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Jahren regelmäßig berichtet wird. Danach bildete die Akropolis, [* 2] ehe sie mit Mauern umgeben war, einen langgestreckten, zerklüfteten Felsrücken, welcher nur im SW. bequem zu ersteigen war. Die ersten Bewohner stellten auf diesem unebenen Fels durch Abarbeiten und Aufschütten mehrere kleine Plateaus für ihre Wohnungen und Heiligtümer her und erbauten auch wahrscheinlich an der ganzen Westseite ein großartiges Festungswerk, welches den Namen Pelasgikon trug; eine Fortsetzung war auf der Südseite, allen Windungen und Einbuchtungen des Felsens folgend, eine starke Polygonalmauer.
Die allgemeine Form des Burgfelsens aber wurde dadurch wenig verändert. Als die Perser im 1.480 die Burg durch Ersteigen der Felswand an der Nordseite eingenommen hatten, wurden die Tempel [* 3] und die übrigen Gebäude in Brand gesteckt und soweit möglich zerstört, die vielen Statuen und Weihgeschenke, welche neben den Tempeln aufgestellt waren, wurden teilweise weggeschleppt, zumeist aber umgestürzt und zerschlagen, sogar die Postamente beschädigt.
Erst nach nochmaliger Verwüstung im folgenden Jahr und nach vollständiger Fertigstellung der Stadtmauer konnte man an den Wiederaufbau der Burg denken. Einen bedeutenden Teil an der Ausführung dieses Plans hat Kimon, die Hauptarbeit aber blieb Perikles und seinen großen Künstlern; ihnen war es vorbehalten, der athenischen Burg jene Gestalt zu geben, welche sie zu einem Zentrum der Kunstgeschichte gemacht hat: die ganze Burg sollte mit einer mächtigen, am äußern Rande des Felsens aufgeführten Stützmauer umgeben und zu einem einzigen großen Plateau hergerichtet werden.
Auf dem so gewonnenen großen Unterbau sollten die Heiligtümer in prächtigerer und großartigerer Gestalt errichtet werden. Dabei benutzte man alle vorhandenen alten Werkstücke der zerstörten Tempel als Bausteine, doch so, daß man sie durch Abarbeitung der Profilierungen neuen Quadern möglichst ähnlich machte. Nur bei der Einmauerung der schon früher bekannten großen Gebälkstücke in der Nordmauer zwischen Erechtheion und Propyläen wurde ein andrer Zweck verfolgt. Da diese Epistyle, Triglyphen, Metopen [* 4] und Geisa genau in derselben Anordnung verbaut sind, welche sie früher am alten Athenetempel hatten, so waren sie sicher bestimmt, nicht nur als Schmuck der Burgmauer zu dienen, sondern auch die Athener immer an die ruhmreichen Perserkriege zu erinnern.
Von unschätzbarem Wert nun ist es für uns geworden, daß man in das leere Dreieck, [* 5] welches zwischen der neuen Stützmauer und dem ansteigenden Burgfelsen entstand, alles nur mögliche vorhandene Material an Statuen, Basen, Inschriftsteinen, Werkstücken, Scherben zur Füllung hineinschüttete. Man wollte das Alte nicht wiederherstellen, sondern alles aus eigner Kraft [* 6] neu und viel schöner herstellen. Ein so gewaltiges Selbst- und Kraftgefühl hatte der gewonnene Sieg den Athenern verliehen.
Wie in einem Archiv lagen also wohlbewahrt bis auf unsre Tage ganze Reihen fast ganz erhaltener Statuen nebeneinander, die für uns noch den unschätzbaren Wert haben, daß wir wissen, sie gehören alle in die Zeit vor 480. Zur Verdeutlichung dieser durch die neuen Ausgrabungen konstatierten Auffüllung gibt Dörpfeld folgendes Bild: er vergleicht den Durchschnitt durch den Burgfelsen mit dem Durchschnitt durch ein einfaches Haus, welches ein Giebeldach trägt. Die vertikalen Hauswände entsprechen den steil abfallenden Abhängen der Burg und die beiden schrägen Dachlinien der nach beiden Seiten sanft abfallenden Oberfläche des natürlichen
Burgfelsens. Denkt man sich nun die Außenmauern dieses Hauses bis zur Firsthöhe hinaufgeführt und die beiden Dreiecke zwischen diesen Mauern und den ansteigenden Linien des Daches mit Schutt ausgefüllt, so hat man ein schematisches Bild der Akropolis mit den Mauern des Kimon und ihrer Hinterfüllung zur Herstellung des großen Burgplateaus.
