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Donau führen zwei große Straßenbrücken: die Franz Josephs-Brücke in der Richtung von der Taborstraße gegen Floridsdorf (vollendet 1875) und die Rudolfsbrücke in der Verlängerung [* 2] der Praterstraße und Schwimmschulallee mit der Richtung gegen Kagran (1028 m lang, 1876 vollendet). Außerdem führen über die Donau drei große Eisenbahnbrücken der Nordwestbahn, Nordbahn (auch für Fußgänger) und der Staatseisenbahn (letztere bei Stadlau), ferner über den Donaukanal die Brücke [* 3] der Donauuferbahn (bei Nußdorf), die Brücke der Wiener Verbindungsbahn (Kettenbrücke) und der Staatseisenbahn (bei Simmering).
Kirchliche Bauwerke.
Wien [* 4] hat über 50 katholische, eine griechisch-unierte, 3 griechisch-nichtunierte und 3 protestantische Kirchen, 3 öffentliche und mehrere Privatsynagogen und zahlreiche Kapellen. Unter den 20 Kirchen der innern Stadt ist die Domkirche zum heil. Stephan, obwohl ein Turm [* 5] unvollendet ist, doch eins der ausgezeichnetsten Bauwerke dieser Art. Den ersten Grund zu dieser Kirche legte Heinrich II. Jasomirgott 1144; ihre gegenwärtige Gestalt erhielt sie unter Rudolf IV. und Albrecht III. Sie ist eine in Form eines lateinischen Kreuzes aufgeführte dreischiffige Hallenkirche, 108 m lang, im Innern 27 m hoch, im Kreuzschiff 70 m breit, und umschließt einen Flächenraum von 3240 qm. Das Dach [* 6] ist mit glasierten farbigen Ziegeln gedeckt.
Von den vier Türmen des Doms sind die zwei zu beiden Seiten der Fassade stehenden, die sogen. Heidentürme, 64 m hoch. Von den beiden andern, an den Enden des Kreuzschiffs befindlichen Türmen wurde der nördliche 1579 mit einem schließenden Aufsatz versehen und hat im ganzen eine Höhe von 65 m. Der Bau des südlichen Turms wurde unter der Leitung Wenzels von Klosterneuburg begonnen, von Hans Prachatitz fortgesetzt und von Anton Pilgram 1433 vollendet. 1859 wurde die Turmspitze abgetragen und 1864 durch einen von Fr. Schmidt vollendeten Neubau ersetzt.
Gegenwärtig ist der Turm 139 m hoch. In demselben hängt eine 198 metr. Ztr. schwere Glocke, welche 1711 aus eroberten türkischen Kanonen gegossen ward. Die Turmspitze ist mit einem vergoldeten Kreuz [* 7] und Adler [* 8] geschmückt. Die Giebel an der Außenseite des Doms wurden 1853-56 von Ernst stilgemäß ausgebaut. Den Haupteingang ins Innere bildet das sogen. Riesenthor, ein interessanter Rest des ältesten Baues, im romanischen Stil. An der Südfronte befindet sich das Singerthor mit dem Grabmal von Otto Nithart Fuchs, [* 9] dem durch Anastasius Grün bekannten »Pfaffen vom Kahlenberg«, an der Nordseite das Bischofsthor.
Unter den Türmen sind zwei Kapellen angebaut, die Tauf- und Barbarakapelle; zu beiden Seiten des Riesenthors befinden sich zwei mit schönen Rosenfenstern ausgestattete Kapellen, die Kreuz- und Eligiuskapelle. Unter den Altären zeichnen sich der 1657 von Jakob Bock [* 10] vollendete Hochaltar von schwarzem Marmor mit Altarblatt der Steinigung des heil. Stephanus von Tobias Bock, der alte deutsche Flügelaltar im rechten Seitenchor und die neuen gotischen Altäre im linken Seitenchor, in der Tauf- und in der Barbarakapelle aus.
Ein Meisterwerk der Plastik ist die 1430 von A. Pilgram vollendete gotische Kanzel. Als ausgezeichnete Holzarbeiten sind die Chorstühle zu erwähnen. Unter den zahlreichen Grabmonumenten verdienen hervorgehoben zu werden: der Sarkophag [* 11] des Kaisers Friedrich III., von Nikolaus Lerch aus rotem Marmor gearbeitet und mit Statuetten, Reliefs und Ornamenten aller Art reich ausgestattet;
das Grabmal des Prinzen Eugen und des Feldmarschalls Emanuel von Savoyen in der Kreuzkapelle, das Grabmal Albrechts III. und seiner Gemahlin Elisabeth u. a. Unter dem Chor befindet sich die Kaisergruft, in welcher seit Ferdinand II. die Eingeweide [* 12] der verstorbenen Mitglieder des Kaiserhauses beigesetzt werden.
