welchem die gesamte Staatsthätigkeit von einem
Haupt ausgeht, welches von einer
Stelle aus das Ganze wie das Einzelne leitet,
während die
Dezentralisation für die einzelnen
Glieder
[* 2] und Teile des Staatsganzen eine möglichste Selbständigkeit in Anspruch
nimmt. Die Zentralisation ist wesentlich das
System der absoluten
Monarchie; sie gipfelt in dem bekannten
Ausspruch,
welchen man dem König
Ludwig XIV. von
Frankreich in den
Mund legt: »Der
Staat bin ich«. Auch unter
Napoleon III. war das Zentralisationssystem
in
Frankreich möglichst ausgebildet.
Die konstitutionelle
Monarchie ist dem Dezentralisationssystem günstiger; doch besteht bei einer zu weit gehenden
Dezentralisation
die
Gefahr, daß die Staatseinheit zerbröckelt und die Macht des
Staats geschwächt wird. In einem zusammengesetzten
Staatswesen, wie in dem
DeutschenReich, stellt der Gesamtstaat mit seiner
Zentralgewalt die Zentralisation dar, während das Fortbestehen
der Einzelstaaten mit einer gewissen Selbständigkeit eine
Dezentralisation bedeutet.
Dezentralisationsbestrebungen in diesem
Sinn decken sich mit dem
Partikularismus, während das
Streben nach möglichster
Zentralisation als
Zentralismus bezeichnet wird. Der
Gegensatz zwischen Zentralisation und
Dezentralisation kehrt aber auch in den einzelnen
Zweigen
der Staatsthätigkeit wieder, und die viel erörterte
Frage, welchem von beiden
Systemen der Vorzug zu geben sei, läßt sich
schon mit Rücksicht auf die Verschiedenartigkeit der
Funktionen der
Staatsgewalt nicht einfach mit Ja
oder Nein beantworten.
Ein gesundes Staatsleben wird vielmehr gerade durch die
Wechselwirkung zwischen beiden
Grundsätzen und durch eine harmonische
Verbindung beider
Systeme bedingt sein. So wird gewiß auf dem Gebiet der
Gesetzgebung das Verlangen nach Zentralisation
(»Gleichheit vor
dem
Gesetz«) nicht mit Unrecht ausgesprochen. Die Zerrissenheit der deutschenGesetzgebung, welche jetzt
im neuen
Reich mühsam beseitigt wird, ist auf die frühere
Dezentralisation zurückzuführen, welche womöglich für jedes
Territorium, für jeden Landesteil, für jede
Genossenschaft, für jede Stadt und für jedes Dorf ein Sonderrecht schuf.
Gleichwohl darf aber auch das
Prinzip der gesetzgeberischen Uniformität nicht auf die
Spitze getrieben werden.
Denn es gibt Stammeseigentümlichkeiten, geographische Eigenartigkeiten, lokale Lebensverhältnisse und Lebensbedürfnisse
einzelner Bevölkerungsklassen, welche besondere Berücksichtigung verdienen. Darum ist neben der Einheitlichkeit der
Gesetzgebung
im großen doch eine gewisse
Autonomie (s. d.) im einzelnen nicht zu verwerfen. Dagegen ist in der auswärtigen
Politik möglichste Zentralisation erforderlich.
daher
Zentralist, der Anhänger
einer politischen
Richtung, deren Bestrebungen zentraler Art sind. In zusammengesetzten
Staaten bezeichnet man denjenigen als
Zentralisten, welcher zwar nicht den
Einheitsstaat anstrebt
(Unitarier), wohl aber die Selbständigkeit
der Einzelstaaten im
Interesse des Gesamtstaats thunlichst beschränkt wissen will.
Provinz des britisch-ind. Kaiserreichs, zwischen 17° 50'-24°
27' nördl.
Br. und 76-85° 15' östl. L. v. Gr., begrenzt von
Bengalen, den Zentralprovinzen,
Madras,
[* 6]
Berar undHaidarabad, 218,704 qkm (3972 QM.) groß mit (1881) 9,838,791
Einw., wozu noch 15 Tributärstaaten mit einem
Areal von 74,677 qkm (1356 QM.) und 1,709,720 Einw., so
daß das Gesamtareal 293,381 qkm (5328 QM.), die Gesamtbevölkerung 11,548,511
Seelen beträgt. Das bedeutendste
Gebirge der
Provinz ist die Satpurakette, die südlich der
Narbada von O. nach W. zieht und bis zu 1200 m sich erhebt;
östlich schließen sich an die Gondwanaplateaus, deren
Knotenpunkt, der Amarkantak (1094 m hoch), zugleich die Hauptwasserscheide
für
Zentralindien bildet.
