den ältesten Vorstellungen des russischen Volkes, die Standesunterschiede, gesellschaftliche Gliederungen nicht kennen. In
späterer Zeit mögen dann jene Lieder entstanden sein, in denen der Bauernsohn von dem Großfürsten und seiner Umgebung auch
schlecht behandelt, bei der Tafel untenangesetzt, als Lügner angesprochen wird, Lieder, welche die zum Schlimmern gewendete
Lage des Volkes widerspiegeln. Die Volksphantasie schwelgte in der ganzen Sage von Ilja wie im Wohlthun,
in gewaltiger Thatkraft, so auch in unendlichem Wohlleben (vgl. Stern, Geschichte der Weltlitteratur).
Die Helden, welche außer Ilja dem Kiewschen Cyklus angehören: Dobrynja Nikititsch, Aljoscha Popowitsch, bilden eine Art Tafelrunde,
die freilich mit jener der Artussage oder mit den Paladinen der karolingischen Sage nicht verglichen werden
darf.
Vgl. W. Wollner, Untersuchungen über die Volksepik der Gronrussen (Leipz. 1879), O. Miller, Die russischen Lieder von
Ilja Muromec (in Herrigs »Archiv der neuern Sprachen«, Bd. 23);
W. Biström. Das russische Volksepos in der »Zeitschrift für
Völkerpsychologieô«, Bd. 5).
Andres Avelino, Präsident von Peru, geb. zu Huanta, studierte in Lima die Rechte und schloß sich 1852 dem
Aufstand Canillas an, der ihn zum Kapitän und Militärattaché in Paris ernannte, wo er 1857-60 blieb.
Nach seiner Rückkehr ward er Adjutant Prados während des Kriegs mit Spanien 1866 und erhielt als Oberst den Oberbefehl über
ein Regiment, mit dem er 1876-78 Pierola bekämpfte. Im Krieg mit Chile nahm er mit Auszeichnung an den Schlachten
von Dolores und Tacna teil, erhielt von Pierola eine Division, mit der er bei Lima von den Chilenen besiegt wurde,
zog sich darauf nach Arequipa zurück und setzte den Kampf gegen die Chilenen und den von ihnen begünstigten General Iglesias
fort. Obwohl er zwei Niederlagen erlitt, zog er endlich im März 1885 doch siegreich in Lima ein, ward
im Dezember d. J. zum Präsidenten gewählt und trat im Juli 1886 sein Amt an.
Stadt in Portugiesisch-Westafrika, 420 km nordöstlich von Benguela, Hauptort eines Kreises, links am Catapi,
einem Nebenfluß des obern Cunene, in außerordentlich gesunder und schöner Lage und daher von den Portugiesen
als Gesundheitsstation benutzt, mit einem Fort und Faktoreien für den Handelsverkehr nach dem Südosten.
Die Stadt wurde 1685 gegründet
an Stelle einer etwas nördlicher gelegenen, durch die Dschagga zerstörten.
[* ] Seestadt im franz. Departement Pas de Calais, zahlt (1886) mit Einschluß der früher selbständigen Gemeinde
St.-Pierre les Calais 54,714 Einwohner. Der neue Hafen von Calais, dessen Einrichtungen nunmehr dem größten Tonnengehalt der Schiffe
und dem Warenverkehr aller Art genügen, wurde eröffnet. Der Eingangskanal in den
Hafen wird durch zwei parallele, 120 m voneinander entfernte Dämme gebildet. Durch Reservebassins und Schleusen wird das Wasser
in diesem Kanal 4 m über dem niedrigsten Wasserstand des Meers gehalten. Der Hafen umfaßt einen westlichen und einen östlichen
Vorhafen (mit 7,8, bez. 6,6
Hektar Fläche und 1325, bez. 820 m Kailänge) und den neuen nördlich gelegenen
Marinehafen, in welchem die Dampfboote von Dover zu jeder Tageszeit ein- und ausfahren können. Der südliche Kai des Vorhafens
wird als Ankerplatz für große Handelsschiffe dienen und ist mit Warenschuppen und hydraulischen Kränen versehen.
Teile des Hafens sind ferner das infolge geringer Tiefe den Anforderungen der Schiffahrt nicht mehr entsprechende
alte Bassin (mit 2,5 Hektar Fläche und 550 m Kailänge) und das neue Bassin (mit 11,86 Hektar Fläche und 190 m Kailänqe), welches
durch Schleusen den großen Handelsschiffen zugänglich gemacht wurde und mit Warenschuppen, Eisenbahnverbindung, hydraulischen
Kränen und Stapelplätzen für Holz und andre Waren versehen ist. Zwischen beiden Bassins liegt der Binnenhafen
(4 Hektar Fläche, 1600 m Kais), welcher gleichfalls durch eine Eisenbahnlinie zugänglich gemacht in und mit dem westlichen
Bassin durch den Kanal von Calais, mit dem östlichen Becken durch zwei Schleusen in Verbindung steht.
Vgl. Günthner, Calderon und seine Werke (Freiburg
1888).
2) Don Serafin, span. Dichter.
Seine Biographie schrieb der Neffe des Dichters, der Staatsmann Don Antonio Canovas del Castillo
(»El Solitario y su tiempo, biografia de D. Serafino Estébanez Calderon«, Madr. 1883, 3 Bde.).
Calotropis gigantea (Oscherstrauch) trägt große, gelbe Früchte vom Ansehen großer Quitten und Zitronen, die beim
Anfassen zerplatzen und einen trocknen, staubförmigen Inhalt ausstreuen.
Diese Früchte sind die Sodomsäpfel,
von welchen schon der jüdische Historiker Josephus im 1. Jahrh. n. Chr. berichtet, daß sie zum warnenden Andenken an die verbrannten
Städte Asche enthalten.
Vgl. Seetzen, Reisen durch Syrien, Palästina etc. (Berl 1854-55).
Marie, Schriftstellerin, geb. zu Arolsen, verlebte als Erzieherin drei Jahre in England
und wandte sich später nach Moskau, bis sie der Tod des Vaters in die Heimat zurückrief.
mehr
Nachdem sie 1862 in Lennep eine Schule gegründet und einen nochmaligen, kürzern Aufenthalt in England genommen hatte, ließ
sie sich dauernd in Kassel nieder, wo sie starb. Außer zahlreichen nur in Zeitschriften veröffentlichten Novellen
schrieb sie: »Bilder und Klänge«, Gedichte (Kassel 1871);
»Leo« Roman (Berl. 1878, 3 Bde.);
»Wilde Blumen«, drei Novellen (Brem. 1880);
»Bellas Blaubuch«, Roman (Leipz. 1883);
»Daheim und draußen«, Erzählung (Stuttg.
1883);
»Echter Adel«, eine Erzählung in Briefen (das. 1883).
Als eifrige Vorkämpferin der Frauenbewegung war sie Vorstandsmitglied
des Allgemeinen Deutschen Frauenvereins; in dieser Richtung sind noch ihre Schriften: »Weibliches Wirken in Küche, Wohnzimmer
und Salon« (3. Aufl., Berl. 1882),
»Ein Blick ins Leben« (Stuttg. 1877) sowie endlich das Buch »Die Sitten der guten Gesellschaft«,
(das. 1886) zu erwähnen.