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Welcker
v.
Humboldt, wurde 1809 ordentlicher
Professor der
Archäologie und griechischen Litteratur zu
Gießen,
[* 2] machte 1814 als Freiwilliger
den
Freiheitskrieg mit, verwendete den folgenden
Winter in
Kopenhagen
[* 3] zur Bearbeitung des Zoëgaschen
Nachlasses, legte 1816 aus
politischen
Gründen sein
Amt in
Gießen nieder, wurde aber noch in demselben Jahr
Professor in
Göttingen
[* 4] und 1819 in
Bonn,
[* 5] ward hier in die Untersuchung gegen
Arndt verwickelt, aber 1826 freigesprochen, auch 1832 wegen des Wiederabdrucks
zweier politischer Abhandlungen auf kurze Zeit seiner amtlichen
Funktionen enthoben, machte 1841 eine größere
Reise nach
Griechenland
[* 6] und
Kleinasien (beschrieben im
»Tagebuch einer griechischen
Reise«, Berl. 1865, 2 Bde.),
verlebte 1852 noch einmal den
Winter in
Rom,
[* 7] zog sich seit 1861 wegen eines Augenleidens von der akademischen
Thätigkeit zurück und starb in
Bonn. Um die
Bonner
Universität hat er sich nicht bloß durch seine vielseitigen
Vorlesungen hochverdient gemacht; er hat auch die
Bibliothek und das akademische Kunstmuseum (von ihm
selbst beschrieben,
Bonn 1827, 2. Aufl. 1841; Nachtrag 1845) begründet.
Seine kunstgeschichtlichen Studien legte er nieder in der Übersetzung von Zoëgas »I bassirilievi antichi di Roma« [* 8] (Gieß. 1811-12, 2 Bde.),
»Zoëgas Abhandlungen« (Götting. 1817),
»Zoëgas Leben« (das. 1819, 2 Bde.),
der »Zeitschrift für Geschichte und Auslegung der alten Kunst« (das. 1817 bis 1818, 3 Hefte),
besonders in »Alte Denkmäler« (das. 1849-64, 5 Bde.). Zur Mythologie lieferte er die bahnbrechende »Griechische Götterlehre« (Götting. 1857-63, 3 Bde.) u. a. Aus dem Gebiet der griechischen Litteratur verdanken wir ihm besonders eine Übersetzung der »Wolken" und »Frösche« [* 9] des Aristophanes (Gieß. 1810-12, 2 Bde.) sowie Ausgaben der »Fragmenta Alcmanis lyrici« (das. 1815),
»Hipponactis et Ananii fragmenta« (Götting. 1817),
»Philostratorum imagines et Callistrati statuae« (Leipz. 1825, mit Jacobs),
»Theognidis reliquiae« (Frankf. 1826),
der »Sylloge epigrammatum graecorum« (Bonn 1828) und der Hesiodischen »Theogonie« (Elberf. 1865). Für die griechische Litteraturgeschichte waren epochemachend: »Die Äschyleische Trilogie« (Darmst. 1824; Nachtrag, Frankf. 1826);
»Der epische Cyklus« (Bonn 1835-49, 2 Bde.; 2. Aufl. 1865-82);
»Die griechischen Tragödien mit Rücksicht auf den epischen Cyklus geordnet« (das. 1839-41, 3 Bde.).
Außerdem besorgte er die Sammlung von Dissens »Kleinen Schriften« (mit Thiersch und O. Müller, Götting. 1839) und Näkes »Opuscula« (Bonn 1842-45, 2 Bde.),
die 3. Auflage von O. Müllers »Handbuch der Archäologie« (Bresl. 1848) und redigierte 1833-38 mit Näke, seit 1842 mit Ritschl das »Rheinische Museum für Philologie«. Seine »Kleinen Schriften zur griechischen Litteraturgeschichte« erschienen gesammelt in Bonn und Elberfeld [* 10] (1844-67, 5 Bde.),
außerdem »Kleine Schriften zur Mythologie, Kunst und Litteraturgeschichte« (Elberf. 1868).
Vgl.
Kekulé, Das
Leben F. G. Welckers
(Leipz. 1880).
2)
Karl
Theodor, deutscher
Liberaler und Rechtsgelehrter,
Bruder des vorigen, geb. zu Oberofleiden im Großherzogtum
Hessen,
[* 11] studierte zu
Gießen und
Heidelberg
[* 12] die
Rechte.
Seinen schriftstellerischen
Ruf gründete er bereits als
Student mit dem
Werk »Die letzten
Gründe von
Recht,
Staat und
Strafe«
(Gieß. 1813).
