Uni-230 versitätskanzlers
GustavRümelin in dessen
Rede zur akademischen Preisverteilung die er mit einem Fremdwörterverzeichnis
unter dem
Titel: »Die
Berechtigung der
Fremdwörter« (2. Aufl., Freiburg
[* 2] 1887) besonders herausgab.
Rümelin sieht die
Fremdwörter als
naturgemäßen
Erwerb aus der geschichtlichen
Entwickelung des deutschen
Geistes an, der eben nicht für
sich und getrennt, sondern unter dem starken Einfluß der alten
Kultur und in reger
Wechselwirkung mit den Nachbarvölkern
sich gebildet hat. Er teilt daher nicht den leidenschaftlichen
Haß gegen die Eindringlinge, der gegenwärtig in weiten
Kreisen
herrscht, und fürchtet von grundsätzlicher Bekämpfung der
Fremdwörter einen wesentlichen
Schaden für diedeutsche Sprache
der Gegenwart.
Wenngleich mit
Recht von den
Leitern des
Deutschen Sprachvereins gegen die
AusstellungenRümelins eingewandt ist, daß sie unmittelbar
nur die einseitige Überspannung des
Gegensatzes gegen die Fremdlinge in unsrer
Sprache
[* 3] treffen, so bleibt doch eine wesentliche
Verschiedenheit des
Gesichtspunktes übrig. Man begegnet daher dem
Kanzler wieder bei der zweiten gleich
bedeutenden Kundgebung gegen den Sprachverein, der
Erklärung, die 41
Gelehrte und Schriftsteller, großenteils von hohem
Ruf,
am in den »Preußischen
Jahrbüchern« abgaben.
Die Unterzeichner erklären sich auch ihrerseits gegen den herrschenden Überschwang der Sprachmengerei und erkennen die
maßvolle Fassung der Vereinsgesetze an. Sie verwahren sich aber dagegen, daß die
Pflege der Muttersprache
vornehmlich in Abwehr der
Fremdwörter beruhe und diese zum
Gebot des Nationalstolzes erhoben werde. »Es genügt«, so erklären
sie, »daß unsre
Jugend durch wissenschaftlich und pädagogisch gebildete
Lehrer wie bisher zum saubern
Gebrauch der
Sprache
und zu fortschreitender Versenkung in dieSchätze der
Nationallitteratur angeleitet werde.« Als
Anlaß
zu dem Hervortreten der Verwahrenden wird ausdrücklich bezeichnet, daß der Gesamtvorstand des Allgemeinen
Deutschen Sprachvereins
durch
Anträge an die deutschen Schulverwaltungen versucht habe, die
Schule in den
Dienst seines Bestrebens zu ziehen und nach
dem
Muster der
Rechtschreibung auch den Sprachgebrauch von obenher zu regeln.
Ihr
Widerspruch richtet sich aber außerdem gegen den im
Schoß des
Vereins und in dessen
Zeitschrift wiederholt verfochtenen
Gedanken, öffentliche Behörden, namentlich eine »Reichsanstalt für die
deutsche
Sprache«, einzusetzen, die nach Art der französischen
Akademie die
deutsche Sprache meistern könnten, sowie endlich
gegen den blinden
Eifer, mit dem innerhalb des
Vereins durch sprach- und sinnwidrige Schnellprägung von
Ersatzwörtern
Schade angerichtet werde.
Die
Spitze der letzten Andeutung richtet sich gegen die vom Sprachverein auf
Grund von Vorarbeiten in den Zweigvereinen herausgegebenen
Verdeutschungsbücher, durch die auf einzelnen Gebieten, wie
Gerichts-,
Verwaltungs-,
Hof-,
Kriegs-,
Versicherungs-,
Schulwesen,
Handel,
Gewerbe u. dgl., für die
gebräuchlichen
FremdwörterErsatz dargeboten wird, der allerdings nicht durchweg glücklich gewählt ist und dem
Ernste der
Sache oft mehr schadet als nützt. Man kann diesen Bedenken ihr volles
Recht lassen, ohne doch das
Gute der Vereinsarbeit zu
verkennen. In diesem
Sinn haben öffentliche Meinung und
Presse
[* 4] sich wirklich zumeist entschieden.
oder in Prozenten bei jedem der beiden Geschlechter: Ledige 62, resp. 58,1 Proz.,
Verheiratete 34,5, resp. 33,2 Proz.,
Verwitwete 3,3, resp. 8,5 Proz.
und Geschiedene 0,1, resp. 0,2 Proz.
