der Krone; es sind Gewehr- und Maschinenfabriken. In der Gießerei von Slobodsk werden jährlich gegen 5000 Kirchenglocken gegossen.
Man zählt (1881) 684 Fabriken mit 9710 Arbeitern und einem Produktionswert von 15 Mill. Rubel. Hauptsächlich besteht die
Industrie in Branntweinbrennerei und Gerberei, doch sind auch die chemische Industrie, Papierfabrikation, Glasindustrie und
Maschinenbau rühmlich vertreten. Vielfach verdingen sich die Bauern als Kahnzieher, als Arbeiter auf den sibirischen Goldwäschereien,
als Zimmerleute in den benachbarten Gouvernements, d. h. liegen den sogen. Wandergewerben ob. Hausindustriell wird namentlich
die Leinweberei (jährlich ca. 12-14 Mill. m Leinwand) und Verfertigung von Holzwaren (Möbeln, Wagen, hölzernen Tabakspfeifen)
betrieben; außerdem die Anfertigung von Fischernetzen, Sicheln, billigem Kupferzeug, Gurten, das Gerben,
Drechseln etc. Oft betreibt ein ganzes Dorf nur ein Gewerbe.
Zur Hebung dieser Industrien hat die Semstwo bei den Volksschulen Abteilungen errichtet, in welchen die Arbeiten der Tischler,
Faßbinder, Radmacher, Schneider, Drechsler, Schlosser gelehrt werden; solcher Schulen gibt es zehn. Man
rechnet, daß 216,000 Einw. von dieser kleinen Industrie leben. Im Handel wird ausgeführt: Getreide, Flachs, Leinsaat, Leinwand,
Leder, Holz, Salz, Tierhäute. Die Flüsse sind die Hauptverkehrswege; größtenteils wird im Winter per Schlitten expediert. An
Unterrichtsanstalten hat Wjatka (1885) 801 Elementarschulen mit 50,506 Schülern, 22 Mittelschulen mit 4393 Schülern und 4 Fachschulen
mit 600 Zöglingen. Wjatka besteht aus elf Kreisen: Glasow, Jaransk, Jelabuga, Kotelnitsch, Malmysh, Nolinsk, Orlow, Sarapul, Slobodskoi,
Urshum und Wjatka. Wjatka war ehemals von Wotjaken und Tscheremissen bewohnt, welche seit dem 12. Jahrh. von Einwanderern aus der Gegend
von Nowgorod allmählich verdrängt wurden. Diese nannten sich selbst Wjatschare und das Land Wjatka. Sie
wurden 1489 dem Großfürstentum Moskau unterworfen.
Vgl. »Historisch-statistisches Sammelwerk des Gouvernements Wjatka« (Wjatka
1880).
Die Hauptstadt Wjatka (früher Chlynow genannt), an der Wjatka, hat 18 Kirchen (darunter eine Kathedrale mit vielen Kostbarkeiten),
ein Mönchskloster (Uspenskoi Trifonow), welches, 1580 erbaut, früher 24,000 Leibeigne besaß, ein Nonnenkloster, ein
klassisches Gymnasium, ein Mädchengymnasium, ein Lehrerseminar, ein geistliches Seminar, eine kleine öffentliche Bibliothek, 2 öffentliche
Parke, Fabrikation von Wachs-, Stearin- und Talglichten sowie Leder, einen bedeutenden Jahrmarkt und (1886) 24,998 Einw. Wjatka ist
Bischofsitz.
(Wjernyi, Kirgis-Almaty), Hauptstadt der russ. Provinz Semiretschinsk, Generalgouvernement Turkistan, am Almatinka,
einem linken Nebenfluß des Ili, mit (1879) 18,423 Einw. (davon 3586 Soldaten), eine aus Kosaken, Kleinrussen,
Tataren, Kirgisen, Kalmücken, Dunganen u. a. gemischte, aber überwiegend zur griechisch-orthodoxen Kirche sich bekennende Bevölkerung,
die zu zwei Dritteln dem männlichen Geschlecht angehört. Die Stadt ist sehr regelmäßig fast ganz aus Holz erbaut, nur wenige
Gebäude, darunter der weitläufige Palast des Gouverneurs, der des Erzbischofs, das Gymnasium, sind aus
Backsteinen errichtet, die breiten Straßen werden von doppelten Pappelreihen eingefaßt. Wjernoje ist Sitz des Gouverneurs, des Kosaken-
und des Polizeichefs, eines griechischen Erzbischofs, besitzt 2 Kirchen, eine Moschee, 7 Schulen, Bibliothek von 2000 Bänden und
treibt bedeutenden Handel mit Vieh.
