Erhabenheit der
Bewegung, im
Gegensatz zur
Anmut (s. d.). Beide kommen darin überein, daß sie
Eigenschaften der
Bewegung sind, aber die
Anmut eines (der That und dem Anschein nach leicht) Beweglichen, die Würde dagegen eines
(nicht der That, aber dem Anschein nach) Unbeweglichen. Jenes erfordert, um in
Bewegung zu geraten, nur geringe, dieses dagegen,
je unbeweglicher es scheint, eine desto größere
Kraft,
[* 10] die entweder außer- oder innerhalb des Bewegten
liegt.
Liegt sie außerhalb, so erscheint die
Bewegung zwar, je unbeweglicher das Bewegte ist, desto plumper und schwerfälliger,
aber weder erhaben noch würdevoll. Liegt sie dagegen innerhalb, so erscheint das sich selbst Bewegende, je unbeweglicher
es jedem andern gegenüber erschien, desto erhabener über alles andre, und diese seine Erhabenheit,
in seiner
Bewegung sich widerspiegelnd, erteilt letzterer Würde. In diesem
Sinn kommt der
Bewegung eines
Gottes als »unbewegten Bewegers«
(Aristoteles),
eines
Helden als »unentwegten«
Charakters, eines Herrschers als »souveränen«
Willens, aber auch jedes seiner
Freiheit und Selbstbestimmung bewußten
Menschen Würde zu und erscheint diese selbst als
»Ausdruck der Geistesfreiheit«
(Schiller). Das Erscheinungsgebiet der Würde als
Bewegung des (scheinbar wenigstens) Unbeweglichen ist der
Raum, wie jenes der
Anmut die Zeit, weil jenes seinen
Ort durch
Verzögerung der
Bewegung möglichst zu behaupten, das
Bewegliche dagegen den seinen
durch
Beschleunigung der
Bewegung möglichst rasch zu verändern sucht.
Daher entspricht der Würde die langsame
Bewegung: der gemessene
Schritt, das abgewogene Sprechen und Betragen.
Geht die sich ihrer
Stärke
[* 11] nach selbst bewegende
Kraft (der autonome
Wille) in moralische
Kraft (sittlicher
Wille), die auch
dem Wert nach erhaben ist, so geht die
Bewegung als
Ausdruck der
Freiheit (geistige Würde) in jenen derSittlichkeit
(sittliche Würde) über. Jene flößt uns
Ehrfurcht, diese Verehrung ein. Löst dagegen dem Anschein nach sich selbst bewegende
Kraft (autonomen
Wollens) in bloßen
Schein (der scheinbar freie in einen »dienenden«
Willen) sich auf, so schwindet der
Schein
der Erhabenheit und damit die Würde. Dieselbe ist daher allerdings mit dem
»Amt« (das ebendeshalb auch »Würde« wie
das durch dasselbe bedingte »würdevolle« Betragen »Würde« heißt)
als einem Ausfluß
[* 12] eines souveränen
Willens, keineswegs aber mit der
Person seines jeweiligen
Trägers verbunden und die Behauptung
derselben außerhalb des
Amtes Anmaßung und Lächerlichkeit. Der
Eindruck der Würde ist, der Erhabenheit der
Bewegung entsprechend,
kein niederschlagender, sondern durch das in uns erweckte
Bewußtsein unsrer eignen
Freiheit und Selbstbestimmung
ein erhebender. Das männliche
Geschlecht, dessen geistige
Anlage mehr zur
Entwickelung eines selbstbewußten
Willens, dessen
organischer Körperbau mehr für erhabene als schöne
Bewegung geeignet ist, erscheint darum vorzugsweise als
Träger
[* 13] der Würde.
