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auch auf verschiedene andre Teile Irans beziehen.
Von Indien (Quetta) aus wurden zur Teilnahme an den Arbeiten Major I. Hill, Kapitän Gore, Leutnant Talbot, der Geolog Griesbach und der Arzt Aitchinson (für Botanik) mit zahlreicher Bedeckung entsandt; sie zogen durch das nördliche Belutschistan über Lasch nach Herat und verbanden letzteres durch Triangulation [* 2] mit der großen indischen Aufnahme. Im Sommer 1885 verweilte die Kommission in der Umgebung von Herat; dann folgte die Absteckung der Grenze bis in die Nähe des Amu Darja vom November 1885 bis September 1886, worauf die Mitglieder der Expedition sich auf verschiedenen Wegen über den Hindukusch und Kabul nach Indien zurückbegaben, während Gore durch das östliche Persien [* 3] heimkehrte. Im Winter 1887/88 wurde endlich die Grenze an den bis dahin noch streitigen Punkten am Kuschk und Amu Darja festgesetzt.
Die gesamten Arbeiten der britischen Kommission, Vermessungen wie Rekognoscierungen, umfassen rund 310,000 hkm, nämlich die ganze Provinz Herat, fast das ganze afghanische Turkistan sowie große Teile des Hazaralandes und der persischen Provinz Chorasan, abgesehen von einzelnen Nebenrouten, wie diejenige der Hauptleute Maitland und Talbot Ende 1885 am Heri Rud aufwärts durch das vorher unbekannte Land der Hazara nach Bamian und weiter nach Taschkurgan, Balch und Maimana, und die Reisen des indischen Feldmessers Imam Scherif im Taimunigebiet östlich von Herat, im afghanischen Turkistan und zwischen Herat und Kandahar.
Aus all diesem Material, wird Gore die neue Karte von Afghanistan [* 4] ausbauen. 1884 führte eine kleine militärische Expedition, die von Pandschab aus unternommen wurde, zur Aufnahme der Thäler Zhob und Bori in Ostafaghanistan. Ende 1885 trat der durch seine Durchkreuzung der Mongolei bekannte Ney Elias eine Reise in die Grenzbezirke von Afghanistan und Ehina, nach Pamir, [* 5] Schugnan, Roschan, Badachschan an; da dieselbe zunächst politische Zwecke verfolgte, ist über ihre Resultate noch nichts bekannt geworden. Über die ähnliche Lockhartsche Expedition von 1886 s. oben: Ostindien. [* 6] Seit Dezember 1887 bereist der Geolog Griesbach (s. oben) auf Wunsch des Emirs Afghanistan, um dessen Mineralschätze zu studieren.
Für Persien sind zunächst die Aufnahmen des englischen Obersten C. E. Stewart in Chorasan zu nennen, welcher von 1881 dis 1884 dort von seiner Regierung stationiert war, um das Vordringen der Russen in Turkmenien zu überwachen. Seine Arbeiten reichen von Meschhed im N. bis Seistan im S. 1884 unternahm I. R. Preece im Interesse der Englisch.-indischen Telegraphengesellschaft eine Reise durch Südpersien, von Schiraz bis Dschaschk am Arabischen Meer, deren Zweck topographische Aufnahmen behufs Legung einer Telegraphenleitung war. Im selben Jahr reiste der schon öfters genannte Oberst Bell im südwestlichen Persien, 1888 und 1889 in Belutschistan und Persien. 1885 machte der Franzose Dieulafoy archäologische Ausgrabungen in den Ruinen des alten Susa, durchwanderte der indische Beamte Rees das bisher unbekannte bergige Gebiet zwischen Kazwin und Hamadan, den Distrikt Karaghan, den bald darauf auch der französische Arzt Baume besuchte, und machte Hauptmann Jennings eine kriegswissenschaftliche Reije durch den Südosten des Landes, wo er die bisher unbekannte Landschaft Saryad erforschte. In das Jahr 1886 fällt Raddes Besuch in Chorasan (s. oben: Westturkistan) und die
Rückreise Gores von der russisch-afghanischen Grenze, wobei er den Weg von Herat über Birdschend durch die Wüste Lut nach Kirman und Bender Abbas aufnahm. 1888 unternahm Asien [* 7] Rodler eine geologische Reise in das Bachtijarengebirge und in das obere Thal [* 8] des Karun.
Vorderasien.
Arabien wurde von August 1883 bis April 1884 in seinem Nordwesten zu epigraphischen Zwecken von Professor I. Euting bereist, meist auf schon früher begangenen Wegen. In Hail und Nmgegend verweilte er drei Monate und entkam zuletzt einem mörderischen Überfall nur mit genauer Not. Sein früherer Begleiter, Eh. Huber, der schon 1879 80 Arabien durchwandert hatte, wurde bei Rabigh an der Küste des Roten Meers erschlagen. 1885 hielt sich der Niederländer Snouck Hurgronje etwa sieben Monate unter der Maske eines Schriftgelehrten in Mekka auf und konnte das intime Leben der Einwohner in Muße studieren, und zwar abweichend von seinen Vorgängern außer der Pilgerzeit, während welcher die Mekkaner sich geistig und körperlich in abnormem Zustand befinden.