Auch ziehen sich unter der Kirche und weiter unter dem Platz, welcher im vorigen Jahrhundert noch Friedhof war, umfangreiche Katakomben hin, welche 34 große Gewölbe [* 13] bilden. Der Stephansdom wird, nachdem die Wiederherstellung der Außenseite vollendet ist, seit 1881 auch im Innern stilgemäß restauriert, zu welchem Behuf sich ein Dombauverein gebildet hat. Der alte hölzerne Dachstuhl [* 14] soll durch Eisenkonstruktion ersetzt werden. (Vgl. Tschischka, Der St. Stephansdom zu Wien, Wien 1832; Perger, Der Dom zu St. Stephan, Triest [* 15] 1854.
Von den übrigen Kirchen der innern Stadt sind folgende hervorzuheben: Die Hofpfarrkirche zum heil. Augustin (1339 vollendet, 1783 umgebaut), enthaltend eins der vorzüglichsten plastischen Kunstwerke Wiens, das Mausoleum der Erzherzogin Christine von Canova (s. Tafel »Bildhauerkunst [* 16] VI«, [* 17] Fig. 19), in der Totenkapelle die Grabmäler des Kaisers Leopold II. (von Zauner), des Feldmarschalls Daun und des Arztes van Swieten. In der anstoßenden Loretokapelle werden die Herzen der verstorbenen Mitglieder des kaiserlichen Hauses in silbernen Urnen aufbewahrt.
Die Hofpfarrkirche zu St. Michael (1220 begonnen, zu Anfang des 15. Jahrh. umgebaut), mit schlankem gotischen Turm, enthält Gemälde von Bock, Unterberger, Schnorr u. a. und außen eine Sandsteingruppe: Christus am Ölberg, von 1494. Die Minoritenkirche (italienische Nationalkirche, 1330 vollendet) hat ein gotisches Portal, ein Monument Metastasios und Raffaellis Mosaikkopie des Abendmahls von Leonardo da Vinci. Die Kirche Maria Stiegen (Maria am Gestade), welche aus dem 9. Jahrh. herstammen soll, erhielt ihre gegenwärtige Gestalt zu Anfang des 15. Jahrh. und ist eins der schönsten gotischen Baudenkmäler; sie besteht aus einem ältern, dreiseitig geschlossenen Chor, woran das einschiffige Langhaus in stumpfem Winkel [* 18] ansetzt, und hat einen 57 m hohen, in eine durchbrochene Steinkuppel ausgehenden Turm und schöne Glasmalereien.
Die Pfarrkirche zu St. Peter (1702 erbaut) ist nach dem Beispiel der Peterskirche in Rom [* 19] ein Kuppelbau mit elliptischem Grundriß und hat ein Hauptportal aus grauem Marmor. Die kleine Kirche zu St. Ruprecht ist 1436 angeblich auf dem Platz einer aus dem 11. Jahrh. stammenden Pfarrkirche erbaut. Andre Kirchen der innern Stadt sind: die Pfarrkirche der Benediktinerabtei Schotten, von Heinrich II. Jasomirgott gegründet, mit den Grabmälern des Stifters und des Grafen Rüdiger von Starhemberg, Verteidigers Wiens gegen die Türken 1683, und neuem Hochaltar von Ferstel;
die Universitäts- oder Jesuitenkirche, ein reicher, 1631 vollendeter Bau im Jesuitenstil;
die Dominikanerkirche (1639 erbaut);
das Kirchlein des Deutschen Ordens;
die Kapuzinerkirche, welche die kaiserliche Gruft enthält, worin seit Kaiser Matthias alle Glieder [* 20] des kaiserlichen Hauses beigesetzt werden, darunter die prachtvollen Grabdenkmäler der Kaiserin Maria Theresia und Franz' I. (auch Napoleons I. Sohn, der Herzog von Reichstadt, ruht in dieser Gruft).