Kreishauptstadt im Terekgebiet der russ. Statthalterschaft Kaukasien, mit (1885) 36,816 Einw., liegt am
nördlichen Fuß des Gebirges und zugleich am Oberlauf des Terek, 681 m ü. M., an der grusinischen Heerstraße
(Darielpaß) und ist Endpunkt der 1874-75 ausgeführten, von Rostow am Don kommenden Eisenbahn, deren Fortsetzung als Gebirgsbahn
projektiert ist. Das Klima (Jahrestemperatur 6,7° C.) ist gesund, heitere, lang anhaltende Herbste sind gewöhnlich. Die Gegend
ist sehr ergiebig für den Ackerbau; im September und Oktober werden nach dem Regen die Fluren aufs neue grün.
1) russ. Gouvernement, von den Gouvernements Jaroslaw, Kostroma, Nishnij Nowgorod, Rjäsan, Moskau und Twer umschlossen,
umfaßt 48,743 qkm (nach Strelbitsky 48,855,7 qkm = 887,27 QM.).
Das Land, eine hügelige Ebene, hat in verschiedenen Teilen je thonigen, sandigen, kieseligen und lehmigen Boden. Die Steinarten,
die unter tiefem Alluvialboden liegen, gehören vier verschiedenen Formationen an, von denen Kalkstein
der Bergkalkformation die älteste der Bildung nach ist;
im östlichen Teil des Gouvernements sind Sandstein und Gips der permischen
Formation verbreitet;
von der Grenze des Twerschen Gouvernements gehen zur Oka Schichten dunkeln Thons der Juraformation mit den
charakteristischen Versteinerungen (Ammoniten und Belemniten);
im südlichen Teil finden sich Kalksteinschichten
der Kreideformation.
Die hauptsächlichsten Flüsse sind: die Oka, die auf eine Länge von 132 km im S. des Gouvernements fließt,
die Kljäsma und die Tesa. Es gibt viele kleine Seen (darunter als bedeutendster der Pleschejewo, in den sich der Trubesh)
ergießt, und aus dem der große Nerl, ein Zufluß der Wolga, austritt);
auch Moräste sind in Menge im ganzen Gouvernement anzutreffen.
Das streng kontinentale Klima ist im allgemeinen gesund (mittlere Jahrestemperatur +3,25° C.). Vom Areal entfallen 36,4 Proz.
auf Acker, 35 auf Wald, 20,6 auf Wiese und Weide, 8 Proz. auf Unland. Die Bevölkerung betrug 1885: 1,376,042
Seelen, 28 pro QKilometer (fast nur Großrussen und griechisch-russischer Konfession). Die Zahl der Eheschließungen war 1885:
11,538, der Gebornen 70,504, der Gestorbenen 63,798. Die Produkte des Pflanzenreichs sind: Buchweizen, Hafer, Roggen, Kartoffeln,
Hülsenfrüchte, Flachs, Meerrettich, Zwiebeln, Kirschen und Holz (die Ernte lieferte 1887: 4,7 Mill. hl Roggen, 4 Mill.
hl Hafer, 1,4 Mill. hl Kartoffeln, andres Getreide in kleinerer Menge);
die des Tierreichs: Pferde, Schafe, Schweine, Rindvieh, Fische.
Der Viehbestand bezifferte sich 1883 auf 322,976 Stück Rindvieh, 229,490 Pferde, 330,047 grobwollige Schafe, 17,625 Schweine.
Das Mineralreich liefert Sandstein, weißen Thon, Gips, Torf, etwas Sumpfeisen und Marmor. Wichtige Erwerbsquellen
sind: Ackerbau (doch nur in guten Jahren den Bedarf an Getreide deckend), Viehzucht und Waldkultur. Die Industrie ist bedeutend
entwickelt und wird sowohl in Fabriken als hausindustriell betrieben. Ihre Hauptsitze sind in Iwanowo, Schuja, Wosnessensk, Alexandrow,
Danilowo, Teikowo, Gus und Werchneushensk etc. Die Zahl der Fabriken wird 1884 auf 426 mit 102,893 Arbeitern
und einem Produktionswert von 88,827,000 Rubel angegeben. Hervorragend sind: Baumwollspinnerei (34 Mill. Rub.), Baumwollweberei
(19), Färberei und
mehr
Druckerei (16,2), Flachsspinnerei (4), Leinweberei (3,7), Glasindustrie
(1,9), Kupferindustrie (1,2 Mill. Rub.). Die Mannigfaltigkeit der Hausindustrien ist groß und erstreckt sich auf Baumwollweberei,
Seidenspulerei, Spielwarenindustrie, Handschuhstrickerei, Schuhwarenindustrie, Wollweberei, Schreinerei, Filzstiefelfabrikation,
Böttcherei, Kürschnerei u. a. m. Besonders die Verfertigung von Heiligenbildern ist seit alter Zeit in dieser Gegend mit
Vorliebe betrieben worden; auch viele Holzschneider, Vergolder, Ziselierer gibt es, welche die Einfassung
der Bilder und Kirchenaltäre (Ikonostase) verfertigen.
