Stadtmauer (gut erhalten der Gräper Thorturm) und des alten Schlosses, 2 evang. Kirchen, darunter die schöne Marienkirche
im gotischen Stil, ein Rathaus mit einer Laube aus dem 16. Jahrh., ein Kriegerdenkmal, ein Gymnasium, ein Amtsgericht, Wollspinnerei,
Tuch- und Maschinenfabrikation, Tuchappreturanstalten, Färberei, Wagenbau, Sägemühlen und (1885) 6840 Einw. Dabei ein Landarmen-
und Irrenhaus. - Wittstock, schon 946 erwähnt, erhielt 1248 Stadtrecht und war Residenz der Bischöfe von Havelberg. Bei Wittstock erfochten die
Schweden unter Banér einen glänzenden Sieg über die Kaiserlichen und Sachsen unter dem General Hatzfeld. 4 km nördlich von
Wittstock im Walde der sogen. Heideturm, ein mittelalterlicher Wartturm.
Vgl. R. Schmidt, Die Schlacht bei Wittstock (Halle
1876).
(Leibgedinge, Dotalicium, Vidualicium), die dem deutschen Recht eigentümliche Versorgung der Witwe aus dem Nachlaß
ihres verstorbenen Ehemanns (s. Güterrecht der Ehegatten, S. 948).
Wittum heißt namentlich auch die zum standesgemäßen Unterhalt
der Witwe des Monarchen und der Witwen von Prinzen eines fürstlichen Hauses zu gewährende Dotation.
deutsches Schutzgebiet an der Ostküste Afrikas, begrenzt im O. vom Indischen Ozean, im S. von Osi, im N. von
Mkonumbe, unter 2° 30 südl. Br., mit einem Areal von 1400 qkm (25 QM.), ist ein niedriges, flachwelliges Land, das teils
aus Korallenkalk, teils aus Laterit mit dicker Humusdecke, seltener aus (bis 80 m hohen) Dünensandhügeln
besteht. Die Niederschläge sind reichlich, die Temperatur schwankt zwischen 18 und 30° C., der sehr fruchtbare Boden gewährt
dreifache Ernten.
Die Landschaft ist parkartig, Dumpalme und Baobab sind häufig. Von Tieren finden sich Flußpferde, Elefanten, Büffel,
Antilopen, Löwen, Hyänen. Die Bewohner bestehen aus 9000 mohammedanischen Suaheli, welche seßhaft sind, und 1000 heidnischen
Waboni und Wabua, die von der Jagd leben. Gebaut werden Tabak, Baumwolle u. a., in den Waldparzellen findet man Kautschuk, und
das Hinterland, zu welchem der schiffbare Tana eine bequeme Zugangsstraße bietet, ist reich an Elfenbein,
Kopal und Produkten der Viehzucht. Für Viehzucht eignet sich das von der Tsetsefliege freie Land vorzüglich. Das Witugebiet besitzt
in der durch die Insel Lamu gebildeten Mandabucht einen vorzüglichen Hafen. Es wurde durch die Gebrüder Denhardt
vom Sultan Simba für die Witugesellschaft erworben und 27. Mai d. J. unter
deutschen Schutz gestellt.
(Witfrau, Witib, Vidua), eine Frau, die ihren Ehemann durch den Tod verloren hat. Sie behält den Namen, Rang und
Gerichtsstand ihres verstorbenen Mannes, bis sie sich wieder verheiratet (»den Witwenstuhl verrückt«).
Nach gemeinem deutschen Recht war die Witwe zur Einhaltung eines Trauerjahrs verpflichtet, innerhalb dessen
sie nicht zur anderweiten Ehe schreiten durfte. Das Reichsgesetz vom über die Beurkundung des Personenstandes und
die Eheschließung bestimmt, daß Frauen erst nach Ablauf des zehnten Monats seit Beendigung der frühern Ehe eine weitere Ehe
schließen dürfen; doch ist Dispensation zulässig, eine Bestimmung, welche auch in den Entwurf eines
deutschen bürgerlichen Gesetzbuchs (§ 1241) übergegangen ist. Die vermögensrechtliche Stellung der Witwe und ihre Ansprüche
auf den Nachlaß des verstorbenen Ehemanns sind partikularrechtlich in der verschiedenartigsten Weise normiert (s. Güterrecht der Ehegatten).
