(lat., Entblößung), im geologischen
Sinn die Abtragung der durch die
Verwitterung gelockerten festen
Bestandteile
der Erdoberfläche und ihr Fortschaffen von höher gelegenen
Orten nach tiefern. Als mechanisches
Agens können dabei außer
der
Schwerkraft das fließende
Wasser im flüssigen und festen Aggregatzustand sowie die bewegte
Luft dienen.
Unter den denudierenden
Kräften steht in erster
Linie das
Wasser. Die
Arbeit, welche dasselbe leistet, hängt
einerseits von dem
Gefälle und der Wassermasse ab, anderseits ist der Einfluß je nach der
Beschaffenheit und
Lagerung des
Verwitterungsschuttes sowie dem verschiedenen
Grade der
Bedeckung mit
Vegetation ein andrer. Steiles Gehänge und dünne Pflanzendecke
befördern das Fortspülen des mechanisch gelockerten Erdreichs. Zu dem, was auf rein mechanischem Weg
vom
Wasser zerstört und fortgeführt wird, kommt noch die
Masse der chemisch gelösten
Stoffe. Im
Vergleich mit diesenMengen
ist der Betrag dessen, was vom
Eis der
[* 2]
Gletscher in der Gestalt von Oberflächenmoräne transportiert oder als Schleifpulver
vom
Boden durch den Gletscherbach entfernt wird, ein geringer zu nennen, selbst wenn man die Abräumung
eines schuttbedeckten ebenen
Landes und die Ausräumung von flachen Seebecken dazu nimmt.
Viel wirksamer erweist sich dagegen die
Entfernung staubartiger
Massen vermittelst der mechanischen
Kraft
[* 3] des
Windes. Am bedeutendsten
tritt diese äolische Denudation in regenlosen Gebieten auf, wo eine Vegetationsdecke fast ganz
fehlt. Das Endziel des Denudationsprozesses ist die Bloßlegung der nackten Felsunterlage, wodurch den
Atmosphärilien wieder
neue Angriffspunkte geliefert werden. Betrachtet man die Erdoberfläche vom Standpunkt der
Wirkung der denudierenden
Kräfte,
so kann man
Regionen der fluviatilen, glazialen und äolischen Denudation unterscheiden, die sich in Bezug
auf ihre Oberflächengestalt wesentlich voneinander abheben.
Den ungefähren Betrag der Denudation berechnet
man in der
Weise, daß man bei einigen
Flüssen die
Menge des
Wassers mißt, die sie jährlich
dem
Meer zuführen, und die
Masse der chemisch gelösten und mechanisch suspendierten
Stoffe zu bestimmen sucht. Aus beiden
Faktoren läßt sich dann entnehmen, wieviel
Material der
Fluß jährlich seinem Entwässerungsgebiet entzieht,
und aus der
Ausdehnung
[* 4] dieses Gebiets ergibt sich, um wieviel das letztere jährlich durch Denudation verliert. So hat man
gefunden, daß in ungefähr 3000
Jahren die ganze Kontinentalfläche der
Erde im
Mittel um 30
cm erniedrigt wird.
Vgl.
v.Richthofen,
Führer für Forschungsreisende (Berl. 1886);
(griech.), durch
Pilze
[* 5] hervorgerufene, also parasitäre,
Hautkrankheiten. ^[= (hierzu Tafel "Hautkrankheiten") treten sehr häufig nicht als selbständige Erkrankungen ...]
[* 6]
Paul, franz. Dichter und
Politiker, legte 1887 sowohl den Vorsitz als die ihm darauf übertragene Ehrenpräsidentschaft
der
Patriotenliga nieder, weil ein Teil der Mitglieder mit seiner
Haltung nicht einverstanden war; doch vertrat er im
August noch die
Patriotenliga beim
BegräbnisKatkows in
Moskau
[* 13] und agitierte auf einer
Reise durch Rußland für
das
Bündnis zwischen diesem und
Frankreich. 1888
schloß er sich
Boulanger an und trat in den Vorstand der von diesem gegründeten
Liga des nationalen
Protestes. Er agitierte leidenschaftlich für den Boulangismus, von dessen
Sieg er die
Revanche erhoffte, und ward auch 1889 in die Deputiertenkammer gewählt.
[* 14] Die Desinfektion ist noch fortwährend eine der brennenden
Fragen in der Hygiene und in letzter Zeit wieder vielfach
und von verschiedenen
Gesichtspunkten aus bearbeitet worden. Als Ergebnisse der neuesten Untersuchungen darf etwa folgendes
ausgesprochen werden.
AlleVersuche, welche darauf abzielten.
