Schulterteile mähnig, Kinn und Unterhals bartartig, Stirn und Hinterkopf kraus, filzig, die übrigen Leibesteile kurz und
dicht behaart. Die Färbung ist ein ziemlich gleichmäßiges Graubraun. Der Wisent bewohnte einst fast das ganze Nordamerika,
findet sich jetzt aber nur noch im Gebiet des obern Missouri und westlich vom Mississippi, vom Großen Sklavensee
unterm 60.° nördl. Br. bis zum Rio Grande. Durch die fortschreitende Kultur bedrängt, ist er bis zum 65.° vorgerückt und
hat auch das Felsengebirge überstiegen. Er ist ein Bewohner der Prärien, lebt in Herden, in welchen die Stiere für sich und
die Kühe mit den noch nicht zeugungsfähigen Kälbern gesonderte Trupps bilden, und zieht vom Juli an
südwärts, um im Frühjahr wieder nach dem Norden zurückzukehren. Im Winter sucht er vor allem die waldigen Gegenden auf.
Das hauptsächlichste Futter bildet ein die Prärien bedeckendes niedriges Gras. Während der Brunftzeit entwickelt der Stier
einen unerträglichen Moschusgeruch, welcher auch das Fleisch durchdringt. Die Kühe kalben neun Monate
nach der Brunftzeit, gewöhnlich im März oder April. Der Wisent ist sehr lebhaft, geht stets eiligen Schrittes, wird im Galopp
nur mit Mühe vom Pferd eingeholt, schwimmt auch gut, ist geistig wenig begabt, furchtsam, nicht leicht erregbar, entwickelt
aber in der Wut große Wildheit.
Der amerikanische Wisent war gewissermaßen das Haustier der Indianer und ist erst durch die Weißen zurückgedrängt und in weiten
Strecken ausgerottet worden. Fleisch und Fett werden gut verwertet. In der Gefangenschaft hält er sich sehr gut und pflanzt
sich regelmäßig fort, er soll sich auch mit Hausrindern paaren und fruchtbare Nachkommen erzeugen.
Vgl. Allen, The American Bisons, in »Memoirs of the Museum of comparative zoology at Harvey College« (1876, Bd. 4).
Kreisstadt im russ. Gouvernement Twer, an der Zna und dem die Zna mit der nahen
Twerza verbindenden Kanal sowie an der Eisenbahn St. Petersburg-Moskau, hat einen alten Zarenpalast, eine Kathedrale und mehrere
andre Kirchen, ein schönes Kaufhaus, mehrere Schulen, Handel und Industrie (besonders Baumwollspinnerei) und (1885) 15,838 Einw.
Wishne-Wolotschok ist der Mittelpunkt des Wishne-Wolotschokschen Kanalsystems, welches die Newa mit der Wolga verbindet.
Die Fahrt geht: Newa, Ladogakanal, Fluß Wolchow, Sieverskanal od. Wischerakanal, Msta, Mstinosee, Zna, Wishne-Wolotschokkanal,
Fluß Twerza, Wolga. Die Gesamtlänge des Systems von der Twerza bis zur Wolchowmündung beträgt 859 km. Es umfaßt 76 Seen und 106 größere
und kleinere Flüsse.
Vgl. Th. Schmidt in der »Russischen Revue«, Bd. 9, S. 211-247 (1880).
Denis Iwanowitsch, russ. Dichter, geb. 3. April (a. St.) 1745 zu Moskau, Sproß eines deutschen Rittergeschlechts,
von Wiesen, das zum Orden der Schwertbrüder gehörte, studierte seit 1759 in Moskau, diente vorübergehend in der Garde, erhielt 1763 eine
Stelle im Kabinettsministerium und wurde 1769, nachdem er sich inzwischen als Lustspieldichter einen
Namen gemacht, Sekretär des Ministers des Auswärtigen. Seiner Gesundheit wegen besuchte er seit 1777 wiederholt das Ausland und
starb am Schlag 1792 in Petersburg.
Wisins Hauptwerke sind zwei Lustspiele, die ihm den Namen des russischen Molière verschafft haben: »Der Brigadier« (1765),
worin die
Sittenroheit und Unbildung der Russen gegeißelt wird, und »Der Landjunker« (»Nedorossl«,
wörtlich »Der Minderjährige«, 1782),
eine Satire auf die Erziehung der russischen Landedelleute. Außerdem sind seine »Ausländischen
Briefe«, seine »Fragen an den Verfasser des Geschehenen und Erdachten« (d. h. an Katharina II.) und seine »Allgemeine Hofgrammatik«,
in satirischer Form eine Sammlung praktischer Regeln für Hofleute, zu erwähnen.
1) Gustav Adolf, einer der Wortführer der Freien Gemeinden, geb. 20. Nov. 1803 zu Battaune in der Provinz Sachsen,
ward 1824 als Mitglied der Burschenschaft zu zwölfjährigem Festungsarrest verurteilt, doch 1829 begnadigt. Seit 1834 Pfarrer
zu Klein-Eichstedt bei Querfurt, seit 1841 an der Neumarktskirche in Halle, nahm er lebhaften Anteil an den
lichtfreundlichen Bestrebungen. Sein am 29. Mai 1844 in Köthen gehaltener Vortrag über die Autorität der Schrift veranlaßte
schließlich 1846 seine Amtsentsetzung (s. Freie Gemeinden). Seinen Prozeß stellte er dar in der Schrift »Die Amtsentsetzung
des Pfarrers Wislicenus in Halle« (Leipz. 1846). Er lebte seitdem in Halle als Prediger der Freien Gemeinde, ward jedoch
infolge der Schrift »Die Bibel im Lichte der Bildung unsrer Zeit« (Leipz. 1853) im September 1853 zu zweijähriger Gefängnisstrafe
verurteilt. Der Vollstreckung entzog er sich durch die Flucht nach Amerika, kehrte aber im Mai 1856 nach Europa
zurück und ließ sich zu Fluntern bei Zürich
nieder, wo er 14. Okt. 1875 starb, nachdem er sein Hauptwerk: »Die
Bibel, für denkende Leser betrachtet« (2. Aufl., Leipz. 1866, 2 Bde.),
veröffentlicht hatte.
