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Die Radialturbinen
mit innerer
Beaufschlagung (Fourneyron-Turbinen
,
[* 1]
Fig. 11) umschließen mit ihrem durch gekrümmte
Schaufeln
geteilten
Kranz des eigentlichen
Wasserrades (des
Laufrades,
Kreiselrades)
b ein feststehendes
Rad mit entgegengesetzt gekrümmten
Schaufeln (Leit-, oder Leitschaufelapparat) s.
Dieser hat ähnlich wie der Kulisseneinlauf der vertikalen
Wasserräder
[* 2] den
Zweck,
dem
Wasser, bevor es in das
Laufrad tritt, eine bestimmte, der
Wirkung günstige
Richtung zu geben.
Das
Wasser tritt aus dem
Gerinne in ein weites
Rohr (Turbine
nschacht), an dessen unterm Teil der Leitschaufelapparat angebracht
ist, so daß das
Wasser, diesen durchströmend, gegen die
Schaufeln des
Laufrades drückt und, während es durch letzteres hindurchfließt,
dasselbe um die vertikale
Welle dreht. w ist eine Art Ringschütze zur Regulierung des Wassereinlaufs.
Die Radialturbinen
mit äußerer
Beaufschlagung (Francis-Turbinen
) haben umgekehrt um das
Laufrad herum einen Leitschaufelapparat,
der mit dem Zuleitungsrohr in
Verbindung steht. Zu den Radialturbinen
gehören auch die
Turbinen ohne Leitschaufelapparat (die
Cadiatsche, die Whitelawschen oder schottischen
Turbinen), welche als reine Reaktionsturbinen
anzusehen
sind.
[* 1]
Fig. 12 zeigt eine schottische
Turbine, die nichts weiter ist als ein verbessertes Segnersches
Reaktionsrad.
[* 3] Sie besteht aus
einem mit zwei (oder mehreren) gekrümmten Ausflußröhren
a a versehenen
Rad, welches vom
Wasser unter
Druck durchströmt wird.
Indem dies nun unter
Druck herausfließt, treibt die
Reaktion, d. h. ein hierbei auftretender
Druck gegen
die der Ausflußöffnung gegenüberliegende Rohrwandung, das
Rad in der dem Ausfluß
[* 4] entgegengesetzten
Richtung um.
Bei d legt
sich das
Laufrad dicht an die Innenwandung des Zuflußrohrs an. Die Radialturbinen
können als
Aktions- oder
Reaktions-, als
Voll- oder Partialturbinen ausgeführt werden
[* 1]
(Fig. 11 war eine Vollturbine).
Ihre Verwendung als Partialturbinen ist dann gerechtfertigt, wenn bei sehr starkem Gefälle nur wenig Wasser vorhanden ist, so daß es nur für eine Vollturbine von sehr geringem Durchmesser ausreichen würde und diese dem entsprechend eine unvorteilhaft große Anzahl Umdrehungen pro Minute machen müßte. Im übrigen ist die vorübergehende Verwendung von ursprünglich als Vollturbinen gedachten Turbinen das rationellste Mittel zur Kraftregulierung einerseits entsprechend der wechselnden Wassermenge, anderseits gemäß dem ungleichen Kraftbedarf der Arbeitsmaschinen.
Die eigentlichen Partialturbinen werden als horizontale oder als vertikale Wasserräder ausgeführt. In [* 1] Fig. 13 und 14 ist eine horizontale Partialturbine nach Art der Francis-Turbinen (das sogen. Zuppingersche Tangentialrad) abgebildet. Statt des ringsumlaufenden Leitschaufelapparats ist hier nur eine ungefähr tangential gegen den Laufradkranz gerichtete düsenartige Rohrmündung angebracht, deren Ausflußquerschnitt durch einen Schieber oder eine Schütze reguliert werden kann.
[* 1] Fig. 15 und 16 zeigen eine nach Art der Fourneyron-Turbinen innen beaufschlagte Partialturbine mit vertikalem Rad, an dessen innerer Peripherie ein aus sechs Schaufeln gebildeter Leitapparat angebracht ist. Nach Bedarf können einzelne der Durchflußöffnungen desselben durch einen kreisförmigen Schieber verschlossen werden. Das Laufrad zeigt die eigentümliche Erweiterung des Kranzes nach der Wasseraustrittsseite und die in den Seitenwänden angebrachten Luftöffnungen der Girard-Turbinen. Es soll hierdurch dem Wasser ein möglichst freier Durchgang zwischen den Schaufeln unter Vermeidung jedweder Erhöhung oder Erniedrigung des Luftdrucks in den toten Räumen verschafft werden.