Räucherungen zur Desinfektion von geschlossenen
Räumen anzuwenden, haben
ergeben, daß auf diesem Weg niemals die zuverlässige Desinfektion eines
Raums erreicht werden kann, heißen nun
die Räucherungsmittel
Chlor oder
Brom,
schweflige Säure,
Sublimat oder
Karbolsäure, und mag man das
Mittel so konzentriert anwenden
als man will. Es gelingt dies deshalb nicht, weil ein gasförmiges Desinfektionsmittel sich niemals gleichmäßig verbreitet
und niemals sicher in alle
Fugen und Ritzen eindringt.
Räuchert man z. B. mit schwefliger
Säure in einem
Zimmer, in dessen
Thür man zuvor von innen einen blanken
Schlüssel gesteckt
hat, so findet man nach der
Räucherung das aus dem
Schloß hervorstehende Ende des
Schlüssels von der schwefligen
Säure angegriffen
und mitRost überzogen, das in der
Thür steckende blank. Übereinstimmend damit fand man auch bei
Räucherungen
Bakterienproben, welche beispielsweise auf dem Sitzbrett eines
Stuhls angebracht waren, durch die
Räucherung abgetötet; solche
aber, welche an der Unterseite desselben
Brettes befestigt waren, zeigten sich von der Desinfektion unberührt. Man muß also auf eine
»Desinfektion der
Luft«, so bequem dieselbe wäre, ein für allemal verzichten. Damit kommen die in flüssiger Form
verwendeten Desinfektionsmittel um so mehr wieder zu ihrem
Recht. Man hat deren manche neue kennen
¶
mehr
gelernt, man hat aber auch manche der früher schon bekannten, welche etwas mehr verlassen waren, wieder entsprechender gewürdigt.
Bevor diese aber besprochen werden sollen, muß hervorgehoben werden, daß heute als ein Hauptgrundsatz zu gelten hat: chemische
Desinfektionsmittel können in ihrer Wirkung nur dann richtig beurteilt und untereinander verglichen werden, wenn
die Infektionsstoffe, auf welche sie einwirken sollen, den Mitteln ohne weiteres auch alle gleich zugänglich sind.
Meistens sind aber die Infektionsstoffe, d.h. die Bakterien, in den verschiedenartigsten Schmutz eingelagert, welcher oft
zu zähen Massen oder festen Krusten vertrocknet, dieselben mit einer schützenden Hülle gegen die Desinfektionsmittel umgibt.
Gelangen solche Krankheitsstoffe enthaltende Massen in den Körper von Menschen oder Tieren, so weiden diese
Umhüllungen aufgelöst, und es erfolgt die Infektion ungehindert. Es ist folglich eine Hauptbedmgung jeder Desinfektion mit chemischen
Mitteln, durch gründliche Reinigung die Schmutzsubstanzen, welche vorwiegend organischer Natur sind und aus Fett-, Eiweiß-,
Leimsubstanzen bestehen, aufzulösen und so die Bakteriender Einwirkung der Desinfektionsmittel zugänglich
zu machen.
Dies hat unter Umständen wieder seine besondern Schwierigkeiten, weil manche Objekte nicht ohne weiteres einer Abwaschung,
z. B. mit Seifenwasser und Soda, unterworfen werden tonnen, ohne daß sie hierdurch unbrauchbar gemacht würden. In solchen
Fällen muß entweder der Gegenstand geopfert werden, oder man wählt besondere Auskunftsmittel (so
das Abreiben der tapezierten Wände mit Brot,
[* 16] wodurch eine sehr vollständige Desinfektion derselben sogar ohne Zuhilfenahme eines Desinfektionsmittels
erreicht werden kann). Handelt es sich um abwaschbare Räume und Gegenstände, so empfiehlt es sich zum Schutz derjenigen,
welche die Arbeit vorzunehmen haben, unter Umständen zunächst die Objekte mit einem Desinfektionsmittel
vorläufig zu befeuchten oder abzuwaschen, sodann dieselben einer gründlichen Reinigung zu unterziehen und dann erst die
eigentliche Desinfektion vorzunehmen.
Es sind also bei der Desinfektion mit chemischen Mitteln sehr mannigfache Gesichtspunkte zu beachten, und es muß das Verfahren beinahe
für jeden Einzelfall besonders ausgedacht werden; die Mannigfaltigkeit der notwendigen Maßnahmen wird
aber noch erheblich vermehrt dadurch, daß, wie man jetzt weiß, auch die einzelnen pathogenen Bakterien (s.d., Bd. 2 u. 17)
eine sehr verschiedene Widerstandsfähigkeit besitzen, ja daß die einen derselben leichter durch dieses, die andern leichter
durch jenes Desinfektionsmittel zerstört werden.
