Brücken I
* 7
Brücke .
(Wirceburgum,
Herbipolis ), Hauptstadt des ehemaligen Fürstbistums Würzburg, jetzt unmittelbare Stadt und Hauptstadt
des bayr. Regierungsbezirks
Unterfranken , liegt in reizender Gegend zu beiden Seiten des
Mains , über den hier eine ältere, 198 m
lange und eine neue
(Luitpold -)
Brücke
[* 7 ] führen, während eine dritte an der Südseite der Stadt bereits projektiert ist, im
Knotenpunkt der
Linien
Treuchtlingen-Aschaffenburg .
Bamberg-Würzburg und
Passau-Würzburg der
Bayrischen sowie
Heidelberg-Eberbach-Würzburg der
Badischen
Staatsbahn, 181 m ü. M. Die Stadt galt bis 1866 als
Festung .
[* 8 ]
Der Hauptteil dieser, der
Marien - oder
Frauenberg , liegt am linken Mainufer auf dem 265 m hohen Leistenberg
u. war bis 1720 Sitz der
Bischöfe . Die mit einem vollständigen
Ring von prächtigen öffentlichen
Anlagen sowie einer Ringstraße
und dem Mainkai umschlossene Stadt ist im Innern unregelmäßig gebaut. Unter den 33
Kirchen ist die
Domkirche (862 gegründet, 1042 neu
erbaut) mit der prachtvollen Schönbornschen
Kapelle und vielen
Denkmälern von
Bischöfen die hervorragendste.
Sternwarte
* 9
Sternwarte .
Die Haugerstiftskirche, ein stolzer
Bau im
Stil der italienischen
Renaissance , mit Doppeltürmen und hoher
Kuppel , ward 1670-91
erbaut und neuerlich geschmackvoll restauriert. Die ursprünglich romanische Neumünsterkirche (von 1000?) bewahrt in der
Krypte die Gebeine des heil.
Kilian .
Ferner sind zu nennen: die Universitätskirche mit der
Sternwarte
[* 9 ] (auf
dem
Turm ),
[* 10 ] die Deutschhauskirche und die Marienkapelle, zwei der schönsten
Denkmäler altdeutscher
Baukunst ,
[* 11 ] letztere mit 14
Statuen
von Tilman
Riemenschneider aus dem 15. Jahrh., und die
Kirche auf der
Feste , die älteste in
Franken .
Unter den übrigen öffentlichen Gebäuden zeichnen sich aus das durch Balthasar
Neumann von 1720 bis 1744 erbaute
königliche Residenzschloß (früher
Residenz der Fürstbischöfe, dann des
Großherzogs ), eins der schönsten Fürstenschlösser,
mit dem
Kaiser - und dem Spiegelsaal, letzterer mit Gemälden auf Spiegelglas, und herrlichem
Garten ;
[* 12 ] das große, reiche und
trefflich eingerichtete Juliushospital, an welchem sich gleichfalls ein großer, schöner
Garten mit einer
prächtigen Brunnengruppe befindet; das Gebäude der
Universität , das Anatomiegebäude, das
Rathaus , das Regierungsgebäude,
das
Theater ,
[* 13 ] das
Zucht - und Arbeitshaus, der Zentralbahnhof etc. Projektiert ist (1888)
ein großartiges Justizgebäude an der Südseite der Stadt.
Vor dem Juliushospital steht die
Statue des
Fürstbischofs
Julius (von
Widnmann , von
Miller in
Erz gegossen);
ein Denkmal zur
Erinnerung an
Walther von der Vogelweide (von
Halbig , seit 1843) befindet sich in einer
Nische der Neumünsterkirche,
in deren
Kreuzgang der Dichter 1230 begraben
ward ; ein Denkmal ist
vor der
Ludwigshalle dem
Bürgermeister v. Zürn errichtet
worden, während an der Südseite der Stadt, in der Ottostraße, sich ein Denkmal des Japanreisenden
Professor v.
Siebold befindet.
Bevölkerungsstatistisc
* 14
Bevölkerung .
Die
Bevölkerung
[* 14 ] beläuft sich (1885) mit der
Garnison (ein Infanteriereg. Nr. 9, 2 Abtlgn.
