Sachsen 20, Oberschlesien 20, auf die übrigen preußischen Provinzen 9, auf das Königreich Bayern 124, auf Ober-Elsaß 19, Unter-Elsaß
53, auf das Großherzogtum Hessen 6, auf die thüringischen Staaten 30, auf sonstige deutsche Staaten 3. Von 385 dieser Vereine
beliefen sich im J. 1888 die Gesamtaktiva auf 16,936,941 Mk., die Gesamtpassiva
auf 16,788,191,18 Mk.;
das unteilbare Vereinsvermögen auf 821,906,46 Mk. Die Gesamtmitgliederzahl
der 611 Vereine beträgt gegen 80,000. - Zur Litteratur: Raiffeisen, Instruktion zur Geschäfts- und Buchführung der Darlehnskassenvereine (2.
Aufl., Leipz. 1883);
Derselbe, Statistik über 245 im Anwaltsverband befindliche Darlehnskassenvereine pro 1885 (Neuwied 1887);
Faßbender, Ländliche Spar- und Darlehnskassenvereine (Münster 1883).
Die Biographie des Gründers der Darlehnskassenvereine s. Raiffeisen (Bd.
17).
2) Charles. Die von seinem Sohn Francis Darwin verfaßte Biographie »Life and letters of Charles Darwin« erschien deutsch
von Carus (Stuttg. 1887, 2 Bde.).
Nach der von Nägeli aufgestellten und von ihrem Verfasser mechanisch-physiologische Abstammungslehre genannten
Hypothese erfolgt die Entstehung neuer Arten aus innern Ursachen, die in der Molekularstruktur der Organismen
selbst gelegen sind und die Umänderung der Sippen (Individuen, Arten, Familien) nach bestimmten Richtungen bedingen. Diese
Umänderung der Sippen erfolgt zugleich in der Richtung zum Vollkommnern, d. h. zum Zusammengesetztern (Vervollkommnungsprinzip).
Mit mechanischer Notwendigkeit geht die Umbildung in der eingeschlagenen Richtung fort in der Art, daß
die Nachkommen immer über die Eltern in der Vervollkommnung hinausgehen und so Generation auf Generation stets um einen weitern
Grad verändert wird, soweit es nämlich die Natur der Verhältnisse erlaubt. Denn neben der Organisationsvollkommenheit und
von dieser zu unterscheiden findet sich dann noch auf jeder Organisationsstufe eine Anpassungsvollkommenheit,
welche in der unter den jeweiligen äußern Verhältnissen vorteilhaftesten Ausbildung des Organismus besteht.
Selektion, wie sie die Theorie Darwins als einen Hauptfaktor bei der Entstehung der Arten hinstellt, ist bei Nägeli nur ein Hilfsprinzip,
indem sie nach ihm durch Verdrängung der Lebewesen nur sippenscheidend und sippenumgrenzend, nicht aber
sippenbildend wirkt. Äußere Veränderungen, insbesondere klimatische und Ernährungsverhältnisse, haben nach Nägeli auf
die Umbildung der Arten keinen Einfluß. Dem Einwand, daß bei Gültigkeit des Vervollkommnungsprinzips es heute gar keine
niedern Formen mehr geben dürfte, begegnet Nägeli durch die Annahme einer auch heute noch bestehenden Urzeugung.
Wie schon angedeutet, sind die formbildenden innern Ursachen Nägelis an etwas Stoffliches gebunden, welches
als Träger der erblichen Eigenschaften anzusehen ist. Diesen Träger findet Nägeli in einem Teil des Protoplasmas, dem Idioplasma,
welchem das übrige, weniger feste Protoplasma als Ernährungsplasma gegenübersteht; Nägeli denkt sich das Idioplasma in Form
von netzartig angeordneten, den ganzen Körper von Zelle zu Zelle
durchziehenden, zusammenhängenden Strängen,
welche aus parallelen Längsreihen von Molekülgruppen (Mizellen) bestehen. In diesen Längsreihen sind alle Anlagen des Organismus,
nicht nur für Arten, sondern auch für Individuen, enthalten und werden in ähnlicher Weise zur Entfaltung gebracht, »wie der
Klavierspieler auf einem Instrument die aufeinander folgenden Harmonien und Disharmonien zum Ausdruck bringt«.
