sich erbeben sollen, denn abgesehen von der filtrierenden
Kraft
[* 2] des
Bodens, ist erwiesen, daß die
Bakterien sich überhaupt
nicht von feuchten
Flächen trennen können, und direkte Untersuchung von Grundluft ergab, daß dieselbe bakterienfrei ist.
Erscheint hiernach die Bodentheorie nicht haltbar, so fragt sich, welche
Rolle dem Boden bei Infektionstrankheiten zukommt.
Denn daß er eine solche spielt, ist zweifellos, nur dürfte sie bei jeder
Krankheit, entsprechend der
Natur des betreffenden
Krankheitskeims, eine andre sein. Es ist unbestreitbar, daß gewisse
Orte zu gewissen
Zeiten einer
Krankheit günstiger sind
als zu andern
Zeiten und als andre
Orte; die
Ursache aber ist vorderhand nicht bekannt, sie wird sich ergeben,
wenn man, von den Lebenseigenschaften der spezifischen Krankheitserreger ausgehend, die an den betreffenden
Orten und in den
betreffenden
Zeiten obwaltenden Verhältnisse daraufhin prüft, ob unter ihnen ein
Leben der Mikroorganismen möglich ist oder
nicht.
Vgl. Fodor, Hygienische Untersuchungen über
Luft, und
Wasser (Braunschw. 1881);
Distrikt der
Division Radschschahye in der britisch-ind.
ProvinzBengalen, 3880 qkm (70 QM.) mit (1881) 734,358
Einw. Das ganz ebene, im O. vom
Brahmaputra begrenzte und von zahlreichen Flußarmen durchzogene Land
bringt hauptsächlich
Reis hervor und wird von der Northern
Bengal Staatseisenbahn durchzogen.
[* 11] Die
Bevölkerung
[* 12] des
Königreichs Böhmen, welche 1880: 5,560,819
Seelen betrug, wird für Ende 1888 auf
Grund der Ergebnisse der Bevölkerungsbewegung und der
Wanderungen mit 5,812,635 Bewohnern berechnet. Von den höhern Unterrichtsanstalten
zählten die beiden
Universitäten zu
Prags im J. 1887 und zwar die deutsche 161
Dozenten und 1602 Studierende, die tschechische 124
Dozenten
und 2172 Studierende, die beiden technischen
Hochschulen und zwar die deutsche 47
Lehrer und 192 Studierende,
die tschechische 60
Lehrer und 348 Studierende.
Der
Bergbau
[* 13] und Hüttenbetrieb, welcher unter den Erwerbszweigen der
Bevölkerung von Böhmen eine hervorragende
Stelle einnimmt
und sich sowohl durch
Reichtum als durch Mannigfaltigkeit der
Produkte auszeichnet, hat im J. 1888 einen Produktionswert (nach
Abzug des
Wertes der verhütteten
Erze) von 33,218,189
Gulden, d. h. 46 Proz. des
Wertes der Gesamtproduktion
ÖsterreichsanBerg- und Hüttenprodukten, geliefert. Die Zahl derBerg- und
¶
mehr
Hüttenarbeiter betrug 53,766. Die wichtigsten Produkte waren: 35,073 kg Silber, 1,164,662 metr. Ztr. Frischroheisen, 208,271
Gußroheisen, 18,922 Blei,
[* 15] 26,867 Glätte, 2128 Antimon, 118,135 metr. Ztr. Graphit, 10,033,403 Ton. Braunkohle und 3,715,479 T.
Steinkohle. Nach der letzten statistischen Erhebung derIndustrie belief sich die Zahl der gewerblichen Unternehmungen Ende 1885 auf
124,965, die der Handelsgewerbe auf 91,000. An Verkehrsmitteln bestanden Ende 1887: 4347,7 km Eisenbahnen,
24,781,5 km Landstraßen und 1160 km Wasserstraßen. Der wichtigste Flußschiffahrtsverkehr findet
auf der Elbe statt. Der beim Grenzzollamt Schandau nachgewiesene Warenverkehr umfaßte in der Thalfahrt 16,7 Mill. metr.
Ztr. (darunter 14 Mill. Braunkohle, 1,2 Mill. Werkholz), in der Bergfahrt 245,900 metr. Ztr. Postanstalten
bestanden Ende 1887: 1089, Staatstelegraphenämter 432, Sparkassen 117 mit 536,793 Einlegern und einem Guthaben derselben von
335,86 Mil. Gulden.
Geschichte. Begünstigt vom MinisteriumTaaffe, setzten die Tschechen ihre Bemühungen, Böhmen gänzlich zu slawisieren, fort; die
sich liberal nennenden sogen. Jungtschechen gingen in ihren Forderungen sogar weiter als die mit dem Klerus
und dem Feudaladel verbündeten Alttschechen. Die Tschechen behaupteten, hierdurch nicht nur ihre eigne nationale Existenz zu
sichern, sondern auch den Bestand des österreichischen Staats, indem ein starker slawischer Staat zwischen dem DeutschenReich
und Deutschösterreich die Aufsaugung des letztern durch Deutschland
[* 16] hindern werde.
