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Schaft gezogen: die Polkette in den Polflügel p, die Stückkette in den Stückflügel s [* 1] (Fig. 13-15). Außerdem gehen die Polfäden noch durch einen halben Schaft a, dessen Litzen am Ende Glasringelchen tragen (Perlkopf) und an der linken Seite der Stückfäden abwärts und an der rechten aufwärts laufen, um hier die Polfäden aufzunehmen. Bildet man nun zunächst auf gewöhnlichem Weg mit p und s ein Fach [* 1] (Fig. 14) und zieht dann den Perlkopf a in die Höhe, so muß sich jeder Polfaden p um einen Stückfaden herumbewegen, also das sogen. Kreuzfach [* 1] (Fig. 15) machen.
Indem abwechselnd durch das erste (offene) und durch das zweite (gekreuzte) Fach durchgeschossen wird, entsteht das Gewebe [* 2] g. Um dabei zu verhindern, daß bei der Bildung des Kreuzfaches die Stückfäden mit heraufgezogen werden, geht während dieser Arbeit ein Stab b [* 3] (Padurstock) nieder, legt sich auf sämtliche Kettenfäden und hält dadurch auch die Stückfäden zurück. Beim Samt- und Plüschweben sind die zum Pol bestimmten Kettenfäden ebenfalls auf einen eignen Baum gewickelt und in einen besondern Schaft eingezogen, der aufwärts bewegt wird und dadurch ein besonderes Fach (Polfach) bildet, in welches die Nadeln [* 4] (Samtnadeln) eingelegt werden und nach dem Herausziehen einen Schlauch zurücklassen, der aufgeschnitten die Samtdecke liefert.
Wenn man den Webstuhl [* 5] so einrichtet, daß seine sämtlichen Bewegungen in richtiger Aufeinanderfolge und Größe durch mechanische Vorrichtungen erfolgen, welche von einer Transmissionswelle oder einem besondern Motor ihren Antrieb bekommen, so erhält man den mechanischen Webstuhl (Maschinenstuhl, Kraftstuhl, Power-loom) oder die Webmaschine, woran übrigens alle wesentlichen Bestandteile des Handstuhls vorkommen. Ein Kraftstuhl ist in [* 1] Fig. 16-19 dargestellt.
Das schwere eiserne Gestell A besteht aus zwei durchbrochenen Seitenwänden, die durch Querriegel miteinander verbunden sind. Die Kette, welche gewöhnlich mindestens 180 m lang ist, ist auf dem Kettenbaum B aufgewellt, wird durch schwere Gewichte gespannt und durch einen Regulator [* 6] mit gleichmäßiger Geschwindigkeit dem Baum entnommen und gegen die Schäfte vorgeführt. Vom Kettenbaum geht die Kette über einen runden Streichbaum W und dann fast horizontal nach dem in gleicher Höhe liegenden Brustbaum Q. Über letztern läuft das Zeug schräg abwärts, um auf den Zeugbaum C zu gelangen, der es langsam aufrollt.
Der Zeugbaum liegt vorn im Gestell und dem Kettenbaum gerade gegenüber. Die Schäfte S haben dieselbe Einrichtung wie bei den Handstühlen und den gewöhnlichen Platz; jeder ist unten mit einem eisernen Tritt G, G verbunden, der seinen Drehungspunkt hinten im untersten Teil des Stuhls hat. Die Lade D ist stehend angebracht und hat ihre Drehungspunkte unten bei E, ihre Arme sind über der Kette durch ein Querholz F miteinander verbunden; unter der Kette aber liegt der Klotz H mit der Schützenbahn für die Schnellschützen, und zwischen dem Klotz und dem Querholz ist das Riet J eingesetzt.
Zum Breithalten des Gewebes dient ein in den Zeichnungen nicht angegebener Tempel, [* 7] der auf verschiedene Weise konstruiert ist. Der Zangentempel z. B. besteht aus zwei zangenartigen Vorrichtungen, welche die Salleisten einklemmen, sich aber zum Fortrücken des Stoffes von selbst öffnen. Oben im Gestell, jedoch unter der Kette, zwischen den Schäften und dem Streichbaum der Kette, mit beiden parallel, liegt eine eiserne Welle (obere Welle) K, an welcher außerhalb der einen Seitenwand eine lose und eine feste Riemenscheibe L und L' sitzen.
