Nach dem
Abgang H. v.
Bülows trat er 1869 an dessen Platz als Hofkapellmeister und entfaltete auch in dieser
Stellung, mit
der er noch die eines
Dirigenten der
Konzerte der musikalischen
Akademie vereinte, eine verdienstliche Thätigkeit,
der zufolge er im
Herbst 1870 zum ersten Hofkapellmeister sowie zum
Professor und Inspektor der königlichen Musikschule ernannt
wurde. 1877 folgte Wüllner einem
Ruf als königlicher
Kapellmeister und artistischer
Direktor des
Konservatoriums nach
Dresden,
[* 11] von
wo er 1884 alsDirektor des
Konservatoriums und städtischer
Kapellmeister nach
Köln
[* 12] berufen wurde. Wüllner besitzt
neben gründlichster musikalischer
Bildung noch ein seltenes administratives
Talent, vermöge dessen er das
DresdenerKonservatorium
in kurzer Zeit zu einer der besten musikalischen Lehranstalten
Deutschlands
[* 13] machte.
Besonders
ist erAutorität im Gesangsfach; seine »Chorgesangschule«
(Münch. 1876-77) gehört zu den besten
Studienwerken der Neuzeit. Als
Komponist hat sich Wüllner mit Klavierstücken,
Sonaten, Liedern sowie mit größern kirchlichen
und weltlichen Werken für gemischten wie für Männerchor in den weitesten
Kreisen vorteilhaft bekannt gemacht. Seine
Kantate
»Heinrich der Finkler« (für Männerchor,
Soli und
Orchester) erhielt 1864 bei dem Preisausschreiben derAachenerLiedertafel den
Preis.
Wüllners erste
Arbeiten beschäftigten sich mit der
Spannung der
Dämpfe von Salzlösungen und von Flüssigkeitsgemischen,
spätere mit den spezifischen
Wärmen der allotropen Modifikationen mehrerer
Körper, den spezifischen
Wärmen der
Flüssigkeiten und
Gase.
[* 17]
Letztere dienten gleichzeitig dazu, die aus der dynamischen Gastheorie sich ergebenden
Werte
für die
Wärmeleitung
[* 18] der
Gase mit den experimentell gefundenen
Werten zu vergleichen. Er
untersuchte auch die Beziehung der
Brechung des Lichts
[* 19] zur
Dichtigkeit der
Körper, dann aber vorzugsweise die Spektren der
Gase. Wüllners
elektrische
Arbeiten beschäftigen sich hauptsächlich mit der
Influenz auf nichtleitende
Körper;
er zeigte, daß wir in der
That genötigt sind, für die festen
Körper die
AnschauungenFaradays über die
diëlektrische Polarisation anzunehmen. Er schrieb:
»Lehrbuch der Experimentalphysik« (4. Aufl.
1882-86, 4 Bde.);
ehemalige Bergfestung im bayr. Regierungsbezirk
Mittelfranken, zum Gemeindebezirk der Stadt
Weißenburg
[* 22] am
Sand gehörig, 628 m ü. M. auf einem steilen
Berg. Hier gründete
Pippin der
Kleine 764 eine
Kapelle,
Karl
d. Gr. ein Benediktinerkloster, das 1537 säkularisiert und 1588 durch einen
Markgrafen von
Ansbach
[* 23] in eine
Festung
[* 24] umgewandelt
ward, die nach der bayrischen Besitznahme (1810) noch verstärkt, 1867 aber aufgehoben wurde.
Fluß in der preuß.
ProvinzHannover,
[* 25] entspringt nordöstlich von
Heber
[* 26] im höchsten Teil der
Lüneburger Heide,
[* 27] nimmt links die Veerse und Wiedau und rechts die Worpe auf, fließt durch weite Moorgegenden, vereinigt
sich bei Ritterhude auf der
Grenze gegen
Bremen
[* 28] mit der
Hamme, führt fortan den
NamenLesum und mündet als solche bei
Vegesack
rechts in die
Weser. Die Wümme ist 13, die
Hamme 30 und die
Lesum 9 km schiffbar, letztere von der Lesumbrücke
bei Burgdamm ab auch für kleine Seeschiffe. Zwischen Wümme und
Hamme gibt es zahlreiche
Moorkolonien mit vielen
Kanälen. Mit
der
Oste (s. d.) steht die
Hamme durch den 16 km langen
Oste-Hammekanal in schiffbarer
Verbindung.
(Vulnus), jede mechanische Trennung organischer Teile. Man unterscheidet nach der Art der verletzenden
GewaltSchnitt-, Hieb-,
Stich-, gequetschte, gerissene Wunden,
Schuß- und Bißwunden. Am gefährlichsten sind Wunden, welche in die
großen Körperhöhlen
(Kopf-,
Brust- und
Bauchhöhle) dringen, weil in diesen die lebenswichtigsten
Organe
liegen, ferner solche, welche die großen
Blutgefäße oder
Nerven
[* 29] treffen, sowie auch die Splitterwunden der
Knochen.