Die Witwen der Souveräne behalten Wappen, Prädikat und Titel des
verstorbenen Gemahls und das Recht, einen
eignen Hofstaat zu haben, stehen jedoch im Rang der Gemahlin des regierenden Herrn nach.
sind Versicherungsanstalten, welche sich gegen Erhebung von Jahresbeiträgen der Versicherungsnehmer verpflichten,
vom Tode der letztern ab den von denselben hinterlassenen Witwen eine bestimmte Rente zu zahlen. Häufig
ist auch außer dieser eventuellen Witwenrente (Witwengeld) eine Rente für die etwa hinterlassenen unmündigen Kinder bis zum
Alter der Erwerbsfähigkeit (Waisengeld) versprochen, welche entweder neben der Witwenrente oder, wenn die Ehefrau, bez.
die Witwe inzwischen gestorben sein sollte, allein zu leisten ist.
Über die Höhe der Leistungen beider Teile können verschiedene Vereinbarungen getroffen werden. Namentlich
können die Jahresbeiträge als lebenslänglich oder nur bis zu einem bestimmten Alter zahlbar, als bezüglich der Höhe fest
bestimmt oder dem jeweiligen Diensteinkommen entsprechend etc., die Witwengelder als im voraus unabänderlich festgesetzt
oder in einem bestimmten Verhältnis zum letzten Diensteinkommen des Versicherungsnehmers etc. vereinbart
sein.
Die Witwenkassen haben weit mehr ungewisse Verhältnisse zu berücksichtigen als die Lebensversicherung, und ihre wissenschaftlichen
Fundamente sind mannigfacher und problematischer, denn bei den Witwenkassen kommen nicht allein die wahrscheinliche
Lebensdauer der Versicherungsnehmer und deren Ehefrauen, sondern auch die Fragen: wieviel Personen der in Rede stehenden Art
heiraten, in welchem Alter thun sie es, wie alt sind die Frauen bei der Verheiratung, wie lange dauert
die Ehe, wie lange der Witwenstand bis zum Tode der Witwen oder bis zu einer zweiten Heirat, wieviel Witwen überleben ihre Männer,
wieviel Kinder hinterlassen letztere, in welchem Alter stehen dann die Kinder, wie ist die Sterblichkeit
derselben bis zum Versorgungsalter u. a. in Betracht.
Nichtsdestoweniger hat sich die neuere wissenschaftliche Behandlung des Versicherungswesens in Deutschland und andern Ländern
früher auf die Witwenkassen als auf die Sterbekassen (Lebensversicherungen) erstreckt. Nach englischem Muster wurde 1737 die dänische
Militär-Witwenkasse in Kopenhagen gegründet, welche indes wegen zu niedriger Beiträge sich nicht als
zahlungsfähig erwies und 1775 durch die Allgemeine Witwenkasse zu Kopenhagen ersetzt wurde, 1750 das kasselsche Witweninstitut, 1752 das
lippesche, 1754 das bremische, 1757 das weimarische etc. Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts wurden namentlich in Nordwestdeutschland,
wo Kritter, Karsten, Tetens u. a. durch Wort und Wirken der Erkenntnis über die Witwenkassen Bahn gebrochen hatten,
eine ziemlich erhebliche Anzahl von Witwenkassen ins Leben gerufen. In Süddeutschland kamen sie etwas später zur allgemeinern Geltung, 1787 wurde
die erste in Österreich (Unterösterreich), 1793 die in Olmütz errichtet, in Bayern bildeten sich erst in den ersten Jahrzehnten
des laufenden Jahrhunderts für einzelne Kreise Witwenkassen heraus. Jetzt ist schwerlich irgend ein Kulturstaat
ohne Witwenkassen. Sie wurden zum großen Teil vom Staat selbst oder von Provinzialregierungen und Kommunalverwaltungen mehr oder weniger
nach den Grundsätzen der Versicherung gegründet und eingerichtet und zwar zunächst für deren Beamte, für Pfarrer und Lehrer,
deren Familienversorgung ihnen um so mehr obliegen mußte, als die Besoldungen vielfach gering zu sein
pflegten. Oft
mehr
war der Beitritt zu den Anstalten nur gewissen Klassen der Staats- und Kirchendiener erlaubt, wie es denn namentlich manche Witwenkassen nur für
Pfarrer und Lehrer gab und gibt; oft wurde die Beteiligung an einer solchen Kasse den Beamten zur Pflicht gemacht, zuweilen blieb
sie ihrem freien Ermessen überlassen, zuweilen wurde auch Privatpersonen die Benutzung der Anstalten
gestattet, z. B. bei der Allgemeinen dänischen Witwen-Pensionsanstalt, der oldenburgischen
u. a.; oft übernahm der Staat die Garantie für die Leistungsfähigkeit der Kasse mit Gewährung von Zuschüssen aus allgemeinen
Staatsmitteln, oft verwaltete er nur dieselben unter dem Vorbehalt der Einziehung von Nachschüssen oder der Kürzung der
Witwengelder bei Unzulänglichkeit der Kassenleistungen.
