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sagen dürfte, kürzer gesagt als Duftverderber auf. Seine Vereinigungen mit den Molekülen der Alkoholreihe, die sogen. Merkaptane, sind durchgängig sehr übelriechend. Die riechenden Bestandteile der Zwiebel- und Laucharten sowie der Asa foctida sind analoge Vereinigungen von Schwefel mit Kohlenwafserstoffverbindungen, u. merkwürdigerweise üben diese der Nase [* 2] ziemlich unangenehmen Gewürze auf den Gaumen einen so angenehmen Reiz, daß Lauch und Zwiebeln bei den entferntest wohnenden Völkern als Zuspeise geschätzt werden und Asa foetida dazu dienen muß, noch den verwöhntesten Pariser Gaumen zu kitzeln.
Diese Sympathie für schwefelhaltige, stark riechende Genußmittel bleibt dieselbe, wenn der Schwefel in Verbindung mit dem eben erwähnten Cyan an die Kohlenwasserstoffverbindungen tritt. Enthielten die Lauch-, Zwiebel- und Knoblaucharten Schwefelallyl als Aroma, so tritt uns Schwefelcyanallyl oder Rhodanallyl als der Geschmack und Duft verleihende Bestandteil fast aller Angehörigen der großen Pflanzenfamilie entgegen, der die Mehrzahl unsrer Gemüsepflanzen angehört, nämlich der Kruciferen. [* 3]
Die unzähligen Kohl-, Rüben- und Retticharten, Senf, Kresse, Meerrettich und viele andre hierher gehörige Pflanzen, enthalten sämtlich mehr oder minder große Mengen von Schwefelcyanallyl oder sehr ähnlichen Verbindungen, und wir haben hier ein recht merkwürdiges Beispiel, wie ein bestimmter Geruchsstoff zum Familiencharakter einer größern Pflanzengruppe gehört und sogar noch auf einige nahe verwandte Familien, die man von ihr abgezweigt hat, wie der Kapparideen, Tropäoleen und Fumariaceen, übergreift.
Noch viel schlimmere Duftverderber als der Schwefel sind Arsen und Tellur. Tritt einer dieser Stoffe an Stelle des Schwefels in die Verbindungen der Alkoholreihe ein, so entstehen Stoffe von wahrhaft unerträglichem Geruch, z. B. das Arsenmethyl oder Kakodyl, dessen Verbindung mit Sauerstoff zur Füllung von Stinkbomben vorgeschlagen worden ist, die allen Ernstes als Ersatzmittel der chinesischen Stinktöpfe im Krieg dienen sollten. Und dasselbe gilt von all den andern Kakodylen, die eine würdige Parallele [* 4] zu den Merkaptanen darstellen.
Hinsichtlich des Tellurs hat man die Erfahrung gemacht, daß höchst geringe Mengen desselben, wenn sie in Form geschmack- und geruchloser Verbindungen eingenommen wurden, dem Atem, der Hautausdünstung und allen Ausscheidungen des Körpers wochenlang einen so entsetzlichen Geruch mitteilten, daß der Betreffende sich nicht in menschliche Gesellschaft wagen konnte. Mehrere Metalle, die an sich geruchlos sind und häufig zu Werkzeugen und Küchengeräten Verwendung finden, wie Zinn, Kupfer [* 5] (Messing) und selbst Eisen, [* 6] erzeugen schon beim bloßen Anfassen mit feuchten Fingern merkbare Gerüc he.
Den aufgezählten Geruchsverderbern gegenüber können Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff als indifferente Elemente bezeichnet werden. Der Sauerstoff ist vielleicht nicht ganz vorwurfsfrei, da er die sauren Gerüche erzeugt, die ihm seinen Namen gaben, während Kohlenstoff und Wasserstoff mit und ohne Sauerstoff zahlreiche angenehm duftende Verbindungen ergeben, die in der Parfümerie und Konditorei Anwendung finden. So bildet die Molekülgruppe C6H6 den Kern der sogen. aromatischen Körper, so genannt, weil ihrer Reihe viele wohlriechende Stoffe angehören, wie z. B. diejenigen, denen Zimt, Benzoe, Gewürznelken, viele Harze und Blumen ihren Duft verdanken.
