Neuhausen eine Burg und verlieh Worms umfassende Privilegien, die Friedrich I. später bestätigte. Die Schritte, welche König
Heinrich 1233 gegen die Freiheit der Stadt that, wurden bald von Friedrich II. rückgängig gemacht. Sie ist bis 1801 freie
Reichsstadt geblieben. 1122 wurde hier das bekannte Konkordat zwischen Kaiser Heinrich V. und dem Papst Calixt
II. geschlossen und dadurch der Investiturstreit entschieden. (Vgl. Bernheim, Zur Geschichte des Wormser Konkordats, Götting.
1876) Unter den Reichstagen, welche hier gehalten worden, sind der von 1495 unter Maximilian I., auf welchem der Ewige Landfriede
beschlossen und das Reichskammergericht gestiftet wurde, und der von 1521 unter Karl V., auf dem Luther
verhört wurde, die berühmtesten. (Vgl. Soldan, Der Reichstag zu Worms 1521, Worms 1883) Es fanden daselbst 1540 und 1557 Religionsgespräche
statt.
Gegen Ende des Mittelalters hatte die Stadt, welche zu Anfang des 14. Jahrh. gegen 60,000 Einw.
zählte, als Glied des Rheinischen Städtebundes große Bedeutung in den Fehden der benachbarten Fürsten
erlangt. 1632 eroberten sie die Schweden und 1635 die Kaiserlichen; 1644 nahmen sie die Franzosen durch Kapitulation ein, zogen
jedoch nach dem Frieden wieder ab. Obschon die Stadt dadurch viel litt, so hatte sie doch 1689, wo sie 31. Mai von den Franzosen
unter Mélac gänzlich in Asche gelegt ward, noch 30,000 Einw. Am 13. Sept. 1743 wurde hier zwischen England,
Österreich und Sardinien der Wormser Traktat, ein Offensivbündnis, abgeschlossen. Zu Anfang Oktober 1792 nahmen die Franzosen
unter Custine die Stadt durch Überfall. 1801 fiel sie durch den Lüneviller Frieden an Frankreich, kam aber 1814 durch
den Pariser Frieden wieder an Deutschland und 1815 durch den Wiener Kongreß an Hessen-Darmstadt. Am 29. Mai 1849 wurde die von
badischen Freischärlern besetzte Stadt durch Mecklenburger und Preußen erstürmt. - Das ehemalige Bistum Worms ist in der Merowingerzeit
gegründet worden, obwohl sich eine fortlaufende Bischofsreihe erst seit 770 aufstellen läßt. Es hatte
zuletzt ein Areal von 440 qkm (8 QM.) mit etwa 200,000 Einw. und 85,000
Guld. Einkünften und wurde seit dem 17. Jahrh. meist von dem Erzbischof zu Mainz verwaltet, der deshalb Sitz und Stimme auf
dem Reichstag und das Direktorium auf dem oberrheinischen Kreistag hatte. Es kam 1801, soweit es auf dem
linken Rheinufer lag, an Frankreich, der auf dem rechten Rheinufer befindliche Teil 1803 an Hessen-Darmstadt.
Vgl. Schannat,
Historia episcopatus Wormatiensis (Frankf. 1734);
Arnold, Verfassungsgeschichte der deutschen Freistädte im Anschluß an die
Verfassungsgeschichte der Stadt Worms (Gotha 1854, 2 Bde.);
Fuchs, Geschichte der Stadt Worms (Worms 1868);
Becker, Beiträge zur Geschichte der Frei- und Reichsstadt
Worms (Darmst. 1880);
Boos, Urkundenbuch der Stadt Worms (Berl. 1886 ff.);
Soldan, Die Zerstörung der Stadt Worms (Worms 1889);
Canstatt, Die Drangsale der Stadt Worms und ihre Zerstörung durch die Franzosen
(das. 1889);
Heilmann, Führer durch Worms (das. 1889). -
1) Jules, franz. Maler, geb. 16. Dez. 1832 zu Paris, war Schüler von Lafosse und bildete sich dann auf Studienreisen
in Spanien, aus dessen Volksleben er fast ausschließlich die Motive zu seinen meist humoristischen, durch glänzende Färbung
und lebendige Charakteristik ausgezeichneten, sehr zahlreichen Genrebildern entnahm. Seine Hauptwerke
sind: Verhaftung wegen Schulden, Romanzero zu Burgos, Wirtshaus in Asturien, Auszug
der Schmuggler, Rennen zu Novillos, Kellner
und Kellnerin aus Aragonien, das Lied, das eben Mode ist (1868, in der Luxembourggalerie), Verkauf eines Maultiers, Schafschur
in Granada, die Erbtante, Pferdehändler in Granada, der Vitotanz in Granada, ein Sensationsroman, der Ausmarsch
zur Revue, die Lieblingsblume, der zerstreute Barbier, jedes Alter hat seine Freuden, vor dem Alkalden. Worms hat auch zahlreiche
Aquarelle gemalt und Zeichnungen für den Holzschnitt geliefert.
2) Emile, franz. Nationalökonom, geb. 23. März 1838 zu Frisange
in Luxemburg von französischen Eltern, studierte in Heidelberg und war zuerst Advokat, später Professor
in Paris, bis er an die juristische Fakultät nach Rennes berufen ward, wo ihm 1876 der Lehrstuhl für Nationalökonomie übertragen
ward. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Histoire de la Ligue Hanséatique« (1863);
»Sociétés par actions et opérations
de bourse« (1867);
»Traité complet et élémentaire de circulation monétaire et fiducière« (1868);
»Histoire du Zollverein allemand« (1874);
»Sociétés humaines et privées« (1874);
»Exposé élémentare de l'économie politique
à l'usage des écoles« (1879);
»Les écarts législatifs« (1887);
»De la liberté d'association« (1887);
»De la propriété
consolidée« (1888) u. a.
linksseitiger Nebenfluß der Donau, entspringt auf der Frankenhöhe bei Schillingsfürst, fließt von NNW.
nach SSO. und mündet nach 90 km langem Lauf bei Donauwörth.