Bei der Vermehrung des Idioplasmas erfolgt Verlängerung dieser Längsreihen ohne Veränderung der Konfiguration des Querschnittes;
neue Anlagen treten durch Einschiebung neuer Längsreihen auf. Ein mikroskopischer Nachweis des Idioplasmas ist bis jetzt noch
nicht gelungen.
Der Theorie Nägelis ziemlich entgegengesetzt, jedoch darin mit ihr übereinstimmend, daß bei der Erklärung
der Variabilität von außen wirkenden Einflüssen wenig oder keine Bedeutung zugestanden wird, ist die Hypothese Weismanns
von der Kontinuität des Keimplasmas. Auch Weismann betrachtet als Träger des spezifischen Entwickelungsganges eines Organismus
eine geformte Masse, die er Keimidioplasma oder kurzweg Keimplasma nennt; statt sich jedoch dieses Keimplasma
als ein im ganzen Organismus verbreitetes Netzwerk zu denken, verlegt er seinen Sitz einzig in den Kern der Keimzellen.
In dem Kern der Keimzellen, sowohl dem Keimbläschen der Eizelle als dem Kern der Samenzelle, unterscheidet Weismann zweierlei
Plasma, einmal das Keimplasma und zweitens das histogene Plasma, welches, je nachdem von der Eizelle oder
der Spermazelle die Rede ist, spezieller als ovogenes oder spermogenes Plasma bezeichnet wird. Das histogene Plasma wird vor der
Befruchtung als sogen. Richtungskörperchen ausgestoßen; dies geschieht auch bei den parthenogenetisch
sich entwickelnden Eiern; bei den befruchtungsbedürftigen Eiern wird aber noch ein zweites Richtungskörperchen ausgestoßen,
welches einen Teil des Keimplasmas selbst enthält, wodurch dieses reduziert wird (Reduktionsteilung).
Bei der Befruchtung ergänzt sich durch Hinzutritt des Spermakerns das Keimplasma wieder zur vollen Höhe.
Das Keimplasma ist »ein Stoff von bestimmter chemischer und besonders molekularer Beschaffenheit«, dem eine überaus komplizierte
feinste Struktur zuzuschreiben ist. Zugleich ist dieses Keimplasma der Träger der Vererbung, und es nimmt,
was der Angelpunkt der Weismannschen Theorie ist, eine ganz besondere Stellung dadurch ein, daß es keinen Veränderungen unterliegt,
sondern kontinuierlich ist. Das Keimplasma steht dem ganzen übrigen Körper insofern streng gegenüber, als es an all den
Veränderungen, die derselbe während des Lebens erfährt, keinen Anteil nimmt; auch können die Keimzellen,
die das Keimplasma enthalten, nicht aus beliebigen Körperzellen entstehen, eine Rückverwandlung von somatischem Idioplasma
in Keimidioplasma findet nicht statt.
Statt dessen entstehen die Keimzellen direkt aus den elterlichen Keimzellen, indem bei der Ontogenese nicht das ganze Keimplasma,
welches die elterliche Eizelle enthält, zum Aufbau des kindlichen Organismus verbraucht wird, sondern ein
Teil desselben unverändert für die Bildung der Keimzellen der folgenden Generation reserviert wird. Es geht also stets ein
Teil des Keimplasmas unverändert aus dem Körper der Vorfahren in den der Nachkommen über, und in dieser unveränderten Übertragung
durch Generationen hindurch repräsentiert das Keimplasma einen unsterblichen Teil des Organismus. Diese
mehr
Theorie vermag insbesondere auf eine leichte Weise die Erscheinungen des Atavismus, die Vererbung von Eigenschaften von einer Generation
auf eine entferntere mit Überspringung der dazwischenliegenden zu erklären. Als logische Folge dieser Kontinuität des Keimplasmas,
auf welches äußere Einflüsse nicht einwirken, muß sich ergeben, daß keine neuen Eigenschaften erworben und weiter
vererbt werden können. In der That ist es gerade dieser Punkt der Theorie, die Frage der Erblichkeit erworbener Eigenschaften,
welcher einen heftig entbrannten Kampf hervorgerufen hat, denn mit diesem Satz steht und fällt die Lehre von der Kontinuität
des Keimplasmas.
