und
Belgien
[* 2] nach
Ost- und
Westpreußen,
[* 3]
Posen,
[* 4] den
Rheinlanden und Oberschlesien. Der Wolf bewohnt namentlich dichte
Wälder, in
Mitteleuropa nur die der Hochgebirge, im
Süden die
Steppe, in
Spanien
[* 5] auch Getreidefelder, schweift weit umher, oft 6-10
Meilen
in einer
Nacht, lebt im Frühjahr und
Sommer einzeln, zu zweien oder dreien, im
Herbst in
Familien, im
Winter
in mehr oder minder zahlreichen
Meuten. Nur in einsamen Wäldern zeigt er sich bei
Tage, in bevölkertern Gegenden wird er
meist erst in der
Dämmerung rege. Er ist ungemein blutdürstig, jagt
Säugetiere,
Vögel
[* 6] und allerlei Kleingetier, frißt aber
auch
Aas und Pflanzenstoffe, namentlichObst.
Dem Wildstand wird er sehr gefährlich, im
Herbst u.
Winter nähert er sich den Ortschaften, durchläuft
Dörfer und selbst
Städte, überfällt das weidende Vieh, jagt namentlich auch
Hunde
[* 7] und wagt sich in
Meuten selbst an
Pferde
[* 8] und
Rinder.
[* 9] Dabei
würgt er viel mehr, als er fressen kann, und wird dadurch namentlich im
Winter, wo ihm der
Wald weniger
bietet, zur
Geißel für
Hirten und Jagdbesitzer. Er frißt auch seinesgleichen. Den
Menschen vermeidet er soviel wie möglich;
ein
Weib oder
Kind greift er wohl an, aber an den Mann gehen in der
Regel nur vom
Hunger gepeinigte
Meuten, nicht leicht einzelne
Wölfe. Er zeigt ebenso große
List, Schlauheit und
Frechheit wie der
Fuchs,
[* 10] und die
Meute jagt planmäßig, indem ein Teil derselben
die
Beute verfolgt, der andre ihr den Weg zu verlegen sucht.
Solange er nicht
Hunger fühlt,
ist er feig und furchtsam; vom
Hunger gestachelt, wird er aber mutig, tollkühn
und trotzt dann jedem Schreckmittel. Bei den Nomadenvölkern ist der Wolf der schlimmste aller Feinde und kann unter
Umständen die
Viehzucht
[* 11] geradezu unmöglich machen. Ein einziger Wolf richtete bei
Schliersee und
Tegernsee in neun
Jahren einen
Schaden von 8-10,000
Gulden an. Nach offiziellen, aber, wie Lasarewski nachweist, viel zu niedrigen Angaben
werden von den
Wölfen in Rußland jährlich 180,000
Stück Großvieh und 560,000
Stück Kleinvieh (ohne
Federvieh), im
GouvernementKasan
[* 12] allein 11,000
Gänse vernichtet. Über den
Schaden,
den der Wolf jährlich in Rußland verursacht, gibt eine
Schrift Lasarewskis
(im Auftrag des
Ministeriums des Innern, Petersb. 1877) Auskunft.
Die Ranzzeit währt von Ende
Dezember bis Mitte
Februar. Das Weibchen wirft nach einer Tragzeit von 63-64
Tagen an einem geschützten Platz im
Wald 3-9, gewöhnlich 4-6
Junge, welche 21
Tage blind bleiben, sich ganz wie junge
Hunde
benehmen, bei
Gefahr von der
Mutter verschleppt werden und im dritten Jahr fortpflanzungsfähig sind. Daß
der Wolf seine
Jungen auffrißt, wo er sie findet, scheint nur bedingungsweise richtig zu sein, jedenfalls nehmen die ältern
Wölfe sich ihrer an, nachdem sie die Wölfin ihnen zugeführt hat.
Das
Alter, welches der Wolf erreicht, beträgt etwa 12-15 Jahre. Mit dem
Hund erzeugt der Wolf fruchtbare
Bastarde, welche in der
Regel mehr dem Wolf als dem
Hund gleichen.
Jung aufgezogene
Wölfe werden sehr zahm und zeigen große Anhänglichkeit an den
Herrn.
