(eigentlich Weil),
Joseph,
Ritter von, dramatischer Dichter, geb. zu Tetin bei
Prag,
[* 6] ging zu Anfang 1848 nach
Wien,
[* 7] um zu studieren, ward hier aber in die
Märzrevolution hineingezogen und infolgedessen in den Novembertagen, als der
Belagerungszustand über
Wien verhängt worden war, als
Gemeiner in ein Infanterieregiment, das eben in
Ungarn
[* 8] stand, eingereiht. Durch wissenschaftliches
Streben sich hervorthuend, erhielt er bereits im
Dezember 1849 das Offizierspatent,
benutzte dann, in verschiedenen
GarnisonenUngarns stationiert, jede Gelegenheit, sich militärisch und wissenschaftlich fortzubilden,
wurde 1852 zum
Lehrer der Geschichte undGeographie am Kadetteninstitut zu
Hainburg ernannt, bald darauf
zum
Oberleutnant befördert und 1854 als
Professor der Geschichte an die Genieakademie in
Znaim, 1861 aber nach
Wien versetzt,
wo er Skriptor an der Hofbibliothek und daneben
Professor der deutschen Litteratur an der
Kriegsschule ward. 1873 errichtete
er am
Konservatorium der
Gesellschaft der Musikfreunde eine Schauspielerschule, die sich unter seiner Leitung
große Bedeutung errungen. 1874 erhielt er vom
Kaiser den
Orden
[* 9] der
Eisernen Krone, womit die
Erhebung in den Adelstand verbunden
war. Nachdem er sich schon früher mit
»Phantasien und
Lieder«
(Wien 1853) und »Die
Männer vom
Schwert«, Heldenbilder aus
Österreich
[* 10] (epischePoesien, 3. Aufl., das. 1855),
dichterisch versucht, als
Lyriker und Romanzendichter in seinen
»Gedichten« (das. 1863) bewährt hatte, trat
er als
Dramatiker zuerst mit der romantischen
Tragödie
»Tristan« (Bresl. 1860, 2. Aufl. 1872) auf, welche die
Runde über fast alle deutschen
Bühnen machte und den
Ruf des Dichters sicherte.
Später folgte »Am
Tag
von Oudenarde«
(Wien 1865),
ferner die
Dramen: »Edda«, »Drahomira« und
»Rosamunde« (gesammelt in »Dramatische
Dichtungen«, das.
1868-70, 3 Bde.),
3)
Flecken im bayr. Regierungsbezirk
Schwaben, Bezirksamt
Lindau,
[* 16] an der Rothach, hat eine kath.
Kirche, ein
Schloß, ein
Amtsgericht,
Flachsspinnerei, Baumwollwarenfabrikation, Leinweberei, Käsefabriken und (1885) 938 Einw.
1) Bezirksamtsstadt im bayr. Regierungsbezirk
Oberbayern, an derAmmer,
Knotenpunkt der
LinienMünchen-Peißenberg und
Weilheim-Murnau der
Bayrischen Staatsbahn, 564 m ü. M., hat eine schöne kath.
Kirche, ein
Schloß, ein ehemaliges Franziskanerkloster, ein
Amtsgericht, ein Forstamt, Zementröhren- u. Heupressenfabrikation,
Bierbrauerei und (1885) 3839 meist kath. Einwohner. In der
Nähe ein Marmorbruch. Zwischen Weilheim und
Schongau liegt der
HohePeißenberg (s. d.). Weilheim war schon 931 Stadt und hatte eigne
Grafen. -
2) an der
Teck) Stadt im württemberg.
Donaukreis,
OberamtKirchheim, an der Lindach, 383 m ü. M., hat eine schöne alte evang.
Kirche, ein Revieramt, mechanische Buntweberei, Schafzucht,
Obst-,
Wein- und Hopfenbau und (1885) 3130 fast nur evang. Einwohner.
Auf dem Limberg stand ehemals das Stammschloß der
Herzöge von
Zähringen.
Kajetan von, bayr.
Kirchen- und Schulmann, geb. zu
München,
[* 17] trat 1779 ins
Kloster, war seit 1799
Professor,
1806-23
Direktor des
Lyceums und
Gymnasiums seiner Vaterstadt, seit 1809 auch Mitglied der
Akademie der
Wissenschaften und starb Seine
pädagogischen (namentlich »Lehrgebäude der Erziehungskunde«,
Münch. 1802, 2 Bde.) und theologisch-philosophischen Werke
(»Geist der neuern
Philosophie«, »Religiöse Aufgaben unsrer Zeit« etc.)
bekunden einen duldsamen und milden
Katholizismus. Weillers
»KleineSchriften« sind gesammelt in 3
Bänden
(Münch. u.
