schieben sich zwischen die Schalenstücke noch zwei Gürtelbänder ein, so daß die
Membran aus vier
Stücken sich zusammensetzt.
Die
Haut
[* 2] der Desmidiaceen wird von feinen
Porenkanälen durchsetzt, welche durch zart plasmatische
Fäden mit dem übrigen Plasmainhalt
der
Zelle
[* 3] in
Verbindung stehen. Von außen sitzt jeder
Pore eine prismen- oder kappenförmige Gallertmasse
auf, welche mit benachbarten
Körpern gleicher Art verschmilzt, so daß auf diese
Weise eine zusammenhängende äußere Gallertschicht
der gesamten
Zelle zu stande kommt.
Auch die
Teilung derDesmidiaceen zeigt mehrfache
Analogien mit der der
Diatomeen, so daß aus dem Gesamtverhalten dieser beiden Algengruppen
eine engere
Verwandtschaft derselben hervorgeht, als bisher in der
Regel angenommen wurde. Die
Bewegungen
der Desmidiaceen bestehen teils im Vorwärtsgleiten auf einer
Fläche, teils in einem Erheben über die Unterlage, wobei das eine Ende
der
Zelle den
Boden berührt, während das andre hin-und herpendelt oder auch beide
Enden abwechselnd unter verschiedenartigen
Bewegungen sich heben und senken können.
Der Ortswechsel wird nach
Klebs durch
Absonderung eines Schleimfadens aus dem Zellplasma bewirkt, der als Fortbewegungsorgan
funktioniert, während ein freies
Schwimmen nicht möglich erscheint. Das Emporsteigen geschieht z.B. dadurch, daß die
Alge
sich in dem
Maß in die
Höhe hebt, als sich der Schleimfaden durch fortgesetzte
Ausscheidung verlängert, wobei
er gleichzeitig als
Träger
[* 4] oder
Fuß für die ihm aufsitzende
Zelle dient.
Beim Gleiten hat er nicht die
Eigenschaften einer
Stütze, sondern klebt am
Boden fest, und die Ausstoßung von
Schleim bedingt einen
Rückstoß, welcher die
Zelle vorwärts treibt.
[* 21]freisinnigePartei verlor nach der
Auflösung des
Reichstags in welchem sie für den Tadelsantrag
gegen die polnischen
Ausweisungen und gegen das
Septennat gestimmt hatte, bei den
Neuwahlen eine
Menge Wahlkreise, besonders an die
Nationalliberalen; bei der ersten
Wahl wurden bloß 11
Deutschfreisinnige gewählt, und erst
bei den
Stichwahlen stieg ihre Zahl durch die Unterstützung der Ultramontanen und Sozialdemokraten auf 32. Sie stimmte auch
im neuen
Reichstag gegen das
Septennat, das Branntweinsteuergesetz und die
Alters- und
Invalidenversicherung,
genehmigte aber 1888 die Gesetzvorlage über die
Erhöhung der Wehrkraft. Bei den Landtagswahlen behauptete sie
bloß 30 Sitze im Abgeordnetenhaus.
[* 21]Litteratur (1885 - 90). Die in der
Entwickelung der deutschen Litteratur schon mehrmals erlebte
Thatsache,
daß irgend ein
Programm lärmend als das
Evangelium der Zukunft verkündet ward, während die eigentliche
poetische Schöpferkraft seitab von oder im geraden
Gegensatz zu diesem
Programm sich bethätigt, scheint sich nach gewissen
Erfahrungen der letzten fünf Jahre wieder einmal erneuern zu wollen. Wie am Eingang dieses
Jahrhunderts die anspruchsvolle
Kritik der jungen
Romantik jede nicht romantische
Produktion für unzulässig und veraltet erklärte (während
doch
Schillers Hauptdramen,
JeanPauls bedeutendste
Romane,
Hebels alemannische
Lieder und
Erzählungen erst geschaffen wurden),
wie um 1830 die jungdeutsche
Schule die
Ablösung der
Dichtung durch den
»Kultus der
Prosa«, die ausschließliche Geltung der
tendenziösen Halbpublizistik oder doch der Heineschen
Negation verkündete (während die eigentlich schöpferischen
Talente sich der künstlerischen
Formen für die
Darstellung des
Lebens nach wie vor bedienten und schließlich selbst die Jungdeutschen
zwangen, in den Weg der angeblich überwundenen einzulenken), wie nach 1840 das Alleinrecht der politischen
Lyrik behauptet,
jede nicht politisch gefärbte
Schöpfung als totgeboren bezeichnet wurde (während man wenige Jahre später
zugeben mußte, daß die wenigen bleibenden
Schöpfungen des Jahrzehnts der politischen
Lyrik eben nicht angehört hatten):
so entfaltet sich auch in der unmittelbaren Gegenwart die deutsche schöne Litteratur und ihr
Publikum, wenig berührt von der
mit so großem
Geräusch in
Szene gesetzten
Bewegung, welche die Zukunft der Litteratur dem sogen.