Sie bildet die Grenze zwischen schwäbischem und fränkischem
Jura.
russ. Gouvernement, wird von den Gouvernements Tambow, Saratow, dem Lande der Donischen Kosaken,
Charkow, Kursk und Orel umschlossen und hat ein Areal von 65,893,6 qkm (1196, QM.). Das Land ist im allgemeinen
flach, mit leichten Wellungen und Kreidehügeln. Der Boden besteht in den westlichen Teilen aus Schwarzerde (Tschernosem), in
den östlichen aus lehmigem Sand; indessen zieht sich auch dort zwischen den Flüssen Ussman und Bitjug
ein breiter Strich Schwarzerde hin. In geologischer Beziehung gehört der Norden des Gouvernements zum devonischen System, der
Süden zum Kreidesystem.
Unfern Pawlowsk am Don hat man 1857 eine erratische Granitmasse gefunden, bemerkenswert, weil sie als die äußerste
südöstliche Grenze der Verbreitung erratischer Blöcke in Rußland gilt. Die Ebenen sind trocken und bieten ergiebigen Ackerboden
dar. Drei schiffbare Flüsse, der Don, der Woronesh und der Choper, durchströmen das Gouvernement. Die wenigen Seen sind unbedeutend.
Das Klima ist mild und gesund (mittlere Jahrestemperatur +6,4° C.). Vom Areal entfallen 69 Proz. auf Acker,
8,7 auf Wald, 16,2 auf Wiese und Weide, 6,1 Proz. auf Unland.
Die Einwohnerzahl betrug 1885: 2,538,719 Seelen, 38 auf 1 qkm. Die Bevölkerung besteht außer einer geringen Zahl deutscher
Kolonisten (Riebensdorf) und Zigeuner im S. aus Kleinrussen, im N. aus Großrussen. Die Zahl der Eheschließungen war
1885: 22,693, der Gebornen 126,328, der Gestorbenen 84,170. Das Pflanzenreich liefert alle Getreidearten und Gartengewächse,
Kartoffeln, Sonnenblumen, Runkelrüben, Tabak, Arbusen und Melonen. Die ehemaligen großen Eichenwaldungen sind jetzt fast ganz
ausgerottet. Das Tierreich bietet außer den gewöhnlichen Haustieren viel
mehr
Geflügel u. Bienen, aber wenig Fische. Die Landwirtschaft (bei den Deutschen auch Gartenbau) ist die hauptsächlichste Beschäftigung
der Einwohner. Die Ernte war 1887: 12,2 Mill. hl Roggen, 7,6 Mill. hl Hafer, 3,8 Mill. hl Weizen, 3,7 Mill. hl Kartoffeln, 1,5 Mill.
hl Hirse, 1,3 Mill. hl Gerste, andre Cerealien, auch Hülsengewächse in geringerer Menge. Herrliche Wiesen und
Weiden begünstigen die Viehzucht, die hier auf einer sehr hohen Stufe steht. An dem Fluß Bitjug findet die bedeutendste und
beste Pferdezucht in Rußland statt.
Der Viehstand umfaßte 1885: 649,125 Stück Rindvieh, 535,481 Pferde, 1,348,087 grobwollige, 440,820 feinwollige Schafe, 315,007
Schweine, 32,598 Ziegen. Die Industrie ist im Fortschreiten begriffen und wurde 1884 in 807 Fabriken mit 8139 Arbeitern
und einem Produktionswert von 20,6 Mill. Rubel betrieben. Die ansehnlichsten Industriezweige sind: Branntweinbrennerei, Getreidemüllerei
und Runkelrübenzuckerfabrikation. In fünf Fabriken wurden 1886-87: 77,900 Doppelztr. weißer Sandzucker produziert.
Der Handel führt hauptsächlich Getreide jeder Art nach Rostow am Don, Wolle nach Charkow, Vieh nach Petersburg
und Charkow, Pferde nach verschiedenen Gouvernements. Die Hauptsitze des Handels sind Woronesh und Ostrogoshsk. An Unterrichtsanstalten
hat Woronesh (1885) 539 Elementarschulen mit 42,791 Schülern, 20 Mittelschulen mit 4913 Schülern und 4 Fachschulen mit 766 Zöglingen.
Das Gouvernement, 1779 errichtet, zerfällt in zwölf Kreise: Birjutsch, Bobrow, Bogutschar, Korotojak, Nishnedjewitzk,
Nowochopersk, Ostrogoshsk, Pawlowsk, Sadonsk, Semljansk, Waluiki und Woronesh. - Die Hauptstadt Woronesh, unweit des Einflusses des Woronesh
in den Don und an der Eisenbahn Koslow-Woronesh-Rostow, hat 22 Kirchen, 3 Klöster, ein klassisches und ein Militärgymnasium, eine
Realschule, ein weibliches Gymnasium, ein Lehrer- und ein geistliches Seminar, bedeutende Wollwäschereien
und Gerbereien, Handel mit Getreide, Zucker und Sonnenblumenöl und (1885) 56,177 Einw. Sie ist Sitz eines Bischofs. Woronesh wird schon
zu Ende des 12. Jahrh. in den Chroniken erwähnt; 1586 wurde es zum Schutz gegen die Tataren ausgebaut, erhielt aber erst Bedeutung
seit Peter d. Gr., der 1694 hier große Werften anlegen ließ, und dem 1860 ein Denkmal errichtet wurde.