Kreisstadt im preuß. Regierungsbezirk
Minden,
[* 19] an der
Ems und
[* 20] der
LinieMünster-Lippstadt der Preußischen
Staatsbahn, hat eine evangelische und eine kath.
Kirche, ein Franziskanerkloster, ein
Amtsgericht, Zigarrenfabrikation, Seilerei,
Gerberei, eine Gurtenfabrik, eine Dampfmahlmühle,
Malerei und Bildhauerei und (1885) 2859 Einw. Wiedenbrück, das
schon 952 erwähnt wird, liegt in dem ehemaligen, zum
BistumOsnabrück
[* 21] gehörigen
Amt Reckeberg, das 1815 zu
Preußen
[* 22] kam.
desVerfahrens, die nochmalige
Verhandlung einer durch rechtskräftiges
Urteil
(Freisprechung oder
Verurteilung)
bereits endgültig entschiedenen
Strafsache. Eine Wiederaufnahme kann nach der deutschen Strafprozeßordnung dann geschehen, wenn der
freigesprochene Angeklagte nachträglich vor
Gericht oder außergerichtlich ein glaubwürdiges
Geständnis
der strafbaren
Handlung ablegt. Zu gunsten eines verurteilten Angeschuldigten dagegen kann die Wiederaufnahme erfolgen, wenn
neue
Thatsachen oder Beweismittel beigebracht werden, welche die
Freisprechung des Angeklagten oder doch in Anwendung eines
mildern Strafgesetzes eine geringere Bestrafung desselben zu begründen geeignet sind, oder wenn ein zivilgerichtliches Urtheil,
auf welches das
Strafurteil gegründet war, durch ein andres rechtskräftig gewordenes
Urteil wieder aufgehoben
ist. Zu gunsten wie zu ungunsten des Angeschuldigten findet ferner die Wiederaufnahme statt, wenn eine in der
Hauptverhandlung gegen oder
für den Angeschuldigten als echt vorgebrachte
Urkunde fälschlich angefertigt oder verfälscht war, wenn ein
Zeuge oder Sachverständiger
sich durch Beeidigung eines gegen oder für den Angeklagten abgelegten Zeugnisses oder abgegebenen
Gutachtens einer
Verletzung der
Eidespflicht schuldig
gemacht, oder endlich, wenn bei dem
Urteil ein
Richter, Geschworner oder
Schöffe mitgewirkt hat, welcher
sich in Beziehung auf die
Sache einer Verlegung seiner Amtspflichten schuldig gemacht hatte. Im bürgerlichenProzeß
ist eine Wiederaufnahme im Weg der Nichtigkeitsklage (s.
Nichtigkeit) oder im Weg der
»Wiedereinsetzung in den vorigen
Stand« (s. d.) möglich.
indenvorigenStand
(Restitution, lat.
Restitutio in integrum), Wiederherstellung eines frühern Rechtszustandes;
im römischen und gemeinen deutschen
Recht ein
Rechtsmittel, vermöge dessen der von einem Rechtsnachteil Betroffene aus
Gründen
der
Billigkeit eine Beseitigung jenes Rechtsnachteils und eine Wiederherstellung des verlornen Rechtszustandes erwirken konnte.
Der Grundgedanke dieses Rechtsinstituts war der, eine Ausgleichung des strengen
Rechts mit der
Billigkeit
herbeizuführen.
Daher fand
Restitution namentlich dann statt, wenn
Handlungen oder Unterlassungen eines Verletzten auf einen
Irrtum desselben
zurückzuführen, oder wenn
Zwang oder
Betrug den also Geschädigten zu der
Handlung oder Unterlassung bestimmt hatten. Ebenso
war bei Unterlassungen die
Abwesenheit des Verletzten ein Restitutionsgrund. Am wichtigsten von allen
Gründen aber war die
Minderjährigkeit, indem das
Gesetz den
Schutz für Minderjährige auf
Gemeinden und kirchliche
Korporationen,
die
Praxis aber auch auf andre Bevormundete und auf andre juristische
Personen ausdehnte.
In dem letztern
Fall muß der
Antrag auf Wiedereinsetzung innerhalb eines
Monats seit
Ablauf der versäumten
Notfrist gestellt
werden, während außerdem hierzu eine
Frist (Restitutionsfrist) von zwei
Wochen von der Beseitigung des Hindernisses an läuft.
Im
Strafprozeß kann die Wiedereinsetzung gegen die Versäumung von
Fristen und
Terminen überhaupt stattfinden, wofern unabwendbare
Zufälle
die
Versäumnis herbeiführten, also namentlich Naturereignisse oder der Umstand, daß der Antragsteller
ohne sein Verschulden keine Kenntnis von einer
Zustellung erhielt. Das Gesuch um Wiedereinsetzung muß binnen einer
Woche nach Beseitigung
des Hindernisses, d. h. des
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mehr
Versäumnisgrundes, bei dem betreffenden Gericht angebracht werden. Mit dem Gesuch muß zugleich die versäumte Handlung nachgeholt
werden.