Letztere nimmt den Treibriemen auf, welcher die Kraft [* 8] von der Betriebsmaschine überträgt. Innerhalb der Seitenwände ist die obere Welle nahe an ihren beiden Enden mit zwei Krummzapfen M versehen, welche mittels gekrümmter Lenkerstangen N die Lade vor und rückwärts bewegen; die Lade ihrerseits bringt die langsame Umdrehung des Zeugbaums hervor, indem sie mit einer Sperrklinke bei jeder Schwingung [* 9] das auf dem Zeugbaum sitzende Schaltrad O um einen Zahn dreht. Das der Triebrolle entgegengesetzte Ende der obern Welle trägt ein Zahnrad P, welches in ein gerade darunter befindliches, zweimal so großes Rad P' eingreift.
Die Welle dieses letztern (die untere Welle), R, macht also genau eine Umdrehung während zwei voller Umdrehungen der obern Welle, d. h. in einer Zeit, binnen welcher die Lade zweimal schlägt. Auf der untern Welle sitzen Kurvenscheiben T, welche so angeordnet sind, daß sie die zwei Tritte mit ihren Schäften abwechselnd niederziehen. Das Heben eines Schafts, wenn der andre sich senkt, ist eine Folge der Aufhängung der Schäfte. Beim Weben [* 10] geköperter Zeuge mit vier Schäften sind vier Kurvenscheiben vorhanden, und die untere Welle dreht sich einmal, während die obere sich viermal dreht.
Die untere Welle trägt endlich noch an zwei Armen Friktionsrollen, welche die Schützentreiber t in Thätigkeit setzen. Bricht der Schußfaden, oder vollendet die Schütze nicht ihren Gang, [* 11] sondern bleibt sie in der Kette stecken, so wird sofort durch einen eignen Mechanismus, den dann die Lade in Bewegung setzt, der Betriebsriemen von der Festrolle geschoben, und der Stuhl bleibt augenblicklich stehen. Andre Einrichtungen stellen den Stuhl sofort ab, wenn ein Faden [* 12] in der Kette bricht.
Eine andre Konstruktion des mechanischen Webstuhls, besonders auch zum Weben mehrschäftigen Köpers bestimmt, führen [* 1] Fig. 20 u. 21 in der Vorderansicht und im Vertikalschnitt vor Augen. Man erkennt sofort in K den Kettenbaum mit der Kette a, in J den Streichbaum, in c den Zeugstreichbaum und in z den Zeugbaum. Letzterer hängt auf zwei mit Gewichten ausbalancierten Hebeln y und erhält seine gleichbleibende Drehung von dem mit Sand überzogenen Baum (Sandbaum) S, der seinerseits von dem Sperrrad W mit Hilfe der Zahnräder 4, 5, 6, 7 die periodische Drehung durch den von den Schwingen s s bewegten Sperrkegel empfängt.
Die Schäfte B hängen an Hebeln o p, die in den Aufsätzen u gelagert, vermittelst der Stangen n mit den Tritten t t verbunden sind, welche, zwischen Stäben i geführt, ihre Bewegung von Exzentern X und X' erhalten, die auf der Welle z sitzen. Durch Federn F F bekommen die Schafte Spannung und ihre Abwärtsbewegung. Zum Einschießen dienen die Peitschen h h an vertikalen Achsen, welche von schnell rotierenden Daumen der Welle z am vorstehenden Daumen kräftige Schläge aufnehmen, sich dadurch plötzlich drehen und die Arme h in Schwingung setzen, welche die in den Schützenkasten q q befindlichen Treiber einwärts schnellen.
