(lat.
Casus), im gewöhnlichen
Leben alles, was uns nicht als notwendig oder beabsichtigt erscheint, oder für
dessen Eintreten wir einen
Grund nicht nachweisen können, oder was ebensogut in anderer
Weise und zu andrer Zeit hätte geschehen
können. Das Zufällige steht daher dem Notwendigen, dem Wesentlichen und dem Absichtlichen entgegen,
und ebenso wird auch die Zufälligkeit bald der
Notwendigkeit, bald der Wesentlichkeit, bald der Absichtlichkeit entgegengesetzt.
Das Zufällige kann selbst als ein Notwendiges vorgestellt werden, wenn uns die
Bedingung desselben nicht bekannt ist. Deshalb
sagt man auch: zufällig ist, was unter gewissen
Bedingungen sein oder nicht sein, so oder anders sein
könnte. Wenn wir uns auf den Zufall als etwas die
Dinge Beherrschendes, Gestaltendes, Veränderndes, Zerstörendes berufen, so
gestehen wir damit eigentlich nur unsre Unwissenheit in betreff des Zusammenhanges des Geschehens und der
Gründe desselben
ein.
Wer den Zufall als die gänzliche Ursachlosigkeit alles Geschehens faßt, der verfällt in den
Widerspruch, an welchem der
Begriff des absoluten
Werdens leidet (s.
Ursache). Es geschieht nichts ohne
Ursache und insofern auch
nichts durch bloßen, blinden Zufall (casus purus). Der
Schein des Zufalls aber entsteht für uns aus der Mangelhaftigkeit unsrer
Einsicht in die
Gründe und
Folgen der Begebenheiten. In juristischer Bedeutung nennt man Zufall ein Ereignis,
das nicht in dem
Willen und der Absicht des Handelnden liegt.
militärisch die Unterabteilung der Truppenkörper
(Bataillon,
Eskadron,
Batterie), welche normalmäßig noch von
einem taktisch gebildeten
Führer, einem
Offizier, befehligt wird.
der kleinste
Kanton
[* 5] der
Schweiz,
[* 6] 239 qkm (4,3 QM.) groß, liegt
fast in der Mitte des
Landes, zwischen den Kantonen Zürich,
Schwyz,
Luzern
[* 7] und Aargau,
und bildet ein Bindeglied zwischen Voralpen und
Hochebene, indem die höhern
Berge, wie der
Roßberg (1582 m), Kaiserstock (1417 m),
Morgarten (1236 m), Hochrohn (1232 m), sämtlich an der
SchwyzerGrenze
postiert, nachNW. durch Vorberge, den
ZugerBerg (991 m), Gubel
(ca. 1000 m) u. a., in die
Ebene auslaufen.
Hauptfluß ist die
Lorze, die aus dem voralpinen Ägerisee sich
Bahn bricht hinaus zum
Zuger See (s. d.), welcher seinen Abfluß
zur
Reuß
[* 8] sendet, die, wie auf der Nordostgrenze die
Sihl, den
Kanton bloß streift.
Das Ordenshaus der Lehrschwestern vom heiligen
Kreuz
[* 12] in Menzingen (von 170
Schwestern bewohnt) hält eine Töchterpension,
die auch
Lehrerinnen ausbildet.
Der
Boden der
Ebene ist überall kulturfähig und ergiebig. Auf das Ackerland
entfallen 68,4 qkm, auf die Waldungen 44,6 qkm.
Der
Ackerbau liefert besonders
Weizen, doch nicht ausreichend für den
Bedarf, kaum hinreichend
Flachs und
Hanf, viele
Kartoffeln.
Weit bedeutender ist die Obstkultur, von deren Jahresertrag ein namhafter Teil
(»Zuger Schnitze«) zur
Ausfuhr kommt.
