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herausgespült ist. Nötigen Falls gießt man den Wein durch Leinwand. Beim Abstehen (Umschlagen) verschwinden der Alkohol und die Säure, der Wein wird dunkler, fade, dann trübe und übelriechend; im Beginn der Krankheit hilft ein kleiner Zusatz von Ätherschwefelsäure. Faßgeschmack (Faß- oder Schimmelgeruch) wird durch anbrüchige Dauben oder in dumpfigen Kellern hervorgebracht und durch Schütteln mit Olivenöl und frisch ausgeglühter Holzkohle beseitigt, wobei freilich ein großer Teil des Bouketts verloren geht.
Man vermeidet diese Krankheiten des Weins durch rationelle Behandlung desselben und wendet zur Heilung eine große Zahl von Mitteln an, welche, aus der Empirie hervorgegangen, im besten Fall nichts schaden. Erst seitdem man weiß, daß fast alle Erkrankungen des Weins auf der Anwesenheit von Organismen beruhen, hat man im Pasteurisieren (Pastrieren) das wirksamste Konservierungsmittel entdeckt. Dasselbe besteht darin, daß man den gesunden oder kranken Wein kurze Zeit einer seiner Beschaffenheit angemessenen höhern Temperatur aussetzt, um die Organismen zu töten.
Haben letztere dem Wein bereits geschadet, so erhält er freilich durch das Pasteurisieren seine ursprüngliche gute Beschaffenheit auch nicht wieder. Pasteurisierter Wein ist vollkommen haltbar, erträgt jeden Temperaturwechsel, Reisen in tropische Gegenden, kann aber wieder erkranken, wenn schädlichen Organismen Zutritt gewährt wird. Man kann jeden Wein pasteurisieren, er gewinnt viel eher durch das Erhitzen, als daß Geschmack und Boukett leiden. Schwache junge Weine erhitzt man auf 60-65°, alle übrigen auf 55° und zwar in Flaschen oder Fässern in eigentümlichen Apparaten. Auch Salicylsäure (0,02-0,06 g auf eine Flasche) [* 2] eignet sich zum Konservieren des Weins.
Der Most schlechter oder mittlerer Weinjahre enthält im Verhältnis zum vorhandenen Zucker [* 3] immer eine genügende Menge eiweißartiger Körper zur Hefebildung und vergärt daher vollständig, so daß in dem fertigen Jungwein oft kaum noch eine Spur von Zucker zu finden ist. In sehr zuckerreichem Most dagegen findet der Hefepilz schließlich keine eiweißartige Nahrung mehr, und überdies hört die Gärung auch bei Gegenwart von Zucker auf, sobald der Alkoholgehalt auf 12-14 Proz. angewachsen ist.
Man unterscheidet danach trockne Weine, in denen der Zuckergehalt vollständig vergoren ist, und süße Weine, in denen ein Teil des Zuckers aus den angegebenen Gründen erhalten ist. Manche süße Weine verdanken indes ihren Zuckergehalt auch einem Zusatz von Zucker, eingekochtem Most oder Vermischen des Mostes mit 20 Proz. Alkohol. Dicksaftige, süße Weine heißen Likörweine. Nach der Farbe unterscheidet man Weiß- und Rotweine, hellroten Schiller und rötlichen Bleichart. Junger Wein heißt im ersten Jahr Most, dann grüner Wein; abgelagerter Wein heißt Firnewein. An Alkohol und Extraktivstoffen reiche Weine haben Körper, an Alkohol und ätherischen Stoffen reiche Weine heißen schwer.
Der Wein enthält außer Wasser, der kaum verminderten freien Säure des Mostes und gewissen, nicht näher bekannten Extraktivstoffen Reste von Zucker (meist Fruchtzucker), Farbstoff (Önocyanin in den Rotweinen, veränderte Extraktiv- und Gerbstoffe in den Weißweinen) und Spuren von Fett, Reste von Proteinkörpern, mehr oder weniger Gerbsäure, Gummi, Pektinkörper und Salze. Zu diesen aus dem Moste stammenden Bestandteilen gesellen sich als Gärungsprodukte Alkohol, geringe Mengen von Butyl- und Propylalkohol, zusammengesetzte Äther (Önanthäther etc.), Glycerin, Bernsteinsäure, Essigsäure, vielleicht auch Milchsäure, größere oder geringere Mengen Kohlensäure etc. Der Alkoholgehalt beträgt bei Pfälzer Weinen 7-9,5, Frankenweinen 8-10, Rheinweinen 6-13, meist 9-10, Ungarweinen 9-11, roten französischen Weinen 9-14, badischen Weinen 9,8-11,5, Champagner 9-12, Jeres 17, Madeira, [* 4] Portwein, Marsala 15-24 Volumprozente. An Zucker enthalten französische Rotweine 0,5, Rheinweine 3,6-8,6 Proz.; die Süßigkeit der Weine rührt aber auch vom Glycerin her, von welchem z. B. in österreichischen Weinen 2,6 Proz. vorkommen.
