Huß'. Nachdem nach Ruprechts Tod 1410 Siegmund zum römischen Kaiser gewählt worden war, trat Wenzel in einem Vergleich zu dessen
gunsten 1411 seine Rechte auf das Kaisertum ab, indem er sich bloß den Kaisertitel vorbehielt, überließ von jetzt an den
Landständen die Regierung in Böhmen und ergötzte sich auf seinen Schlössern an der Jagd. Er starb in
Prag infolge eines Blutschlags, welcher ihn bei der Kunde von dem Ausbruch der hussitischen Empörung befiel.
Vgl. Pelzel, Lebensgeschichte
des römischen und böhmischen Königs Wenzel (Prag 1788-1790, 2 Bde.);
Lindner, Geschichte des Deutschen Reichs unter König Wenzel (Braunschw.
1875-76, 2 Bde.);
»Reichstagsakten unter König Wenzel« (hrsg.
von Weizsäcker, Münch. 1868-77, 3 Bde.).
[Könige von Böhmen.]
2) Wenzel (Wenceslaus) I., Sohn Ottokars I., folgte diesem 1230, fiel, obwohl mit einer Tochter Philipps von
Schwaben vermählt, 1240 von der staufischen Sache ab, mußte 1248 vor einer Empörung des Adels, an deren Spitze
sein Sohn Ottokar stand, aus Böhmen fliehen, eroberte es 1249 wieder und starb Deutschem Wesen hold, galt er auch
als Freund des Minnesangs; das ihm zugeschriebene böhmische Minnelied ist jedoch unecht.
3) Wenzel II., Sohn Ottokars II., folgte diesem nach seinem Tod auf dem Marchfeld 1278 in der Herrschaft von
Böhmen und Mähren unter Vormundschaft des Markgrafen Otto von Brandenburg, welcher Wenzel selbst in einer Art von Gefangenschaft
hielt und das Land durch Habsucht bedrückte, vermählte sich mit Rudolfs von Habsburg Tochter Guta, trat 1283 selbst die Regierung
an, ohne jedoch dem wüsten Treiben der Adelsparteien ein Ende machen zu können, erwarb Eger, Meißen und
die Oberlehnsherrschaft über die schlesischen Herzogtümer, wurde 1291 zum König von Kleinpolen, d. h. Krakau und Sandomir, 1300 auch
zum Herrscher Großpolens, dessen Erbtochter er als zweite Gemahlin geehelicht hatte, erwähnt, brachte 1302 seinen Sohn (s.
unten) auf den Thron Ungarns und starb Wenzel war auch Minnesänger.
4) Wenzel III., des vorigen Sohn, wurde 1302 in Stuhlweißenburg als König von Ungarn gekrönt, konnte sich aber gegen Karl Robert
von Neapel nicht behaupten, folgte seinem Vater 1305 in Böhmen, versank völlig in Schwelgerei und Sinnenlust, ward von
dem thüringischen Ritter Konrad v. Bodenstein ermordet. Mit ihm erlosch der Mannesstamm der Premysliden.
- 5) Wenzel IV., s. Wenzel 1).
(Werpelrot), ein an seinen Ästen mit Früchten, Kuchen, Bändern, Flittergold und sonstigem Zierat wie ein kleiner
Christbaum behängter Baumzweig (meist von Wacholder oder Stechpalme), der sonst am Palmsonntag in der Kirche
geweiht wurde, jetzt aber in einigen Gegenden Deutschlands als eine Art von winterlichem Gegenstück des Maibaums (s. Maifest)
von den jungen Burschen den Mädchen am Neujahrsabend dargebracht wird. Man flicht auch wohl die Äste eines Weidenzweigs zu
einem Rad oder einer Krone zusammen und putzt sie ähnlich aus. Das damit ausgezeichnete Mädchen erwidert
gewöhnlich als Zeichen der Annahme die Gabe durch ein ähnliches Geschenk zum Dreikönigstag.
Dorf im bad. Kreis Mosbach, Amt Tauberbischofsheim, an der Tauber, mit (1885) 1092 Einw. Hier fand ein
Gefecht zwischen der oldenburgisch-hanseatischen Brigade und den Badensern statt, welches den Prinzen Wilhelm von
Bade veranlaßte,
sich auf Würzburg zurückziehen.
