Militärpflicht, d. h. zur
Pflicht, sich der
Aushebung zu unterwerfen (die
Meldepflicht bedingt die
Aufnahme in die Rekrutierungsstammrolle,
die Gestellungspflicht das Erscheinen vor den Ersatzbehörden). Bei dem zum
Dienst Ausgehobenen wird die Wehrpflicht zur
Dienstpflicht,
d. h. zur
Pflicht, in das stehende
Heer einzutreten, oder zur Ersatzreservepflicht: Dienst in der
Ersatzreserve;
Die Wehrpflicht hat unter mancherlei
Formen
bei den verschiedenen Völkern seit dem
Altertum bestanden (vgl.
Jähns, Heeresverfassungen und Völkerleben, Berl. 1885).
Die allgemeine Wehrpflicht im heutigen
Sinn wurde zuerst in
Preußen
[* 2] durch
Gesetz vom eingeführt, wenn
auch in
Frankreich nach der
Revolution bis zur
Restauration ähnliche Einrichtungen, aber häufigen
Wechseln unterworfen, bestanden
haben. Seit 1870/71 fehlt sie nur noch in
England,
Belgien
[* 3] und den
Niederlanden. Vgl.
Heer.
Dorf in der sächs.
Kreis- und Amtshauptmannschaft
Bautzen,
[* 4] hat eine evang.
Kirche, bedeutende Leinwandindustrie
mit überseeischem
Export,
Jacquard-,
Rouleau- und Baumwollweberei,
Bleicherei, Appreturanstalten, Granitbrüche und (1885) 2319 Einwohner.
(Militärpflichtersatz,Militärtaxe, Militärdienststeuer,Militärsteuer oder
Wehrgeld) heißt eine
Abgabe,
welche von im militärpflichtigen
Alter stehenden Männern erhoben wird, welche den Militärdienst aus
irgend einem
Grunde thatsächlich nicht leisten und infolgedessen von
Opfern frei sind, welche andre bringen müssen. Die Wehrsteuer soll
eine Ausgleichung dieser Verschiedenheit bewirken. Eine volle Ausgleichung ist freilich praktisch unmöglich, schon weil
viele der hier in Betracht kommenden
Opfer oder Vorteile durch
Geld nicht meßbar sind.
Man hat sich deshalb mit einem gröbern
Maßstab
[* 5] begnügt und die Wehrsteuer nach dem
Einkommen bemessen, wobei
man von dem
Gedanken ausgeht, daß derjenige die
Steuer entrichtet, welcher, wie z. B. die Eltern,
Opfer zu bringen hätte,
wenn der
Dienstpflicht genügt werden müßte. Eingeführt ist die Wehrsteuer unter dem
Titel Militärpflichtersatz in der
Schweiz,
[* 6] seit den ersten 40er
Jahren in einzelnen
Kantonen, seit 1878 im ganzen Bundesgebiet unter
Befreiung der Erwerbsunfähigen,
der im
Dienst selbst untauglich Gewordenen etc., dann in
Österreich
[* 7] seit 1880, wo die wegen Untauglichkeit oder aus einem
andern gesetzlichen
Grund Befreiten auch von der Wehrsteuer
(Militärtaxe) frei sind und letztere zum Teil zur
Versorgung von
Invaliden sowie der
Witwen und Waisen der vor dem Feind gefallenen
Soldaten verwendet wird.
Zuerst kam die Wehrsteuer in
Frankreich 1800 auf, wo sie jedoch mit der ersten
Republik verschwand. Durch das Militärgesetz vom ist
aber wieder eine Wehrsteuer eingeführt, die aus einer festen
Taxe von 6
Frank pro Jahr und einer nach dem
Vermögen
und der
Einnahme des Wehrpflichtigen festzusetzenden
Steuer begeht. Die Steuerpflicht beginnt mit dem vierten Wehrpflichtjahr
und erlischt beim Übertritt in die
Reserve der
Territorialarmee. Ebenso bestand sie vorübergehend in
Württemberg
[* 8] von 1858 ab,
in
Bayern
[* 9] von 1869 ab, fiel aber in beiden
Ländern mit Errichtung des
DeutschenReichs wieder weg. In
Deutschland
[* 10] hat man wiederholt versucht, die Wehrsteuer einzuführen.