[* 30]
Die
Ausdehnung
[* 31] einer Wunde ist nicht maßgebend für die Beurteilung ihrer Gefährlichkeit, z. B.
ist eine ausgedehnte flache Hautwunde relativ ungefährlich gegenüber einer kleinen Stichwunde, welche möglicherweise weit
in die Tiefe reicht. Gefährlich sind ferner Wunden bei alten, kachektischen, mit
Syphilis,
Skrofeln,
Skorbut
behafteten
Personen, da bei diesen die
Heilung meist eine sehr langwierige ist, während junge, kräftige Individuen die Wunden
leichter ausheilen. Die Merkmale einer Wunde sind in allen
Fällen:
Schmerzen,
Blutung und Klaffen der Wundränder. Die
Schmerzen
entstehen durch die Durchtrennung der sensibeln
Nerven und sind um so größer, je mehr die Wunde und damit
auch die
Nerven gequetscht und gerissen sind, während sie bei glatten Schnittwunden viel geringer sind. Bei hochgradiger
psychischer Erregung, z. B. Kampfeswut in der
Schlacht oder in einer
Schlägerei,
¶
mehr
werden öfters die Schmerzen beim Empfang der Wunde gar nicht gespürt. Zur Beseitigung hochgradiger Wundschmerzen, z. B.
bei chirurgischen Operationen, kann man Einatmungen von Chloroform, Einspritzungen von Morphium oder innerliche Narkotika, wie
Chloralhydrat, anwenden. Äußerlich kann der Schmerz auch durch Aufpinseln von Kokainlösung oder durch Zerstäuben von Äther
beseitigt werden. Die Blutung ist um so größer, je mehr und je größere Blutgefäße verletzt sind.
Betreffs Stillung derselben s. Blutung. Das Klaffen der Wundränder beseitigt man bei kleinen Wunden dadurch, daß man Kollodium,
englisches oder Heftpflaster über die Wunde zieht und die Ränder dadurch miteinander vereinigt. Bei größern Wunden vereinigt
man die Ränder durch Nähte, wozu man als FädenSeide,
[* 33] Metall- (Gold-, Silber-) Drähte, Roßhaar, Därme des
Seidenwurms (fil de Florence) oder das resorbierbare Catgut nimmt.
Der normale Heilungsverlauf einer Wunde kann sich nun in zweierlei Weise gestalten:
1) Wenn man eine schnelle Heilung (reunio per primam intentionem) erstrebt, so reinigt man die Wunde, vereinigt
die Ränder und bedeckt sie mit einem Okklusivverband. Die Wundränder pflegen alsdann in den ersten Tagen ein wenig anzuschwellen,
sehen gerötet aus und verursachen ein leicht brennendes Gefühl, gleichzeitig sondern sie ein wässerig-trübes Sekret ab.
Die Zeichen der Schwellung, die übrigens gelegentlich völlig fehlen, schwinden bald, die Wundränder
sehen schon nach wenig Tagen völlig verklebt aus, so daß man bald die etwa angelegten Nähte entfernen kann. Die Wunde vernarbt
sich bald, und zwar sieht die Narbe anfänglich rot aus, was von der reichlichen Bildung feinster Blutgefäße in derselben
herrührt, später veröden die letztern, und die Narbe erhält ein derbes, weißes Aussehen.
2) Wenn man allmähliche Heilung (reunio per secundam intentionem) anstrebt, so läßt man nach geschehener Blutstillung die
klaffende Wunde nach zweckmäßiger Lagerung des Gliedes offen daliegen. In demGrunde der Wunde, die man zur Vermeidung äußerer
Beschmutzung mit einem leichten Läppchen überdeckt, bilden sich kleine stecknadelkopfgroße Fleischwärzchen
(Granulationen), welche aus der Tiefe hervorwachsen und allmählich die Wunde ausfüllen, während sich gleichzeitig
von den Seiten her eine Überhäutung mit frisch gebildeter Epidermis
[* 34] über die Wunde ausbreitet. Das sich reichlich bildende
Sekret läßt man in geeigneter Weise abfließen. Das Allgemeinbefinden bleibt ungestört. Diese Behandlungsart nennt man offene
Wundbehandlung.
Im Gegensatz zu diesen normalen Arten der Wundheilung stehen diejenigen Fälle, in denen Entzündung und Eiterung der Wunde eintritt.
Noch vor 1-2 Dezennien galten diese beiden letztern als normale Stadien im Wundverlauf, der sich demgemäß folgendermaßen
darstellte. Gleich in den ersten Tagen tritt entzündliche Schwellung der Wundränder mit Absonderung eines
eiterigen Sekrets ein. Während an einer Stelle die Wunde per primam heilt, bildet sich an einer andern eine eiternde Höhle, eiternde
Unterminierungen mit Fistelbildungen etc. Gleichzeitig besteht Wundfieber, allgemeine Abgeschlagenheit, und der Patient wird
stark angegriffen. Die Heilung erfolgte allmählich durch Granulationsbildung.