Man jagt den Wolf überall, um ihn zu vertilgen, aber auch des Pelzes halber. Die meisten
Wölfe werden gegenwärtig mit
Strychnin
getötet, indem man ein getötetes
Schaf
[* 13] damit imprägniert und auf die bekannten Wechselstellen der
Wölfe
wirft.
Loki verfolgte in Wolfsgestalt den
Mond
[* 16] und drohte ihn zu verschlingen. Verschiedene Teile des
Wolfs galten als heilkräftig.
Schuhe aus
Wolfsfell lassen die
Kinder zu tapfern Männern erwachsen. Gewöhnlich zeigt sich der Wolf der
Sage diabolisch, bald
falsch und boshaft, bald als ein
Narr. Die
Nacht und der
Winter sind die Zeit des
Wolfs; geächtete Verbrecher
trugen nach der
Sage des
Mittelalters ein caput lupinum. Der Wolf Ysengrin der
Mythe besitzt viel von der diabolischen Verschlagenheit
des
Fuchses. Bastardsöhne des mythischen
Wolfs leben in der bürgerlichen
Gesellschaft, behalten aber ihre Wolfsgewohnheiten
bei (vgl.
Werwolf). - Die
Spur des
Wolfs hat
Ähnlichkeit
[* 17] mit der eines großem
Hundes, unterscheidet sich
jedoch von derselben dadurch, daß sie länger ist, weil die beiden mittelsten
Zehen merklich länger sind, auch dichter zusammenstehen
als beim
Hund. Außerdem schnürt der Wolf beim
Traben genauer als dieser. Man erlegt ihn auf Treibjagen am
sichersten, nachdem er vorher bei einer
Neue fest eingespürt ist, und verlappt, wenn man
Jagdzeug zur
Verfügung hat, den
Distrikt,
in welchem er steckt, da er die
Lappen sehr gut respektiert. Außerdem wird er auf der
Schießhütte, durch Luder angekirrt,
geschossen, auch im
Tellereisen
[* 18] sowie im Schwanenhals und inFallgruben gefangen.
Durch seine mathematische Lehrmethode sowie durch die Deutlichkeit und
Bestimmtheit der
Begriffe und
Lehrsätze in seinen
Vorträgen
fand seine
Philosophie viele Anhänger, dagegen ward er von pietistischen Theologen bei derRegierung als
Religionsverächter und »Determinist« denunziert, durch eine Kabinettsorder
FriedrichWilhelms I. vom seiner
Stelle entsetzt und ihm unter Androhung des
Stranges befohlen,
Halle in 24
Stunden
und die preußischen
Staaten in zwei
Tagen zu verlassen.
wo er 1743 zum Kanzler und 1745 vom Kurfürsten von Bayern
[* 29] während des Reichsvikariats in den Reichsfreiherrenstand erhoben
wurde. Er starb Wolfs Verdienst besteht vornehmlich darin, daß seine streng mathematische MethodeOrdnung, Licht
[* 30] und Gründlichkeit in das Ganze der Wissenschaft brachte. Seine Philosophie ist im wesentlichen eine Popularisierung
der Leibnizschen, wodurch er aber zugleich den eigentlich metaphysischen Grundbegriffen derselben, namentlich der Leibnizschen
Monadolgie, die Spitze abbrach.
Bei dem damals sich regenden Pietismus war Wolfs Einfluß auf sein Zeitalter um so wohlthätiger. Auch um die deutsche Sprache
erwarb er sich wesentliche Verdienste, indem er eigentlich zuerst ihren Reichtum für philosophische Begriffe
entwickelte und rein und verständlich in derselben schrieb. Seine schriftstellerische Thätigkeit war ungemein groß. Er
behandelte sämtliche mathematische und philosophische Wissenschaften in einer doppelten Reihe von Werken, einmal ausführlich
in lateinischer Sprache,
[* 31] sodann kürzer in deutschen Lehrbüchern. Seine systematischen Werke über sämtliche Hauptteile
der Philosophie betragen allein 22 Bände in Quart.
[* 32]
Vgl. »Christ. Wolfs eigne Lebensbeschreibung« (hrsg. von
Wuttke, Leipz. 1841); Ludovici, Ausführlicher Entwurf einer vollständigen Historie der Wolfschen Philosophie (das. 1737, 3 Bde.);
Zeller, Wolfs Vertreibung aus Halle (»Vorträge und Abhandlungen«, 2. Aufl., das. 1875).