Die Axialturbinen (Henschel-Jonval-Turbinen, [* 1] Fig. 17) haben seitlich geschlossene, durch schraubenflächenartig gebogene Schaufeln in Zellen getrennte Radkränze an den Laufrädern und Leitapparaten und zwar in der Weise, daß die Schaufeln des erstern denen des letztern entgegengesetzt gekrümmt sind. Laufrad und Leitrad sind übereinander angebracht. [* 1] Fig. 18 zeigt die ganze Anlage einer Henschel-Jonval-Turbine, bei welcher eine Regulierung in der Weise vorgenommen werden kann, daß einzelne der Öffnungen des Leitapparats durch Deckel, welche mittels Stangen und Stellschrauben zu bewegen sind, verschlossen werden können, so daß dann vorübergehend eine Partialturbine gebildet wird. [* 1] Fig. 19 veranschaulicht eine Girardsche Axialturbine, welche von der vorigen hauptsächlich durch die schon bei [* 1] Fig. 15 und 16 erwähnte Kranzerweiterung und die seitlichen Luftöffnungen unterschieden ist.
Die Turbinen besitzen einen großen Vorzug vor den vertikalen Wasserrädern, insofern sie sich bei fast allen Gefällen von 0,3-160 m anwenden lassen, während die vertikalen Wasserräder höchstens eine Wasserkraft von 16 m Gefälle aufzunehmen vermögen. Allerdings sind aber bei verschiedenen Gefällen die Wirkungsgrade der Turbinen verschieden, namentlich fallen dieselben bei kleinen Rädern und hohen Gefällen kleiner aus als bei mittlern und kleinen Gefällen.
Auf der andern Seite läßt sich bei hohen Gefällen von 6-12 m von oberschlächtigen Rädern ein Wirkungsgrad erzielen, der bei Turbinen nicht erlangt werden kann. Sind die Gefälle klein, so geben die Turbinen in jedem Fall eine größere Nutzleistung als die unterschlächtigen Wasserräder. Die Turbinen haben ferner den Vorzug, daß sie bei verschiedenen Gefällen fast mit gleichem Wirkungsgrad arbeiten, und daß sie besonders bei Stauwasser in ihrem Gang [* 5] nicht gestört werden. Veränderungen im Aufschlagquantum verursachen hingegen bei vertikalen Wasserrädern weit weniger Arbeitsverlust als bei horizontalen. Mit Ausnahme der unterschlächtigen und namentlich der Poncelet-Räder haben alle vertikalen Wasserräder meist nur Umfangsgeschwindigkeiten von 1,2-3,1 m; die Umfangsgeschwindigkeiten der Turbinen hingegen richten sich nach dem Gefälle und ergeben sich aus der Formel:
v = 0,9 sqrt(2 . 9,81 . Hm),
in welcher H die Gefällhöhe in Metern bedeutet mit meist viel höhern Werten; z. B.:
für H = 4 m wird v = 7,97 m,
für H = 16 m wird v = 15,95 m.
Da sie überdies kleinere Halbmesser haben, so machen sie in der Regel auch viel mehr Umdrehungen als die Räder. In ökonomischer Hinsicht sind die Turbinen den vertikalen Wasserrädern wenigstens an die Seite zu stellen; bei hohen Gefällen aber und selbst bei mittlern und einem großen Aufschlagquantum sind dieselben sogar wegen ihrer Wohlfeilheit und Dauerhaftigkeit den vertikalen Rädern vorzuziehen. Dagegen erfordern die Turbinen durchaus reines Wasser, sie sind schwieriger zu konstruieren, und Reparaturen erfordern die Hilfe des Maschinenbauers.
