Polenkönigin Jadwiga 1386 mit
Polen vereinigt und in der zweiten
TeilungPolens von Rußland erworben wurde.
Die gleichnamige Hauptstadt, am Einfluß der
Wileika in die Wilija,
Knotenpunkt der
Eisenbahnen St.
Petersburg-Warschau und Wilna-Rowno,
hat zwei große Vorstädte (Antokolla und Rudaischka), enge und unregelmäßige
Straßen, 18
Plätze, 35 kath.
Kirchen (darunter
die 1387 erbaute
Kathedrale mit dem
Grab des heil.
Kasimir, die große Johanniskirche und die prächtige
Peterskirche), 3 griechisch-russische, 2 protest.
Kirchen, 2
Synagogen, eine
Moschee, mehrere katholische und 2 russische Klöster, ein verfallenes
Schloß, ein kaiserliches
Palais,
das Oginskische
Palais (Sitz der Gouvernementsbehörden), ein
Theater
[* 2] und (1885) 102,845 Einw. (darunter
viele
Juden).
Denkwürdig ist die Belagerung Wilnas 1399 durch den
Großmeister des
DeutschenOrdens,
Konrad von Wallenrod. Seit 1569 fanden
sich hier
Jesuiten ein, welche ein
Kollegium gründeten, das
StephanBáthori 1578 in eine
Akademie verwandelte. 1795 kam
Wilna mit ganz
Litauen an Rußland.
Beim Beginn des
Kriegs von 1812 besetzte
Napoleon I. die Stadt und organisierte von hier aus
den litauischen
Aufstand. Im Juni 1831 fanden hier zwei
Treffen zwischen den
Russen und
Polen statt. Während der polnischen
Insurrektion 1863/64 leitete
Murawjew von Wilna aus mit großer Strenge die Unterdrückung derselben.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk
Potsdam,
[* 9]
Kreis
[* 10]Westpriegnitz, an der
LinieBerlin-Buchholz
der Preußischen Staatsbahn, 31 m ü. M., hat eine evang.
Kirche, Pferdemärkte u. (1885) 2179 Einw.
Wilsnack, zuerst 1300 erwähnt, gewann durch das sogen. Wunderblut (aus 3
Hostien, welche nach dem
Brand von 1383 unversehrt aufgefunden
wurden) große Berühmtheit und war trotz der
Anfechtung durch
Joh.
Huß lange ein sehr besuchter Wallfahrtsort. 1471 erhielt
Wilsnack
Stadtrecht. 1552 verbrannte der evangelische
Prediger Ellefeld die angeblich blutigen
Hostien.
1)
Alexander, Ornitholog, geb. zu
Paisley in
Schottland, erlernte die
Weberei,
[* 11] suchte sich aber nebenbei
geistig auszubilden und versuchte sich als Dichter.
Sein Gedicht »Watty and Meg« (1792) gehört zu
den besten Erzeugnissen der schottischen
Muse. Als Mitglied der
Gesellschaft der Volksfreunde der
Polizei verdächtig geworden,
wanderte er um 1794 nach
Amerika
[* 12] aus, wo er später als Schullehrer in verschiedenen
OrtenPennsylvaniens wirkte. Der Naturforscher
Bertram und der Kupferstecher Lawson weckten sein
Talent für
Naturforschung.
Nachdem er mehrere
Wanderungen gemacht, begann er 1806 die Vorarbeiten zu seiner vortrefflichen »American
ornithology«, deren 1.
Band
[* 13] 1808 zu
Philadelphia
[* 14] erschien, und die er bis zum 7.
Band fortgesetzt hatte, als er in
Philadelphia starb. Das Werk wurde nach Wilsons
Tod aus seinen Sammlungen von
Ord fortgeführt (Bd. 8 u.
9, 1814) und von
LucianBonaparte durch 4 Supplementbände (1825-33) ergänzt (neue Ausg. 1876, 3 Bde.).
Eine Sammlung seiner
Dichtungen und kleinern
Schriften gab Grosart heraus (Lond. 1876, 2 Bde.). 1874 wurde
ihm zu
Paisley eine
Statue errichtet.
