Zwillingsbildung, so entsteht ein polysynthetischer Kristall, dessen Gesamtheit bisweilen das Bild eines zu einem andern Kristallsystem
gehörigen Individuums darbietet als demjenigen, zu welchem die einzelnen Komponenten (Subindividuen) zählen (mimetische Kristalle).
So sollen (nach Rumpf) die quadratischen Kristalle des Apophyllits aus triklinen Subindividuen und die tesseralen des Granats
(nach Becker) ebenfalls aus triklinen Subindividuen bestehen. Vgl. Kristall, S. 234.
Stadt in der hess. Provinz Starkenburg, Kreis Bensheim, an der Bergstraße und der Linie Frankfurt-Heidelberg
der Main-Neckarbahn, hat eine evang. Kirche, ein Schloß, ein Amtsgericht, eine Oberförsterei, Weinbau,
ein Granitwerk, Fabrikation pharmazeutischer Präparate u. (1885) 1515 Ew.
bei der alten Stadtbefestigung und bei Burgen zwischen äußerer und innerer Ringmauer befindlicher Gang (Rondengang)
oder zur Vorburg gehörender freier Platz (Pferch, Park), der als Ackerfeld, Baumgarten, zu ritterlichen
Übungen etc. diente;
dann die Erweiterung des Rondenganges an Thoren zu einem Vorplatz, dessen Außenmauer dann meist zur
niedern Grabenbestreichung diente.
Frauenzwinger hieß im Mittelalter das Frauengemach.
Ulrich (Huldereich), neben Calvin Gründer der reformierten Kirche, geb. in der toggenburgischen Berggemeinde
Wildhaus, woselbst sein Vater Ammann war, machte seine philosophischen und humanistischen Studien in Bern
und
Wien, absolvierte dann seit 1502 das theologische Studium zu Basel
als Schüler von Thomas Wyttenbach und wurde 1506 Pfarrer in Glarus.
Als solcher
nahm er teil an den Feldzügen der Glarner für den Papst gegen die Franzosen in der Lombardei 1512-15, wofür
er bis 1517 vom Papst eine Pension von 50 Guld. jährlich bezog.
Schon hier mit dem Neuen Testament sich viel beschäftigend, brach sich in ihm die Erkenntnis Bahn, daß mit diesem die Lehre der
Kirche in manchen Stücken nicht übereinstimme. 1516 berief ihn Diebold v. Geroldseck als Prediger in das
durch Wallfahrten berühmte Kloster Maria-Einsiedeln. Auf solche Weise auf den Schauplatz des krassesten Aberglaubens versetzt,
fing er bald an, wider Wallfahrten und andre Mißbräuche, auch wider den 1518 in der Schweiz erschienenen päpstlichen Ablaßkrämer
Bernardin Samson (s. d.) zu predigen; er forderte sogar die Bischöfe zu Sion und Konstanz auf, die Kirche
nach Anleitung des göttlichen Wortes zu verbessern. Am trat er sein neues Amt als Pfarrer am Großen Münster in Zürich
an.
Indem er durch seine kunstlosen, aber klaren, allgemein verständlichen Predigten die Begriffe in Sachen der Religion und des
Glaubens erhellte und entwickelte, erfocht er binnen wenigen Jahren der Sache der Reformation in Zürich
einen vollständigen
Sieg. Zu gleicher Zeit trat er aber auch als Patriot gegen die Demoralisation des Volkes durch das Reislaufen, d. h. die Kriegsdienste
der Züricher im Sold Frankreichs, Mailands, insbesondere aber des Papstes, auf, so die politische mit der religiösen
Reformation verbindend, im Gegensatz zu Luther, der streng an seiner religiösen Aufgabe festhielt.
Dem Ablaßkrämer wurde der Besuch von Zürich
nicht gestattet; sämtliche Prediger in Stadt und Land wurden 1520 von der Obrigkeit
angewiesen, dem Evangelium gemäß zu predigen; 1522 veröffentlichte
er seine erste reformatorische Schrift gegen die Fasten
der römischen Kirche. An den Bischof von Konstanz sandte er ein ebenso bescheidenes wie nachdrückliches
Bittschreiben, in welchem er und zehn seiner Genossen erklärten, daß sie »mit
Gott fest entschlossen seien, das Evangelium ohne Unterlaß zu predigen«, und um Aufhebung der Cölibatsgesetze nachsuchten.
Damals bemühte sich Papst Hadrian VI., Zwingli durch einen die Frömmigkeit des Reformators anerkennenden Brief
von weitern Schritten gegen die katholische Kirche abzuhalten.
Als nun die Dominikaner in Zürich
dem Zwingli Ketzerei vorwarfen, lud der Große Rat alle Theologen, die Zwingli eines Bessern überführen könnten,
auf zu einer Disputation über die von Zwingli aufgestellten Thesen nach Zürich
ein, und es wohnten derselben
gegen 600 geistliche und weltliche Personen bei. Da die Abgeordneten des Bischofs, namentlich Johann Faber, gegen Zwinglis Thesen
nur die Autorität der Tradition und der Konzile geltend zu machen wußten, erkannte der Rat von Zürich
Zwingli den Sieg zu. Auf einem zweiten,
vom 26. bis gehaltenen Religionsgespräch in Zürich
wurde in Gegenwart von fast 900 Zeugen aus eidgenössischen
Orten über Bilderdienst und Messe gestritten.