Die auf den Schwingen s ruhende Lade L wird direkt von der Hauptwelle A mittels zweier Krummzapfen und Schubstangen g angeschlagen. Die sämtlichen Bewegungen gehen von der im Gestell G G gelagerten Hauptwelle A mit Riemenscheibe f und Losscheibe l aus und werden durch die Zahnräder 1, 2, 3 auf die Welle z und von hier aus durch 4, 5, 6, 7 auf den Sandbaum so verteilt, daß nach jedem Einschlag ein neues Fach gebildet und ein Stück von dem unter dem Breithalter b herlaufenden Gewebe aufgewickelt wird. Zum Weben mit Farbenwechsel im Schuß ¶
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versieht man die Webstühle [* 14] mit einer sogen. Wechsellade, welche die mit Garn von verschiedener Farbe versehenen Schützen aufnimmt und in der vorgeschriebenen Reihenfolge zum Eintrag bringt. Was die Produktionsfähigkeit der mechanischen Stühle anbetrifft, so wird z. B. zu Baumwollzeugen von 0,9 m Breite [* 15] die Schütze 120-150mal in einer Minute bewegt, wobei wenigstens ein Drittel der Zeit durch das Anknüpfen der gerissenen Fäden, Erneuerung der Spule in der Schütze etc. verloren geht, so daß nur durchschnittlich 90 Fäden wirklich eingeschossen werden; enthält nun 1 m 2800 Fäden, so wird der Stuhl in 12 wirklichen Arbeitsstunden 23 m fertigen, während ein tüchtiger Handweber nur 7-8 m desselben Zeugs in 12 Stunden verfertigen kann. Bei 0,87 m breiten Kattunen aus Garn Nr. 16-30 hat man es auf 200 Einschüsse in der Minute gebracht; beim Weben von Leinwand aber muß der Stuhl langsamer gehen, weil das leinene Garn leichter reißt als baumwollenes. Man kann für diesen Fall 90-95 Einschüsse rechnen, wenn die Kette 0,8-0,87 m, und nur 75, wenn sie 1,16 m breit ist.
Dem Weben selbst gehen die Arbeiten zur Vorbereitung der Kette und des Einschlags voraus. Erstere bestehen in dem Spulen oder Winden, [* 16] dem Scheren, [* 17] dem Aufbäumen, dem Schlichten für leinene und baumwollene, dem Leimen für wollene Stoffe, letztere in dem Aufspulen des Schußfadens und eventuell Anfeuchten desselben. Das Spulen der Kette, durch welches das in Strähnen bezogene Kettengarn auf Spulen von 80-150 mm Länge gewunden wird, erfolgt auf dem Spulrad oder der Kettenspulmaschine.
Ersteres ist dem Handspinnrad ähnlich; die Spule wird mittels Schnurrades und Rolle gedreht und wickelt den von einer Garnwinde kommenden, durch die Hand [* 18] gleichmäßig geleiteten Faden auf, während bei der Maschine [* 19] gegen 100 Spulen die Fäden von ebenso vielen Haspeln abwinden, wobei sämtliche Fäden durch gläserne Ösen (Fadenleiter) gemeinsam auf- und abgeführt werden, um eine regelmäßige Bewickelung zu erzielen. Würde man nun so viel Spulen nebeneinander stellen, als die Kette Fäden hat, so könnte man direkt von denselben den Kettenbaum bewickeln.
Hierzu würden jedoch oft mehrere tausend Spulen erforderlich sein, und man fügt daher als Zwischenoperation das Scheren ein, durch welches die zur Kette erforderliche Anzahl Fäden in den gehörigen gleichen Längen abgemessen und zweckmäßig zusammengelegt werden. Hierbei werden die von 20-60 Spulen kommenden Fäden gemeinschaftlich in einer Schraubenlinie auf einen etwa 2 m hohen Haspel von 3,5 oder mehr Meter Umfang (Scherrahmen, Schermühle, Schweifstock) aufgewunden, der so viele Windungen erhält, daß ihre gesamte Länge der herzustellenden Länge der Kette gleich kommt, z. B. 50 m. Hierauf schlingt man die Fäden um zwei auf dem Umfang sitzende Holzstifte, dreht den Haspel rückwärts und läßt die Fäden auf derselben Schraubenlinie zurückgehen bis zum Anfang, wodurch deren Zahl verdoppelt wird; kehrt man nun abermals um, so wird dieselbe verdreifacht und überhaupt durch vielfaches Hin- und Herdrehen des Scherbaums beliebig vervielfacht.
Gehören also zu einer Kette z. B. 1800 Fäden, und sind 60 Spulen im Spulengestell (Scherlatte, Scherbank, Schweifgestell), so würde der Haspel 15mal vor- und 15mal zurückgedreht werden, bis die Schraubenwindungen diese 1800 Fäden enthalten, welche alle dieselbe Länge, nämlich die der Kette, erhalten haben. Zur weitern und bequemen Handhabung werden bei dem Scheren 20 oder 30 Fäden zu einem sogen. Gang vereinigt und, wie in [* 13] Fig. 22 angedeutet ist, um die Stifte 4 und 5 geschlungen, welche am untern Ende des Haspels sitzen, während am obern Ende die Fäden einzeln durch die drei Stäbe 1, 2, 3 gezogen werden.