[* 1]
Bewegung eines
Körpers, welcher, nachdem ihm auf irgend eine
Weise eine
Geschwindigkeit
(»Anfangsgeschwindigkeit«)
erteilt worden ist, der Einwirkung der
Schwerkraft überlassen wird. Wird ein
Körper in vertikaler
Richtung aufwärts geworfen,
d. h. wird ihm durch einen
Stoß eine nach
oben gerichtete
Anfangsgeschwindigkeit erteilt, so wirkt, sobald er seinen Ausgangspunkt
verlassen, die
Schwerkraft auf ihn, welche seine aufwärts gerichtete
Geschwindigkeit in jeder
Sekunde um
9,8 m gleichförmig verzögert, bis dieselbe völlig aufgezehrt oder
Null geworden ist; in diesem
Augenblick hat er seinen
höchsten
Punkt erreicht, von
dem er nun nach den
Gesetzen des freien
Falles (s. d.) zu seinem Ausgangspunkt wieder herabfällt.
Da sich beim Herabfallen seine
Geschwindigkeit ganz in derselben
Weise vergrößert, wie sie sich beim
Steigen vermindert hatte, so braucht er zum Herabfallen ebenso lange Zeit wie zum Steigen, passiert jeden
Punkt seiner
Bahn
nach abwärts mit der nämlichen
Geschwindigkeit, mit welcher er ihn vorher nach aufwärts passierte, und langt unten
an mit derselben
Geschwindigkeit, mit welcher er emporgeschleudert worden. Die höchste
Höhe, welche er erreicht, ist demnach
gleich der
Höhe, von welcher er herabfallen muß, um eine seiner
Anfangsgeschwindigkeit gleiche
Endgeschwindigkeit zu erlangen;
die Steighöhe des aufwärts geworfenen
Körpers wird also den Fallgesetzen zufolge (s.
Fall) gefunden, indem man das
Quadrat der
Anfangsgeschwindigkeit durch die doppelte
Beschleunigung der
Schwere (9,8 m) dividiert. Wirft man einen
Körper in
schiefer
Richtung (AG,
[* 1]
Fig. 1) aufwärts, so würde er, wenn die
Schwere nicht wirkte, sich vermöge der
Trägheit in gerader
Linie mit der ihm beim Wurf erteilten
Geschwindigkeit fortbewegen, in gleichen
Zeiten die gleichen Wegstrecken
AB, BC, CD etc. durchmessend.
Die
Schwere aber zieht ihn unausgesetzt von dieser geradlinigen
Bahn nach abwärts und bewirkt, daß er nach den Zeitabschnitten
1, 2, 3, 4... um die
Strecken Bb, Cc, Dd, Ee..., welche sich verhalten wie die
Quadrate der
Zeiten (s.
Fall), also wie 1,
4, 9, 16..., unter jene
Linie hinabgesunken ist, so daß die
krumme Linie Abcdefg die wirkliche
Flugbahn des geworfenen
Körpers
darstellt. Eine solche
krumme Linie, deren einzelne
Punkte gefunden werden, wenn man von den
Punkten einer geraden
Linie (AG)
aus parallele
Strecken (Bb, Cc, Dd...) aufträgt, welche sich verhalten wie die
Quadrate der von dem Anfangspunkt
A gemessenen zugehörigen
Strecken (AB, AC,
AD...) der geraden
Linie, wird
Parabel
[* 14] genannt. Bei einem schräg aufwärts geworfenen
Körper besteht die Wurflinie aus einem aufsteigenden (Ad) und einem absteigenden (dg) Parabelast, welche einander gleich sind
und in gleichen Zeiten durchlaufen werden. Die Wurfweite, d. h. die EntfernungAg, in welcher der geworfene Stein oder das Geschoß
[* 16] das Niveau des Ausgangspunktes wieder trifft, ist für eine und dieselbe Anfangsgeschwindigkeit am größten,
wenn der Körper unter einem Winkel
[* 17] von 45° in die Höhe geworfen wird. Wird ein Körper in wagerechter Richtung geworfen, so
beschreibt er den absteigenden Ast einer Parabel (Af',
[* 15]
Fig. 2), welcher um so flacher ist, je größer die Anfangsgeschwindigkeit
war. Bei dieser Darstellung derGesetze der Wurfbewegung wurde vorausgesetzt, daß auf den geworfenen Körper kein
Hindernis einwirke. In der Atmosphäre aber ist jeder geworfene Körper dem Widerstand der Luft ausgesetzt und wird dadurch von der
rein parabelförmigen in eine etwas andre Bahn abgelenkt, deren Bestimmung Aufgabe der Ballistik (s. d.) ist.