Eine darauf gerichtete 1881 im
Reichstag eingebrachte
Vorlage wurde einstimmig abgelehnt, indem unter anderm geltend gemacht
wurde, der
Staat könne keinen Entschädigungsanspruch daraus herleiten, das, ein Teil seiner
Bevölkerung
[* 11] vom
Dienst frei bleibe, die Wehrsteuer werde die ideale Seite des Heerwesens beeinträchtigen, und ihre
Durchführung scheiterte daran,
daß nicht alle
Staaten eine
Einkommensteuer, mithin auch nicht den zur Bemessung der Wehrsteuer erforderlichen steuertechnischen
Apparat
besäßen.
Vgl. Joffrès, Études sur le recrutement de l'armée (Par. 1843) und
»Nouvelles études« (das.
1845);
der Inbegriff der gesetzlichen Bestimmungen und Einrichtungen für die
Organisation der Streitkräfte eines
Landes und in diesem
Sinn gleichbedeutend mit Wehrverfassung, im engern
Sinn die Art der
Wehrpflicht, der
Dienstpflicht und Heeresergänzung.
Seit Einführung der allgemeinen
Wehrpflicht (s. d.) haben sich die Wehrsysteme sehr genähert; sie sind
ein erweitertes Kadresystem, insofern das Friedensheer den
Rahmen bildet, in welchen die
Reserven etc. bei der
Mobilmachung
eingereiht werden. Ihm steht gegenüber das Milizsystem der
Schweiz, bei welchem im
Frieden keine
Kadres vorhanden sind.
England
und die
Niederlande
[* 13] haben das Werbesystem noch beibehalten; vgl.
Heer und die
Abschnitte über das Heerwesen
bei den einzelnen
Staaten.
(Frau), eine erwachsene
Person weiblichen
Geschlechts. Über die Unterschiede zwischen Mann und Weib hinsichtlich
der Körperkonstitution s.
Geschlechtseigentümlichkeiten. Die
Stellung und Behandlung des Weibes richtet sich
bei allen Völkern der
Erde nach den
Begriffen, welche sich das stärkere, das männliche
Geschlecht von dem
Werte des weiblichen
Geschlechts macht. Bei den üppigen
Orientalen wird die
Frau meist nur als Lustwerkzeug betrachtet, bei den barbarischen Völkern
ist sie Lasttier, dem die härtesten
Arbeiten aufgebürdet werden. So ist denn im allgemeinen der Zustand
der
Frauen um so härter, je unkultivierter ein
Volk ist; bei den farbigen
Rassen ist das Weib fast immer eine Sklavin.
Dem
Neger gilt die
Frau gleich einem arbeitenden
Haustier, und fast noch schlimmer ist ihr Zustand bei den Australiern, wo sie
gewöhnlich geraubt oder schon im unreifen
Alter verkauft wird und während ihres ganzen
Lebens die brutalen
Mißhandlungen des
Mannes zu erdulden hat. Einige
Völker, z. B. die
Samojeden, halten das weibliche
Geschlecht überhaupt für
»unrein«; dasselbe nimmt an den religiösen
Zeremonien keinen
Anteil; die
Frauen dürfen nicht mit dem Mann essen, nicht durch
dieselbeThür ein- und ausgehen. Bei den Naturvölkern aller
Kontinente, auch selbst bei den meisten halbzivilisierten
Völkern, gilt das Weib mindestens zur Zeit seiner sexuellen
Funktionen als »unrein«. Das
Recht über
Leben und
Tod der
Frau steht
bei den meisten Naturvölkern dem Mann zu, der seine Herrschaft fast ausnahmslos in härtester Art ausübt.
