Die Einnahmen der Staatseisenbahnen und der Bodenseedampfschiffahrt belaufen sich auf 38,287,733, die Ausgaben auf 24,140,335
Mk. Die reine Eisenbahnschuld betrug 1889: 334,206,354 Mk.
Geschichte. Die 1884 beratene Verwaltungsreform umfaßte ein Gesetz über die Zusammensetzung der Kreisversammlungen, die Revision
der Städteordnung und die Einführung einer allgemeinen Einkommensteuer, worauf 1886 noch ein Gemeindesteuergesetz
folgte. Die Haltung der katholischen Volkspartei, welche, ermutigt durch die vorübergehenden Wahlerfolge, sofort die Erfüllung
aller kirchenpolitischen Forderungen stellte, hatte zur Folge, daß bei jeder neuen Wahl für den Landtag sich die Zahl der Ultramontanen
verminderte, die der Nationalliberalen vermehrte. 1885 behielten die erstern nur 14, 1887 nur 9 Stimmen,
während die Nationalliberalen 1885 auf 45, 1887 auf 52 Mitglieder in der Zweiten Kammer stiegen.
Die Kirchenbehörden, sowohl die päpstliche Kurie als das Freiburger Domkapitel und ein Teil des badischen Klerus, zeigten sich
friedlich gesinnt, und nach dem Tode des Erzbischofs Orbin wurde der als ein gemäßigter Mann
bekannte Bischof Roos von Limburg zum Erzbischof gewählt und von der Regierung anerkannt. Die Regierung beschloß Ende 1887, dem
katholischen Klerus etwas entgegenzukommen, indem sie 7. Dez. eine Kirchenvorlage im Landtag einbrachte, welche die als Privatanstalten
schon bestehenden Konvikte und Seminare gesetzlich anerkannte, den nie in Wirksamkeit getretenen geistlichen
Gerichtshof aufhob und in besondern Fällen die Regierung ermächtigte, auch Mitglieder solcher Orden, die in Baden nicht aufgenommen
sind, zur Aushilfe in der Seelsorge zuzulassen. Gegen die letztere Bestimmung sprach sich die Mehrheit der Zweiten Kammer entschieden
aus und lehnte den Artikel (Nr. 4) ab; Artikel 1 über die Konvikte und Seminare wurde mit mehreren
Kautelen gegen klerikalen Mißbrauch versehen.
Die Erste Kammer stellte Artikel 4 in der Form her, daß Ordensgeistliche in Notfällen zur Spendung von Sakramenten zugelassen
werden könnten, und um ihre Friedensliebe zu bethätigen, trat die Zweite Kammer 22. Juni dieser Fassung bei
und genehmigte das ganze Gesetz. Auch bewilligte der Landtag die Erhöhung der Gehalte der Beamten und Volksschullehrer. Um den
Eifer der katholischen Wählerschaft, die sich bei den letzten Reichstags- und Landtagswahlen gegen die ultramontanen Klagen
und Forderungen etwas lau gezeigt hatte, anzufeuern und gemäßigte klerikale Parteiführer, wie Lender und Förderer,
welche von Versöhnung redeten, mundtot zu machen, beschloß die ultramontane Parteileitung, den deutschen Katholikentag im
September 1888 in Freiburg
abzuhalten, worauf im November ebendaselbst die nationalliberale Landesversammlung stattfand. Bei den Neuwahlen
für die Zweite Kammer im Oktober 1889 eroberten die Ultramontanen einige wenige Sitze. Der Landtag wurde 23. Nov. vom
Staatsminister Turban eröffnet, wichtige Vorlagen ihm aber nicht gemacht.
Zur Litteratur: Platz, Geologische Skizze des Großherzogtums Baden (Karlsr. 1886);
»Die Kunstdenkmäler des Großherzogtums Baden« (hrsg.
von Kraus u. a., Freiburg
1887 ff.);
Buchenberger, Verwaltungsrecht der Landwirtschaft im Großherzogtum Baden (Tauberbischofsheim 1887);
»Erhebungen über die Lage des Kleingewerbes in Baden« (Karlsr. 1888, 3 Bde.);
v. Philippovich, Der badische Staatshaushalt (Freiburg
1889);
v. Weech, Badische Geschichte bis zur Gründung des Deutschen Reichs (Karlsr.
