Trotz aller
Mahnungen und Warnungen der Mächte setzte er die Vorbereitungen zum
Krieg fort und beantragte im April 1886 bei
der
Kammer eine
Anleihe und die
Erhöhung der Streitmacht, worauf die Mächte (außer
Frankreich) energisch
einschritten, auf die Weigerung Deligiannis', seine
Rüstungen einzustellen, ihre
Schiffe
[* 6] in den
Phaleron einlaufen ließen und die griechische
Küste blockierten. Erst dann nahm Deligiannis 9. Mai seine Entlassung und stellte sich an die
Spitze derOpposition gegen das neue
MinisteriumTrikupis.
Die Griechen nannten nach Plutarch den Delphin das »menschenfreundliche
Tier« (Zoon philanthropon),
weil es das einzige
Tier sei, welches eine »uneigennützige
Liebe zum
Menschen«
trage. In der That sind die
Schriften der griechischen und römischen Naturkundigen reich an Nachrichten von
Delphinen, welche
ins
Meer gefallene
Kinder wie auch Erwachsene lebend oder tot ans
Ufer trugen oder Fischerknaben, mit denen sie sich befreundet
hatten, auf ihren
Rücken reiten ließen. Zum Andenken an solche Vorkommnisse führten mehrere berühmte
Hafenstädte, wie
Korinth,
[* 9]
Tarent und Jasos (bei Milet), den auf einem Delphin reitenden
Knaben auf ihren
Münzen.
[* 10]
Alle diese
Erzählungen wurden von den spätern Naturforschern kurzerhand verworfen, allein dieselben
Sagen sind beinahe über
die ganze
Welt verbreitet. Als v.
Beneden sich mit dem
Studium der brasilischen
Delphine beschäftigte, weigerten
sich die dortigen Eingebornen, ihm beim
Fang dieser
Tiere, »welche die ertrunkenen
Menschen zum
Ufer brächten«, behilflich zu
sein; das
Tier sei heilig und unverletzlich. Eine
Beobachtung der letzten Jahre hat nun gezeigt, daß in gewissen Gegenden
noch heute ein kameradschaftliches
Verhältnis zwischen den Küstenbewohnern und den
Delphinen besteht,
und daß der bisher ebenfalls als
Sage behandelte
Bericht des
Plinius und andrer
Berichterstatter von dem Zusammenwirken der
Fischer und
Delphine beim
Fang von Seefischen einer noch jetzt geübten
Praxis entspricht.
Die letztern würden dann in
Netzen gefangen, in welche die
Delphine im
Eifer ihres
Dienstes ebenfalls zuweilen hineingerieten,
aber dann jedesmal sorgsam befreit würden. Zur Belohnung für ihre Dienstwilligkeit bekämen sie nicht
nur diejenigenFische,
welche über die
Netze hinwegspringen, als ihren
Anteil, sondern würden auch noch besonders mit ihrer Lieblingsspeise, in
Wein geweichten Brotstücken, gefüttert.
Fast genau dasselbe
Verfahren beobachtete
PaulBert bei den
Fischern in der
Bai vonHuë
(Anam).
MilchweißeDelphine mit rosenroter Rückenflosse nähern sich daselbst des
Morgens in kleinenGesellschaften
von 4-5
Köpfen dem flachen
Ufer, indem sie
Scharen einer kleinen Seebarbenart vor sich hertreiben. In diesem
Augenblick gehen
die halbnackten
Fischer den
Delphinen entgegen und werfen vor ihnen
Netze aus, in denen die
Barben in
Masse gefangen werden. Damit
die
Delphine nicht in die
Netze geraten, stehen neben den
Fischern im seichten
Wasser kleine
Jungen, die im
rechten
Augenblick ein leichtes
Stück an einer
Schnur befestigten Bambusholzes gegen die
Delphine werfen, um sie zu benachrichtigen,
daß sie nunmehr einige
Meter zurückweichen sollen, um das
Netz nicht zu zerreißen.
»Delphine und
Fischer«, sagt
Bert, »sind hier die besten
Freunde von der
Welt. Im
Wasser streifen sie einander
fast, ohne sich zu erschrecken und einander Übles zuzufügen. Da der Delphin in dem
Augenblick, wo er als Treiber dient, seinen
runden
Kopf mit der spitzen Schnauze über das
Wasser hebt und ein schnaufendes
Geräusch hervorbringt, so sind viele überzeugt,
daß er damit die
Fischer benachrichtigen will. Diese hinwiederum erweisen ihm gelegentlich die besten
Dienste.