Mit zunehmendem Alter verschwindet das Glycerin allmählich, und dadurch werden die Weine mager; auch durch eine eigentümliche Gummiart (Önanthin, 0,3-1,1 Proz.) erhält der Wein eine gewisse Konsistenz (Körper). Der Extraktgehalt (Verdampfungsrückstand) beträgt bei Rheinweinen 4,2-10,6, Pfälzer Weinen 1,9-10,7, Frankenweinen 1,1 bis 7,2, österreichischen Weinen 2,25-2,64 Proz. Der Säuregehalt beträgt bei österreichischen Weinen 0,47 bis 0,7, französischen 0,46-0,84, deutschen 0,053-0,82, spanischen 0,36-0,63, portugiesischen 0,40-0,67, ungarischen 0,57-0,72, sizilischen 0,33-0,55 Proz. Der Gehalt an Weinsäure schwankt zwischen 0,2 u. 0,7 Proz. Gerbsäure findet sich am reichlichsten in schwer gedeckten Bordeauxweinen und Portwein. Der Aschengehalt (Kali, Kalk, Magnesia, Natron, Eisen, [* 5] Schwefelsäure, [* 6] Phosphorsäure, Chlor) beträgt bei Rheinwein 0,19, Ungarwein 0,18, Portwein 0,24, Madeira 0,25 Proz.
Über die Zusammensetzung einiger Weine vgl. folgende Tabelle:
Spez. Gewicht | Alkohol Volumenprozente | Extrakt Proz. | Zucker Proz. | Weinsäure Proz. | Asche Proz. | |
---|---|---|---|---|---|---|
Pisport, 1848er | 0.998 | 10.8 | 2,226 | 0.520 | 0.583 | 0.203 |
Rüdesheim, 1848er | 0.996 | 11.4 | 2,450 | 0.425 | 0.519 | 0.179 |
Johannisberg, 1842er | 0.992 | 10.0 | 2,059 | 0.416 | 0.514 | 0.120 |
Aßmannshausen, 1857er | 0.993 | 10.4 | 2,675 | - | 0.427 | 0.212 |
Oberingelheim, 1866er | 0.999 | 10.22 | 3,876 | - | 0.510 | 0.247 |
Walportsheimer Berg, 1865er | 0.993 | 11.12 | 3,025 | 0.077 | 0.514 | 0.200 |
Forster Auslese, 1848er | 0.996 | 11.4 | 2,464 | 0.630 | 0.484 | 0.133 |
Leistenwein, 1871er | 0.993 | 11.02 | - | 0.011 | 0.660 | 0.171 |
Vöslauer Goldeck, Kabinett | 0.993 | 10,281 | 2,534 | - | 0.592 | 0.258 |
Pauillac-Beycheville, 1865er | 0.995 | 9,055 | 2,534 | - | 0.637 | 0.198 |
St.-Julien, 1865er | 0.995 | 9,281 | 2,546 | - | 0.637 | 0.228 |
- | ||||||
Malaga | 1,069 | 13.20 | 14.40 | 9.90 | - | - |
Madeira | 0.994 | 18.00 | 5.51 | - | 0.37 | 0.428 |
Sherry | 0.991 | 20.70 | 3.71 | 1.66 | 0.464 | 0.479 |
Portwein | 0.996 | 20.10 | 4.30 | 2.79 | 0.439 | 0.278 |
Tokayer | 1,007 | 16.67 | 8.13 | 11.36 | 0.481 | - |
Champagner | - | 13.60 | 11.1 | - | - | - |
Der Weingeruch, welchen man bei jedem Wein wahrnimmt, wird durch den sogen. Önanthäther, ein Gemisch verschiedener Stoffe, namentlich von Kapryl- und Kaprinsäureäther, hervorgebracht. Über die das Boukett (Blume) bildenden Stoffe ist wegen der höchst geringen Menge, welche sich davon im W. findet (am meisten in sauren Rhein- und Moselweinen), so gut wie nichts bekannt; sehr wahrscheinlich spielen auch hier zusammengesetzte Äther, die sich wohl großenteils bei der zweiten und Lagergärung bilden, und vielleicht Fermentöle die Hauptrolle. In sehr alten Weinen entwickelt sich ein eigentümlicher Geruch (Jufteln), welcher durch Acetal hervorgebracht wird, wenigstens durch Zusatz von sehr wenig ¶
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Acetal jedem Wein mitgeteilt werden kann. Manche Riechstoffe der Trauben (Muskateller, Isabelltrauben) gehen direkt in den Wein über, und man unterscheidet demnach gewürzhafte und Boukettweine, ohne zwischen beiden eine scharfe Grenze ziehen zu können. Zur Hebung [* 8] des Bouketts werden verschiedene Blätter, Blüten und Früchte, besonders die Blüte [* 9] des Weinstocks und Holunderblüten, benutzt. Bemerkenswert ist, daß eine Ölemulsion, gärendem Most oder gärender weinsaurer Zuckerlösung zugesetzt, starken Weingeruch erzeugt. Ein bestimmter Gehalt des Bodens der Weinberge an Kali soll der Entwickelung des Bouketts sehr förderlich sein.