Bei der großen Vollkommenheit, welche die Dampfmaschine [* 6] erlangt hat, tritt sie mit dem Wasserrad [* 7] in Konkurrenz, wenn über die Anlage eines solchen Beschluß gefaßt werden soll. Wegen der größern Zuverlässigkeit der Dampfmaschine wird der Vorteil nur dann auf seiten des Wasserrades liegen, wenn dessen ¶
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Anschaffungs- und kapitalisierte Betriebskosten wesentlich geringer ausfallen als der entsprechende Wert einer Dampfmaschinenanlage. In allen Fällen, in denen das Brennmaterial keinen hohen Wert hat, wie bei Schneidemühlen (Sägespänefeuerung), Eisenwerken, bei denen die Abhitze der Öfen [* 9] zur Dampferzeugung verwendet werden kann, oder bei Kohlengruben, kann die Benutzung einer vielleicht vortrefflichen Wasserkraft unpraktisch sein, weil dann die nötige Kraft [* 10] durch eine Dampfmaschine sicherer und billiger zu liefern ist, und weil man dann von Reparaturen, zu denen Wasserräder häufig Veranlassung geben, mehr verschont bleibt.
Geschichtliches. Der Erfinder der Wasserräder ist unbekannt, jedenfalls aber sind die Wasserräder schon uralt, denn historischen Nachrichten zufolge sind sie schon den alten Ägyptern, Assyrern und Chinesen bekannt gewesen. Die älteste Wassermühle, von welcher wir eine genaue Betreibung besitzen, wird uns von Vitruv mitgeteilt. Sie existierte ungefähr zur Zeit um Christi Geburt. Alle diese ältesten Wasserräder waren unterschlächtig. Dieselben treten in Deutschland [* 11] im 4. Jahrh. n. Chr. auf.
Daselbst sollen auch die oberschlächtigen Wasserräder erfunden sein. Horizontale Wasserräder waren vor Jahrhunderten als Löffelräder schon bekannt, später wendete man Räder an, die einige Ähnlichkeit [* 12] mit den Henschel-Jonval-Turbinen hatten, jedoch des Leitschaufelapparats entbehrten. Nachdem 1730 Daniel Bernoulli die Reaktionswirkung des Wassers bewiesen hatte, konstruierte Segner sein bekanntes Reaktionsrad. Euler behandelte um 1750 die Theorie desselben ausführlich, schlug zuerst vor, die Arme desselben zu krümmen, und war der Erfinder der Leitapparate.
Eine eigentümliche Art horizontaler Wasserräder wurde von Monoury erfunden und von Carnot mit dem Namen Danaiden belegt. Der Name Turbine rührt von Burdin her, welcher 1824 ein horizontales Wasserrad seiner Erfindung so nannte. 1826 hatte die Société d'encouragement in Paris [* 13] einen Preis von 6000 Frank auf die Herstellung von Turbinen ausgeschrieben. Die ersten Bewerbungen waren resultatlos, bis es erst 1833 dem französischen Zivilingenieur Fourneyron zu Besançon [* 14] gelang, den Preis mit der nach ihm benannten Turbine zu erwerben, deren Theorie 1838 von Poncelet ermittelt wurde. 1837 erhielten Henschel u. Sohn in Kassel [* 15] ein Patent auf ihre Axialturbinen, von denen die erste 1841 zu Holzminden in Thätigkeit kam. In demselben Jahr ließ sich Jonval eine ganz ähnliche Turbine in Frankreich patentieren. 1849 entstand die erste Turbine des amerikanischen Ingenieurs Francis mit äußerer Beaufschlagung (nach ihm benannt).
Erst im 16. und 17. Jahrh. fing man an, über Wirkungsweise und Konstruktion der Wasserräder wissenschaftliche Untersuchungen anzustellen, die in unserm Jahrhundert (nach den Arbeiten von Redtenbacher, Weisbach u. a.) im allgemeinen als geschlossen betrachtet werden können.
Vgl. außer den Lehrbüchern von Weisbach (»Mechanik der Umtriebsmaschinen«) und Rühlmann: Redtenbacher, Theorie und Bau der Wasserräder (2. Aufl., Mannh. 1858);
Derselbe, Theorie und Bau der Turbinen (2. Aufl., das. 1860);
Meißner, Die Turbinen und Wasserräder (Jena [* 16] 1878-82);
Reiche, Die Gesetze des Turbinenbaues (Leipz. 1877);
Fink, Theorie und Konstruktion der Brunnenanlagen etc. (2. Aufl., Berl. 1878);
Bach, Die Wasserräder (Stuttg. 1886);