubte auch viele
Fälle von Übelbefinden und
Kranksein auf die Anhäufung von Unluststoffen im
Körper zurückführen zu sollen, welche durch eine unzweckmäßige Bekleidung
zurückgehalten würden, und begründete darauf sein bekanntes
Wollregime, dessen Hauptgrundsatz in der
Ausschließung jeglichen pflanzlichen
Faserstoffes aus den Bekleidungsstoffen besteht. Die
Wolle habe das
Vermögen, alle Unluststoffe
entweichen zu lassen und daher den
Körper beständig zu entgiften, eine
Ansicht, die bekanntlich eine große Anhängerschaft
gefunden hat und den Haupterfolg der Jägerschen Bestrebungen darstellt.
So hoch man auf der einen Seite auch
JägersVerdienst der Pfadfindung auf einem bisher brach gelegenen
Feld anschlagen mag, so wenig läßt sich verhehlen, daß seine Deutungen oft durchaus verfehlt sind, und daß zum mindesten
eine Begriffsverwirrung besteht, sofern der Jägersche Seelenbegriff von dem historisch entwickelten völlig verschieden
ist. Aber auch die
Lehre,
[* 4] daß die spezifischen
Düfte das
Wesen und die
Ursache der Körperzustände darstellen
sollen, beruht auf einer
Verwechselung von
Ursache und
Wirkung.
Nehmen wir die Jägersche
Lehre von dem Angststoff, der entbunden wird, wenn, durch quälende geistige
Prozesse angeregt, eine
Zersetzung der Eiweißstoffe in bestimmter
Richtung beginnt. Die
Angst entsteht doch offenbar meist durch
äußere Veranlassung, ohne daß sogen. Angststoffe vorher vorhanden waren, ihr Auftreten ist
eine
Folge- oder sagen wir Begleiterscheinung, aber nicht die
Ursache. Sie stellen die
Ausscheidung, gleichsam die
Fäces des
physiologischen und psychologischen Vorganges dar, und wenn sie (was nicht geleugnet zu werden braucht) in manchen
Fällen
auf andre Individuen wirken, so geschieht das wahrscheinlich auf Umwegen, aber nicht so, daß das, was
eben
Wirkung war, nun sofort als
Ursache auftreten könnte.
See auf der
Grenze zwischen dem preuß. Regierungsbezirk
Hannover
[* 11] und dem Großherzogtum
Oldenburg,
[* 12] 43 m ü. M., von der
Hunte durchflossen, mit flachen, moorigen
Ufern.
Diese führte er nach einheitlichem
Plan in vortrefflichster
Weise durch und schuf mehrere hundert gewerbliche Unterrichtsanstalten.
Seine
Denkschriften und sonstigen schriftlichen
Arbeiten über diesen Gegenstand wurden im
»Zentralblatt für das gewerbliche
Unterrichtswesen in
Österreich«
[* 17]
(Wien 1883-85, Bd. 1-4) veröffentlicht.
Da er eine gedeihliche
Entwickelung
des industriellen
Schulwesens nur bei einheitlicher Gestaltung und im
Geiste deutscher
Kultur für möglich hielt und danach
handelte, wurde er von den
Slawen heftig angefeindet, welche die
Gewerbeschule für
Sache der
Nationalitäten erklärten, und
als die UnterrichtsministerConrad und
Gautsch den nationalen
Forderungen der
Tschechen,
Polen und
Slowenen
mehr und mehr Zugeständnisse machten, nahm Dumreicher 1886 seinen
Abschied aus dem
Staatsdienst. Er ließ sich von der
KlagenfurterHandelskammer zum Mitglied des Abgeordnetenhauses wählen, in welchem er sich der deutschen
Linken anschloß und das Taassesche
System auf das
¶
mehr
entschiedenste bekämpfte; mit genauer Kenntnis der Geschichte und der nationalen und sozialen Verhältnisse in Österreich
ausgerüstet, schilderte er in seinen Reden die von der slawenfreundlichen Politik der Regierung drohenden Gefahren für das
Deutschtum in Österreich und das Reich selbst (vgl. die von Pröll herausgegebenen Reden »Zur Lage des Deutschtums in
Österreich«, Berl. 1888). Er schrieb noch: »Die Verwaltung der österreichischen Universitäten« (Wien 1873),
»Der französische
Nationalwohlstand als Werk derErziehung« (das. 1879) und »Die Aufgaben
der Unterrichtspolitik im Industriestaat« (das. 1882).