Neben diesen vom Staat, von Provinzialbehörden und Gemeinden gegründeten Anstalten entstanden eine Reihe von offenen Privatinstituten,
wie die kasselsche von 1750, die Witwenversorgungssocietät zu Bremen von 1754, die kalenbergische von 1767 u. a.; doch gingen
diese Gesellschaften meistens bald wieder zu Grunde oder wurden von den Regierungen übernommen. In nur
sehr beschränktem Maß haben die Lebensversicherungsgesellschaften die Witwenkasse als Geschäftszweig eingeführt, während
viele Witwenkassen von Korporationen, Gesellschaften und einzelnen Privatpersonen für ihre Angestellten errichtet wurden. So hat noch
heute das Witwenkassenwesen hauptsächlich für die Beamten Bedeutung, für diese immerhin zahlreichen Personen aber einen
sehr hohen Wert.
Für die preußischen Beamten wurde als erste die Berliner Pensionsanstalt für Witwen der Zivilbeamten von Interessenten 1773 errichtet;
sie verteilte nur die Jahresüberschüsse ratierlich unter die Witwen, gab also keine festen Pensionen. Sie wurde verdrängt
durch die königlich preußische Witwenverpflegungsanstalt, welche 1775 unter Landesgarantie gegründet wurde und auch dem
Privatpublikum zum Beitritt offen stand, infolge der Katastrophe von 1806 zusammenbrach, doch 1816 reorganisiert
und 1817 mit dem Beitrittszwang für die Staatsdiener ausgestattet wurde.
Für die Reichsbeamten schuf das Gesetz vom eine neue Witwen- und Waisenkasse; das mit diesem Gesetz in den wesentlichen
Punkten übereinstimmende Gesetz vom ordnete aufs Neue die Verhältnisse der preußischen Witwenkasse.
Nach diesen Gesetzen haben die Reichs-Zivilbeamten und die unmittelbaren preußischen Staatsbeamten, welche Anwartschaft auf
Staatspensionen haben, bis zu ihrem Tod, bez. bis zum Austritt aus dem Dienst, wenn solcher ohne Pensionierung erfolgt, oder
bis zur Pensionierung, bez. wenn zur Zeit der letztern noch
minderjährige Kinder vorhanden sind, so lange, bis das jüngste derselben 18 Jahre alt geworden ist, jährlich 3 Proz.
vom pensionsfähigen Diensteinkommen oder Wartegeld (bis von 9000 Mk.) oder von der Pension (bis von 5000 Mk.) zu zahlen.
Dafür leistet die Kasse, wenn der Beamte mit Hinterlassung von Familie stirbt und die Ehe nicht nach der
Pensionierung oder innerhalb dreier Monate vor dem Tod und mit der Absicht, der Frau den Genuß des Witwengeldes zu verschaffen,
eingegangen worden ist, in monatlichen Pränumerandozahlungen für die Witwe bis zu deren Tod oder Wiederverheiratung ein Drittel
der Pension, welche der Verstorbene bezogen hat oder zu beziehen berechtigt gewesen wäre, wenn er am
Todestag in den Ruhestand versetzt wäre, doch mindestens 160 und höchstens 1600 Mk., und für die Waisen bis höchstens zum
vollen Betrag der Pension und bis zur Vollendung des
18. Lebensjahrs neben der Pension der Mutter je ⅓ des
Witwengeldes oder, wenn die Mutter tot oder zum Witwengeld nicht berechtigt ist, je ⅓ des Witwengeldes.
Die für Arbeiterkreise wichtige Witwen- und Waisenversicherung ist bis jetzt nur in beschränktem Maß, z. B. durch Knappschaften,
einzelne Fabrik- und Arbeiterkassen, verwirklicht. Die Ausdehnung auf den ganzen Arbeiterstand bildet eine in Deutschland bereits
ins Auge gefaßte Aufgabe der Zukunft.
Vgl. von ältern Werken: Euler, Sur les rentes viagères, in den
»Mémoires de Berlin« 1760, und »Éclaircissements et calcul sur les caisses des veuves« (Petersburg und im »Neuen Hamburger Magazin«),
die Schriften von Kritter, Florencourt, Tetens, Littrow u. a.