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Essig und Likörfabrikation, Getreidehandel und (1880) 2301 Einw.
Essig und Likörfabrikation, Getreidehandel und (1880) 2301 Einw.
(in ihrer Sprache [* 2] Udmurdi, Udi oder Murdi, »Menschen«),
eine der permisch-finn. Völkerschaften in den Gouvernements Perm, Kasan [* 3] und Wjatka, besonders in dem letztern, zu beiden Seiten des Wjatkaflusses angesiedelt und Ackerbau und Viehzucht [* 4] treibend. Sie gleichen mehr den Russen als den andern Finnen, sind dem Trunk ergeben und im allgemeinen sehr feig, aber geschickt im Drechseln, Weben [* 5] etc. Sie bekennen sich zum Teil noch zu der schamanischen Religion, glauben an ein höchstes Wesen (Inma, Ilmar), dessen Wohnsitz die Sonne [* 6] ist, an untergeordnete Götter, am meisten aber an einen bösen Geist, der willkürlich über das Leben der Menschen verfügt.
Sie dulden die Vielweiberei. Andre sind Christen, haben aber mancherlei schamanische Gebräuche beibehalten. Die Sprache der Wotjaken gehört zum finnisch-ugrischen Zweig des ural-altaischen Sprachstammes und ist am nächsten mit dem Syrjänischen verwandt. Die Grammatik bearbeiteten Wiedemann (mit Wörterbuch, Reval [* 7] 1851) und Ahlquist (Helsingf. 1856). Die Wotjaken haben noch die alte Einteilung nach Stämmen, wonach alsdann ihre Dörfer benannt werden. Ihre Zahl wird auf 240,000 angegeben. Nach ihrer eignen Tradition haben ihre Stammeshäuptlinge früher an der Kasanka gelebt, von wo sie durch die Tataren in ihre jetzigen Wohnsitze gedrängt wurden.
Vgl. Buch, Die Wotjaken (Stuttg. 1883);
Munkacsi, Volksdichtungen der Wotjaken (in ungarischer Sprache, Budap. 1887).
(spr. uott'n), Henry, engl. Staatsmann und Gelehrter, geb. zu Bougthon Hall [* 8] in Kent, studierte zu Oxford [* 9] und bereiste dann neun Jahre hindurch Frankreich, Deutschland [* 10] und Italien. [* 11] Nach seiner Rückkehr trat er als Sekretär [* 12] in des Grafen von Essex Dienste, [* 13] flüchtete aber nach dessen Verhaftung nach Florenz [* 14] und schrieb hier: »The state of christendom«, eine Schrift, die erst 1657 veröffentlicht wurde. Seit 1623 Vorsteher der Schule zu Eton, starb er daselbst im Dezember 1639. Seine Poesien, Briefe und Charakterbilder erschienen unter dem Titel: »Reliquiae Wottoniae« (Lond. 1651; von Walton mit Wottons Biographie hrsg., das. 1685),
seine »Poems« neu herausgegeben von Dyce (das. 1843), von Hannah und Bell (das. 1870).
Flasche, [* 15] zwei- oder dreihalsige Flasche, benannt nach dem englischen Chemiker Peter Woulfe (geb. 1727, gest. 1803), wird zu chemischen und technischen Arbeiten benutzt, namentlich als Kondensationsvorrichtung für Dämpfe und Gase, [* 16] und um Flüssigkeiten mit Gasen zu behandeln, letztere zu waschen etc. Durch den einen Hals tritt das Gaszuleitungsrohr, durch den andern das Ableitungsrohr, welches oft zu einer zweiten Woulfeschen Flasche führt, und im dritten Hals ist gewöhnlich ein Sicherheitsrohr angebracht. Dient die woulfesche Flasche zur Entwickelung von Gasen, so nimmt der eine Hals ein Trichterrohr auf. In der Technik werden Woulfesche Flaschen aus Steingut hergestellt (Bombonnes) und namentlich bei der Darstellung der Salzsäure benutzt. Vgl. Absorption 1) und Gase, S. 935.