Ausläufer der Windhyakette durchziehen den nördlichen Teil der
Provinz und erreichen hier noch
Höhen von 900 m. Die
Plateaus und insbesondere die
Thäler sind vom fruchtbarsten
Boden bedeckt; sehr häufig sind die
Schichten der für
die
Kultur überaus wichtigen »schwarzen
Erde« (s.
Dekhan). Die bedeutendsten
Flüsse
[* 7] sind die
Narbada, welche im
NW. die
Grenze
bildet, die
Mahanadi, welche ostwärts abfließt, und die
Godaweri, welche mit Pranhita und Warana die Zentralprovinzen von
Berar und
Haidarabad scheiden.
Die Hochwaldungen sind zum großen Teil durch Brennkultur zerstört worden, das
Areal des unkultivierten
Landes (⅔ der Gesamtoberfläche)
ist zumeist von
Dschangeln bedeckt und erzeugt wenig
Nutzholz, in neuester Zeit hat das Forstdepartement
Schritte zur
Erhaltung
und Ergänzung des Waldbestandes gethan.
Kohle findet man an vielen
Orten, leider von geringer
Qualität,
die einzige wichtige Kohlengrube ist die von Warora südlich von
Nagpur, welche jährlich an 90,000
Ton. liefert.
Auch der
Reichtum an
Eisenerzen ist sehr bedeutend und vielversprechend. Das
Klima
[* 8] hat drei verschiedene
Perioden: eine kühle,
eine heiße und eine Regenperiode von Juni bisSeptember, in der
Regel sind die
Niederschläge reichlich,
aber da der Abfluß schnell erfolgt, so folgt auf einen schwachen Regenfall beinahe sicher
Hungersnot. Unter
Kultur sind etwa 6 Mill.
Hektar, wovon 85 Proz. mit Brotkorn
(Reis,
Weizen u. a.) bestellt sind; sonst werden gebaut:
Baumwolle,
[* 9] Ölsaaten,
Tabak.
[* 10] Die
Verteilung des
Landes ist eine ziemlich billige,
Zeitpacht ist nicht üblich, die
Erbpachter zahlen eine
mäßige
Pacht, die Verhältnisse der zahlreichen Aftereigentümer ihren Oberherren gegenüber sind befriedigend geregelt.
Die
Viehzucht
[* 11] richtet sich zumeist auf
Rinder
[* 12] und
Büffel (1883: 5,356,477
Stück), nächstdem auf
Schafe,
[* 13]
Ziegen und
Pferde;
[* 14]
Elefanten,
die hier noch wild vorkommen, werden in geringer Zahl eingefangen und
¶
Die Hauptbeschäftigung der Bewohner ist Ackerbau; die einzige gewerbliche Thätigkeit ist Weberei
[* 17] und Eisenschmelzerei, deren
Produkte auch außerhalb der Provinz in hohem Ruf stehen. Der Handel mit dem Ausland geht zumeist über Bombay
[* 18] und vertreibt Rohbaumwolle, Getreide,
[* 19] Ölsaaten, Lack. Die Einfuhr wertete 1883: 3,134,785, die Ausfuhr 4,195,874 Pfd. Sterl.
Den Binnenhandel vermitteln große Messen, von denen einige von 100,000 Menschen besucht werden. Für den Verkehr sind die Flüsse
nur nach der Regenzeit brauchbar, der Straßenbau wird durch die Natur des Bodens erschwert, doch hatte die
Provinz 1882 an chaussierten Straßen 4533 km. Die große Eisenbahnlinie von Allahabad nach Bombay durchschneidet den Nordwesten
der Provinz und entsendet eine Zweigbahn östlich über Nagpur nach Radsch Nandgaon mit Abzweigung nach den Warora-Kohlengruben.
Die Provinz ist eingeteilt in vier Regierungsbezirke unter Commissioners: Nagpur, Dschabalpur, Narbada, Tschattisgarh;