Eine andre Gruppe bilden die ätherischen Öle [* 7] von der allgemeinen Formel C10H16 , die sogen. Kamphene, zu denen Terpentin-, Wacholder-, Rosmarin-, Zitronen-, Bergamott-, Pomeranzen-, Neroliöl und viele andre aus Holz, [* 8] Rinden, Blättern, Blüten und Früchten gewonnene ätherische Öle gehören, die meistens angenehm duften, wenn auch manche, wie das Terpentinöl, nur in stark verdünntem Zustand. Eine dritte hierher gehörige Gruppe bilden die Ätherarten, namentlich die zusammengesetzten, welche aus einem Äther und einer organischen oder unorganischen Säure bestehen und einen häufig sehr angenehmen obstartigen Geruch besitzen, so daß sie als sogen. Fruchtessenzen in der Likörfabrikation eine ausgedehnte Verwendung finden. So duften bereits der Essig- und Salpeteräther recht angenehm, und durch Verbindung vieler organischer Säuren, wie der Ameisensäure, Baldriansäure, Buttersäure und andrer für sich nicht gerade angenehm duftender Säuren, mit Methyl-, Äthyl- und Amyläther hat man Verbindungen erzeugt, die in starker Verdünnung täuschend den Geruch verschiedener Obstarten (wie Äpfel, Birnen, Ananas, Erdbeeren etc.) besitzen und möglicherweise in den betreffenden Früchten auch in kaum nachweisbaren Spuren vorhanden sein mögen.
Über den chemischen Charakter der tierischen Geruchsstoffe kann bisher wenig Allgemeingültiges gesagt werden, da sie noch zu wenig untersucht sind und zum Teil eine ziemlich komplizierte Zusammensetzung zeigen. Vor einigen Jahren hat man Skolopender kennen gelernt, die stark nach Bittermandeln rochen und wirkliche Blausäure aushauchten, ja man hat von am Meer lebenden Bombardierkäfern behauptet, daß ihre stark riechenden und die Finger gelb färbenden Schußwölkchen freies Jod enthalten sollten. Doch klingt das ziemlich unwahrscheinlich.
Biologische Bedeutung der Pflanzendüfte.
Über die Bedeutung der Riechstoffe für das Leben der aromatischen Pflanzen tappte man vor wenigen Jahrzehnten so völlig im Dunkeln, daß Moleschott meinte, der Blumenduft sei am nächsten den stark duftenden Exkrementen der Tiere zu vergleichen und nicht einer Seele der Pflanzen«, wovon poetisch gestimmte Pflanzenfreunde und Botaniker, wie Th. Fechner und Ph. v. Martius, geträumt hatten. Tyndall suchte vor einigen Jahrzehnten nach einer physikalischen Erklärung des Reichtums fast aller Lippenblütler (Labiaten) an ätherischen Ölen, die er darin zu finden glaubte, daß diese Pflanzen, welche meist an trocknen Bergwänden oder auf kahlen Felslehnen der Mittelmeerländer wachsen, eine Duftwolke über sich verbreiten, welche die Strahlen der brennenden Sonne [* 9] mildern und ihre ausdörrende Kraft [* 10] von ihnen abhalten sollte. Er hatte nämlich festgestellt, daß sie in Dampfform ein außerordentlich großes Aufsaugungsvermögen für strahlende Wärme [* 11] besitzen, so daß z. B. Luft, die durch einen mit Thymianöl getränkten Papiercylinder hindurchgesaugt wurde, 68mal, bei Rosmarinöl 75 mal und bei Änisöl gar 350mal soviel Sonnenwärme verschluckte als reine Luft. Allein nach und nach sind so viel verschiedenartige Vorteile der Duftabsonderung für die Pflanzen ans Licht [* 12] getreten, daß wir die Fälle gesondert betrachten müssen.