Naturalismus
zuspricht.
Mußte schon die Wiederholung des Vorganges, daß eine kleine
Gruppe von Schriftstellern sich im ausschließlichen
Besitz der
lebens- und gestaltungskräftigen
Anschauung wähnt, während das
Leben selbst mit der Unerschöpflichkeit, der
Fülle und Vielseitigkeit
seiner
Erscheinungen ihrer tendenziös engen
Begriffe spottet, Mißtrauen erregen, richtete die
Polemik,
die von der angeblich naturalistischen
Schule gegen alle Dichter andrer
Richtung geführt ward und wird, durch ihre Maßlosigkeit
und
Einseitigkeit sich selbst, so gelang es auch den
Talenten der »naturalistischen
Schule« selbst nur in beschränktem
Maß,
durch ihre Lebensauffassung und
Darstellung¶
mehr
zu interessieren. Die stärksten Beweise für die gestaltende, poetisch offenbarende Kraft
[* 23] naturalistischer Lebensdarstellung
wurden und werden bis zur Stunde nicht deutschen, sondern ausländischen Schriftstellern entnommen, und grundverschiedene
Begabungen: Flaubert und Daudet, Zola, die Goncourts, de Bourget und eine Reihe andrer Franzosen, Turgenjew und Dostojewskij, die
Norweger Ibsen und Kielland werden als Anreger und Propheten einer Lebensdarstellung genannt, die an Stelle
der Phantasie die Beobachtung, an Stelle der seitherigen Welt- und Menschenanschauung eine neue, angeblich naturwissenschaftliche
sehen und die großen Erkenntnisse der modernen Wissenschaft auf die Darstellung anwenden will.
Die Vorkämpfer dieser jüngsten Schule trennen sich freilich schon dadurch wieder voneinander, daß die
einen eine Erneuerung der abgelebten und schal gewordenen Poesie verheißen, während die andern den Ersatz der Poesie durch
eine lebenschildernde Litteratur, die wissenschaftliches Gewicht und wissenschaftliche Zuverlässigkeit besitzen werde, als
das Endziel der Bewegung bezeichnen. Noch ganz abgesehen von den Leistungen und der möglichen Entwickelungsfähigkeit der
Talente, die sich mehr oder minder zu diesem Programm bekannt haben, entbehrt das Programm selbst, das eine
große Umwälzung und Erneuerung der deutschen Litteratur ankündigt, der wünschenswerten Klarheit.
Das Mißverhältnis zwischen den Ansprüchen und Selbstschätzungen der modernsten deutschen Poeten und ihren thatsächlichen
schöpferischen Leistungen erwies sich im verflossenen Jahrfünft denn auch so stark, daß das Publikum
in eine Art unbehaglicher Verwirrung gesetzt ward und zum Teil nicht einmal wußte und ahnte, worin denn nun das Neue und
Außerordentliche des Dargebotenen liegen solle. Die Bevorzugung gewisser Themen des Geschlechtslebens, eine rücksichtslose
Brutalität wirkten derart abstoßend, daß im Schoß der naturalistischen Schule selbst alsbald Kämpfe
entstanden, weil man zwar darüber einig war, daß der »heuchlerischen Prüderie«
und der »großen Gesellschaftslüge« Krieg bis aufs Messer
[* 24] angekündigt werden müsse, aber keineswegs alle Genossen der Richtung
das natürliche Schamgefühl und das Taktgefühl verleugnen mochten, das in andern Zeiten auch die naturwüchsigsten Talente
bewährt haben.
KarlBleibtreu, der eigentliche Heißsporn unter den jüngsten (mit halbnovellistischen Schlachtbildern,
mit Gedichten und Dramen, dem Roman »Größenwahn«),
Deutsche von Liliencron (Gedichte, »Eine Sommerschlacht«, Novellen), HermannFriederichs, Karl Henckell, KonradAlberti, HermannConradi etc. hervor, deren Werke sich gutenteils sowohl der genießenden Aufnahme
als einer ernsten Beurteilung entziehen. Mit einer anfänglich wüster und platt-geschmackloser Romane versuchte MaxKretzer
das Berliner
[* 26] Leben, namentlich das Leben der Proletarier, zu schildern, rang sich aber in einigen spätern
Darbietungen, namentlich in »Meister Timpe« zu klarerer Darstellung und größerer Innerlichkeit hindurch, was hoffentlich
typisch für die Bestrebungen der ganzen Richtung sein wird.