Zieht man nach vollendetem Aufscheren statt der Stifte 2, 3, 4 und 5 Schnüre S ein, so kann man die Kette abnehmen, ohne die gewonnene Anordnung zu vernichten, d. h. an einem Ende sind die Fäden einzeln nebeneinander geordnet (Fadenkreuz), am andern die einzelnen Gänge (Gangkreuz). Die so vorbereitete Kette kann man nun leicht aufbäumen, d. h. sie in der betreffenden Breite des Stoffes und in gehöriger Verteilung auf den Kettenbaum winden. Man steckt durch die Kette, da, wo sich das Gangkreuz befindet, ein rundes Leistchen (Fitzrute), legt dieses in eine Nute des Kettenbaums und schließt letztern durch einen eingelegten vierkantigen Stab. Damit sich während der nun folgenden Drehung des Kettenbaums die einzelnen Gänge richtig nebeneinander legen, läßt man dieselben durch ein kammartiges Werkzeug (Öffner) von der Länge des Kettenbaums laufen.
Die Ketten aus Baumwolle [* 20] oder Leinengarn werden ferner geschlichtet, die Kette aus Wollgarn oft geleimt, damit sie imstande sind, ohne Verletzung die vielfachen im Webstuhl vorkommenden Reibungen auszuhalten. Für Leinengarn genügt hierzu eine aus Kartoffeln bereitete dünne Mehlschlichte, die mit Bürsten dünn aufgestrichen wird; für baumwollene Garne benutzt man verschiedene Mischungen. Wollene Garne leimt man mit Leim, seidene mit Gummi arabikum oder mit Zuckerwasser.
Bei dem Betrieb der Weberei [* 21] auf Kraftstühlen wird das Scheren, Schlichten und Aufbäumen der Ketten durch zwei aufeinander folgende Maschinen dergestalt verrichtet, daß die erste Maschine (Schermaschine) eine große Zahl Fäden von den Spulen in gleicher Länge und parallel liegend auf einer Walze sammelt, worauf dann mittels der zweiten Maschine (Schlichtmaschine, Stärkemaschine) die Fäden von mehreren solchen Walzen zu einer vollständigen Kette vereinigt, mit Schlichte versehen und auf den Kettenbaum gebracht werden.
Eine Schlichtmaschine besteht dem Wesen nach aus einem mit Dampfröhren T versehenen Trog [* 13] (Fig. 23), welchem die Kette über eine Führungswalze r zugeführt wird, um zwischen den Walzen c a um b herum durch die Schlichte, dann durch das Walzenpaar d a zum Auspressen gebracht zu werden. Die Bürste s verreibt sodann die Schlichte zwischen den Fäden, welche über e und f zum Trocknen auf große Dampftrommeln laufen. Die Bürste n bürstet aus s die aufgenommene Schlichte wieder aus. So vorbereitet, wird der Kettenbaum in den Webstuhl eingelegt.
Der zum Einschuß bestimmte Faden muß, um in der Schütze bequem angebracht zu werden, auf einer Spule oder Spindel aufgewickelt sein. Arbeitet man mit Kraftstühlen, so schiebt man die auf den Spinnmaschinen [* 22] produzierten und von den Spindeln abgezogenen Garnwickel (Spindeln, Kötzer) sogleich auf eine in der Weberschütze befindliche Spindel; wo dies aber nicht angeht, muß der Einschußfaden mittels des Spulrades oder der Schußspulmaschine gespult werden. Letztere ist im allgemeinen nach denselben Prinzipien gebaut wie die Kettenspulmaschine. Die letzte Vorbereitungsarbeit besteht in dem Durchziehen der Kettenfäden durch die Schäfte (Einziehen, Passieren) mittels eines hakenartigen Werkzeugs (Einziehnadel) und durch das Rietblatt (Kammstechen) mittels des Blattmessers, eines mit einem schrägen Einschnitt versehenen messerartigen Werkzeugs. ¶