1890).
*, Dorf im preuß Regierungsbezirk Magdeburg, Kreis Oschersleben, an der Linie Nienhagen-Jerxheim der Preußischen
Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath. Kirche, eine Ackerbauschule, eine Zuckerfabrik, Steinbrüche und (1885) 1720 Einw.
*, Hafenstadt an der Küste von Ostafrika, Sansibar gegenüber und diesem zugehörig, Hauptausgangspunkt
der nach Innerafrika gehenden Karawanen, mit einer französischen Missionsstation und einer Anstalt für die Erziehung befreiter
Sklaven.
Die Bevölkerung derselben schätzte man 1888 auf 48,000 Seelen. Die 36 von der Regierung
unterhaltenen Schulen wurden von 4975 Kindern besucht. Es liefen 1888: 301 Schiffe von 115,033 Ton. Gehalt ein und wurden Waren
im Wert von 190,405 Pfd. Sterl. ein- und von 121,530 Pfd. Sterl.
ausgeführt. Unter der Ausfuhr waren Produkte der Kolonie im Wert von 113,203 Pfd. Sterl., als Bananen (42,086
Pfd. Sterl.) und Salz (3342 Pfd. Sterl.), Faserstoffe uud Schwämme. Der Anbau von Faserstoffen nimmt zu, und die Schwammfischerei
ergab 1888 einen Ertrag von 49,113 Pfd. Sterl. Die Kolonialeinnahmen betrugen 1888: 45,578 Pfd. Sterl.,
die Ausgaben 44,404 Pfd. Sterl., die Kolonialschuld war 83,126 Pfd. Sterl.
*, Otto, Rechtsgelehrter und Schriftsteller, geb. zu Fulda, studierte in Marburg, Göttingen und Heidelberg,
trat 1838 in den kurhessischen Vorbereitungsdienst ein und wurde 1849 zum Obergerichtsrat in Kassel ernannt. Infolge seiner
Stellungnahme im kurhessischen Verfassungskampf wurde er 1851 an das Obergericht zu Fulda versetzt. 1856 an
das Obergericht Kassel zurückberufen und 1863 zum Oberappellationsrat befördert, trat er nach der Einverleibung Hessens in
das für die neuerworbenen preußischen Provinzen gebildete Appellationsgericht zu Berlin, bei Errichtung des deutschen Reichsgerichts
in Leipzig als Rat in dieses ein. Körperliches Leiden nötigte ihn bereits 1881 zum Austritt aus dem Staatsdienst,
seit welcher Zeit er, als juristischer Schriftsteller thätig, in Kassel lebt. Seinen Ruf als hervorragender theoretischer Jurist
begründete er durch die Monographie »Die Anerkennung als Verpflichtungsgrund« (Kassel 1855, 2. Aufl. 1867) sowie durch zahlreiche
Aufsätze in den von Ihering begründeten, seit 1873 von ihm mit herausgegebenen »Jahrbüchern für die
Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts«. 1867 als Vertreter der Stadt Kassel in den deutschen Reichstag
und in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt, hat Bähr zwölf Jahre lang als Mitglied der nationalliberalen Partei am politischen
Leben Anteil genommen und ist besonders innerhalb der Reichsjustizkommission 1875 und 1876 hervorragend thätig gewesen.
In den letzten Jahren hat seine scharfe Kritik des deutschen Zivilprozesses (»Der deutsche Zivilprozeß in praktischer Bethätigung«,
1855; »Noch ein Wort zum deutschen Zivilprozeß«, 1886; »Die Prozeßenquete des Professor Dr. Wach«, Kassel 1888) sowie seine
mehr
Beurteilung des Entwurfs eines deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs (in der »Kritischen Vierteljahrsschrift für Gesetzgebung
und Rechtswissenschaft« 1888) das Interesse der juristischen Kreise lebhaft beschäftigt. Er schrieb noch: »Der Rechtsstaat«
(Kassel 1864);
»Urteile des Reichsgerichts mit Besprechungen« (Münch. 1883);
auf anderm Gebiet: »Das Tonsystem der Musik« (Leipz.
1882);
»Eine deutsche Stadt vor 60 Jahren, kulturgeschichtliche Skizzen« (2. Aufl., das. 1886).