SeinLeben beschrieben
Peabody (in
Sparks »American biography«),
Seine Mitwirkung zur Rettung des nach der zweiten
Restauration der
Bourbonen zum
Tod verurteilten französischen
GeneralsLavalette
zog ihm (1816) eine dreimonatliche
Haft zu. Im Juli 1816 nach
London zurückgekehrt, ward er vom
Volk mit
Enthusiasmus empfangen, obschon ein
Tagesbefehl des
Prinz-Regenten vom 10. Mai sein Benehmen wegen
Mißbrauchs der englischen
Uniform
getadelt hatte. Wilson widmete sich nun wieder schriftstellerischen
Arbeiten und schrieb unter anderm: »A sketch of the military
and political power of Russia in the year 1817« (Lond. 1817). 1818 ging
er nach
Südamerika,
[* 20] geriet aber mit
Bolivar bald in
Konflikt, kehrte zurück und trat 1819 für
Southwark ins
Unterhaus, wo er,
im liberalen
Sinn wirkend, ausgezeichnetes Rednertalent bekundete.
Sein Eintreten
¶
mehr
für die KöniginKaroline in deren Ehebruchsprozeß und seine demonstrative Teilnahme an deren Begräbnis hatten seine Ausstoßung
aus dem Heer zur Folge. Als 1823 die französische Armee zur Unterdrückung der Konstitution in Spanien einrückte, trat er in
die Dienste der Cortes, wurde aber bei Coruña schwer verwundet und flüchtete nach Gibraltar.
[* 22] Infolge davon
verlor er seine österreichischen, russischen und preußischen Orden.
[* 23] 1826 wurde er für Southwark wieder ins Parlament gewählt,
unterlag aber bei der Wahl von 1831 als Gegner der Reformbill. Wilhelm IV. beförderte ihn 1830 wieder zum Generalleutnant. 1835 ward
Wilson Inhaber des 15. Husarenregiments und 1842 Gouverneur von Gibraltar. Bald nach seiner Rückkehr starb er in
London. Aus seinem Nachlaß wurde veröffentlicht: »Narrative of events during the invasion of
Russia« (Lond. 1860; deutsch, Leipz. 1861) und von seinem Neffen Randolph »Private diary of travels, personal services and
public events during missions and employments with the European armies in the campaigns of 1812-14«
(Lond. 1861, 2 Bde.). Wilsons Leben beschrieb sein Neffe (Lond. 1863, 2 Bde.).
3) John, unter dem PseudonymChristopherNorth bekannter engl. Dichter und Publizist, geb. zu Paisley in Schottland,
Sohn eines reichen Kaufmanns, studierte zu Glasgow
[* 24] und Oxford
[* 25] die Rechte, lebte dann unter allerlei Abenteuern,
nebenbei sich im Dichten versuchend, auf seinem Landgut Elleray in Cumberland. Nach dem Verlust seines Vermögens ging er nach
Edinburg,
[* 26] wurde 1814 daselbst Advokat, 1818 Professor der Moralphilosophie an der Universität und starb Die wertvollsten
von seinen zahlreichen ästhetischen, litterarischen, philosophischen und politischen Abhandlungen für
das von ihm herausgegebene »Blackwood'sMagazine« erschienen gesammelt unter dem Titel: »The recreations of ChristopherNorth«
(Edinb. 1842, 3 Bde.). Seine Gedichte:
»The isle of palms« (Edinb. 1812) und »The
city of the plague« (das. 1816) bekunden reiche Naturanschauung, Phantasie und Gedankenfülle. In seinen »Noctes Ambrosianae«
kultiviert er Politik und Litteratur. Wilson war ein eifriger Bewunderer von Wordsworth, dessen Stil er nachahmte. Als Romanschriftsteller
trat er 1822 mit einer Sammlung Erzählungen aus dem schottischen Volksleben: »Lights and shadows of Scottish
life« und »The trials of MargaretLindsay« (von beiden neue Ausg. 1866) aus. Seine Werke erschienen
mehrfach in neuen Ausgaben, darunter die »Essays« (1866, 4 Bde.). Wilsons Memoiren wurden von seiner Tochter (1862, 2 Bde.;
neue Aufl. 1878) herausgegeben.