(spr. wauw-), Philips, niederländ. Maler, geboren im Mai 1619 zu Haarlem, [* 17] Schüler seines Vaters Paul Joosten Wouwerman und Jan Wynants', wurde 1640 Meister der St. Lukasgilde zu Haarlem und starb daselbst. Wouwerman, einer der ersten niederländischen Genre-, Landschafts- und Tiermaler, hat während seines kurzen Lebens eine sehr umfangreiche Thätigkeit entfaltet. Er war vor allem der Maler des Pferdes, das er in der Schlacht, auf der Jagd, als elegantes Paraderoß und als geplagten Fuhrmannsgaul mit gleicher Meisterschaft darstellte, wobei er eine besondere Vorliebe für Schimmel [* 18] hatte, die wohl auf keinem seiner zahlreichen Gemälde fehlen und zumeist den Mittelpunkt der Darstellung oder den hellsten Punkt seiner äußerst fein gestimmten Bilder abgeben.
Doch sind auch seine menschlichen Figuren mit Feinheit gemalt und gezeichnet, nicht minder die landschaftliche Szenerie, welche sich stets durch zarte Lufttönung auszeichnet. Er hat Jagden, Reiterkämpfe, Lagerszenen, räuberische Überfälle, Szenen vor Wirtshäusern, Schmieden u. dgl., seltener biblische Szenen gemalt und dabei eine unerschöpfliche Erfindungsgabe bekundet. Den größten Schatz von Wouwermans Bildern, deren Zahl sich auf etwa 800 beläuft, besitzen die Dresdener Galerie (62), die Eremitage zu St. Petersburg [* 19] (etwa 50), die Galerie zu Kassel [* 20] (20), die Münchener Pinakothek (20) und das Louvre zu Paris [* 21] (12). - Sein Bruder Pieter, geb. 1623 zu Haarlem, gest. 1682 in Amsterdam, [* 22] malte zumeist ähnliche Bilder, steht ihm jedoch nach; Jan, der jüngste Bruder, geb. 1629 zu Haarlem, gest. 1666 daselbst, malte Landschaften.
der Körper eines durch gewaltsame Vorgänge untauglich gewordenen Schiffs.
s. Strandgut. ^[= die von einem gescheiterten, gestrandeten oder sonst verunglückten Schiff geretteten Güter ...]
(poln., spr. wratz-), Breslau. ^[= # 1) deutsches Bistum, wird ums Jahr 1000 zuerst genannt, indem bei Thietmar von Merseburg ein ...] [* 23]
1) Hermann von, schwed. Feldherr, geb. 1587 aus einer alten schwedischen (ursprünglich westfälischen) Familie, zeichnete sich schon unter Karl IX. in den Kriegen gegen Rußland und Dänemark [* 24] aus und erhielt unter Gustav Adolf 1609 den Oberbefehl über die schwedische Armee in Polen, welches Land er 1629 zum Waffenstillstand nötigte. Wrangel begleitete hierauf den König nach Deutschland und kehrte erst nach dessen Tod nach Schweden [* 25] zurück. 1635 schloß er den Frieden zwischen Schweden und Polen, befehligte 1636 ein Armeekorps in Pommern, [* 26] focht hier glücklich und eilte dann dem General Banér zu Hilfe, den die kaiserliche Armee bedrohte, konnte sich aber mit ihm nicht über den Operationsplan einigen und ward zurückgerufen. Er starb als Generalgouverneur von Livland [* 27] 1644.