Feldartillerie Nr. 2 und ein Trainbat. Nr. 2) auf
55,010
Seelen (gegen 26,814 im J. 1840), darunter 42,882 Katholiken, 9641
Evangelische und 2387
Juden . Die
Industrie besteht in Fabrikation von
Tabak ,
[* 15 ]
Möbeln ,
Maschinen , chirurgischen, mathematischen und musikalischen
Instrumenten ,
Kunstwolle ,
Eisenbahnwagen ,
Baumaterialien ,
Spielkarten ,
Goldleisten ,
Vaselin ,
Lampen ,
[* 16 ] Metallwaren,
Essig ,
Likör ,
Malz ,
Schokolade ,
Schaumwein etc., in Bierbrauerei,
[* 17 ]
Eisengießerei
[* 18 ] und Ziegelbrennerei.
Großartig sind die in dem ehemaligen Cistercienserkloster
Oberzell (s. d.) von König und
Bauer gegründeten Etablissements
zur Herstellung von
Schnellpressen . Außerdem sind noch zu nennen:
Schiffbau ,
Kunst - und Dampfsägemühlen,
Obst -,
Getreide -,
Gemüse -, vor allem aber Weinbau. In der ganzen Umgebung der Stadt liegen zahlreiche
Weinberge
(ca . 1200
Hektar ),
welche in guten
Jahren einen
Ertrag von 5 Mill. Mk. liefern. An dem südlichen Abhang des
Frauenbergs , der sogen.
Leiste ,
wächst der berühmte
Leistenwein , an dem nach
Veitshöchheim a. M. sich hinziehenden
Steinberg der
Steinwein (s.
Frankenweine ).
Der
Handel , unterstützt durch die
Handels- und
Gewerbekammer von
Unterfranken , durch einen
Handelsverein , eine Reichsbanknebenstelle,
die königliche Filialbank,
Bayrische
Notenbank , Würzburger
Volksbank und zahlreiche andre Bankgeschäfte sowie durch das
Eisenbahnnetz
und die Mainschiffahrt, für welche einen
Hafen besitzt, ist besonders bedeutend in
Wein ,
Holz
[* 19 ] und
Kohlen ;
auch hat Würzburg drei
Messen , einen Wollmarkt, eine Getreideschranne,
Viktualien - und Viehmärkte. Den
Verkehr in der Stadt vermittelt
eine Pferdeeisenbahn.
Krankenhaus zu Stettin
* 20
Krankenhaus .
Unter den Bildungsanstalten ist zunächst die
Universität zu nennen. Dieselbe wurde 1403 vom
Bischof
Johann von Egloffstein
gegründet, ging aber bald wieder ein. Erst 1582 gründete der
Fürstbischof
Julius
Echter von Mespelbrunn eine neue
Hochschule ,
welche seit der Vereinigung Würzburgs mit
Bayern den
Namen
Julius Maximilians-Universität erhielt. Zur Beförderung der von
jeher rührig betriebenen medizinischen
Studien dient vornehmlich das Juliushospital, mit welchem ein Entbindungshaus und
ein
Krankenhaus
[* 20 ] für Epileptische sowie eine Augenheilanstalt (v. Welzsche Marienstiftung) und
ein hygieinisches
Institut in
Verbindung stehen.
Die
Bibliothek enthält über 100,000
Bände (meist aus alten
Klöstern ). Die Zahl der Studierenden belief sich im Sommersemester 1889 auf 1588 (worunter
beinahe die Hälfte
Mediziner ).
Ferner hat Würzburg 2 Gymnasien, ein
Realgymnasium , eine Kreisrealschule, ein
Priester -, ein bischöfliches
Knaben - und ein Schullehrerseminar, Lateinschulen,
Schulen des Polytechnischen
Vereins , eine
Landwirtschaftsschule ,
eine jüdische
Lehrerbildungsanstalt , eine
Musik -, eine
Obst - und eine Weinbauschule, eine Taubstummen- und eine
Blindenanstalt ,
eine Hebammenschule etc. sowie die Wegnersche
Kunstsammlung der
Universität , eine
Würze - Wurzel
* 22
Seite 16.786.
[* 1 ]
^[Abb .:
Wappen
[* 21 ] von Würzburg.]
¶
mehr
städtische Gemälde- und Münzsammlung und ein Theater . Unter den Vereinen sind eine Physikalisch-medizinische Gesellschaft ,
eine Gesellschaft zur Beförderung und Vervollkommnung der Künste und Gewerbe , ein Historischer Verein für den Regierungsbezirk
Unterfranken und ein Weinbauverein nennenswert. An Wohlthätigkeits - und andern Anstalten besitzt Würzburg außer dem Juliushospital,
welches 500 Kranke aufnimmt, mehrere Spitäler (darunter das Josephshospital für weibliche Dienstboten ),
ein Waisenhaus, eine Irrenanstalt , ein Siechenhaus , ein Stadtarmeninstitut, 9 Klöster, eine Diakonissenanstalt, ein Zuchthaus
etc. Die städtischen Behörden zählen 19 Magistratsmitglieder und 36 Stadtverordnete .