Einige Beispiele mögen genügen: Die Mikrotolken, welche die Wundinfektionskrankheiten hervorrufen, werden
sehr sicher und rasch durch Karbolsäure getötet, nicht so die Milzbrandsporen. Das Ouectsilbersublimat tötet sofort Milzbrandsporen,
die widerstandsfähigsten Infektionserreger, welche wir kennen, ist aber zur Desinfektion des tuberkelbacillenhaltigen
Auswurfs der Schwindsüchtigen völlig unbrauchbar; dieser wird dagegen durch Kreolin schon in 2proz. Lösung sicher desinfiziert.
Hieraus ist ersichtlich, daß es wünschenswert sein muß, verschiedenartige Desinfektionsmittel zu kennen,
so daß jedesmal nach Art der Krankheit, gegen welche desinfiziert werden soll, und nach Art des zu desinfizierenden Gegenstandes
das geeignetste derselben ausgewählt werden kann. Es kommen gegenwärtig folgende chemische Desinfektionsmittel in Betracht:
obenan stehen die im Artikel Desinfektion (Bd. 4) aufgeführten
MittelSublimat und Karbolsäure als diejenigen von der allgemeinsten Wirksamkeit.
Sodann ist erst jetzt einem Mittel durch die bakteriologische Forschung die ihm gebührende Beachtung zu teil geworden, einem
Mittel, welches wohl ohne Zweifel als das älteste Desinfektionsmittel bezeichnet werden muß: es ist dies der frisch gelöschte
gebrannte Kalk. Derselbe steht in seiner Wirkung der Karbolsäure nahezu gleich, ist geruchlos, ungiftig,
überall leicht zu beschaffen, billig; er eignet sich vortrefflich zu einem desinfizierenden Anstrich gemauerter oder getäfelter
Wände sowie besonders zur Desinfektion von Typhus-und Cholerastühlen, überhaupt jeder Jauche, wofern sie nicht Milzbrandsporen oder
Tuberkelbacillen enthält.
Von den uns bis jetzt bekannten Infektionsstoffen sind diese beiden wohl die einzigen, welche^ durch
den Kalk nicht abgetötet werden. Noch ein zweites, in den letzten Jahren etwas unterschätztes, längst bekanntes Desinfektionsmittel
ist durch die neuesten Untersuchungen wieder mehr zur Geltung gekommen, nämlich der Chlorkalk.
[* 17] Er ist im stande, in kürzester
Zeit Milzbrandsporen und Tuberkelbacillen abzutöten, allerdings nur, wenn er als dicker Brei mit denselben
in Berührung kommt.
Bei der Tünchung von Wandflächen, Abschlämmung von gepflastertem oder Lehmschlagboden u.
dgl. ist jedoch die Anwendung in dieser Form sehr wohl thunlich. Den Kalk an Wirksamkeit noch übertreffend ist von neuen
Mitteln zu nennen die Schwefelkarbolsäure, eine durch Mischung der an sich wenig wirksamen rohen Karbolsäure
mit reiner Schwefelsäure
[* 18] hergestellte sirupartige Flüssigkeit, aus welcher 2-5proz. wässerige Verdünnungen hergestellt
werden. Diese Mischungen sind im stande, Milzbrandsporen und Tuberkelbacillen zu töten; sie sind wie Kalk leicht zu beschaffen
und billig.
Nach den großen Überschwemmungen des Jahrs 1888 wurden sie auf Anordnung des königlich preußischen Kultusministeriums
zur Desinfektion von Brunnen
[* 19] angewandt, nachdem eingehende Untersuchungen das Verfahren als erfolgreich erwiesen hatten. Als der Schwefelkarbolsäure
chemisch verwandter Körper ist zu nennen das Kreolin (s. d., Bd.
17). Das souveränste Desinfektionsmittel ist die Hitze geblieben; für metallene Gegenstände eignet sich am besten
das Ausglühen (der Gegenstand braucht dabei nicht bis zum Glühen zu kommen, sondern muß nur so weit erhitzt werden, daß
er weißes Papier, Stoff, Watte etc. bräunt, da organische Substanzen bei ca. 150° C. sich bräunen und bei dieser Temperatur
sämtliche Bakterien abgetötet werden). Für alle Textilgegenstände, selbst Seide,
[* 20] ferner für Betten
ist der strömende Dampf
[* 21] von 100° C. oder gespannter Dampf von etwas über 100° C. das einzige, aber unbedingt verläßliche
Desinfektionsmittel. Pelz- und Lederwaren dürfen Dämpfen nicht ausgesetzt werden. Zur Desinfektion dieser Gegenstände ist noch kein
nach allen Seiten befriedigendes Verfahren gefunden.
Vgl. »Mitteilungen aus dem kaiserlichen Gesundheitsamt« (Bd. 2);
Jäger, Untersuchungen über die Wirksamkeit chemischer Desinfektionsmittel etc.;
Liborius, Untersuchungen über die Desinfektionswirkung des Kalks (»Zeitschrift für Hygiene«, Bd. 2);