2) Karl Gustav, Graf von, berühmter schwed. Feldherr, Sohn des vorigen, geb. auf seinem väterlichen Gut Skokloster unweit Upsala, [* 28] wurde 1629 Offizier und zeichnete sich 1632 bei dem Übergang über den Lech aus. Schon 1638 war er Generalmajor und nach Banérs Tod einer von den drei Generalen, welche die schwedischen Heere in Deutschland bis zur Ankunft Torstenssons befehligten. Unter diesem nahm er teil an den Feldzügen in Deutschland und Dänemark und wurde 1644 nach Flemings Tod Anführer der Flotte, mit welcher er die Dänen bei Fehmarn schlug. 1645 wurde er als Feldzeugmeister wieder nach Deutschland geschickt, erhielt, zum Feldmarschall und Reichsrat ernannt, den Oberbefehl über das Heer, als Torstensson denselben wegen Kränklichkeit niederlegte, und siegte mit Turenne bei Zusmarshausen über die Kaiserlichen und Bayern. [* 29] Nach dem Abschluß des Westfälischen Friedens wurde er Generalgouverneur im schwedischen Pommern und 1651 in den Grafenstand erhoben. In dem Krieg Karls X. gegen Polen führte er zuerst den Oberbefehl über die Flotte, nahm aber auch an dem Landkrieg teil und führte nebst dem Kurfürsten von Brandenburg [* 30] in der Schlacht bei Warschau [* 31] 28.-30. Juli 1656 den Oberbefehl über den linken Flügel des ¶
verbündeten Heers. Von Polen ging er mit seinem König nach Dänemark, wo er 1657 Fredericia und nach dem gegen seinen Rat unternommenen Übergang über die Belte nach Seeland (1658) Kronenborg einnahm. Dagegen gelang es ihm nicht, nachdem er aufs neue den Oberbefehl über die Flotte übernommen hatte (1659), den Entsatz Kopenhagens durch die vom Wind begünstigte holländische Flotte zu hindern. Während der Minderjährigkeit Karls XI. war er erst als Reichsadmiral und später als Reichsmarschall Mitglied der vormundschaftlichen Regierung.
Während des Dreißigjährigen Kriegs hatte er in Deutschland ungeheure Beute gemacht, die er zu kostbaren Bauten auf seinem Gut Skokloster und in Stockholm [* 33] verwendete. In dem für Schweden schmachvollen Kriege gegen Brandenburg erhielt er zwar 1674 den Oberbefehl; doch war er fortwährend krank und mußte seinem jüngern Bruder, Waldemar, der am bei Fehrbellin [* 34] geschlagen wurde, die Führung des Kriegs überlassen. Er starb auf seinem Gut auf der Insel Rügen. Sein Leichnam wurde in dem Grabchor der von ihm neben dem Schloß Skokloster erbauten Kirche beigesetzt und ihm dort eine Reiterstatue errichtet.
3) Friedrich Heinrich Ernst, Graf von, preuß. Generalfeldmarschall, aus dem Geschlecht der vorigen stammend, geb. zu Stettin, [* 35] wo sein Vater Oberst eines Infanterieregiments war, trat 1796 als Junker in ein Dragonerregiment in Ostpreußen, [* 36] ward 1798 Leutnant, erwarb sich 1807 bei Heilsberg den Orden [* 37] pour le mérite, ward 1809 Rittmeister, nahm rühmlichen Anteil an den Schlachten [* 38] von 1813 und ward zum Major befördert. Zu Anfang 1814 wohnte er der Einschließung von Luxemburg, [* 39] dann den Gefechten im Februar, wobei er bei Etoges durch große Kühnheit sein Regiment vor Gefangenschaft rettete, später auch bei Laon und Sezanne bei und ward im April 1814 zum Oberstleutnant und Kommandeur des 2. westpreußischen Dragonerregiments befördert. 1815 rückte er zum Obersten auf, erhielt 1819 das 5. Kürassierregiment, 1821 das Kommando der 10. Kavalleriebrigade, leitete instruktive Kavalleriemanöver, wurde 1823 Generalmajor und 1834 Kommandeur der 13. Division in Münster, [* 40] wo er 1837 energisch die Unruhen dämpfte, welche die Wirren mit dem Erzbischof von Köln [* 41] hervorgerufen hatten. 1838 wurde er zum Generalleutnant und 1839 zum kommandierenden General des 1. Armeekorps in Königsberg [* 42] ernannt.
Mißhelligkeiten mit dem Wrangel zu freisinnigen Oberpräsidenten v. Schön hatten 1842 seine Versetzung als Kommandeur des 2. Armeekorps nach Stettin zur Folge. 1845 ward er Chef des 3. Kürassierregiments (in Königsberg), welches seinen Namen (Kürassierregiment Graf Wrangel) beibehalten hat. Im deutsch-dänischen Krieg von 1848 erhielt er den Oberbefehl über die deutschen Bundestruppen in Schleswig-Holstein. [* 43] Er siegte 23. April bei Schleswig [* 44] und drang in Jütland ein, legte aber schon 8. Sept. den Oberbefehl nieder, um den in den Marken zu übernehmen. Am 9. Nov. rückte er mit den bei Berlin [* 45] versammelten Truppen in die Hauptstadt ein, verhängte 12. Nov. den Belagerungszustand und stellte ohne Blutvergießen die Autorität der Regierung wieder her.