Was nun die Einzelfunde betrifft, so hat zunächst die Architektur eine große Bereicherung erfahren.
1) Die ältesten Gründungen, das »Haus des Erechtheus«, scheinen auf der Nordseite gestanden zu haben, von wo eine durch die Burgmauer gehende Treppe [* 7] bis zur Perserzeit einen nähern und auch leicht verschließbaren Weg zur Unterstadt vermittelte.
2) Unter Peisistratos' Regierung fällt die Erbauung eines großen Athenetempels zwischen dem heutigen Erechtheion und dem Parthenon. Das Verdienst, seinen Grundriß und die Baugeschichte festgestellt zu haben, gebührt Dörpfeld; es war ein dorischer Peripteros aus Porosstein mit je sechs Säulen [* 8] an den kurzen, je zwölf an den Langseiten. Die innere Einteilung entsprach fast genau dem spätern Parthenon. Die Zerstörung durch die Perser traf auch ihn, doch wurde er nachher notdürftig wiederhergestellt. Wie lange er in dieser Form gestanden hat, darüber ist noch Streit; wahrscheinlich wurde er nach Vollendung des neuen Parthenon als störend und überflüssig abgebrochen, während er bis dahin zur Aufbewahrung des Bundesschatzes gedient hatte. Von seinem Giebelschmuck ist eine größere Anzahl Fragmente gefunden worden; er bestand aus Marmor und stellte den Kampf der Giganten gegen die Götter dar.
3) An der Nordseite sind verschiedene Baulichkeiten gefunden worden, die vielleicht den Priesterinnen der Athene [* 9] zum Aufenthalt dienten.
4) An der Südseite ist ein großer Bau mit Vorhalle, wahrscheinlich die Chalkothek, eine Art von Rüstkammer.
5) Von nicht weniger als sieben verschiedenen Gebäuden sind die Dachleisten, die Simen, gefunden worden, aber die Gebäude selbst sind noch nicht rekonstruiert; dagewesen sein muß mindestens ein, vielleicht zwei Heraklestempel, wie sich das aus der zweiten großen Fundabteilung ergibt. Die Skulptur hat den Löwenanteil. Die Fragmente der Marmorfiguren von Giganten und der Athene vom großen Tempel des Peisistratos erwähnten wir bereits, noch merkwürdiger aber und ganz überraschend sind die Skulpturen aus mergeligem Kalkstein, dem sogen. Poros. Es sind zunächst zwei Giebelgruppen in Hochrelief, die zu einem Tempel gehört haben müssen: die eine Herakles [* 10] mit dem Triton, [* 11] die andre Zeus [* 12] und Herakles mit dem dreiköpfigen, schlängenleibigen Typhon und der Echidna kämpfend.
Jeder dieser Giebel war nach Brückners Berechnung 8,50 m lang und ca. 1 m hoch. Fremdartig sehen uns die Skulpturen an: glotzäugig, vergnüglich lächelnd, die Typhonköpfe mit zottigem Haar [* 13] und langen, spitzen Bärten, alles aufs bunteste und sauberste bemalt, nicht so sehr in der Absicht, der natürlichen Erscheinung nahezukommen, als vielmehr mit beschränkten Mitteln ein farbenleuchtendes Bild zu schaffen. Es wird vermutet, daß der ganze Tempel unter asiatischem Einfluß stehe; sind doch Säulen gefunden worden, deren Kannelierungen nicht parallel mit der Hauptachse von oben nach unten, sondern spiralförmig rings um die Säule laufen. Möglicherweise hat Krösos den Heraklestempel gestiftet. Er ist in die Zeit Drakons und Solons hinaufzurücken. Auch von einem dritten Giebel sind beträchtliche Fragmente da: Herakles im Kampf mit der Hydra; auch diese aus Poros. ¶
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Als Übergang zu den plastischen Rundwerken
können wir die sehr zahlreich gefundenen Vasen [* 15] rechnen, zum Teil in Form kannelierter Säulen, zum Teil als viereckige, im Verhältnis zu den Statuen ziemlich schwache Pfeiler. Ihre Bekrönungen, meist in Kapitälform, geben den Beweis, daß die uns überlieferten drei Säulenordnungen erst nach langem Tasten und Versuchen ihre endgültige Form erhalten haben; namentlich für die Geschichte des ionischen Kapitäls sind die Funde wichtig. Die Weih- und Künstlerinschriften stehen teils in den Kannelüren, teils auf den bekrönenden Standplatten. So ist es gelungen, eine ganze Statue mit dem zu ihr gehörigen
[* 14] ^[Abb.: Plan der Ausgrabungen auf der Akropolis.]