Bei der Weinbereitung ergeben sich mehrere Rückstände und Abfälle. Die Treber dienen zur Darstellung von Branntwein, Grünspan, Essig, Pottasche, Leuchtgas, [* 10] als Viehfutter, zuletzt als Brennmaterial und Dünger. Aus den Kernen gewinnt man fettes Öl und Gerbsäure. Das Weingeläger liefert Branntwein, Drusenöl, Weinstein, Pottasche, und aus den Stielen und Kernen bereitet man auch durch Verkohlen ein schwarzes Farbmaterial (Weinrebenschwarz, Frankfurter Schwarz). Der in den Fässern sich abscheidende Weinstein wird gereinigt und auf Weinsäure verarbeitet.
Gewöhnlich teilt man die Weine in Weiß-, Rot- und hellrote Schillerweine, außerdem in folgende Hauptsorten ein:
1) Süße Weine (Likörweine, Strohweine, Essenzen), z. B. Lunel, Malaga, [* 11] Roussillon. Madeira, Tokayer, Kanariensekt und ähnliche Weine bilden eigentlich eine besondere Gruppe.
2) Saure oder harte Weine, wie die Rhein-, Mosel- und Ungarweine.
3) Geistige (alkoholreiche) Weine sind die Burgunder-, Portweine, viele italienische, spanische, griechische Weine etc.
4) Adstringierende (gerbstoffreiche) Weine, wie Bordeaux, [* 12] manche Rheinweine etc.
5) Schaumweine, Champagner, moussierender Burgunder, Ungar-, Rheinwein etc. Wichtiger als diese doch nicht streng durchzuführende Einteilung ist die Gruppierung der Weine nach den Produktionsländern (s. die einzelnen Artikel: Bordeauxweine, Moselweine, Rheinweine, Ungarweine etc.). Die Weinkultur erstreckt sich über alle Erdteile; am bedeutendsten ist sie in Europa, [* 13] wo man den Weinbau durch besondere Fachschulen, die önochemischen Versuchsstationen (Karlsruhe, [* 14] Wiesbaden, [* 15] Klosterneuburg) u. Weinbauvereine zu fördern sucht. Die durchschnittliche Jahresproduktion von Wein beträgt (in Hektolitern) in
Frankreich 36679000
Österreich-Ungarn [* 18] 8920000
Portugal 4000000
Deutsches Reich 2089200
Griechenland [* 19] 2000000
Rußland 1840000
Serbien 500000
Europa 99907700
Kapland 170000
Australien [* 24] 72000
Außereuropäische Gebiete 1732000
Gesamtproduktion 101 639 700
Der mittlere Weinverbrauch pro Kopf der Bevölkerung [* 25] beträgt in Litern in Frankreich 102,1, Spanien 79,1, Portugal 75,9, Italien 70,7, Schweiz 47,0, Österreich-Ungarn 21,1, Deutschland [* 26] 4,8, Holland 3,0, Großbritannien [* 27] 2,0, Norwegen [* 28] 0,9, Schweden 0,5. Von den zahlreichen Weinsorten haben sich nur wenige zu dem Rang von Weltweinen aufgeschwungen und werden überall getrunken, so besonders Portwein. Madeira und Champagner, von denen aber der zweite gegenwärtig geringere Bedeutung hat. Nächstdem haben Bordeaux und Burgunder die größte Verbreitung, in dritter Reihe der spanische Sherry und die Rheinweine.