Niederste Pilzformen, wie die Bakterien, scheiden sehr häufig stark riechende Stoffe aus ihrer Nährflüssigkeit aus, und die penetranten Gerüche mancher Fäulnisvorgänge beruhen offenbar auf Abspaltung von Ammoniak und andern stark riechenden Verbindungen durch den Lebensprozeß der Spaltpilze. Da dieser je nach den verschiedenen Arten derselben ¶
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ein sehr verschiedener sein kann, so erklärt sich dadurch auch die große Verschiedenheit der Fäulnisgerüche. Ein im Berliner [* 14] hygienischen Institut ausgebildeter japanischer Arzt, Kitasato, hat sogar im vorigen Jahr einen besonders leicht auf Brot, [* 15] Reis- oder Kartoffelbrei zu ziehenden Moschuspilz der Gattung Fuxisporium entdeckt, dessen rötliche, später ziegelrot werdende Kulturen einen deutlichen Moschusgeruch verbreiten, der sich auch durch Alkohol ausziehen läßt. Es ist nicht wahrscheinlich, daß diese niedern Organismen von ihren Duft- u. Farbstoff-Entwickelungen irgend einen Vorteil haben können, im Gegenteil erzeugen viele von ihnen stark riechende Stoffe, die, wenn sie sich in der Nährflüssigkeit anhäufen, den Erzeuger töten, so z. B. hat E. Baumann Spaltpilze beobachtet, welche Phenol (Karbolsäure), den ärgsten Feind ihres Lebens, hervorbrachten. Man kann in solchen Fällen nur sagen, daß durch die Verschiedenheit der erzeugten Duftstoffe Verschiedenheiten des Lebensprozesses schon bei diesen ureinfachen Wesen angedeutet werden, und dieselbe Bewandtnis hat es auch wohl mit dem Dufte, den gewisse Algen [* 16] verbreiten, wie z. B. die Veilchen-Alge (Chroolepus hercynicus), welche auf dem bekannten Veilchenstein lebt.
In den eigentümlich aromatischen oder auch für unsre Nasen abstoßenden Düften gewisser höherer Pilze [* 17] hat man dagegen bereits Anlockungsmittel für Fliegen, [* 18] Käfer [* 19] und andre Insekten [* 20] vermutet, die in einer bestimmten, bisher noch nicht ermittelten Weise entweder bei der Befruchtung [* 21] oder der Verbreitung der Sporen mitwirken. Viele Pilze bilden den ständigen Versammlungsort zahlreicher Insekten und den Wohnort ihrer Larven, die von dem Fleisch zehren, und manche, wie z. B. der bekannte Gichtschwamm (Phallus impudicus), verbreiten einen so fürchterlichen Aasgeruch, daß sie ihren Standort schon auf weite Entfernungen verraten. Im besondern unentbehrlich erscheint die Mitwirkung lebender Tiere für die Verbreitung gewisser unter der Erdoberfläche wachsender Pilze, wie der Trüffeln und der Hirschbrunst (Elaphomyces cervinus), und dieselben verraten sich in der That den Wildschweinen, Hirschen und gewissen Fliegen durch ihren aus der Erde empordringenden Duft, so daß sie herausgewühlt oder auch von den Fliegenlarven in der Erde besucht werden.
Was man bei den Pilzen bisher nur durch Analogieschlüsse vermuten konnte, daß ihre Duftabsonderung Vermittler für ihre Befruchtung und Verbreitung heranzuziehen bestimmt ist, unterliegt bei den Blütenpflanzen keinem Zweifel mehr. Lebhafte Farben und Düfte unterstützen sich hierbei gegenseitig, und der Zweck oder Nutzen verrät sich offen dadurch, daß Pflanzen, deren Blüten vom Wind befruchtet werden, wie die Gräser, [* 22] Kätzchenbäume u. a., in ihren Blüten weder eine besondere Farbenpracht noch Duftreichtum entwickeln.
Die Wechselbeziehung verrät sich noch weiter darin, daß Blumen, die der Honigausbeutung durch Abend- und Nachtinsekten angepaßt sind, erst des Abends zu duften beginnen und meist trübe oder schneeweiße, allenfalls hellblaue Farben zeigen, wie Zaunwinde, Nachtviole, Türkenbund, Waldhyazinthe (Platanthera bifolia) u. v. a. Dabei zeigt sich eine enge Anpassung der Duftfarbe an den betreffenden Besucherkreis. So verbreiten viele Aristolochiaceen, Balanophoreen, Stapeliaceen, Aroideen, Rafflesiaceen u. a. Aasgerüche und locken dadurch zu ihren Blüten, die obendrein häufig wie faules Fleisch gefärbt oder gefleckt sind, Scharen von Aasfliegen und andre Aasliebhaber herbei, welche die Befruchtung vollziehen.