Die Stadt ist Sitz der Regierung für Unterfranken , eines Landrats , eines Bezirksamts, eines Landgerichts , eines Oberpost- und
eines Oberbahnamts, ferner eines Bischofs und eines bischöflichen Konsistoriums und eines Distrikts-Rabbinats.
Von militärischen Behörden befinden sich dort das Generalkommando des 2. bayrischen Armeekorps , der 4. Division , der 7. Infanterie -
und der 2. Feldartilleriebrigade. In der Nähe von Würzburg liegt der Nikolausberg mit der Wallfahrtskirche Käppele und reizender
Aussicht. Der lateinische Name Herbipolis (»Kräuterstadt« ) wurde der Stadt im 12. Jahrh.
beigelegt. Zum Landgerichtsbezirk Würzburg gehören die zwölf Amtsgerichte zu Arnstein , Aub , Brückenau , Dettelbach , Gemünden , Karlstadt ,
Kitzingen ,
[* 23 ] Marktbreit , Ochsenfurt , Wiesenthal und Würzburg I und II.
Königlicher Kanal - Kö
* 24
Königliche .
Würzburg ist schon im 7. Jahrh. entstanden, ward 741 Bischofsitz und unter Karl d. Gr. Königliche
[* 24 ] Pfalz . Später ward
es eine bischöfliche Stadt. Unter Kaiser Heinrich IV. nahm diese die Partei des Königs , vertrieb den Bischof , wurde 1086 von
dem Gegenkönig Hermann und mehreren bayrischen Großen belagert, nach der Niederlage bei Bleichfeld eingenommen, aber von Heinrich
bald wieder entsetzt. Unter den Reichstagen , die in Würzburg abgehalten, sind die wichtigsten der von 1180,
auf welchem Heinrich der Löwe geächtet wurde, und der von 1209, welcher mit der Verlobung Ottos IV. und der Tochter Philipps ,
Beatrix , dem Reich einstweilen den Frieden brachte. Am 7. Mai 1525 wurde die Stadt von den aufständischen Bauern unter Götz v.
Berlichingen eingenommen; doch die Feste Marienberg leistete energischen Widerstand , und schon 7. Juni mußte
sich die Stadt dem vereinigten Heer des Schwäbischen Bundes , von Pfalz und Trier
[* 25 ] ergeben. 1558 ward sie von Wilhelm v. Grumbach
überrumpelt, 18. Okt. 1631 von Gustav Adolf besetzt. Am 3. Sept. 1796 erfochten hier die Österreicher unter Erzherzog Karl einen
Sieg über die Franzosen unter Jourdan . 1803 fiel an Bayern , 1805 an den Erzherzog Ferdinand , 1815 an Bayern zurück.
Vom 23. Okt. bis Ende November 1848 tagte hier eine Versammlung der deutschen Bischöfe , welche in einer Denkschrift (29. Nov.) die
Trennung von Staat und Kirche verwarfen, für letztere aber volle Selbständigkeit verlangten. Vom 23. Bis 27. Nov. 1859 fand
hier die unter dem Namen Würzburger Konferenzen bekannte Zusammenkunft der Minister und Bevollmächtigten der deutschen Mittel -
und Kleinstaaten behufs engern Zusammenwirkens in Bundesangelegenheiten statt, die jedoch ebensowenig zu einem Resultat führte
wie die von ebendiesen 18. und 19. Febr. 1864 gehaltenen Konferenzen zum Zweck gemeinsamen Verhaltens in der
schleswig-holsteinischen Frage . Am 27. Juli 1866 wurde die Festung von den Preußen
[* 26 ] beschossen. Nach dem Waffenstillstand besetzten
die Preußen 2. Aug. die Stadt, die Festung
blieb jedoch in den Händen der Bayern .
Vgl. Heffner, Würzburg und seine Umgebungen (2. Ausg.,
Würzb. 1871);
Hubert , Führer durch Würzburg (2. Aufl., das. 1882);
Scharold, Beiträge zur ältern und neuern
Chronik von Würzburg (Bamb. 1818-19, 2 Bde.);
Ögg, Entwickelungsgeschichte
[* 27 ] der Stadt Würzburg (hrsg. von Schäffler, Würzb. 1881);
Urlichs , Baugeschichte Würzburgs (das. 1878);
Wegele , Geschichte der Universität Würzburg (das. 1882);
Cronthal, Die Stadt Würzburg im
Bauernkrieg (das. 1888).