Hier entfaltete er eine wahrhaft großartige Wirksamkeit. Seine Hauptaufgabe fand er darin, den vaterländischen Schulen tüchtige
und gründlich gebildete Lehrer heranzuziehen, von vornherein das Lehramt von dem des Geistlichen sondernd,
und doch fällt in diese Zeit auch sein wissenschaftliches Hauptwerk, die »Prolegomena ad Homerum sive de operum Homericorum
prisca et genuina forma variisque mutationibus et probabili ratione emendandi« (Bd.
1, Halle 1795, 1859; wiederholt mit NotenBekkers, Berl. 1872 u. 1875). Indem sie zu
begründen suchten, daß »Ilias« und »Odyssee« in ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht das Werk Homers, sondern mehrerer Rhapsoden
seien, teilten sie die gesamte Welt der Gebildeten in zwei streitende Lager
[* 36] und bildeten den Ausgangspunkt für die moderne
kritische Richtung in der Litteraturforschung überhaupt (s. Homeros, S. 693). Die Äußerung mehrerer Gelehrten,
unter andern Heynes, daß ihnen längst gleiche Gedankenvor derSeele geschwebt hätten, veranlaßte die geistreichen »Briefe
an Heyne, eine Beilage zu den neuesten Untersuchungen über Homer« (Berl. 1797), von denen die drei ersten als treffliche Muster
gelehrter Polemik und feiner Ironie betrachtet werden können.
Nach manchen Richtungen unzufrieden, hat er aber seine Hallesche Wirksamkeit nie mehr erreicht. Zur Wiederherstellung seiner
angegriffenen Gesundheit unternahm er im April 1824 eine Reise nach dem südlichen Frankreich, wo er 8. Aug. d. J.
in Marseille
[* 40] starb. Seine zahlreichen Schriften umfassen fast alle Zweige der Altertumswissenschaft. Von griechischen Schriften
edierte er außer Platons »Symposion«: Hesiods »Theogonie« (Halle 1783),
Homer (das. 1784-85, 4 Bde.;
neue Rezension, das. 1804-1807, 4 Bde.; 2. Aufl.
1817; die »Ilias« auch das. 1794, 2 Bde.,
und als Anhang dazu die »Prolegomena ad Homerum«, das. 1795),
Platons »Phädon« (das. 1790; vgl. »Zu
PlatonsPhädon«, Berl. 1812) und »Dialogorum delectus«
(mit klassischer lat. Übersetzung, das. 1812, ohne dieselbe 1820 u.
1827). Von Lateinern bearbeitete er Ciceros »Tuskulanen« (Leipz. 1792, 3. Aufl.
1825),
»Orationes IV: Post reditum in senatu, Ad Quirites post reditum, Pro domo sua, De haruspicum responsis«
(Berl. 1801) und »ProMarcello« (das. 1802, die er ebenso wie die vier genannten für unecht erklärte)
sowie den Sueton (Leipz. 1802, 4 Bde.).
Als trefflicher Übersetzer bewährte er sich in der Ausgabe von Aristophanes' »Wolken« (Berl. 1812) und dem Anfang der »Acharner«
(1-324, das. 1812) sowie von Horaz' erster Satire (das. 1813). Sonst veröffentlichte er: »Geschichte
der römischen Litteratur als Grundriß« (Halle 1787),
»Litterarische Analekten« (das. 1817-20, 4 Hefte). Auch
gab er Murets »Variae lectiones« (Bd. 1, Halle 1791; Bd. 2 von Fäsi, 1828) und Reiz' »De prosodiae graecae accentus inclinatione«
(Leipz. 1791) heraus. Nach seinem Tod erschienen, meist aus Kollegienheften entnommen, seine »Vorlesungen über
die vier ersten Gesänge von HomersIlias« (von Usteri, Bern
[* 43] 1830-31, 2 Bde.),
seine Anmerkungen zu Ciceros »Quaestiones
Tusculanae« (in der besondern Ausgabe derselben von Orelli, Zürich
1829) und zu Hesiods »Scutum Herculis« (in der Ausgabe von Ranke,
Quedlinb. 1840); ferner die »Encyklopädie der Philologie« (von Stockmann und Berat, Leipz. 1830, 2. Ausg. 1845),
die »Vorlesungen
über die Altertumswissenschaft« (von Gürtler, das. 1831-35, 5 Bde.),