Schaumweine (Champagner).
Schaumweine (moussierende Weine, Champagner) sind gewöhnlich gute Weine, welche so viel Kohlensäure enthalten, daß sie beim Ausgießen aus der Flasche stark moussieren. Zur Darstellung derselben verarbeitet man meist eine Mischung von weißen und roten Trauben, entbeert diese, keltert schnell oder läßt die Maische, wenn der Wein rötlich werden soll, leicht angären und hält darauf, daß der Most 18 Proz. Zucker und 0,6-0,75 Proz. Säure enthält. Um die Gärung zu mäßigen und den Wein alkoholreicher zu machen, setzt man 1 Proz. Kognak hinzu. Im Frühjahr des nächsten Jahrs hat der auf gewöhnliche Weise behandelte Wein genügende Reife erlangt, oft werden dann mehrere Weinsorten gemischt, um ein geeignetes Produkt zu erhalten.
Dies wird, wenn nötig, geschönt und nach hinreichender Klärung auf sehr starke Flaschen gefüllt, welche einen hohen innern Druck ertragen. Auf jede Flasche fügt man ein bestimmtes Quantum ganz reiner Zuckerlösung (aus Raffinade bereiteter Sirup), bisweilen auch starken alten Wein hinzu, in welch letzterm Fall der Wein mit dem Anschein des Alters versandt werden kann, bevor er ein Jahr alt ist. Die gefüllten, verkorkten, mit Bindfaden und Eisendraht verbundenen Flaschen werden im Gärlokal liegend aufgeschichtet und beginnen alsbald zu arbeiten.
Durch die noch in dem jungen Wein enthaltene Hefe [* 29] wird die Gärung von neuem eingeleitet, und der zugesetzte Zucker zerfällt in Alkohol und Kohlensäure, während die umgewandelten fermentartigen Körper sich als Bodensatz abscheiden. Ein auf den Flaschen angebrachtes Manometer [* 30] läßt den Gasdruck erkennen, welcher dem Grade der Vergärung des zugesetzten Zuckers entspricht. In diesem Zustand wird der Wein in der Champagne als Vin brut an die Weinhändler von Reims, [* 31] Epernay, Châlons etc. verkauft und erfährt nun die letzte Behandlung.
Die Flaschen werden tüchtig gerüttelt, damit der Bodensatz sich gleichmäßig verteile, und dann in schräger Lage mit der Mündung nach unten im Keller aufgeschichtet. Nach einigen Tagen bringt man durch einen geschickten Ruck den Bodensatz, welcher sich etwa in der Schulter der Flasche angesammelt hat, dem Kork [* 32] etwas näher und vergrößert allmählich die Neigung der Flasche, bis der Bodensatz auf dem Kork liegt und die Flasche vertikal auf diesem steht. Das Entfernen des Niederschlags aus der Flasche geschieht durch das Degorgieren, wobei man den gelösten Pfropfen [* 33] geschickt abspringen läßt, damit der herausspritzende Wein den Niederschlag mit fortreißt. In demselben Moment reinigt man den Flaschenhals von noch anhaftender Hefe mit dem Finger, füllt die Flasche sofort wieder mit Dosierungslikör, verkorkt sie und überschnürt den Kork mit Bindfaden und Draht. [* 34]
Diese Operationen müssen ungemein schnell ausgeführt werden, damit noch hinreichend Kohlensäure im W. bleibt. Der Likör, welcher den Schaumwein seinen spezifischen Geschmack gibt, ist eine Lösung von Kandis in demselben Wein, enthält aber noch Kognak, andre Weine und Essenzen, Himbeerwasser, Kirschwasser etc.; ein Teil des Zuckers wird gegenwärtig oft durch Glycerin ersetzt. Gewöhnlich genügen 12-13 Proz. Likör, man setzt aber auch 16 Proz. und mehr hinzu. Zum Färben des Weins dient ein durch Kochen von Holunderbeeren mit Weinstein erhaltenes Präparat, welches nach der Stadt, wo es im großen bereitet wird, Fismes heißt. Der Crémant rose ist vielfach beliebter als der reine Wein, obwohl er einen härtern Geschmack und ein ganz besonderes Parfüm besitzt. Seine ¶