Der Handel ist sehr bedeutend (wichtig die Jahrmärkte zu Schuja, Murom und Kowrow). Zur Ausfuhr kommen Manufakturwaren, Heiligenbilder,
Strümpfe, Handschuhe, Glas, Holz- und Metallgegenstände, Flachs und Leinwand; zur Einfuhr Getreide und Rohmaterialien für die
Fabriken. An Unterrichtsanstalten hat Wladimir (1885) 649 Elementarschulen mit 34,883 Schülern, 17 Mittelschulen
mit 3055 Schülern und 3 Fachschulen mit 834 Schülern. Das Gouvernement ist in 13 Kreise eingeteilt: Alexandrow, Gorochowez, Jurgew,
Kowrow, Melenki, Murom, Perejaszlawl-Saleski, Pokrow, Schuja, Sudogda, Susdal, Wjasniki und Wladimir. - Das Land, welches das jetzige Gouvernement
Wladimir bildet, hieß früher Susdal. 1170 wählte der Fürst Andrei Bogoljubski von Susdal die Stadt Wladimir zu seiner
Residenz und nahm den Titel eines »Großfürsten von an. Von nun an war Wladimir das Hauptland in ganz Rußland.
Jaroslaw II. (1238-47) sah sich genötigt, 1242 das Land von dem Mongolenchan Batu als Lehen anzunehmen.
Nach dem Tode des Großfürsten Andreas (1304) stritten der Fürst Michael von Twer und der Fürst Georg von Moskau um den Besitz des
Großfürstentums; endlich siegte Georg 1319 und wurde nun auch vom Mongolenchan als Großfürst bestätigt. 1328 kam durch
Johann von Moskau, den der Chan zum Großfürsten ernannte, der Sitz der Großfürsten nach Moskau.
Vgl. Stellmacher,
Beitrag zur Darstellung der Hausindustrie in Rußland (Riga 1886). -
Die gleichnamige Hauptstadt, an der Kljäsma und an der Moskau-Nishnij Nowgoroder Bahn, hat 28 Kirchen (darunter die Kathedrale
zu Mariä Himmelfahrt mit Gräbern der Großfürsten von Wladimir und die Kathedrale des heil. Dmitrij im Kreml),
einen uralten, teilweise zerfallenen Kreml, zu welchem man bei großen Feierlichkeiten durch die sogen. goldene Pforte (1158
von Andrei Bogoljubski erbaut) ging, schöne Gouvernementsgebäude, ein Priesterseminar, ein klassisches Gymnasium, ein Mädchengymnasium,
einige Fabriken und (1885) 18,305 Einw. Wladimir war einst die
Residenz der Großfürsten von Wladimir und gegenwärtig Sitz des Erzbischofs von Wladimir und Susdal.
2) Wladimir-Wolynsk, Kreisstadt im russ. Gouvernement Wolhynien, hat eine griechisch-russische und eine kath. Kirche, ein schönes
Mönchskloster (seit 1755), eine Synagoge, unbedeutenden Handel und (1885) 8752 Einw. Wladimir bestand schon im 9. Jahrh.
unter dem Namen Ladomir, war dann die Hauptstadt eines selbständigen Fürstentums, wurde 1320 vom litauischen
Fürsten Gedimin erobert, jedoch 1349 vom polnischen König Kasimir d. Gr. mit allen dazu gehörigen Ländern an Polen gebracht
und kam 1795 unter russische Oberhoheit.
der Große oder der Apostelgleiche, Großfürst von Rußland, war der Sohn Swjatoslaws und wurde 980 nach
dem Tod seines Bruders Oleg und der Ermordung des andern Bruders, Jaropolk, Herr des ganzen russischen Reichs,
das er durch Unterwerfung verschiedener benachbarter Völker so
vergrößerte, daß es bereits unter ihm vom Dnjepr bis zum
Ladogasee und bis an die Düna reichte. Auch im Innern des Reichs traf er manche gute Einrichtungen. Den
Beinamen des Apostelgleichen erwarb er sich dadurch, daß er bei Gelegenheit seiner Vermählung mit der griechischen Prinzessin
Anna 988 mit einem großen Teil seines Volkes zur christlichen Kirche übertrat und dann Priester aus Konstantinopel zur Ausbreitung
des Christentums kommen ließ. Die Teilung des Reichs unter seine zwölf Söhne, die er bei seinem Tod 1015 vornahm,
schwächte das Reich und führte später seinen gänzlichen Verfall herbei. Wladimir zu Ehren ward der Wladimir-Orden gestiftet u. 1853 zu
seinem Andenken in Kiew an dem hohen Dnjeprufer ein imposantes Denkmal errichtet.