Ihren leidenschaftlichen Haß gegen letzteres gaben sie bei jeder Gelegenheit kund, und nur einige Führer, welche zu der Regierung
Beziehungen unterhielten, wie Rieger, nahmen auf das Bündnis zwischen Österreich
[* 17] und Deutschland einige Rücksicht, während
es andre offen bekämpften und dafür ein Bündnis mit Rußland und Frankreich forderten. Dennoch machte
die Regierung, namentlich der Justizminister Prazak, den Tschechen immer neue Zugeständnisse, um sich deren Zustimmung im Reichsrat
und damit die Mehrheit zu sichern. 1886 gebot eine neue Sprachenverordnung, daß auch die Beamten des Oberlandesgerichts
beide Sprachen, Tschechisch und Deutsch, verstehen und gebrauchen müßten.
Während durch die Forderung der Doppelsprachigkeit die deutschen Beamten, besonders die aus andern Kronländern,
als des Tschechischen meist nicht mächtig, verdrängt wurden (1889 waren von 45 Beamten der Staatsanwaltschaft 41 Tschechen,
nur 4 Deutsche!), wurden die Anforderungen hinsichtlich der Kenntnis des Deutschen bei den Prüfungen tschechischer Schüler
und Studenten immer mehr ermäßigt und die amtlichen Vorschriften darüber lax gehandhabt. Die Deutschen
erneuerten daher ihre Forderung, daß die deutschen Distrikte von den tschechischen administrativ getrennt würden, damit das
Eindringen der Tschechen in reindeutsche Gemeinden als Beamte, Arbeiter etc., welche dann sofort tschechische Schulen für sich
verlangten und die Slawisierung begannen, aufhöre und der nationale Hader beschwichtigt werde.
würden.
Die deutschböhmischen Wähler billigten diesen Schritt ihrer Abgeordneten und hielten treu zu ihnen; die ihres Mandats
verlustig erklärten deutschen Abgeordneten wurden sämtlich wiedergewählt. Die Vermittelungsvorschläge, welche der Oberstlandmarschall
FürstLobkowitz Ende 1887 dem Führer der Deutschen, Schmeykal, machte, und welche auf eine Teilung des Landtags
in drei Kurien (Großgrundbesitz, Tschechen und Deutsche)
[* 18] hinausliefen, winden zurückgewiesen, zumal sie nicht aufrichtig
gemeint waren; die Deutschen beharrten auf voller Sicherung ihres nationalen Besitzstandes durch administrative TeilungBöhmens
nach den Nationalitäten und die Teilung des Landtags in zwei nationale Kurien, denen das Veto gegen alle
Übergriffe zustande.
Ein Versuch, die deutschen Großgrundbesitzer für die Beschickung des Landtags durch das Zugeständnis einer Anzahl von Abgeordnetenmandaten
zu gewinnen, den die Feudalen auf Antrieb Taaffes 1889 machten, scheiterte ebenfalls an der Einigkeit der Deutschen. Die Tschechen
hatten also die unbestrittene Herrschaft im Landtag und benutzten sie, um ihre Interessen rücksichtslos
zu verfolgen; 1888 beschlossen sie auf Kosten der deutschen Steuerzahler die Errichtung einer böhmischen (tschechischen)
Akademie der Wissenschaften und Künste in Prag.
[* 19]
Der MinisterGrafTaaffe suchte von neuem Ausgleichsverhandlungen mit den Deutschen einzuleiten. Diese verlangten aber von vornherein
eine beruhigende Erklärung über die Absichten der Regierung hinsichtlich der Krönungsfrage, und daran
zerschlugen sich die Verhandlungen. Die 41 deutschen Abgeordneten beschlossen auch diesmal, dem Landtag fern zu bleiben. Die
Jungtschechen traten in demselben herausfordernd auf, und die Alttschechen wagten nicht, ihnen zu widersprechen, um nicht ihre
Popularität Zu verlieren.
Sie beantragten sofort 12. Okt. eine Adresse an den Kaiser mit der Bitte um die Wiederherstellung des Königreichs
und seiner frühern, durch den Krönungseid zu bekräftigenden Rechte. Dieser Antrag wurde 10. Nov. mit 113 gegen 37 Stimmen abgelehnt,
weil die Alttschechen durch Rücksichten auf die Regierung gebunden waren; doch wurde die angenommene Tagesordnung mit dem Vertrauen
begründet, daß die Krone den richtigen Zeitpunkt wählen werde, um das große Werk des böhmischen Staatsrechts durch die
Königskrönung abzuschließen. Dafür wurden die Alttschechen durch ein neues Sprachengesetz belohnt, welches auch für die
Bezirks- und Gemeindebehörden die Zweisprachigkeit vorschreibt.