Fußgestell wieder zusammenzusetzen, eine Athenepriesterin mit wohlerhaltener, zierlicher Bermalung, das Haar in Löckchen und Strähnen frisiert, der Kopf von einem Diadem umgeben, nach der Inschrift ein Werk des Antenor. Es bildet heute eine Hauptzierde des neuen Akropolismuseums. Mit dem einheimischen Kalkstein fängt die athenische Plastik an, die Marmorskulptur kommt herüber von den Inseln; denn auch die Namen der chiotischen Bildhauer erscheinen auf den neugefundenen vorpersischen Inschriften der Akropolis. Die gefundenen Bildwerke sind entweder lebensgroße, aufrecht stehende Statuen von Priesterinnen, meist in demselben Schema: die linke Hand [* 16] erfaßt zierlich das faltige Gewand, während die rechte vorgestreckt ist, alle sind namentlich an den Säumen der Gewänder aufs sorgfältigste bemalt;
oder einzelne Köpfe, auch männliche, endlich sind sogar Reiterstatuen gefunden worden.
Unsre Kenntnis der vorpersischen Skulptur wird durch diese Funde eine ganz neue, und viele Hände sind noch damit beschäftigt, den Bau zu errichten. Auch die Geschichte der Vasenmalerei trägt Gewinn davon, da nunmehr durch die Fundstellen im Perserschutt die alte Ansicht von Ludwig Roß unumstößlich
geworden ist, daß die rotfigurige Vasenmalerei bereits in der Zeit vor den Perserkriegen geübt wurde (vgl. Vasen, Bd. 16, S. 57).
Wir erfahren durch die Ergebnisse dieser Ausgrabungen, daß auch den Griechen nicht die Kunst wie ein Geschenk vom Himmel [* 17] herab auf einmal gespendet worden ist, sondern daß viele Generationen in angestrengter Mühe gearbeitet haben, ehe aus den glotzäugigen, thöricht lächelnden Versuchsköpfen der ältesten Zeit die idealen Züge wurden, die wir an den Skulpturen des Parthenon bewundern. Auch für die untere Stadt hat sich mancherlei gefunden, doch nicht von großer Bedeutung; es hat sich gezeigt, daß der Tempelplatz des Zeustempels am Ilissos an der Nordseite ein kleines Propyläon hatte, daß der Tempel selbst nur acht Säulen Fronte besaß, und daß die Stadtmauer im W. etwas (nach O. zu einzurücken ist.
Im Piräeus haben die Franzosen 1887 nach der Lage des Aphrodisiums gesucht, dieselbe nur ungefähr bestimmt, aber das Thor, welches von der Halbinsel Eetinöa nach außen führt, genauer untersucht; 1884 wurde beim Bau eines neuen Theaters ein Gebäude gefunden, welches als Versammlungsraum der Dionysiasten bezeichnet wird. In Eleusis wurde 1887 die Ausgrabung des großen Mysterientempels und seiner Umgebung zu einem vorläufigen Abschluß gebracht. Mindestens drei übereinander gebaute Tempel lassen sich unterscheiden; außerdem wurde ein Buleuterion, ein Tempelchen des Pluton, [* 18] vor dem Haupteingang ein großes Wasserbecken und ein Triumphbogen, und vielerlei andres gefunden. An Skulpturen sind hervorzuheben sehr schöne archaische Köpfe und ein etwas schwermütig blickender Kopf, der heute als ein Original des Praxiteles, sein Gubuleus, betrachtet wird. Am Westabhang des Pentelikon wurde das Heiligtum des Dionysos [* 19] in Ikaria mit ¶