Sehr viele Unzivilisierte und
¶
mehr
halbzivilisierte Völker, z. B. die Eingebornen Australiens, Neuguineas, die Fidschiinsulaner, die Aino auf den Kurilen und die
Feuerländer, huldigen einem Brauch, den man den Frauenraub (s. d.) nennt, und der von einigen neuern Forschern für ein Überbleibsel
der Übergangsepoche aus dem Zustand der Weibergemeinschaft (s. Mutterrecht) zu dem der Einzelehe, die ursprünglich
wie ein Raub an der Gesellschaft betrachtet worden wäre, angesehen wird. Wo dagegen das Weib durch Kauf in das Eigentum des Mannes
übergeht, kann es von letzterm auf einen Rechtsnachfolger übertragen werden; bei den KaribenVenezuelas wie im äquatorialen
Westafrika erbt der älteste Sohn alle Frauen seines abgeschiedenen Vaters mit einziger Ausnahme der leiblichen
Mutter.
Die Kaffern befragen beim Brautkauf die Neigung der Erwählten gar nicht; die Abiponer in Südamerika
[* 16] dagegen machen den Kauf
rückgängig, wenn das Mädchen nicht einwilligt. Auch die Deutschen hatten ursprünglich die Sitte des Frauenkaufs, durch welchen
das Weib unter die Vormundschaft des Mannes geriet; dieser Rechtsakt hieß Mundkauf; wo der Islam herrscht,
muß noch heutigestags die Frau gekauft werden. Wo die Sitte oder das religiöse Gesetz die Vielweiberei (s. Polygamie) gestattet,
befindet sich zumeist die Frau in einer niedern Stellung.
Eine besondere Rechtsstellung genießt das Weib bei einer Anzahl Völkerschaften insofern, als sie alle Familienrechte
nicht vom Vater, sondern von der Mutter ableiten;
eine Gewalt über die Männer ist keineswegs damit verbunden.
Im Altertum war die soziale Stellung des Weibes in vieler Beziehung eine ganz andre als heutzutage. Bei den Hebräern bewohnte
die Frau im patriarchalischen Zeitalter zwar eine besondere Abteilung des Nomadenzelts, besorgte aber, selbst unverschleiert,
alle häuslichen Geschäfte und war auch den Fremden sichtbar. Erst später, als man in größern Gesellschaften
lebte, deren Glieder
[* 19] nicht alle zu einer Verwandtschaft gehörten, änderte sich das Verhältnis des Weibes zum Haus.
Allerdings lebten auch damals die Weiber der niedern Stände mit den Männern vermischt und nahmen an allem teil; vornehmere
dagegen bewohnten einen besondern Harem (s. d.), wurden von Eunuchen streng bewacht und durften bloß bei
Gastmählern und an Volksfesten im Kreis
[* 20] der Männer erscheinen. Ihre Beschäftigungen bestanden in Arbeiten für die Familie und
in Besorgung des Hauswesens. Übrigens ehrte die Frauen Kinderreichtum, und die Mutter, welche ihrem Gatten einen Sohn geboren
hatte, hielt sich für eine Bevorzugte des Himmels.
Nach Herodot verrichteten die ägyptischen Weiber auch Geschäfte außer dem Haus, besorgten Kauf und Verkauf, mußten den Acker
bebauen u. dgl., während die Männer daheim spannen, webten etc. Vermutlich war dies jedoch nur bei den niedern Ständen der
Fall, wogegen die vornehmern nach orientalischer Sitte nur des Willens der Männer gewärtig waren, da das
Hauswesen durch Sklaven versehen wurde. In Griechenland
[* 21] waren die Weiber in der ältesten Zeit fast nicht besser gestellt
als Sklavinnen, denn sie wurden durch Kauf oder durch Raub erlangt, weshalb auch mehrere die Gunst ihres Gebieters teilten.
Zu Haus waren sie in die engen Grenzen
[* 22] des
Gynäkeions eingeschlossen, und wenn sie ausgingen, mußten sie
verschleiert sein und einen treuen Diener des Herrn als Begleiter bei sich haben.
