mehr
Erwähnenswert aus diesem Jahr sind auch eine internationale Ausstellung für Musikwerke, welche in Bologna abgehalten wurde, und als ein großartig angekündigtes, aber entschieden verfehltes Unternehmen die 2. Juli eröffnete internationale Ausstellung in Brüssel, [* 2] die keinesfalls hielt, was sie versprach, und durch die große Zahl von Schaubuden und Belustigungen mehr den Charakter einer großartigen Kirmes gewann. Von größern Körperschaften, die sich beteiligten, sind namentlich zu nennen die deutschen Vereine vom Roten Kreuz [* 3] und die deutschen Gewerbe der Chemie und Physik.
Auch auf der wenige Wochen später eröffneten internationalen Kunstausstellung zu Antwerpen [* 4] war Deutschland [* 5] in hervorragender Weise vertreten, wie denn überhaupt das vornehmste Interesse dieser Ausstellung in den ausländischen Sektionen lag. Der August sah die Eröffnung von drei größern Ausstellungen. Die australische Kolonie Neusüdwales veranstaltete zur Feier des 100. Jahrestags ihrer Gründung eine Weltausstellung in Sydney, [* 6] an welcher sich die Industrie Europas indes weniger beteiligte.
Von weit bedeutenderm Umfang war dagegen die zu derselben Zeit in Melbourne [* 7] eröffnete Weltausstellung, bei der Deutschland auch offiziell vertreten war. Mehr noch als bei der früher hier ins Werk gesetzten Weltausstellung gewährten die deutschen Erzeugnisse ein umfassendes Bild der deutschen Industrie, die zwar nicht durch sehr viele, aber durch fast alle wichtigen Gewerbszweige, die in Deutschland ihren Sitz haben, vertreten war. Außer Deutschland waren offiziell vertreten nur England, Frankreich und die Vereinigten Staaten, [* 8] während Österreich [* 9] durch den Wiener Exportverein eine Sammlung und gemeinsame Vertretung seiner Aussteller bewerkstelligt hatte.
Die Ausstellung hatte trotz guten Besuchs einen Fehlbetrag von 400,000 Pfd. Sterl. aufzuweisen. Als eine der hervorragendern diesjährigen Ausstellungen Europas ist die in Köln [* 10] eröffnete internationale Gartenbauausstellung zu bezeichnen, auf welcher besonders die Gartenarchitektur in großartiger Weise zur Geltung kam. Nach einer fünfjährigen Pause trat München [* 11] wiederum in diesem Jahr mit einer Kunstausstellung hervor, die einen mehr internationalen Charakter hatte als irgend welche ähnliche frühere Ausstellungen Holland und Belgien [* 12] hatten sich mit einer ungewöhnlich großen Zahl vorzüglicher Bilder eingefunden. England, Frankreich, die Schweiz, [* 13] Spanien, [* 14] Italien, [* 15] Amerika [* 16] waren ebenso vollständig wie vorzüglich vertreten. Außerordentlich reich war die deutsche Ausstellung, welche in mehr als 30 Sälen die Werke aller bedeutenden Künstler versammelte. Die Ausstellung wies einen Überschuß von 100,000 Mk. auf, während für 1,050,000 Mk. Verkäufe abgeschlossen worden waren.
1889. Die lange vorbereitete Weltausstellung in Paris [* 17] wurde 6. Mai durch den Präsidenten Carnot vor einer ungeheuern Versammlung in dem großartigen Industriepalast eröffnet. Die europäischen Großmächte hatten zu einem Fest, welches die Revolution von 1789 verherrlichen sollte, ihre Botschafter nicht abgeordnet, Österreich und Rußland waren sogar gänzlich unvertreten, die übrigen hatten nur stellvertretende Gesandtschaftsbeamte entsandt, wogegen aber die Gesandten der Vereinigten Staaten, von Mexiko, [* 18] Dänemark, [* 19] Persien, [* 20] Serbien, [* 21] Rumänien, Schweden [* 22] und der Schweiz wirklich anwesend waren.
Gar nicht vertreten in der Ausstellung selber waren Deutschland, Montenegro, [* 23] die Türkei [* 24] und Schweden, doch hatten einige deutsche Maler ihre Bilder ausgestellt. Amtlich vertreten waren von europäischen Ländern nur Norwegen, die Schweiz und Griechenland; [* 25] Rußland, Österreich-Ungarn, [* 26] Rumänien, Italien, Spanien, Portugal, Belgien, Luxemburg, die Niederlande, [* 27] Großbritannien [* 28] und Dänemark hatten es den Ausstellern überlassen, ihre Vertretung selber einzurichten.