Zum General der Kavallerie ernannt, erhielt er 1849 zum Oberkommando in den Marken noch das Generalkommando des 3. Armeekorps. Im Sommer 1852 bereiste er auf Einladung des Kaisers von Rußland und in dessen Gefolge die russischen Staaten und besuchte Konstantinopel. [* 46] Bei Gelegenheit seines 60jährigen Dienstjubiläums ward er zum Generalfeldmarschall ernannt und das Kommando des 3. Korps ihm abgenommen. Beim Beginn des deutsch-dänischen Kriegs im Januar 1864 erhielt Wrangel das Oberkommando über die alliierte österreichisch-preußische Armee, trat dasselbe aber, da er seiner Aufgabe nicht gewachsen war, im Mai an den Prinzen Friedrich Karl von Preußen [* 47] ab. Gleichzeitig ward er in den Grafenstand erhoben. 1866 erhielt er kein Kommando, begleitete aber sein Kürassierregiment als Kriegsfreiwilliger nach Böhmen. [* 48] Er starb in Berlin. Von seinen drei Söhnen überlebte ihn keiner. Nur ein Enkel, Gustav, Graf Wrangel, geb. Legationssekretär z. D., ist von der Familie übrig. 1880 ward ihm auf dem Leipziger Platz in Berlin ein Standbild errichtet.
Vgl. v. Meerheimb, Lebensbeschreibung des Grafen von Wrangel (Berl. 1877);
Maltitz, Lebensgeschichte des preuß. Feldmarschalls Grafen v. Wrangel (das. 1884);
»Geschichte der Familie v. Wrangel« (das. 1887, 2 Bde.).
4) Ferdinand, Baron von, Seefahrer, geb. in Esthland, erhielt seine Erziehung in dem Seekadettenkorps zu Petersburg, machte unter Golownin 1817-19 eine Reise um die Welt, wurde darauf Flottenleutnant und unternahm 1820 im Auftrag der Regierung eine selbständige Expedition in das Nördliche Eismeer. Er erreichte Nishnij Kolimsk in Ostsibirien, drang von hier auf Hundeschlitten bis Kap Schelagin vor, untersuchte die Bäreninseln, gelangte im Sommer 1821 bis zu den mittelkolimaischen Jakuten, drang im März 1822 bis zu 72° 2' nördl. Br. vor, ohne irgend eine Spur von Land anzutreffen, und untersuchte während der Sommermonate die Seeküste an der Mündung der Kolima und das Land der Tschuktschen. Im Februar 1823 unternahm er eine neue Expedition über das Kap Schelagin zurück nach dem Norden, [* 49] gelangte bis 70° 51' nördl. Br., wo er, überzeugt von der Unmöglichkeit einer weitern Fahrt, umkehrte, und traf wieder in Petersburg ein. Seine auf dieser Reise angestellten »Physikalischen Beobachtungen« wurden von Parrot (Berl. 1827) herausgegeben, denen die ausführliche Reisebeschreibung in russischer Sprache erst viel später (Petersb. 1841, 2 Bde.) folgte, nachdem bereits eine von G. v. Engelhardt nach Wrangels Journalen bearbeitete deutsche Ausgabe (Berl. 1839, 2 Bde.) erschienen war. 1825 unternahm Wrangel eine neue Reise um die Welt, von der er 1827 zurückkehrte, und wurde 1829 zum Gouverneur von Russisch-Amerika, dann zum Konteradmiral ernannt, stand längere Zeit an der Spitze der Marineverwaltung im russischen Seeministerium und ward 1847 Vizeadmiral. 1849 übernahm er das Amt eines Direktors der Russisch-Amerikanischen Handelskompanie und ward 1854 zum ersten Direktor der hydrographischen Abteilung des Marineministeriums sowie 1858 zum Mitglied des Staatsrats ernannt. Er starb in Dorpat. [* 50]
Vgl. L. v. Engelhardt, Ferd. v. Wrangel und seine Reise etc. (Leipz. 1885).