Jedenfalls war unter all diesen Werken nichts, was die Empfindung und den Geschmack weiterer Lebenskreise berührt und gefesselt
oder die Teilnahme an den
poetischen Schöpfungen andern Ursprungs, andern Ziels und andern Stils geschwächt
hätte. Wie weit auch die Ungunst der Zustände, die Verwirrung und Verwilderung des Publikums und namentlich die willkürliche
Urteilslosigkeit gediehen sind, so hat es auch in den letzten fünf Jahren weder an innerlich wertvollen noch an äußerlich
fesselnden poetischen Schöpfungen gefehlt.
Selbst in der Lyrik, die immer mehr nur ein Bedürfnis der schaffenden, immer weniger der genießenden und teilnehmenden Naturen
scheint, gewannen einige Erscheinungen über den engsten Kreis hinaus, in denen sonst der lyrische Poet gekannt ist, Gehör
[* 27] und
Nachklang. So der liebenswürdig sinnige HeinrichSeidel mit seinen »Gedichten«, den »Idyllen und Scherzen«,
der auch als Novellist in seinen »Vorstadtgeschichten«, Novellen u. a. hauptsächlich durch die Unmittelbarkeit der lyrischen
Stimmung und einen feinen Humor wirkt, so JohannesTrojan, an dessen Lyrik gleichfalls der Scherz und die Neigung zum Gnomischen
überwiegt, ferner FelixTandem (C. Splitterer ^[richtig: Spitteler]), dessen Erstlingsgedichte, namentlich
aber die »Schmetterlinge«,
[* 28] zum Köstlichsten und Eigentümlichsten der neuern deutschen Lyrik zählen, die Lieder und Gedichte
des Dichtermusikers PeterCornelius, die freilich frühern Jahrzehnten angehören und 15 Jahre nach dem Tode des Dichters durchAd. Stern veröffentlicht wurden, die bedeutenden und für eine Frau in seltenem Grad eigentümlichen Gedichte
von IsoldeKurz. Unter der neuen lyrischen Sammlung schon anerkannter Dichter, soweit sie nicht bloß Neuauflagen waren, sindL.Pfaus »Gedichte«, A. Fitgers »Winternächte«, StephanMilows »Deutsche Elegien«, PaulHeyses »Spruchbüchlein«, AlbertMösers
»Singen und Sagen«, Edwin Bormanns »Liederhort in Sang und Klang«, EmilRittershaus' »Buch der Leidenschaft« hervorzuheben.
Natürlich fehlt es nicht an einer Unzahl neuer Namen, und die gebildete Sprache,
[* 29] die für die Poeten dichtet
und denkt, bewährt noch immer ihre alte Kraft, obschon sie daneben den greuelvollsten Dilettantismus, der alle Lyrik in Verruf
gebracht hat, keineswegs ausschließt. Von neuen Namen mögen Heinr. Vierordt, JohannesPrölß (»Trotz alledem«),
FridaSchanz genannt sein. Der didaktischen und philosophischen Lyrik gehörten O. von Leixners »Dämmerungen«, Heinr. Harts »Weltpfingsten«,
Jul. Harts »Sansara« an, auch die Epigrammatiker B. Sutermeister, Albert Gehrle dürfen nicht unerwähnt bleiben. Die lyrisch-epische
Dichtung (denn von epischer Dichtung im strengern Sinn des Wortes ist wenig zu berichten) erhielt mannigfache
Vermehrungen, ohne sich großer Bereicherungen rühmen zu können. Die Mehrzahl hierher gehöriger Werke rührte von ältern,
längst anerkannten Dichtern her, so die Mythe »Memnon« von A. GrafenSchack, das hübsche Gedicht »KaiserMar und sein Jäger«
vonRud. Baumbach, »Der dicke König« von HansHerrig, die nicht eben glückliche ägyptische Erzählung »Elifen«
von GeorgEbers. Die Perle der erzählenden Dichtungen, das »Spielmannsbuch« von WilhelmHertz, enthielt Nachdichtungen mittelalterlicher
Abenteuer, aber in so künstlerisch freier Weise, so vollendeter dichterischer Form, daß sie beinahe als eignes Eigentum des
poetischen Übertragers zu betrachten sind. Als epische Versuche jüngerer Dichter zeichneten sich »Der Weg
nach Eden« von KarlKösting, »Die Kinder von Wohldorf« von Ferd. Avenarius aus.