Andre Fliegen- und Käferpflanzen haben einen eigentümlichen Stallgeruch, wie z. B. die Eryngium-Arten. Die Bienen und Wespen scheinen Pflanzen mit scharfen Gerüchen, wie die Lippenblütler, die wir als Küchenkräuter verwenden, zu bevorzugen; die dem Besuch der Schmetterlinge [* 23] angepaßten langröhrigen Blumen haben vielfach einen besonders würzigen Lilien-, Nelken- oder Vanilleduft. Auch viele Früchte duften sehr stark, namentlich solche, die ungenießbare Steinkerne besitzen und durch ihr duftendes Fruchtfleisch Tiere anlocken, welche zur Verbreitung der Samen [* 24] beitragen.
Daß aber die Pflanzendüfte nicht einzig der Anlockung von Tieren dienen, geht schon aus dem Umstand hervor, daß nicht bloß die Blumen, sondern häufig die ganze Pflanze, Blätter, Rinde und Wurzeln, duften und mit kleinen Behältern voller streng riechender ätherischer Öle durchsetzt sind. In Bezug auf diese Stoffe wie auf die giftigen Alkaloide, die viele Pflanzen enthalten, schloß bereits Erasmus Darwin im vorigen Jahrhundert, daß sie den Pflanzen als Schutzmittel gegen gefräßige Insektenlarven und Wiederkäuer [* 25] dienen möchten.
In der That sind die starken Düfte mancher Pflanzenblätter vielen Insekten widerlich und sogar tödlich; man braucht nur an den stark aromatischen Walnußbaum zu denken, dessen Laub unter allen unsern Bäumen von Insektenfraß am wenigsten leidet, oder auch an die Insektenpulverpflanze. An den scharfen Duft und Geschmack der Kiefern- und Tannennadeln haben sich freilich viele Insekten gewöhnt. In ähnlicher Weise hat man die scharfen Duftstoffe der Rinden und Wurzeln vieler Pflanzen gedeutet, und in anbetracht des Umstandes, daß namentlich die Wurzeln vieler Sumpfpflanzen scharfe aromatische Stoffe enthalten, wie z. B. die Kalmus-, Ingwer-, Galanga- und Cypergraswurzeln, manche Allium-Arten u. a., hat man geschlossen, daß sie namentlich gegen die im Sumpfboden besonders mächtigen Fäulnisorganismen Schutz bieten dürften. Die streng aromatischen Harzflüsse unsrer Nadelhölzer [* 26] und andrer Bäume sind in ähnlichem Sinn, da sie sich an Wundstellen ergießen, von denen gewöhnlich die Angriffe der krank machenden Parasiten ausgehen, als natürliche Wundbalsame gedeutet worden.
Biologische Bedeutung der tierischen Duftstoffe.
Auch im Tierreich fällt den Duftstoffen offenbar die doppelte Rolle der Anziehung und Abstoßung zu, natürlich mit dem Unterschied, daß es sich hier nicht mehr um eine Wechselbeziehung zwischen Tier und Pflanze, sondern lediglich um eine Wirkung zwischen den Tieren unter sich, um sogen. sympathische und antipathische Wirkungen handelt, von denen die erstern vornehmlich in der geschlechtlichen Anlockung und für das gegenseitige Sichfinden aus der Entfernung eine wichtige Rolle spielen dürften.
Noch bei den Wirbeltieren zeigt die ungemeine, allen übrigen Gehirnsinnesteilen in der untern und ältern Gruppe vorauseilende Entwickelung der Riechlappen, wie der Geruchssinn ehemals die erste Stellung unter den Sinnesorganen einnahm. Bei den Wasserwirbeltieren freilich fiel Geruchs- und Geschmackssinn noch in eins zusammen, da sich bei den stets unter Wasser lebenden Tieren dampfförmige Duftstoffe nicht geltend machen können, obwohl, wie sogleich zu erwähnen sein wird, auch den Wassertieren riechende Absonderungen eigentümlich sind. Im allgemeinen aber bezieht sich das hier zu Bemerkende auf Lufttiere, bei denen der Wirkungskreis der Düfte naturgemäß erst zur vollen Ausdehnung [* 27] gelangt.
Übelriechende antipathische ¶