Pass. 1822-26)
erschienen. Nach seinem
Tod erschien »Charakterschilderung seelengroßer
Männer«
(Münch. 1827, mit der
BiographieWeillers).
Von den zahlreichen Monumenten und Denkmälern sind außer den genannten namentlich hervorzuheben: das eherne Doppelstandbild
Goethes und Schillers von Rietschel (1857 auf dem Theaterplatz aufgestellt);
das Wielanddenkmal von Gasser (1857), auf dem Wielandsplatz;
Die Stelle auf demselben, wo Schillers erste Grabstätte (das Kassengewölbe) sich befand, ist durch eine Inschrift
bezeichnet. Auf dem neuen Friedhof befindet sich die Fürstengruft. In der Nähe des Sarkophags, der die Überreste KarlAugusts
umschließt, stehen die SärgeGoethes und Schillers. Mit der Fürstengruft verbunden ist ein über der Ruhestätte der Großherzogin-Großfürstin
Maria Paulowna erbautes Mausoleum. Die Zahl der Einwohner beträgt (1885) mit der Garnison (ein Infanteriebataillon
Nr. 94) 21,565, darunter 562 Katholiken und 64 Juden.
Die Industrie besteht in Ofen-, Parkettfußboden-, Eisenwaren-, Aborttonnen-, Strohhut-, Handschuh-, Kartonagen-, Papier- und
Pianofortefabrikation, Kunstschlosserei und -Tischlerei, Buchbinderei, Schriftgießerei, Buchdruckerei
(die 1624 gegründete
Hofbuchdruckerei), Bierbrauerei, Ziegelbrennerei und Gärtnerei; auch befindet sich dort ein geographisches Institut mit Globenfabrik,
eine lithographische Anstalt, eine Dampfbade- und Waschanstalt, eine chemische Fabrik, Dampfsägemühlen,
Mahlmühlen etc. Der Handel wird unterstützt durch die Weimarische Bank und andre Geldinstitute; bekannt ist ferner die Hagelversicherungsgesellschaft
Union.
Die dortigen Märkte für Schafe,
[* 25] Wolle, Vieh, Ölfrüchte und Zwiebeln sind lebhaft besucht. Weimar ist Sitz des Ministeriums und
der Zentralstellen der Landesverwaltung, eines Landgerichts, der Bezirksdirektion I, einer Generalkommission
etc. An Bildungs- und andern öffentlichen Anstalten befinden sich dort: ein Gymnasium, ein Realgymnasium, ein Schullehrerseminar,
eine Kunstschule (Malerakademie), eine Orchesterschule, ein Museum mit Kupferstichkabinett, eine Bibliothek, eine Baugewerk-
und eine Zeichenschule, eine Blinden und Taubstummenschule, ein Waisenhaus, verbunden mit der Falkschen
Erziehungsanstalt für verwahrloste Kinder, ein Arbeitshaus, ein Krankenhaus,
[* 26] eine Krankenpflegerinnenanstalt, eine Mägdebildungsanstalt
(Paulinenstift) etc. Am südöstlichen Ende des Parks liegt das Dorf Oberweimar, an der Ilm, mit großer Ökonomie (sonst Cistercienser-Nonnenkloster, 1553 aufgehoben),
einer Tuchfabrik und einer alten Kirche; unweit davon, 2 km von der Stadt auf einem Hügel, wohin eine
schöne Allee führt, das Lustschloß Belvedere, Sommerresidenz des Großherzogs (1724 bis 1732 im italienischen Stil erbaut),
mit einem reizenden Park; nordöstlich von der Stadt die DörferTiefurt (s. d.) und Osmannstedt und nordwestlich das Dorf Ettersburg
am Ettersberg (s. d.), mit großherzoglichem Lustschloß, Gewehrkammer und reizenden
Anlagen. Zum Landgerichtsbezirk Weimar gehören die acht Amtsgerichte zu Allstedt, Apolda,
[* 27] Blankenhain, Buttstädt,
Großrudestedt, Jena,
[* 28] Vieselbach und Weimar. - Weimar soll schon im 9. Jahrh. erbaut sein und gehörte
seit der Mitte des 10. Jahrh. einem Seitenzweig der Grafen von Orlamünde (s. Sachsen-Weimar-Eisenach, Geschichte).