Noch strenger wurden die Jungfrauen in dem Parthenon und die Witwen gehalten. Doch hatte sich schon zu Homers Zeit viel in den
Verhältnissen der Frauen zum Hausherrn geändert, denn die Weiber hatten zwar ihre besondere Wohnung,
aber gleich hinter dem Mannessaal, von wo aus sie denselben übersehen konnten; auch teilten sie mit dem Hausherrn den Tisch,
außer wenn Gäste bei dem Mann speisten. Ebenso nahmen sie an Opfern teil, hielten Prozessionen, verschönerten die
Feste durch Tänze und durften sogar in den Versammlungen der Ältesten des Volkes erscheinen.
Ihre gewöhnlichen Beschäftigungen bezogen sich auf die Verwaltung des Hauswesens; ferner waren ihre Aufgaben die Erziehung
der Kinder, das Weben,
[* 23] Spinnen
[* 24] und Wirken, während die häusliche Arbeit, wie Mahlen, Backen, Kochen, Wassertragen, Waschen u. dgl.,
den Mägden anheimfiel. Freier und besser wurde die Lage der Weiber, als sie nicht mehr geraubtes und gekauftes
Gut waren, sondern dem Mann von den Eltern mit einem Brautschatz übergeben wurden. Dennoch war der Frau nie die Wahl nach ihrem
Herzen vergönnt, sondern sie folgte dem Willen des Vaters. In Sparta, wo der Mann dem Haus weniger angehörte,
war die Stellung der Frauen eine freiere und ihre Herrschaft im Haus eine allgemein anerkannte. In Athen
[* 25] dagegen galt der Mann
als Herr und gebietendes Oberhaupt des Hauses; schon die Jungfrauen standen unter sorgfältiger Aufsicht, und ihre Aufseher hatten
nicht bloß ihre Keuschheit zu bewachen, sondern auch ihren Verstand und ihr Herz zu bilden.
Edle Jungfrauen, besonders in Athen, wurden auch von andern Lehrern in der Dichtkunst, Philosophie, Malerei etc. unterrichtet.
In demMaß aber, wie in Athen die Frauen mehr und mehr Freiheit erlangten, riß auch unter ihnen eine immer größer werdende
Sittenverderbnis ein, und zur Zeit des Peloponnesischen Kriegs fingen einzelne sogar an, in der Politik eine Rolle zu spielen
(vgl. Hetären). Als sich seit Alexander d. Gr. die verweichlichten Männer immer mehr von den Staatsangelegenheiten zurückzogen,
bekamen die Weiber mehr Einfluß; Luxus und Langeweile machten sie an den vielen neuentstandenen Höfen
mächtig, und dies wirkte auch auf den Zustand der Weiber in allen Ländern ein, welche von jenen Dynastien abhingen.
Von allen übrigen Griechinnen unterschieden sich, vornehmlich seit Lykurgs Verfassung, die Spartanerinnen. Gleich den Jünglingen,
mußten in Sparta die Mädchen sich im Laufen, Wurfspieß- und Diskoswerfen üben, auf die Jagd gehen und
bei Festen tanzen, und dieser Erziehung mag es zuzuschreiben sein, daß die spartanischen Weiber für rauh, stolz und anmaßend
galten, obgleich dadurch auch ihr Hang zu unregelmäßigen Begierden geschwächt wurde, indem das frühzeitig ihnen eingeflößte
Ehrgefühl ihren Geist über die Sinnlichkeit erhob. Da die spartanischen Frauen ohne allen Umgang mit Fremden
blieben, weil diese im Land nicht geduldet wurden, so hatten sie ebensowenig Gelegenheit, ihre rauhen Seiten abzuschleifen,
wie dazu, verweichlicht zu werden. Erst später riß auch unter ihnen große Sittenlosigkeit ein. Bei den Römern war die
Lage der Frauen im ganzen besser als bei den Griechen; sie lebten nicht eingeschlossen, waren nicht von
den Männergesellschaften abgesondert, konnten frei gehen, wohin sie wollten, u. dgl.;
aber ihr eignes Gefühl ließ sie, solange Sitteneinfalt in Rom
[* 26] herrschte,
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