Dagegen waren die meisten amerikanischen Staaten amtlich vertreten, aus Asien [* 29] Japan [* 30] und Siam, aus Afrika [* 31] Marokko [* 32] und die Südafrikanische Republik, [* 33] aus Australien [* 34] einige der englischen Kolonien. Den wirksamsten Anziehungspunkt bildete unstreitig der 300 m hohe eiserne Turm, [* 35] der vom Ingenieur Eiffel auf dem Marsfeld errichtet war. Auf einer Grundfläche von mehr als einem Hektar erhebt sich dieser Riesenbau, der bei hellem Wetter [* 36] auf 60 km in der Runde sichtbar ist.
Etwa 60 m über dem Boden ist ein erstes Stockwerk eingerichtet mit vier mächtigen Restaurants und einem Rundgang um den ganzen Turm. Ein zweites Stockwerk in 115 m Höhe ist vornehmlich zur Vornahme wissenschaftlicher Experimente bestimmt, dann folgt ein drittes kleineres Stockwerk; eine 250 qm große Glaskuppel, welche den Turm krönt, gewährt eine herrliche Fernsicht über die Hauptstadt und ihre Umgebung. Mächtige hydraulische Aufzüge befördern je 200 Personen bis zum ersten Stock und von da je 50-60 Personen bis zur Spitze des Turms in 6-7 Minuten.
Bis zum zweiten Stock stehen auch Treppen [* 37] dem Publikum zur Verfügung. Die Regierung gewährte Eiffel auf 20 Jahre eine Betriebsberechtigung dieses Turms, welche derselbe gegen eine Summe von 5,100,000 Frank an ein aus verschiedenen Banken gebildetes Konsortium überließ. Die interessanteste Abteilung dieser Ausstellung war ohne Zweifel diejenige, in welcher die asiatischen und afrikanischen Kolonien Frankreichs in zahllosen Zelten und Pavillons sich in all ihrer bunten Mannigfaltigkeit zeigten.
Ausstellungen nicht so großen Umfanges fanden in diesem Jahr an vielen Orten statt, einige davon waren sogar recht bedeutend. In Hamburg [* 38] wurde 15. Mai eine große überseeische Handelsausstellung, die erste dieser Art in Deutschland, neben einer Industrieausstellung eröffnet. Einige Tage später fand in Köln die Eröffnung der internationalen Ausstellung für Nahrungsmittel [* 39] und Hausbedarf statt, womit eine vom Rheinischen Kochkunstverein veranstaltete internationale Kochkunstausstellung verbunden war, an welcher sich neben Deutschland am großartigsten Italien beteiligt hatte, wo aber auch Österreich, Ungarn, [* 40] England, Rußland und Belgien gut vertreten waren, und die selbst Frankreich beschickt hatte. In Kassel [* 41] wurde eine allgemeine Ausstellung für Jagd, Fischerei [* 42] und Sport abgehalten; London [* 43] veranstaltete eine internationale Neuheitenausstellung, um die Erfindungen aus allen Ländern gemeinsam der Öffentlichkeit vorzuführen, die von fast allen namhaften Staaten in sehr reicher Weise beschickt war. In Berlin [* 44] wurde eine deutsche allgemeine Ausstellung für Unfallverhütung durch den Kaiser selber eröffnet, an welcher auch Österreich und Belgien sich beteiligt hatten. In Stuttgart [* 45] fand zu Ehren des Regierungsjubiläums des Königs zuerst eine Ausstellung künstlerisch ausgeführter Holzarbeiten statt, dann eine solche für das Druckgewerbe. Antwerpen veranstaltete eine internationale Brauereiausstellung, in Tiflis wurde eine auch für ausländische Aussteller offene landwirtschaftliche und Industrieausstellung, in Genf [* 46] eine internationale Gartenbauausstellung abgehalten. Schließlich dürfen die nach Umfang wie nach innerm Wert immer bedeutender sich gestaltenden von Pferden, Schlacht- und Zuchtvieh, Vögeln etc., welche in jedem Jahr in ¶
mehr
den bedeutendern Ländern abgehalten wurden, nicht unerwähnt bleiben. Nach einer Zusammenstellung, des »British Trade Jonrnal« betrug die Besuchsfrequenz der bisherigen Weltausstellungen:
Besucher im ganzen | Täglicher Durchschnitt | |
---|---|---|
London 1851 | 6170000 | 36964 |
Paris 1855 | 4533464 | 24321 |
London 1862 | 6211003 | 34315 |
Paris 1867 | 9062965 | 41958 |
Wien 1873 | 7254867 | 39004 |
Philadelphia 1876 | 9789392 | 61568 |
Paris 1878 | 12623847 | 65403 |
Sydney 1879-80 | 1190616 | 6597 |
Melbourne 1880-81 | 1309496 | 7612 |
London, Fischerei 1883 | 2703501 | 18387 |
" Hygiene 1884 | 4153390 | 27503 |
" Erfindungen 1885 | 3760581 | 23071 |
" Kolonien u. Indien 1886 | 5550745 | 33846 |
Melbourne 1888-89 | 1901798 | 12669 |
Dagegen ist die Tagesfrequenz der Pariser Weltausstellung 1889 selten unter 100,000 zurückgeblieben, hat wiederholt aber 300,000 erreicht, die Gesamtzahl der Besucher aber erreichte eine unerhörte Ziffer.