[* 12] Wenn er sich in festen
Netzen gefangen hat, befreit man ihn mit Sorgfalt, ohne ihm dabei die Zerstörungen nachzutragen,
die er etwa dabei angerichtet hat. Ja, noch mehr, wenn er sich durch seine Unvorsichtigkeit auf
Untiefen gewagt hat,
steht man ihm bei, um ihn wieder flott zu machen.
Denn er ist ein Mitarbeiter, ein
Freund.
Ich glaube sogar wahrgenommen zu
haben, daß die
Fischer eine Art Beschwörungsformel an ihn richteten.« Dieser 1886 von einem anerkannten Beobachter erstattete
Bericht entspricht auf das genaueste den Angaben der alten Schriftsteller über den freundlichen
Verkehr der
Fischer mit den
Delphinen in der
Bucht von Jasos, unfern dem alten Milet.
Mutianus erzählt, daß dort ebenso wie ehemals in
Gallien und noch heute in
AnamFischer und
Delphine beim Fischfang gemeinsame
Sache machten. Ja, das kameradschaftliche
Verhältnis bildete sich dort so weit aus, daß jeder
Fischer
seinen eignen Delphin besaß, den er aus der
Hand
[* 13] fütterte, und der seinen
Kahn stets und auch bei
Nacht, wenn bei Fackelschein
gefischt wurde, umkreiste und ihm die
Fische zutrieb. Plutarch erzählt in seinem
»Gastmahl der
siebenWeisen«, daß es den dortigen
Delphinen das größte
Vergnügen gemacht habe, mit den jasischen Fischerjungen um die
Wette zu schwimmen
und sie im
Wasser wie getreue
Hunde
[* 14] zu begleiten.
Nun muß man sich erinnern, daß gerade dort die
Erzählungen von den Delphinritten zu
Hause waren, und daß die
Seesäugetiere,
sogar
Robben
[* 15] und
Walrosse sich auch in unsern Tiergärten durch ungewöhnliche Gelehrigkeit und Anhänglichkeit
an ihre
Pfleger auszeichnen. Wie nahe lag für diese
Kinder, die bei ihrer Schwimmfertigkeit keine
Gefahr dabei liefen, der
Versuch, ihre Spielkameraden als Reitpferde zu benutzen. Nach alledem schließt
Krause, daß die Zoologen unrecht gethan haben,
die
Erzählungen von der Delphinfreundschaft als
Märchen zu behandeln, wenn dasVerhältnis auch natürlich
poetisch verklärt und ausgeschmückt worden war. Es scheint vielmehr daraus hervorzugehen, daß sich bei an der
Küste wohnenden
Naturvölkern der ganzen
Welt dieses auf gegenseitigen
¶
mehr
Nutzen beruhende Verhältnis herausgebildet hat und nur dadurch an Innigkeit einbüßte, daß die Menschen Fangmethoden ersannen,
bei der sie die freiwillig geleisteten Treiberdienste der Delphine allmählich entbehren lernten und ihrerseits diese Freundschaft
vernachlässigten. Als Rückstand blieb dann nur die Sage von einer solchen Freundschaft und das über die ganze Welt
verbreitete Gesetz der Unverletzlichkeit dieser Tiere. Auch unter den Fischern am Adriatischen Meer hat sich noch eine schwache
Erinnerung an die alte Fanggenossenschaft lebendig erhalten.
Sie glauben, wie Cuvier erzählt, daß der Delphin aus alter Freundschaft für sie die Thunfische in die großen Kammern aus verankerten
Netzen hineintreibe, die man Tonare nennt. Manchmal, wenn sie Bedenken zeigten, gehe er sogar voran,
und darum träfe man zuweilen einen Delphin in den Tonaren. Sie rufen ihm dann zu: »Fora
Delfino!« (»Hinaus mit dem D.!«) und komplimentieren ihn auf
diese Weise, ohne ihm ein Leid zuzufügen, wieder aus der geöffneten Kammer heraus, bevor sie mit ihrer
großen Schlächterei beginnen.