Von den 36 Kirchen in den Vorstadtbezirken sind folgende die ausgezeichnetsten: die Karlskirche auf der Wieden (1716-37 unter Karl VI. nach Aufhören der Pest von Fischer von Erlach erbaut), mit imposanter ovaler ¶
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Kuppel von 28 m Höhe und 19 m Durchmesser, schönem, auf sechs korinthischen Säulen [* 22] ruhen dem, im Giebel mit einem Marmorrelief geziertem Portal, Glockentürmen und zwei 47 m hohen Säulen mit Szenen aus dem Leben des heil. Karl Borromeus darstellenden Reliefs von Mader, Fresken von Rothmayr, schönen Altarblättern und dem Grab des Dichters Collin (gest. 1811);
die Kirche zu St. Johann von Nepomuk in der Praterstraße (1846 von Rösner erbaut), mit schlank zulaufendem Turm über der Vorhalle, Basreliefs am Portal von Klieber, Hauptaltarblatt von Kupelwieser, Fresken von Führich, Schulz u. a.;
die Servitenkirche in der Roßau, eine Stiftung des Fürsten Octavio Piccolomini, mit der Kapelle des heil. Peregrinus;
die Pfarrkirche zu den 14 Nothelfern in der Lichtenthaler Gasse (1770 vollendet) mit guten Altarblättern und Fresken von Kupelwieser, Zoller u. a., Skulpturen von Loy und schönem marmornen Hochaltar;
die Pfarrkirche zur heiligen Dreifaltigkeit in der Alserstraße (1723 vollendet), mit guten Gemälden von Rothmayr und Altomonte;
die Pfarrkirche zu Maria Treu in der Josephstadt (1698-1716 im Zopfstil erbaut), mit mächtiger Kuppelwölbung, zwei 1860 ausgebauten Türmen und Altarblättern von Maulbertsch, Brand, Rahl u. a.;
die Pfarrkirche zu St. Lorenz am Neubau, Westbahnstraße (1787 vollendet), mit Hochaltar von Marmor, einer in Blei [* 23] gegossenen Grablegung Christi von Prokop und schönem Hochaltarblatt von Strudel.
Eine der bedeutendsten neuen Kirchenbauten Wiens ist die Pfarrkirche zu den sieben Zufluchten in der Lerchenfelder Straße (1848 nach Müllers Plan begonnen, 1861 vollendet). Sie ist dreischiffig, hat ein Querschiff, eine achteckige Kuppel, zwei vierseitige Türme, welche über dem Mittelschiff durch eine offene Galerie miteinander verbunden sind. Über dem Hauptportal und in dessen vertieften Flächen stehen Statuen von Preleuthner und Gasser. Das Innere ist mit einem von Führich angeordneten Cyklus von Bildern, ausgeführt von Kupelwieser, Engerth, Blaas u. a., ausgestattet.
Unweit davon befindet sich die 1860-62 nach dem Entwurf von Fr. Schmidt im gotischen Stil ausgeführte Lazaristenkirche mit einem über der Vierung aufsteigenden Turm, schönem, in durchbrochenes Pfeilerwerk aufgelöstem Hochaltar etc. Von den Vorstadtkirchen sind weiter zu erwähnen: die Mechitaristenkirche in der Neustiftgasse (1684 vollendet), mit Schnorrs ausgezeichnetem Wandgemälde, die Speisung der Fünftausend darstellend, im Refektorium;
die Stiftskirche auf der Mariahilfer Straße (1736 erbaut), mit schönem Turm;
die Pfarrkirche zu Mariahilf in der gleichnamigen Vorstadt (1730 vollendet), mit einem vielverehrten Gnadenbild der Maria;
die Pfarrkirche zu St. Joseph in der Vorstadt Margarethen (1768 von der Kaiserin Maria Theresia gegründet), mit vorzüglichen Gemälden von Altomonte, Auerbach [* 24] und Maulbertsch;
die Pfarrkirche zu den heiligen Schutzengeln auf der Wieden (1651 vollendet), mit einem verehrten Madonnenbild und guten Gemälden;
die Salesianerinnenkirche am Rennweg (1719 vollendet), mit großer Kuppel, Gold- und Marmorschmuck, Kuppelfresken von Pellegrini, Altarblättern von van Schuppen, Altomonte u. a. In die neueste Epoche der Wiener Baukunst [* 25] gehören endlich nachfolgende, durchweg gotische Kirchen: die Votivkirche, vom Erzherzog Ferdinand Maximilian, spätern Kaiser von Mexiko, [* 26] zum Andenken an die Rettung des Kaisers beim Attentat vom gegründet, wurde nach dem Plan von Ferstel 1856-79 gebaut und ist eins der schönsten modernen gotischen Bauwerke.