Der
»BaarerBoden« ist ein wahrer Fruchtbaumwald; die stattlichen
Nußbäume und die schönen Edelkastanien von Walchwyl sind
eine Zierde des
Landes. Die Rebenkultur (auf 70
Hektar) scheint eher ab- als zuzunehmen. Die Waldungen bestehen größtenteils
aus Nadelholz und würden (im
Verein mit Obstbaumholz und andern
Brennstoffen) den
Bedarf decken, wenn nicht
noch massenhaft
Holz
[* 13] ausgeführt würde. Auf den
Alpen
[* 14] übersommern die schönen
Rinder
[* 15] (insgesamt 10,432
Stück) der reinen
SchwyzerRasse.
Diese Etablissements zählen über 116,000
Spindeln und beschäftigen etwa 1500
Arbeiter.
Noch zu erwähnen
sind die Papierfabriken in
Baar und
Cham und das Etablissement der Anglo-Swiss Condensed Milk Company inCham. Ein namhafter
Handelsplatz existiert nicht. In Zug
besteht eine Exportgesellschaft für
ZugerKirschwasser. Die
Schweizer Nordostbahnlinie
Zürich-Luzern
schneidet denKanton und hat in Zug
eine
Kopfstation. Neben einer kantonalen
Industrieschule besteht ein städtisches
Gymnasium.
Die öffentlichen
Bibliotheken zählen gegen 20,000
Bände. Zufolge der
Verfassung vom welche und revidiert
wurde, ist Zug aus der
Reihe der Repräsentativkantone ausgeschieden und hat sich der reinen
Demokratie
angeschlossen. Über
Gesetze,
Staatsverträge und wichtigere Finanzdekrete findet eine Volksabstimmung statt, wenn unmittelbar
nach der definitiven Schlußabstimmung im Kantonsrat ein Drittel sämtlicher Kantonsräte eine solche verlangt oder binnen 30
Tagen
wenigstens 500 Votanten eine solche
Abstimmung begehren.
Wenn 1000 Stimmberechtigte den
Erlaß, die Aufhebung oder die Abänderung eines
Gesetzes oder einer in
die
Kompetenz der gesetzgebenden
Gewalt fallenden Schlußnahme verlangen, so ist der Kantonsrat verpflichtet, den Volksentscheid
hierüber herbeizuführen, sofern er dem Gesuch nicht von selbst entsprechen will.
Abberufung der verfassungsmäßigen Behörden
besteht nicht. Die
Legislative übt der Kantonsrat, welcher auf 3 Jahre vom
Volke gewählt wird, je 1 Mitglied
auf 400
Seelen, wozu noch 15 direkt durch die Gesamtheit des
Volkes gewählte Mitglieder kommen.
Die
Exekutive handhabt der
Regierungsrat, eine Behörde von 7 Mitgliedern, jeweilig gleichzeitig mit der Integralerneuerung
des Kantonsrats durch das
Volk gewählt. Ein
Obergericht von 7 Mitgliedern wird durch den Kantonsrat auf 6 Jahre ernannt.
Eine Bezirkseinteilung besteht nicht. Jede
Gemeinde hat ihren
Gemeinderat und ihren Friedensrichter. Ein Kantonsgericht entscheidet
über gewisse Zivilstreitigkeiten sowie als Strafgericht. Die Staatsrechnung
¶
mehr
für 1887 weist an Einnahmen 285,655 Frank (darunter Steuern undAbgaben 163,000 Fr.), an Ausgaben 275,067 Fr., also eine Mehreinnahme
von 10,588 Fr., auf. Ende 1887 betrug das Staatsvermögen netto 392,495 Fr.
Die gleichnamige Hauptstadt, am Fuß des fruchtbaren ZugerBergs und an der Bahnlinie Zürich-Luzern gelegen, von Wein- und
Obstpflanzungen und Wiesen umgeben, hat 6 Kirchen (darunter die außerhalb der Stadt gelegene Kirche St. Michael, die Kirche St.