Durch die modernen Entdeckungen auf dem Gebiet der Bakteriologie in den letzten 20 Jahren sind wir in den
Stand gesetzt, die Ursachen dieses ungünstigen Wundverlaufs zu erkennen und zu bekämpfen, wenn auch zugegeben werden muß,
daß die Listersche Wundbehandlung in
empirischer Weise den exakten bakteriologischen Forschungen vorangeeilt ist. Man weiß
heutzutage, daß sich überall in der Luft wie an allen Gegenständen Keime der niedrigsten Organismen
finden, die, wenn sie auf eine Wunde oder deren Sekret fallen, daselbst eine Zersetzung bewirken, welche zur Bildung gewisser deletärer
Stoffe (sepsis, septische Stoffe) führt.
Finden sich nun diese Stoffe in einer Wunde stagnierend, so daß sie von den Geweben aufgenommen werden können,
so wirken sie zuerst örtlich entzündungserregend, es bildet sich eine Schwellung, Ödem, in höherm Grad Eiterinfiltration
aus, die zur Zersetzung aller dieser Teile führen kann. Ferner gelangen eitererregende Bakterien durch den Lymph- und Blutstrom
in den Körper, und es erfolgt eine Allgemeininfektion (Wundfieber, Faulfieber, septisches Fieber, Pyämie). Um nun einen
Wundverlauf ohne diese ungünstige Komplikation (»aseptisch«) zu gestalten, wendet man folgende Mittel an: 1) Reinigung und
Desinfektion
[* 35] der Wunde. Dies geschieht durch Abwaschen und Abrasieren der Umgebung der Wunde, nachdem zuvor
der Operateur selbst und seine Gehilfen sich durch Waschen der Hände, Ausbürsten der Nägel
[* 36] gereinigt haben.
Zum Desinfizieren gebraucht man Lösungen antiseptischer (fäulniswidriger) Mittel (s. d.), wie Karbolsäure,
Sublimat, Salicylsäure, Borsäure etc., welche mittels eines Irrigators über die Wunde gespült werden. Nachdem hierdurch die
Wunde aseptisch gemacht ist, wird 2) zur Ableitung des Wundsekrets ein ebenfalls aseptischer Drain (kleines, durchlöchertes
Röhrchen aus Kautschuk) in den nach abwärts geneigten Wundwinkel gelegt und 3) zum Schutz der Wunde gegen
von außen eindringende Fäulniskeime dieselbe durch einen Okklusivverband aus antiseptischen Verbandstoffen bedeckt und
mit Bindentouren komprimiert.
Die heute gebräuchlichen Verbandstoffe sind besonders entfettete Watte und Mullkompressen, welche durch Tränkung mit einem
der genannten antiseptischen Mittel und nachfolgendes Trocknen haltbar antiseptisch gemacht sind. Ebenso
werden mit Jodoform getränkte Stoffe viel angewendet. Der ursprüngliche Listersche Verband
[* 37] (das Prototyp des antiseptischen
Verbandes) bestand darin, daß man auf die desinfizierte Wunde zunächst ein StückWachstaft legte, um ein Verkleben der Wunde mit
den Verbandstoffen zu verhindern, hierauf kam eine achtfache Schicht von karbolisierter Gaze und über das
Ganze karbolisierter Gummistoff.
Die große Masse von Gaze sollte das Sekret aufsaugen und seine Zersetzung verhindern. Dies erreicht man heute in einfacherer
und billigerer Weise dadurch, daß man nur direkt auf die Wunde antiseptische Watte oder Gaze auflegt und diese mit Säcken aus
Gazezeug umgibt, die mit einem gut aufsaugenden Stoff locker angefüllt sind, z. B. mit Torf, Asche, Moos,
Holzwolle, Sägespänen u. dgl., nachdem dieselben in
trocknem Zustand mit einem Antiseptikum versetzt sind. Derartige Verbände können 8-10 Tage ohne Wechsel liegen bleiben und
sind besonders für Feldzugszwecke äußerst praktisch, da man die Verwundeten mit einem derartigen Verband vom Schlachtfeld
fort ohne Gefahr in mehrtägigen Reisen nach der Heimat evakuieren kann, ohne daß ein Verbandwechsel nötig
wäre. Der Hauptpunkt in der ganzen modernen Wundbehandlung ist peinlichste Sauberkeit der Wunde, des Operateurs und des ganzen
Operationsmaterials.
Eine oberflächliche Hautwunde bedeckt man nach Vereinigung der Wundränder, ohne Drainage,
[* 38] mit trocknem antiseptischen Stoff
(Jodoformgaze), es
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