Eine Schöpfung der neuesten Zeit, die permanenten Export-Musterausstellungen, wie eine solche zuerst und bereits vor einer Reihe von Jahren in Stuttgart eröffnet wurde und noch jetzt dort besteht, fand in einer Reihe von größern Städten Deutschlands [* 48] wie auch andrer Länder Nachahmung. Dazu traten neuestens noch permanente in besonders günstigen Absatzländern und endlich die schwimmenden Ausstellungen, welche mit den verschiedensten Waren wohlausgestattete Schiffe [* 49] von Hafen zu Hafen senden, um so die heimatlichen Erzeugnisse durch ein großes wohlassortiertes und ansprechend geordnetes Musterlager dem fremden Käufer vor Augen zu führen, wobei allerdings leicht ein Konflikt mit den in den besuchten Ländern ansässigen Zwischenhändlern heraufbeschworen und so der eigentlich Zweck, Erweiterung des Absatzgebiets, gefährdet werden kann.
Für die nächste Zeit geplante Ausstellungen.
In Buenos Ayres [* 50] gehen die dort angesessenen italienischen Industriellen und Geschäftsleute mit dem Plan um, Ende 1890 eine großartige italienische Ausstellung zu veranstalten, um den Argentiniern die Leistungsfähigkeit der italienischen Industrie vorzuführen. Zugleich beabsichtigt der argentinische Landwirtschaftliche Verein eine landwirtschaftliche Ausstellung zu veranstalten, wobei ein besonderer Pavillon landwirtschaftliche Maschinen sowie gewerblich verarbeitete landwirtschaftliche Produkte, wie Weine, Spirituosen, Öle, [* 51] Zucker, [* 52] Webwaren, Papier, Fleisch- und Milchkonserven, aufnehmen soll. In Berlin plant für 1890 der Zentralverein der deutschen Wollwarenfabrikanten eine Fachausstellung der deutschen Wollwarenindustrie in den letzten zehn Jahren. In Wien [* 53] bereitet man eine großartige Ausstellung der österreichisch-ungarischen Land- und Forstwirtschaft für 1890 vor. Es haben sich zu diesem Zweck nicht weniger als 32 Spezialkomitees gebildet.
Die Ausstellung soll elf Abteilungen umfassen, von denen für Österreich-Ungarn fünf Abteilungen reserviert sind, die übrigen aber allen Nationen offen stehen. Die Regierung von Neuseeland hat beschlossen, den 50. Jahrestag der Gründung der Kolonie durch eine internationale Kunst- und Industrieausstellung sowie durch eine historisch-retrospektive Ausstellung der Produkte und der Lebensweise Neuseelands, Australiens überhaupt und andrer Länder zu feiern. Die Ausstellung soll in Dunedin, der volkreichsten Stadt der Kolonie, stattfinden. Die Handelskammer von New York hat einen Beschluß zu gunsten der Abhaltung einer Weltausstellung in dieser Stadt im J. 1892 gefaßt und bestrebt sich, alle vorausgegangenen Ausstellungen zu überbieten; so plant man einen den Pariser Eiffelturm [* 54] weit überbietenden Turm.