Nach Weismann gelangen nur diejenigen Eigenschaften zur Vererbung, welche der Anlage nach schon im Keim vorhanden
sind; alle Abänderungen, welche nach der Teilung des Eies in die beiden ersten Furchungskugeln entstehen, nennt Weismann »erworbene
Charaktere« oder auch, da sie nach seiner Ansicht nicht erblich sind, sondern mit dem Individuum entstehen und vergehen, »passante
Charaktere«. Zu ihnen gehören vor allem die während des individuellen Lebens erworbenen Verletzungen und
Verstümmelungen, deren Vererbung nach Weismann bisher noch in keinem Fall nachgewiesen ist. Scheinbare derartige Vererbungen
lassen sich nach ihm auf andre Weise erklären.
Leugnet so Weismann jede direkte Veränderung des Keimplasmas durch äußere Einflüsse, so gibt er anderseits doch die Möglichkeit
zu, daß durch sehr lang andauernde Einflüsse derselben Art, z. B. Temperatur, während des Lebens Anlagen,
Prädispositionen, zu neuen Eigenschaften erworben werden und zur Vererbung gelangen können. Nur bei den Protozoen verändern
äußere Einflüsse den Organismus direkt, und diese unterscheiden sich nach dieser Theorie dadurch scharf von den Metazoen.
Dem Keimplasma Weismanns fehlt aber nicht nur die Fähigkeit, neue Eigenschaften zu erwerben und durch
deren Vererbung Varietäten zu erzeugen, sondern es geht ihm auch die Tendenz ab, aus sich selbst heraus abzuändern, so daß
die Folge dieser Theorie die Konstanz der Arten wäre. Zur Erklärung der thatsächlichen Variabilität der Arten zieht daher Weismann
einen andern Faktor bei und findet diesen in der geschlechtlichen Fortpflanzung. Bei diesem Vorgang wird nicht nur der Vorrat
des Keimplasmas immer wieder ergänzt und so die sonst notwendig eintretende Erschöpfung desselben vermieden, sondern durch
die Mischung der Eigenschaften, welche die geschlechtliche Fortpflanzung veranlaßt, wird zugleich das Material für die
Entstehung neuer Arten gegeben; es kann bei der Mischung zweier Vererbungstendenzen nie wieder Gleichheit eintreten, sondern
es müssen im Lauf der Generationen immer neue Kombinationen der individuellen Charaktere erscheinen. So kommt die erbliche individuelle
Variabilität zu stande. Unter den durch die Mischung verschiedenen Keimplasmas entstandenen neuen Formen tritt dann der
Kampf ums Dasein und Selektion in sein Recht.
Im Zusammenhang mit der Ansicht von der Nichtvererbung erworbener Eigenschaften stehend und als eine Folge derselben erscheint
eine weitere Theorie Weismanns über die Entstehung der rudimentären Organe, die er in einer »Über den Rückschritt in der
Natur« betitelten Schrift behandelt. Sie können nach ihm nicht dadurch entstanden sein, daß der Nichtgebrauch
direkt verkümmernd auf bestimmte Organe eingewirkt und diese Einwirkung, sich verstärkend, vererbt worden sei und dadurch
zur immer weitergehenden Rückbildung des Organs geführt habe, denn die
Resultate des Nichtgebrauchs müssen nach Weismanns
Ansicht auf das Individuum beschränkt bleiben. Er findet für die Rückbildung eine andre Erklärung in der
»Kehrseite der Naturzüchtung«.