Noch in demselben Jahr habilitierte er
sich zu
Gießen, und im folgenden Jahr ward er zum außerordentlichen
Professor ernannt. Als der Aufruf des
Königs von
Preußen
[* 13] zur
Bildung von
Freiwilligenkorps erging, wollte auch Welcker
zu den
Waffen
[* 14] greifen, erhielt aber keinen
Urlaub und
ging nun als
Professor der
Rechte nach
Kiel,
[* 15] wo er mit
Dahlmann u. a. die
»Kieler
Blätter« redigierte.
Von Kiel folgte er einem Ruf nach Heidelberg und 1819 nach Bonn. Zur Zeit der Demagogenriecherei wegen angeblicher Umtriebe zur Rechenschaft gezogen, endlich aber freigesprochen (vgl. seine »Aktenmäßige Verteidigung gegen die Verdächtigung der Teilnahme an demagogischen Umtrieben«, Stuttg. 1823-24),
ging er 1823 als Professor der Rechte nach Freiburg, [* 16] wo sein Werk »Das innere und äußere System der praktischen, natürlichen und römisch-christlich-germanischen Rechts-, Staats- und Gesetzgebungslehre« (Bd. 1 auch unter dem Titel: »Die Universal- und die juristisch-politische Encyklopädie und Methodologie«, das. 1829), entstand. 1830 reichte er beim Deutschen Bund die Forderung nach vollkommener Preßfreiheit ein, und 1831 vom Oberamt Ettenheim in die badische Kammer gewählt, trat er hier als Wortführer der Liberalen auf.
Seine mit K. v.
Rotteck begründete
Zeitschrift »Der Freisinnige« ward 1832 verboten und die beiden
Redakteure ihre
Amtes entsetzt.
Beide vereinigten sich hierauf zur Herausgabe des »Staatslexikons«
(Altona
[* 17] 1834-49, 15 Bde. und 4 Supplementbände; 3. Aufl.,
Leipz. 1856-66, 14 Bde.). Im
August 1840 wurde Welcker
zwar wieder in seine Professur eingesetzt, schon im folgenden Jahr aber
wegen einiger auf einer
Reise durch Norddeutschland gehaltener
Reden abermals suspendiert.
Seitdem lebte er in
Heidelberg. Nach dem
Ausbruch der
Revolution von 1848 wurde Welcker
zuerst badischer Vertrauensmann
beim
Bundestag und dann von
Frankfurt
[* 18] ins
Parlament gewählt, wo er seinen Sitz im rechten
Zentrum nahm und Mitglied des Verfassungsausschusses
ward. Im Juli 1848 ging er als
Bevollmächtigter des
Deutschen
Bundes nach
Ratzeburg, im
August als Gesandter
der
Zentralgewalt nach
Stockholm.
[* 19] Wiewohl
Stifter der sogen. großdeutschen
Partei, brachte er den
Antrag, betreffend
die erbliche Kaiserwürde des
Königs von
Preußen, in die
Nationalversammlung. Im Juni 1849 schied Welcker
aus der
Nationalversammlung
und legte auch seine
Stelle als
Bevollmächtigter der badischen
Regierung bei der
Zentralgewalt nieder. Er
starb in
Heidelberg. Von seinen
Schriften sind noch hervorzuheben: »Die rechtliche Begründung unsrer
Reform« (Frankf.
1861) und »Der preußische Verfassungskampf« (das.
1863).
3)
Hermann, Anatom und Anthropolog,
Neffe des vorigen, geb. zu
Gießen, studierte seit 1841 daselbst und in
Bonn
Medizin
und
Naturwissenschaft, wurde 1850 Assistenzarzt in
Gießen, habilitierte sich 1853 als
Privatdozent für
Anatomie, wurde 1855
Professor am anatomischen
Institut, 1859
Professor der
Anatomie in
Halle,
[* 20] 1876
Direktor des dortigen anatomischen
Instituts. Welcker
arbeitete besonders über die
Irradiation,
[* 21] die Zählung der Blutkörperchen
[* 22] und die Bestimmung der in den
Tieren
enthaltenen Blutmenge; er führte das
Mikrotom in die anatomische
Technik ein und gab ein
Verfahren zur
Schädelmessung an, auch zeigte er, auf welche
Weise über das Zusammengehören eines
Schädels und eines Kopfprofils ziemlich
sicher entschieden werden kann. Er schrieb unter anderm: Ȇber Anfertigung mikroskopischer
Präparate«
(Gieß. 1856),
»Über Wachstum und Bau des menschlichen Schädels« (Leipz. 1862);
»Schillers Schädel und Totenmaske« (Braunschw. 1883) und gab die Sammlung »Dialektgedichte« (2. Aufl., Leipz. 1885) heraus. ¶