Freiherr v. Maltzans Schilderungen tadelt er sehr. In demselben Jahr unternahm E. Glai^er seine zweite Forschungsreise (die erste fällt in den Winter 1883/84) nach Jemen, wo er topographisch arbeitete, Inschriften, Manuskripte etc. sammelte, und 1887-88 die dritte, wobei er die Umgebung von Marib, der alten Hauptstadt des Sabäerreichs, aufnahm und ausgedehnte Erkundigungen einziehen konnte. Besonders glücklich war er auch in dem Auffinden alter Inschriften; doch hat er bisher nur einzelne Bruchstücke über seine Reisen veröffentlicht.
Dasselbe Ziel hatte 1887 der französische Botaniker Alb. Deflers; er fand, daß die Flora des südarabischen Hochgebirges im ganzen mit der abessinischen verwandt in, aber auch viele südafrikanische Formen enthält. 1887 war Kapitän E. Surtees in Midian, als dasselbe von den Ägyptern geräumt und von den Türken besetzt wurde. Er bestätigt das Vorkommen von Petroleum, aber zweifelt an dem goldhaltigen Quarzes. Endlich führte Professor G. Schweinfurth von November 1888 an eine viermonatliche, durch reiche botanische Ausbeute belohnte Reise im südlichen Jemen aus.
Sinaihalbinsel, Palästina [* 9] und Syrien. Der in England auftauchende Plan, dem Suezkanal in einer Wasserstraße quer durch Palästina eine Konkurrenz zu schaffen, hatte die Aussendung einiger Fachmänner zur Folge, um die geologischen und Höhen-verhältnisse des Wadi Araba (zwischen dem Toten Meer und dem Roten Meer) zu untersuchen. So reiste im Winter 1883/84 Oberst H. E. Colville von Suez durch die Sinaihalbinsel nach dem Wadi Araba, fand aber die eventuell zu durchstechende Wasserscheide in demselben über 200 m hoch, so daß man das Projekt fallen lassen mußte.
Geologisch untersuchte dieselben Gebiete gleichzeitig Ed. Huil, den Major Kitchener zum Zweck topographischer Aufnahmen begleitete; für die Kenntnis der geologischen Entwickelung Palästinas war diese Reise von hoher Bedeutung. Zu sprachlichen und archäologischen Studien begab sich B. Moritz Ende 1883 nach Syrien, wo er 1884 und 1885 namentlich in dem Gebiet zwischen Damaskus, Biredschik, dem Euphrat und im nördlichen Mesopotamien auch geographisch thätig war. Er empfing den Eindruck, daß Ackerbau und Industrie in ganz Syrien eines bedeutenden Aufschwungs fähig waren, sobald das Land mit Straßen, Brücken [* 10] und Eisenbahnen versehen würde. Zum Teil mit Moritz ¶
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zusammen bereiste 1835 C. Diener Mittelsyrien und förderte die geologische Kenntnis des Libanon, Antilibanon, Hermon sowie der Umgebung von Damaskus und Palmyra. Im selben Jahr führte Ingenieur G. Schumacher im Auftrag des Deutschen Palästina-Vereins eine Aufnahme der ganzen, historisch und naturwissenschaftlich hoch interessanten, vulkanischen Landschaft Dscholan im O. des obern Jordans aus, nachdem er schon vorber den Südosten derselben zwecks einer zu erbauenden Eisenbahn vermessen hatte.
Seine Mitteilungen über Antiqunäten. Ruinen, Bevölkerung [* 12] etc. sind von hohem Interesse; es wohnen dort auf kleinem Raum zusammen Fellachen, Beduinen, Turkmenen, Tscherkessen, Drusen, [* 13] Ansairier und zigeunerartige Ghawarni. Gleichseitig erforschte Nötling auf Kosten der Berliner [* 14] Akademie der Wissenschaften den Dscholan und den südlich daran angrenzenden Teil von Adschlun sowie einzelne Lokalitäten in Palänina und Syrien in geologischer Hinsicht. Ebenso studierte 1887 Walther auf der Sinaihalbinsel verschiedene Fragen der dynamischen Geologie, [* 15] die Korallenbildungen, die Lockerung und Zersprengung der Gesteine [* 16] durch Temperaturschwankungen, Einfluß des Windes etc.
Aus den Euphrat-Tigris-Ländern ist für den in Rede stehenden Zeitraum nur wenig zu verzeichnen: die politisch-militärische Reise des englishen Obersten Bell in Mesopotamien und Armenien 1885 bis 1886 und die archäologische von Moritz und Koldewey 1887 nach dem entsetzlich verödeten südlichen Babylonien behufs Ausgrabungen in den dortigen Ruinenhügeln, welche auch geographische und ethnographische Resultate gebracht hat.