In der Definition dieses Begriffs geht Weismann von der Annahme der Richtigkeit der Ansicht aus, daß die Zweckmäßigkeit der
lebenden Wesen in allen ihren Teilen auf dem Vorgang der Naturzüchtung beruht, und schließt weiter, daß diese Zweckmäßigkeit
auch durch dasselbe Mittel erhalten werden müsse, durch welches sie zu stande gekommen ist, umgekehrt
aber wieder verloren gehen müsse, sobald dieses Mittel, die Naturzüchtung, in Wegfall kommt. Sobald nun ein Organ für einen
Organismus sich nicht mehr nützlich oder notwendig erweist, wird seine mehr oder minder vollkommene Ausbildung bei der Kreuzung
nicht mehr in Betracht kommen, sondern in Bezug auf dieses Organ Allgemeinkreuzung, Panmixie, eintreten;
durch diesen Nachlaß in der Auslese geht dann dieses Organ immer mehr zurück. Auf diese indirekte Weise erklärt Weismann auch
solche Fälle von Rückbildungen, die, wie das Schwinden des Haarkleides bei Delphinen und Walen, sich nicht direkt
als eine Folge des Nichtgebrauchs des betreffenden Organs erklären lassen.
Der Ansicht Weismanns im wesentlichen entgegengesetzt ist die von Eimer aufgestellte Theorie über die Entstehung der Arten auf
Grund von Vererben erworbener Eigenschaften. Eimer knüpft zunächst daran an, daß die Theorie Darwins die Entstehung der Varietäten
und damit der Arten dem Zufall anheimstelle, indem sie die Möglichkeit des Variierens nach allen Richtungen
ohne jede Gesetzmäßigkeit zulasse und keine Erklärungen für das erste Auftreten der Variationen gebe.
Dem gegenüber kam Eimer, hierin mit Nägeli und Weismann übereinstimmend, auf Grund seiner Untersuchungen zu dem Resultat, daß
das Abändern der Arten überall nach ganz bestimmten Richtungen stattfindet, deren es jedoch in gegebener
Zeit nur wenige sind. Zunächst konstatierte Eimer diese Gesetzmäßigkeit beim Abändern für eine bis dahin als völlig
gleichgültig, bedeutungslos und zufällig angesehene Erscheinung, nämlich für die Zeichnung der Tiere.
Bei zahlreichen in den verschiedensten Klassen des Tierreichs angestellten Untersuchungen fand er als Regel,
daß im ganzen Tierreich die Längsstreifung die ursprüngliche ist; im Verlauf der Entwickelung zerfällt sie in Flecke, und
diese vereinigen sich wieder zu Querstreifen. Hierbei treten diese Zeichnungen, wie alle neuen Eigenschaften, stets an bestimmten
Teilen des Körpers, vorzüglich hinten, auf und rücken während der Entwickelung mit dem Alter nach vorn,
während von hinten die nächst jüngere Eigenschaft nachrückt und die vorderste schwindet, ganz wie eine Welle der andern
folgt (»Gesetz der wellenförmigen Entwickelung« oder »Undulationsgesetz«).
Weitere Untersuchungen ließen eine ähnliche Gesetzmäßigkeit auch in Beziehung auf andre Eigenschaften nachweisen. Mit
der Auffindung der Gesetzmäßigkeit des Abänderns sah sich Eimer aber zugleich auch vor die Frage nach
den Ursachen dieses Abänderns gestellt. Eine große Anzahl von Eigenschaften wird bekanntlich durch das Nützlichkeitsprinzip,
die Auswahl des Nützlichen im Kampf ums Dasein, erklärt, und in ähnlicher Weise wird gleich der natürlichen Zuchtwahl die
geschlechtliche Zuchtwahl zur Erklärung der Entstehung andrer Eigenschaften herbeigezogen. Von vielen Eigenschaften,
deren Bedeutung für den Organismus wir heute nicht zu erkennen vermögen, können wir doch sagen,