Sie ist ein dreischiffiger Längsbau mit Chorumgang und sieben Apsidialkapellen, einem Kreuzschiff und vier an dasselbe anstoßenden Eckkapellen. An der Hauptfassade nach der Ringstraße zu erheben sich zwei schlanke, durchbrochene, 99 m hohe Türme; über der Vierung des Kreuzes steigt ein eisernes Zentraltürmchen empor. Über den Chorumgang zieht sich ein Oratorium herum; an der Hauptfassade befinden sich drei, an den Kreuzschifffassaden zusammen zwei Portale.
Dem reichen statuarischen Schmuck der Kirche liegt ein typologischer Bildercyklus zu Grunde; an der Hauptfassade findet die Erlösung, an der rechten Fassade die Heiligung, an der linken die Schöpfung plastische Darstellung. Von der stilgemäßen innern Ausstattung sind die prachtvollen Glasgemälde, die polychromierten Gewölbefelder, die Freskomalereien an den Chorwänden (nach Führichs Entwürfen), der schöne Hochaltar, die Kanzel (von ägyptischem Alabaster) und das Grabdenkmal des Grafen Niklas Salm, Verteidigers Wiens gegen die Türken 1529, hervorzuheben.
Das Material des Gebäudes ist durchweg harter Sandstein. Die St. Othmarkirche in der Löwengasse wurde auf Kosten der Kommune Wien und des Kardinals Rauscher nach dem Entwurf von Fr. Schmidt 1866 bis 1873 im frühgotischen Stil in Ziegelrohbau erbaut. Die Pfarrkirche in der Brigittenau (1867-73 gleichfalls nach dem Entwurf von Schmidt ausgeführt) ist ein frühgotischer Ziegelrohbau, im Innern polychrom bemalt, mit Fresken, figuralem Altarschmuck und Glasmalereien.
Die Kirche in Fünfhaus (1867-75 nach dem Entwurf von Fr. Schmidt erbaut) ist ein im gotischen Stil gehaltener achtseitiger Kuppelbau mit Kapellenkranz und vorgelegten Ausbauten. Endlich sind noch die Elisabethkirche auf der Wieden (1860-66 nach dem Entwurf Bergmanns im gotischen Stil in Ziegelrohbau ausgeführt) und die gleichfalls von Bergmann erbaute Pfarrkirche im 10. Bezirk, eine dreischiffige Pfeilerbasilika von vorwiegend italienischem Renaissancecharakter, zu erwähnen.
Die hervorragendsten Kultusgebäude andrer Konfessionen [* 27] sind in der innern Stadt: die Kirche der griechisch-orientalischen Gemeinde am Fleischmarkt (1804 erbaut, 1852-58 in reichem byzantinischen Stil von Hansen umgebaut), im Innern Fresken von Rahl und Thiersch sowie Bilder von Bitterlich und Eisenmenger enthaltend;
die Kirchen der evangelischen Gemeinden Augsburger u. Helvetischer Konfession in der Dorotheengasse und die 1846-49 von Förster und Hansen erbaute evangelische Kirche in Mariahilf;
die Synagoge in der Seitenstettengasse (1826 von Kornhäusel erbaut), im Innern reich im Barockstil ausgeschmückt;
der israelitische Tempel [* 28] in der Leopoldstadt (1853-58 von Förster im maurischen Stil in Ziegelrohbau ausgeführt), mit einer durch Mosaikornamente effektvoll verzierten Vorhalle, einem durch zwei Säulenpaare in drei Schiffe [* 29] geteilten Langhaus und dem Raum für das Allerheiligste;
endlich der neue, 1888 im maurischen Stil ausgeführte Tempel der türkischen Juden, gleichfalls in der Leopoldstadt.
Profanbauten.
(Hierzu Tafel »Wiener Bauten«.) [* ]
Die Zahl der Wohnhäuser [* 30] in Wien betrug Ende 1888: 12,883, während sie sich Ende 1857 erst auf 8806 belief. Unter den einzelnen Gebäuden sind vor allen diejenigen für den kaiserlichen Hof [* 31] und zwar zunächst die kaiserliche Hofburg zu nennen, ein Komplex von Gebäuden, welche zu verschiedenen Zeiten im verschiedenartigsten Stil aufgeführt, um- und ¶