2) Hermann, Maler, geb. 20. Sept. 1825 zu Eisenach, ging 1844 auf die Akademie zu Dresden und wurde später Schüler
Bendemanns, dann Schnorrs. Sein erstes Bild: Überfluß und Elend, wurde für die Dresdener Galerie angekauft (Karton im Museum zu
Leipzig). 1853 begab er sich mit einem Reisestipendium nach Italien, wo er sich in Rom besonders an Cornelius anschloß. Nach
seiner Rückkehr ließ er sich in Weimar nieder. Er führte hier verschiedene Aufträge aus, wie den großen
Karton: Götterbacchanal, zu einem Deckengemälde für ein Haus in Leipzig;
die Ölbilder: die Nacht, für den Großherzog, die
Phantasie, von den Träumen getragen, für den Grafen Schack in München, die vier Evangelisten, für die Grabkapelle der Großfürstin
Maria Paulowna in Weimar, und mehrere Zeichnungen, wie: Ruhmeshalle deutscher Dichter (im Museum zu Weimar),
die Deukalionische Flut (ebendaselbst), Prometheussage (im Museum zu Leipzig).
Für das Treppenhaus des Römischen Hauses in Leipzig
malte er Brutus' Urteilsspruch und die Mutter der Gracchen. 1868 folgte Wislicenus einem Ruf als Professor an die Akademie in Düsseldorf.
Hier entstanden die großen Gemälde: die vier Jahreszeiten (in der Berliner Nationalgalerie), Germania auf der Wacht am Rhein,
die Lurlei;
der Entwurf zu einem Wandbild für die Schloßkapelle zu Weimar u. a. Viele dieser Arbeiten sowie sämtliche Studien
von Wislicenus wurden bei dem Brande der Düsseldorfer Akademie im März 1872 vernichtet und mußten deshalb nochmals
ausgeführt werden. 1877 erhielt Wislicenus den ersten Preis in der Konkurrenz um die Ausmalung des Kaisersaals in der Pfalz zu Goslar
mit Gemälden aus der deutschen Kaisergeschichte und Sage, deren Ausführung ihn bis 1890 beschäftigt hat.
Seine Bilder zeichnen
sich durch edlen Stil, Schönheit der Formen und Linien, treffliche Zeichnung sowie gedankenreiche Komposition
aus.
mehr
3) Johannes, Chemiker, ältester Sohn von Wislicenus 1), geb. 24. Juni 1835 zu Klein-Eichstädt bei Querfurt, studierte in Halle Mathematik
und Naturwissenschaften, wurde Assistent am chemischen Laboratorium und widmete sich nunmehr ausschließlich der Chemie. Nach
der Auswanderung der Familie nach den Vereinigten Staaten 1853 wurde er Assistent bei Horsford in New Cambridge.
Später unterhielt er in New York zwei Jahre hindurch ein analytisches Privatlaboratorium und hielt am Mechanics' Institute
technisch-chemische Vorlesungen. 1856 ging er mit den Eltern nach Zürich,
setzte nun die chemischen Studien an der Universität und
dem Polytechnikum fort und ging wieder als Assistent von Heintz nach Halle. 1860 promovierte Wislicenus in Zürich
und habilitierte
sich an Universität und Polytechnikum.
Bald wurde er Professor an der Universität, 1870 aber ging er an das Polytechnikum über; 1871 wurde er zum Direktor dieser Lehranstalt
ernannt, folgte aber 1872 einem Ruf nach Würzburg und 1885 einem solchen nach Leipzig. Wislicenus hat stets thätigen
Anteil an der Entwickelung der theoretischen Ansichten der Chemie genommen. Schon seine Inauguraldissertation betraf die Theorie
der gemischten Typen, und später trug er mit dazu bei, die Typentheorie überzuführen in die heute gültigen Ansichten über
die Valenz der Atome und die Struktur der chemischen Verbindungen.
Sehr wichtig in dieser Beziehung sind seine Arbeiten über die zweiatomigen Alkohole (Glykole) und die
zweiatomigen Säuren (Oxysäuren). Andre Arbeiten betrafen die Milchsäure, die Isomeren und Homologen derselben, den Acetessigsäureäther,
den Natriumacetessigsäureäther und die zahlreichen von diesen Körpern sich ableitenden Derivate. Er lieferte auch eine neue
Bearbeitung von Regnault-Streckers »Lehrbuch der Chemie« (Braunschw. 1874 u.
1877, 2 Bde.). - Sein Bruder Hugo Wislicenus, geb. 29. Dez. 1836 zu Klein-Eichstädt, seit 1862 an der Universität Zürich
für Germanistik habilitiert,
bei einer Besteigung des Tödi 8. Aug. 1866 verunglückt, schrieb: »Die Symbolik von Sonne und Tag in der germanischen Mythologie«
(Zürich
1862) und die von seinem Vater herausgegebenen Abhandlungen: »Loki, Das Nibelungenlied, Das Dionysostheater
in Athen« (das. 1867).