11 km langer, aber nur schmaler, romantisch zwischen bewaldeten Hügeln gelegener See im preuß. Regierungsbezirk
Potsdam, mit neuerdings entdeckten wendischen Pfahlbauresten, ist durch den 10 km langen Werbelliner Kanal
mit dem Finowkanal verbunden.
Stadt im preuß. Regierungsbezirk Magdeburg, Kreis Osterburg, im fruchtbarsten Teil der »Wische«, unweit der Elbe,
hat eine alte Tempelherrenkirche, Schiffahrt und (1885) 1734 evang. Einw.
(Anwerbung), die Ergänzung des Heers durch Rekruten, welche gegen Handgeld freiwillig in den Militärdienst
treten, im Gegensatz zur Konskription (s. d.) und zum Kantonsystem (s. d.).
Griechen und Römer verstärkten ihre Heereshaufen durch geworbene Söldner. Im Mittelalter kam die Werbung wieder in Aufnahme, um
der Ritterschaft eine nur dem Landesherrn verpflichtete Streitmacht entgegenzustellen. Eine Zeitlang war die Schweiz der vornehmste
Werbeplatz in Europa.
Unter Maximilian I. wurde bei Errichtung der Landsknechte (s. d.) die Werbung in Deutschland zum erstenmal im
großen angewendet. Nach dem Westfälischen Frieden schuf der Große Kurfürst in Brandenburg durch freie ein stehendes Heer, welches
das vornehmste Werkzeug zur Vergrößerung der preußischen Monarchie wurde. Über die spätern Werbungen vgl. Werbung v.
Schultz, Die preußischen Werbungen unter Friedrich Wilhelm I. und Friedrich d. Gr. (Schwerin 1887). Das Werbesystem
erhielt sich bis zum Anfang des 19. Jahrh. Jeder Staat schickte Werbeoffiziere aus, welche, mit Werbepatenten und mit Werbegeldern
versehen, auf gewisse Werbeplätze angewiesen wurden.
Sie betrieben die Werbung teils insgeheim, teils öffentlich. Im erstern Fall begaben sie sich gewöhnlich in bürgerlicher
Kleidung in die nächsten Grenzorte versuchten Rekruten durch Versprechungen oder durch List und Gewalt zur Dienstnahme zu bewegen.
Bei der öffentlichen Werbung begab sich der Werbeoffizier, von einem Tambour, Pfeifer oder Trompeter begleitet, in die Ortschaften
des ihm angewiesenen Distrikts, kündigte laut an, für wen und unter welchen Bedingungen er Soldaten zu
werben gekommen sei, und empfing dann die Anmeldung.
Die Annahme erfolgte gewöhnlich für eine bestimmte Zeitdauer. Im 19. Jahrh. war die Werbung meist
auf Gewinnung von Ausländern für den Dienst in Fremdenregimentern beschränkt, so früher in Frankreich für die algerische
Fremdenlegion, im Kirchenstaat für die Schweizergarden, ferner in den Niederlanden für die oft indischen
Truppen, für welche im Mutterland ein Werbedepot zur Aufnahme und Ausbildung der neuen Rekruten besteht. Grundlage des ganzen
Wehrwesens ist das Werbesystem nur noch in den Vereinigten Staaten und in England, hier aber ist die Werbung nur auf Inländer beschränkt.
Issezk, Fabrikdorf im russ. Gouvernement Perm, am Isset, mit 2 Kirchen, Eisen-, Blei- und Goldbergwerken, Gußeisenfabriken
und ca. 7030 Einw. Die seit 1726 ausgebeuteten Lager befinden sich in rotem, gelbem und weißem Thon bei einer Tiefe von 6-13
m.
Kreisstadt im russ. Gouvernement Jekaterinoslaw, unweit des Dnjepr, an der Eisenbahn
Jekaterinoslaw-Dolinskaja, hat eine griech. Kirche, etwas Schiffahrt und (1885) 7570 Einw.