außerordentliche Entwickelungsfähigkeit seines reichen
Talents, der eigentümliche Aufschwung, den seine
Dichtung noch in der
zweiten Hälfte seines
Lebens nahm, hätten die stutzig machen sollen, welche von Wieland immer und überall nur als von einem
guten
Kopf, ohne eigenstes poetisches
Verdienst und tiefere Bedeutung, sprachen. Die mittelbare Nachwirkung Wielands brachte
der deutschen Litteratur eine
Fülle seither nicht gekannter
Anmut und Heiterkeit, die lebendigste Beweglichkeit
und gesteigerte Fähigkeit für alle
Arten der
Darstellung.
Die unmittelbare Nachwirkung, die sich an Wielands schwache Seiten, an die Lüsternheit, die gelegentliche Oberflächlichkeit
und Schnellproduktion des großen Schriftstellers, heftete, ließ eine sehr unkünstlerische und zum Teil unsittliche
Belletristik entstehen, die sich mit
Recht und Unrecht auf Wieland berief und ihm wesentlich schadete. Die sämtlichen Werke Wielands
wurden herausgegeben von
Gruber (Leipz. 1818-28, 53 Bde.;
neue Aufl., das. 1839-40 u. Stuttg.
1853, 36 Bde.) und bei Hempel (Berl.
1879, 40 Bde.); »Ausgewählte
Werke« von H.
Kurz (Hildburgh. 1870, 3 Bde.),
Eine
Biographie
des Dichters schriebGruber
(»Christ.
Martin Wieland«, Altenb. 1815-16, 2 Bde.;
neue Bearbeitung u. d. T.:
»Chr. M. Wielands
Leben«, Leipz. 1827-28, 4 Bde.);
eine neue quellenmäßige bearbeitet B.
Seuffert in
Würzburg.
[* 4]
(spr. wjelitschka),Stadt in
Galizien, in einem anmutigen
Thal
[* 8] an einer Zweiglinie der
Galizischen
Karl Ludwigs-Bahn, ist Sitz einer Bezirkshauptmannschaft und eines Bezirksgerichts, hat eine
Bergschule, ein Reformatenkloster
und (1880) 6289 Einw. Unterhalb der Stadt in der
Richtung gegen
Bochnia (s. d.) befindet sich das berühmte Steinsalzbergwerk,
das reichste der
Monarchie, welches 1250, nach andern schon 965, von einem
Hirten, Wielicz, entdeckt worden
sein soll.
Dasselbe bildet eine umfangreiche unterirdische Stadt, die mit ihren
Straßen,
Plätzen etc. einen weit größern
Raum einnimmt
als das Wieliczka der Oberwelt. Die Salzbildungen gehören der Tertiärzeit an und füllen eine
Bucht aus, deren
Grenzen
[* 9] im
S. und
O. durch eocäne
Sandsteine, im N. durch den neogenen marinen
Sandstein bestimmbar sind. Das reinste, das
sogen. Szybiker
Salz
[* 10] (Schachtsalz), nimmt die relativ tiefste, das Spizasalz die nächst höhere und das sogen.
Grünsalz die höchste
Lage ein.
Die
Ausdehnung
[* 11] des Grubenbetriebs beträgt von O. nach
Westen über 3000 m, von S. nach N. 1140
m, und der
Betrieb erstreckt sich in eine Tiefe von 386 m.
Elf Tagschächte führen in die
Gruben, davon zwei in der Stadt selbst; doch
sind nur drei Förderschächte und ein
Fahrschacht in Verwendung; die übrigen
Schächte werden nur als
Reserve- und Luftschächte erhalten. Die in
Stücken vorkommenden Grünsalzkörper werden in
Etagen firsten- oder solenmäßig
abgebaut; bei dem
Abbau der Szybiker und Spizalager ist der schwebende Langpfeilerbau in Anwendung.
(spr. wje-),AlexanderIgnatiusJohannPeter Starikow,
Marquis von
MirowGonzaga Myszkowski,
Graf von, poln. Staatsmann,
geb. NeffeDembinskis, studierte die
Rechte und
Philosophie, erlangte in
Göttingen
[* 18] die Doktorwürde
und widmete sich der Bewirtschaftung seiner
Güter. Nach der
Revolution von 1830 übernahm er für die provisorische
Regierung
eine diplomatische
Mission nach
England, die erfolglos blieb, riet nach seiner Rückkehr in die
Heimat vergeblich zur Mäßigung
und zur Aussöhnung mit Rußland und zog sich, nach kurzem Aufenthalt in
Krakau
[* 19] amnestiert, auf seine
Güter zurück, um sich der
Hebung
[* 20] derselben und dem
Wohl der
Bauern zu widmen.
Konservativ gesinnt, hoffte er immer noch vom
Anschluß an Rußland das
Beste für
Polen. Gegen
Österreich schrieb er 1846:
»Lettre d'un gentilhomme polonais sur les massacres
de
Galicie, adressée au prince de
Metternich«. Bei seinen Standesgenossen und beim
Volk war er unbeliebt,
da man ihn für einen
hochmütigen, geizigen Russophilen hielt. Im März 1861 übernahm
er denPosten eines
Direktors der
¶
mehr
neugebildeten nationalen Regierungskommission, um Polen durch Reform der Schule und Befreiung des Bauernstandes zu heben und
seine Wiedergeburt vorzubereiten, stieß aber bei seinen Landsleuten auf so allgemeines Mißtrauen, ja Haß und Feindseligkeit,
daß er im Dezember wieder seine Entlassung nahm. Dennoch folgte er im Juni 1862 dem StatthalterGroßfürstenKonstantin
als Chef der Zivilverwaltung nach Warschau, um die Unzufriedenheit in Polen durch eine nationale Regierung und gemäßigte Reformen
zu beschwichtigen.
Als seine Thätigkeit wiederum erfolglos blieb und die rote Partei die Polen durch Gewaltakte, unter anderm zwei Attentate auf
Wielopolski, zur Revolution drängte, die auch Anfang 1863 ausbrach, zog er sich in demselben Jahr nach Dresden
[* 22] zurück, wo er starb.
Vgl. Lisicki, Le
[* 23] marquis Wielopolski, sa vie et son temps (Krak. 1878-80, 2 Bde.), eine von etwas
einseitiger Vorliebe für den Helden beherrschte Biographie, die von mehreren Seiten, besonders vom Grafen H. Tarnowski (das.
1878), angefochten wurde; Spasowicz, Leben und Politik des Marquis von Wielopolski (russ., Petersb. 1882).