Oswald mit phantastisch dekoriertem Portal), ein Kapuziner- und ein Franziskanerkloster, ein schönes Kantonsspital, ein Zeughaus
mit geschichtlich merkwürdigen Waffenstücken, Baumwollweberei, Metallwaren- und Tabaksfabrikation und (1888) 5160 Einw.
Die Stadt, auf dem Delta
[* 20] der Lorze und kleinerer Bäche gelegen, hat durch wiederholte Ufereinstürze einen
traurigen Ruf erlangt. Am versank die »niedere Gasse« der Altstadt, mit 26 Häusern; etwa 60 Personen verloren dabei
das Leben. In wiederholten Versenkungen stürzte eine Fläche von mehr als 9000 qm ein mit über 20 Gebäuden
der »Vorstadt«, und 11 Personen verunglückten dabei.
Als primäre Ursache des Unglücks ergab die Untersuchung das Vorhandensein einer ausgedehnten, mächtigen Lage weichen Schlammsandes
unter jüngerm, festerm aufgelagerten Boden von bloß wenigen MeternMächtigkeit. Der Schade wurde amtlich auf ca. 718,000 Fr.
geschätzt; die Liebesgaben betrugen 690,752 Fr., wovon 616,000 zur Verteilung gelangten, der Rest als
Beitrag zu den kostspieligen Sanierungsarbeiten diente (vgl. den amtlichen Bericht: »Die Katastrophe von Zug«, Zürich
[* 21] 1888). Nordöstlich,
am Menzinger Berg, liegt die besuchte Kaltwasserheilanstalt Schönbrunn (698 m).
Geschichte. Die Stadt Zug, aus einem Hof
[* 22] der Grafen von Kyburg entstanden, kam 1272 durch Kauf an die Habsburger,
welche auch grundherrliche Rechte in Ägeri, Baar und Menzikon sowie die Vogtei über die vier Orte besaßen. Alle diese Rechte
und Besitzungen machten das »Amt« Zug aus; im Gegensatz zur Stadt hießen die drei Dorfgemeinden das »äußere« Amt. Als 1351 Krieg
zwischen Österreich
[* 23] und den Eidgenossen ausbrach, nahmen letztere nach 18tägiger Belagerung die Stadt
ein und schlossen mit ihr und dem Amt ein ewiges Bündnis.
Zwar mußte Zug wie Glarus
infolge des RegensburgerFriedens 1355 der Herrschaft wieder huldigen, aber 1364 besetzten es die Schwyzer
aufs neue, und durch den SempacherKrieg wurde seine Unabhängigkeit festgestellt. Da der Bund nicht bloß
mit der Stadt, sondern auch mit den drei Dorfgemeinden geschlossen worden war, die ihre Gleichberechtigung eifersüchtig
wahrten, so zählte der eidgenössische Ort Zug nicht zu den »Städten«, sondern zu den »Ländern« und besaß auch eine völlig
demokratische Verfassung mit Landsgemeinde.
Das übrige Gebiet des jetzigen Kantons (Walchwyl, Cham etc.) war dagegen ein erworbenes Unterthanenland
der Stadt. Zug schloß sich stets aufs engste den Waldstätten an, nahm teil an ihren Kämpfen gegen die Reformierten sowie an
ihrem Söldnergewerbe und wurde 1798 mit ihnen zu dem helvetischen KantonWaldstätten verschmolzen. Die Mediationsakte gab
ihm 1803 seine Selbständigkeit wieder; 1846-1847 nahm es teil am Sonderbund, kapitulierte aber schon 21. Nov. vor den entscheidenden
Kämpfen, worauf es 1848 seine Landsgemeinde mit einer Repräsentativverfassung vertauschte. Durch die Verfassungsrevision
vom wurde das Veto und die Initiative eingeführt.
Seit 1870 wieder von den Ultramontanen regiert,
verhielt es sich fast ausnahmslos ablehnend gegen die Bundesgesetzgebung.
Vgl. Stadlin, Die Geschichte des Kantons Zug (Luzern
1819-24, 4 Tle.);