Die Folge war die Entfernung aller Werke der bildenden Kunst aus den Kirchen Zürichs, und ein drittes Gespräch 13. und beseitigte
auch die Messe. Noch in demselben Jahr verheiratete sich Zwingli mit der 43jährigen Witwe Anna Meyer, gebornen
Reinhard. Seitdem wirkte er, vom Rate thatkräftig unterstützt, aber von der Tagsatzung immer bedrohlicher angefeindet, fast
wie ein weltlicher und geistlicher Diktator Zürichs, ordnete Schul-, Kirchen- und Ehewesen neu und gab auch 1525 sein Glaubensbekenntnis
»Von der wahren und falschen Religion« heraus, das er dem König Franz I. von Frankreich überschickte.
Mit Luther und den andern deutschen Reformatoren in vielen Punkten einig, verfuhr Zwingli doch in liturgischer Beziehung radikaler
und verwarf die leibliche Gegenwart Christi im Abendmahl (s. d.). Wohl wollte Zwingli mit Luther den Staat aus
den erdrückenden Fesseln der Kirche befreien, kehrte aber doch zu den mittelalterlichen Anschauungen hinsichtlich des Verhältnisses
von Staat und Kirche zurück, indem er erklärte, daß »die Obrigkeit, welche außer der
Schnur Christi fahren«, d. h. die Vorschriften Christi sich nicht zum Maßstab nehmen wolle, »mit Gott entsetzt werden möge«.
Auf dem vom Landgrafen von Hessen, Philipp dem Großmütigen, welcher Zwinglis weittragende politische Gesichtspunkte
teilte, im Oktober 1529 zur Beilegung des Abendmahlsstreites zu Marburg veranstalteten Religionsgespräch ward Zwingli von Luther
schroff zurückgestoßen, und der Plan einer gemeinsamen protestantischen Unternehmung gegen Kaiser und Papst scheiterte an theologischen
Bedenken. Doch immer kühner wurden die Pläne der beiden innig verbundenen Freunde, des Landgrafen und
Zwinglis.
Dieser begeisterte 1530 jenen für den fast überkühnen Plan, »durch einen Bund von der Adria bis zum Belt und zum Ozean die
Welt aus der Umklammerung des Habsburgers zu retten«. Damals hatte Zwingli schon im Januar 1528 bei einem Religionsgespräch
zu Bern
auch diesen Kanton für die Reformation gewonnen. Aber nachdem durch den ersten Kappeler Frieden 1529 die drohende Gefahr eines
Glaubenskriegs zwischen Zürich
und den fünf katholischen Urkantonen (freilich gegen Zwinglis Wunsch, der diese mit Gewalt der Waffen
dem Evangelium öffnen wollte) beseitigt schien, kam es doch 1531 zum
mehr
offenen Krieg zwischen Zürich
und den katholischen Kantonen Luzern,
Uri,
Schwyz,
Unterwalden und Zug.
Am unterlagen die Züricher bei Kappel, und Zwingli selbst
fand auf dem Schlachtfeld seinen Tod. Am folgenden Tag schleppte man den Leichnam zum Scheiterhaufen und streute die Asche in
den Wind. Erst 1838 ward ihm zu Kappel, 1885 zu Zürich
ein Denkmal errichtet. Zwingli war ein edler, toleranter, frommer
und uneigennütziger Mann, ausgezeichnet durch Kenntnisse wie Sinn für das Praktische, der ihn zu den umfassendsten politischen
Kombinationen befähigte.
Seinem theologischen Lehrbegriff lag Streben nach Klarheit und Vernünftigkeit zu Grunde. Was ihn zum Begründer
einer eignen Kirche neben Luther machte, war die durch und durch sittlich bestimmte, an keine Zeremonien ursachlich gebundene
Natur des christlichen Glaubens, welchen er vertrat, die in solchem Glauben begründete Freiheit der christlichen Persönlichkeit
von den geschichtlich vermittelten Gnadenspendungen der Kirche, die er, freilich nicht ohne Inkonsequenzen, betonte. Zwinglis
Hauptschriften sind: »De vera et falsa religione« (Zürich
1525);
»Fidei ratio« (das. 1530) und besonders die
»Christianae fidei brevis et clara expositio ad regem christianum« (das.
1536).
Seine »Sämtlichen Werke« erschienen zuerst in Folio (Zürich
1545 u. 1581), neuerdings herausgegeben von Schuler und Schultheß
(das. 1828-42, 8 Bde.; dazu Supplemente 1861).
Vgl. Hottinger, Huldreich Zwingli und seine Zeit (Zürich
1842);
Tichler,
Zwingli, de kerkhervormer (Utr. 1857-58, 2 Bde.);
Christoffel, Zwinglis Leben und ausgewählte Schriften (Elberf. 1857, 2 Bde.);