4) Horace Hayman, berühmter Sanskritist, geb. 1786, studierte Medizin, trat 1808 als Arzt in die Dienste der OstindischenKompanie,
studierte in Kalkutta
[* 27] die indischen Sprachen und gab 1813 Kalidasas Gedicht »The Meghadûta« im Sanskrit und
mit freier englischer Übersetzung heraus. Bald folgte das große »Dictionary in Sanscrit and English« (Kalk. 1819, 3. Aufl.
1874). Eine Frucht seines Aufenthalts in Benares, wohin er als Mitglied der Kommission zur Neuorganisierung der Universität
berufen ward, war sein »Hindu theatre« (3. Aufl., Lond. 1864-67,
deutsch, Weim. 1828-31, 2 Bde.), in
welchem er eine höchst geschmackvolle Übersetzung von 6 Dramen sowie die Analyse von 23 andern und eine Abhandlung über
das dramaturgische System der Inder, ihre Bühne etc. lieferte.
die Übersetzung eines sehr umfangreichen und wichtigen Sanskritwerkes über indische Mythologie;
die »Grammar of
the Sanscrit language« (2. Aufl., das. 1847);
die Sammlung indischer Novellen »Dasa-kumâra-carita« (das. 1846);
Forschungen über das indobaktrische Reich in dem Werk »Ariana antiqua« (2. Aufl., das. 1861);
eine »History of British India
from 1805 to 1835« (das. 1844-48, 3 Bde.)
und zahlreiche Aufsätze in dem »Journal of the Royal Asiatic Society«.
Seine Übersetzung des »Rig-veda«
(1850 ff.) wurde nach seinem Tod von Cowell fortgesetzt. Er starb in London. Eine kritische Ausgabe von Wilsons Werken
besorgte Rost (1862-71, 12 Bde., von denen Bd.
6-10 Halls verbesserte Ausgabe der Übersetzung des »Vishnu-Purâna« enthalten).
5) Henry, amerikan. Staatsmann, geb. zu
Farmington (New Hampshire), erlernte das Schuhmacherhandwerk, betrieb neben dem Handwerk politische und nationalökonomische
Studien, trat zuerst 1840 als Anhänger der Whigpartei öffentlich als Redner auf und ward in die Legislatur von Massachusetts
gewählt. Er war eifriges Mitglied der Freibodenpartei, auch der Knownothings, ward 1855 als Bundessenator
von Massachusetts in den Kongreß gesandt, diente im Bürgerkrieg 1861 kurze Zeit als Stabsoffizier unter Mac Clellan, ward 1872 zum
Vizepräsidenten der Union erwählt, starb in Washington.
[* 29] Er schrieb: »History of antislavery measures« (1864);
»History of the rise and fall of the slave-power in America« (1872-1876, 3 Bde.,
unvollendet) u. a.
Vgl. Nason, Life and public services of H. Wilson (Boston
[* 30] 1881).
6) CharlesRivers, engl. Finanzmann, geb. zu London, wurde in Eton vorgebildet und studierte in Oxford, wo er 1853 graduierte. 1856 wurde
er Sekretär im Schatzamt und noch im gleichen Jahr Sekretär des Finanzministers. 1858-1868 war er Sekretär
des Permanent Secretary im Schatzamt und eine Zeitlang Privatsekretär Disraelis, 1868-73 Privatsekretär RobertLowes und ward 1873 Zentralkontrolleur
des Staatsschuldenamtes. Als die ägyptischen Finanzen in völlige Verwirrung gerieten, wurde er 1876 vom Chedive zur Reorganisation
des Staatshaushalts nach Ägypten berufen. Er verblieb jedoch nur vom März bis Juni und erhielt im Januar 1877 die
Stelle eines Vertreters Großbritanniens bei der Suezkanalkompanie, 1878 die des königlichen Kommissars bei der PariserWeltausstellung.
Im folgenden August nahm er denPosten des ägyptischen Finanzministers an, wurde im April 1879 entlassen, jedoch 1880 von neuem
als Präsident der internationalen Liquidationskommission nach Ägypten berufen. 1882 kehrte er nach England
in sein früheres Amt zurück.