In betreff des Alters ergab die Volkszählung 35,5 Proz. im Alter unter 15 Jahren, 38,1 Proz. zwischen 15 und 40 Jahren,
18,3 Proz. zwischen 40 und 60 und 0,8
über 60 Jahre alt. Im produktiven Alter (15 - 70 Jahre) standen 61,8 Proz., im Greisenalter 2,7 Proz. Am stärksten war das
produktive Alter in den StädtenBerlin und Hamburg, ferner in Oberbayern, Mecklenburg-Strelitz und der Kreishauptmannschaft
Bautzen
[* 29] vertreten.
Wenn man die Orte mit mehr als 2000 Einw. als städtisch, die mit weniger als 2000 als ländlich betrachtet,
so wohnten 1885: 43,7 Proz. der Bevölkerung in Städten (1871 erst 36,1 Proz.), 56,3.
Proz. auf dem Land. Von den 78,637 Gemeinden des DeutschenReichs waren 2310 Städte, 58,724 Landgemeinden,
17,603 Gutsbezirke. 2771 Gemeinden hatten eine Bevölkerung von mehr als 2000 Einw., und zwar hatten 21 Städte mehr als 100,000
Einw., 116 zwischen 20,000 - 100,000, 683 zwischen 5000 - 20,000 und 1951 zwischen 2 - 5000 Einw.
Seit 1880 hat sich besonders die Bevölkerung der Großstädte (mit mehr als 100,000 Einw.) vermehrt:
von 7,2 auf 9,5 der Gesamtbevölkerung.
Man zählte 5,630,304 bewohnte und 107,479 unbewohnte Wohnhäuser,
[* 30] außerdem waren 32,525 gewöhnlich nicht zu Wohnzwecken
bestimmte Baulichkeiten bewohnt, darunter 9772 Schiffe
[* 31] und Wagen. Die Bevölkerung lebte in 9,999,558 Haushaltungen, wovon 677,743
Einzelhaushaltungen und 33,102 Anstalten waren. Auf ein bewohntes Gebäude kamen 8,27
Personen (die meisten in Berlin, Ost- und Westpreußen und Posen) und 1,77 Haushaltungen. Unter der ortsanwesenden Bevölkerung
waren 44,771,503 Angehörige des betreffenden Staats 1,711,409 Angehörige andrer Bundesstaaten, 372,792 Reichsausländer.
Nach dem Religionsbekenntnis gab es 1885 in:Staaten
1Die
Bekenner andrer Religionen als der hier angeführten, die Einwohner mit unbestimmter und solche ohne Angabe der
Religion (zusammen im DeutschenReich 11,278) sind in die vorstehende Tabelle nicht mit aufgenommen.
Eheschließungen fanden 1888: 376,654 statt; von 1,828,379 Gebornen waren 66,972 Totgeborne und 169,645 (9,28
Proz.) unehelich; der Überschuß der Geburten über die Sterbefälle (1,209,798) betrug 618,581 und hat gegen 1885 um 88,396
Köpfe zugenommen.
(Anmerkung des Editors: [?]...einzelne Ziffern im Original unleserlich) Der seit 1885 etwas zurückgegangene
Anbau von Tabak
[* 33] hat sich in den Jahren 1887 und 1888 ein wenig gehoben, ist aber neuerdings wieder gesunken; im Betriebsjahr
1887/88 waren 21,466 Hektar (1889: 17,405 Hektar) mit Tabak bepflanzt, die an getrockneten Tabaksblättern 40,866 Ton. ergaben.
Die Zahl der Zuckerfabriken ist von 408 (1884/85) auf 391 zurückgegangen, in welchen 910,698 T. Rohzucker
und 183,037 T. Melasse aus 6,96 Mill. T. Rüben produziert wurden. Außerdem lieferten 30 Stärkezuckerfabriken 13,904 T. Stärkezucker,
33,516 T. Sirup und 2180 T. Kouleur. Das definitive Ergebnis der Viehzählung vom weicht von
den ersten Erhebungen wenig ab; es wurden gezählt: 3,522,545 Pferde,
[* 34] 15,786,764 Stück Rindvieh,19,189,715 Schafe,
[* 35] 9.206,195
Schweine
[* 36] und 2,640,994 Ziegen. Im Durchschnitt kommen auf 100 Hektar 6,5 Pferde, 29,2 Rindvieh, 35,5 Schafe, 17 Schweine und 4,9
Ziegen.
[Industrie.] Im J. 1887 waren in 2436 Bergwerken (darunter 290 Nebenbetriebe) 337,634 Personen beschäftigt
und förderten 88,873,000 T. Bergwerksprodukte im Wert von 448,8 Mill. Mk.
Die Produktion stieg 1888 auf 95,866,220 T. im Wert von
¶