Kleinasien wird in letzter Zeit viel bereist, aber zum größten Teil von Archäologen, welche darüber nichts veröffentlichen als die gefundenen Inschriften, wohl auch selten oder nie Beobachtungen auf andern Gebieten des Wissens anstellen. Indem wir diese Reisenden deutscher, englischer, französischer, nordamerikanischer Nationalität hier übergehen, beschränken wir uns auf die Anführung solcher, welche ihre Aufmerksamkeit auch geographischen, ethnographischen und geologischen Dingen widmeten.
v. Luschan hat seit 1881 fast alljährlich die südliche Hälfte Kleinasiens bereist und dabei besonders die etnographischen Verhältnisse erforscht, zuerst 1881 und 1882 im Anschluß an die österreichische archäologische Expedition Lykien, dann 1883 Kommagene im nördlichen Syrien, darauf zweimal in Gesellschaft des Grafen Lanckoronski Pamphylien, Pisidien und das rauhe Kilikien, woran sich eine Reihe von weitern selbständig ausgeführten Reisen schloß, zuletzt 1888 eine solche nach Sandschiler, südlich von Marasch, behufs Ausgrabung assyrischer Palastruinen.
Die Bevölkerung des südlichen Kleinasien und der angrenzenden Gebiete setzt sich nach ihm, wenn man von den nachweislich erst später eingewanderten Tscherkessen, Albanesen, Juden, Bulgaren, Arabern, Zigeunern und Negern absieht, zusammen aus den nomadischen Kurden, Turkmenen und Jürüken, dann den Tachtadschi, Ansairiern, Kyzylbasch und I?ezyden, welche wahrscheinlich als Reste eines und desselben vorhistorischen Volkes anzusehen sind, endlich den Armeniern, den Griechen, welche nicht Nachkommen der alten Hellenen, sondern anthropologisch zumeist als gräzisierte Armenier oder Semiten anzusehen sind, und den Türken, welche die Hauptmasse der Beuölkerung bilden, aber keinen mongoloiden Typus zeigen, sondern körperlich gleichfalls nur mohammedanische, türkisch sprechende Hellenen, Armenier und Semiten
zu sein scheinen. In den Jahren 1884 und 1885 unternahm der Amerikaner Sterrett Reisen durch Kappadokien, Kilikien, Lykaonien, Isaunen und Pisidien, welche neben einer reichen archäologischen Ausbeute auch ansehnliche Resultate für die Karte ergaben, ebenso wie die in den letzten Jahren öfters wiederholten Wanderungen des englischen Professors Ramsay (1884 in Gesellschaft von Asien H. Smith), welcher seine Nachforschungen vornehmlich, wenn auch nicht ausschließlich, auf die Landschaft Phrygien richtet, über deren geographische Verhältnisse, Geschichte, Antiquitäten etc. er schon viel neues Licht [* 17] verbreitet hat. 1884 erschien auch die Neuaufnahme der Insel Cypern [* 18] in 15 Blättern, welche unter Kapitän H. H. Kitcheners Leitung hergestellt worden ist. 1886 und 1888 setzte Heinrich Kiepert seine 1841-42 und 1870 begonnenen Reisen im westlichen Kleinasien fort, deren topographische Resultate demnächst an die Öffentlichkeit treten werden, 1886 zum Teil in Begleitung Schuchhardts, dem es bald darauf (Januar 1887) gelang, die lange vergeblich gesuchten Ruinen von Kolophon aufzufinden, 1888 in Begleitung von Fabricius, welcher später allein, namentlich das Tmolusgebirge, rekognoszierte.
Gleichfalls 1886 nahm Leutnant v. Diest die Umgebung von Pergamon [* 19] auf und machte darauf eine Forschungstour über Kutahia, Estischehr, Inhissar und Boli nach Amasra am Schwarzen Meer. Anthropologische Zwecke verfolgte der Russe Elissejew, als er 1886 von Alexandrette quer durch Kleinasien über Aintab, Charput, Siwas und Tokat nach Samsun reiste. Russische [* 20] Kolonien, welche angeblich mehrfach in Kleinasien bestehen sollten, fand er nur am Maniassee und vorübergehende Niederlassungen tosakischer Fischer an einigen Flußmündungen. 1887 sandte die französische Regierung den Ingenieur de Launay zu geologischen Forschungen nach Lesbos, Thasos und Samothrake, und in demselben Jahr unternahmen die Brüder v. Quast eine Reise zu geographischen und archäologischen Zwecken nach dem nordwestlichen Kleinasien, welche indessen durch den Tod des einen in Estischehr ein baldiges Ende nahm. Eine »Übersichtskarte der ethnographischen Verhältnisse von Asien« gab V. v. Haardt heraus (6 Blätter, Wien [* 21] 1887).