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zwei Wappen
[* 2] zur
Schau zu tragen, so half man sich dadurch, daß man das eine auf dem
Helm, das andre im
Schilde, die übrigen auf
der Pferdedecke anbrachte. Eine andre Art der Vereinigung von zwei Wappen
ist die Verschränkung im quadrierten
Schild
[* 3] (écartelé),
so daß jedes
Bild zwei
Felder, die einander schräg gegenüberliegen, einnimmt. Das älteste der auf solche
Art quadrierten Wappen
ist das spanische, welches schon im 13. Jahrh. aus
Kastilien und
Leon ekarteliert ist. Demnächst folgte
König
Johann von
Böhmen,
[* 4] der 1323
Böhmen und
Luxemburg
[* 5] quadriert führte;
England quadrierte seinen
Schild 1337 mit
Frankreich.
Diese Neuerung bürgerte sich ziemlich rasch ein, und in den nächsten
Jahrhunderten herrschte bis zum
kleinen
Adel herab eine förmliche
Sucht nach quadrierten Wappen.
Daraus entstanden die vielfeldigen Wappen
, die gleichsam eine heraldische
Übersicht über den wirklichen und vermeintlichen
Besitz eines großen
Hauses sind. Wappen
, mit welchen die
Besitzer den Anspruch
oder die erbliche
Berechtigung auf einen
Besitz kennzeichnen wollen, nennt man Anspruchs- oder Erbschaftswappen.
Man teilte den
Schild in so viele
Felder, als Einzelwappen
unterzubringen waren; ungerade
Zahlen wurden durch Einfügung von
Mittelschildern u. dgl. ausgeglichen. Bei solchen
komplizierten Wappen
wurde von der Verschränkung abgesehen. Zur Unterscheidung abgeteilter
Linien oder zur Kennzeichnung jüngerer
Geburt und unechter Abkunft dienen die sogen.
Beizeichen
[* 6] (s. d.).
Das Wesentliche jedes Wappens
sind: das
Bild und die
Farben
(Tinkturen, s.
Heraldische Farben). Die
Bilder sind teils dem Wappen
wesen
eigentümlich (s.
Heroldsfiguren),
[* 7] teils gemeine (natürliche und künstliche). Von den Sinnbildern der
Religion bis zu Gegenständen
des täglichen
Gebrauchs sind alle erdenklichen
Dinge im Wappenwesen vertreten (vgl.
Gemeine Figuren). Die
Vorstellungen, die den Wappen zu
Grunde liegen, sind allgemeiner
Natur; eigentümlich ist dem Wappenwesen nur die
Hieroglyphe, die
ihre Eigenart durch die
Notwendigkeit erhalten hat, in einem engen
Raum eine weithin erkennbare
Darstellung zu geben.
Solche Wappen, deren Bilder den Namen des Besitzers angeben, z. B. Fuchs, [* 8] Wolf, oder ihn durch Verbindung von mehreren Gegenständen versinnlichen, wie z. B. ein Stern auf einem Felsen: Sternfels, eine Henne auf einem Berg: Henneberg, nennt man redende oder Namenwappen (s. d.). Gewöhnlich teilt man die Wappen in 1) Familien- oder Geschlechtswappen, 2) Gemeinschaftswappen (von Ländern, Städten, Bistümern, Stiftern, Zünften u. dgl. m.) und 3) Amtswappen, welche mit gewissen Würden in Verbindung stehen, z. B. früher mit den Erbämtern des römischen Reichs.
Nach der Art ihrer Entstehung kann man die Wappen auch in Urwappen, d. h. solche, die zur Zeit, als die Wappen aufkamen, entstanden und von da ab weitergeführt wurden, und in Briefwappen, die durch ein Diplom von Seiten des Staatsoberhaupts (seit dem 14. Jahrh.) verliehen wurden, teilen. Gegenwärtig steht das Recht, Wappen zu verleihen, ebenfalls nur einem souveränen Fürsten zu. In Preußen [* 9] heißt die Behörde, welcher die Ausstellung der Wappen obliegt, das Heroldsamt (s. d.). Die vereinigten Wappen eines Ehepaars nennt man Allianz- oder Heiratswappen.
Das Wappen des Mannes steht gewöhnlich in neuerer Zeit stets rechts, das der Frau links. Auch die Wappen der Erzbischöfe und Bischöfe sind zumeist vereinigte Wappen (aus dem Wappen des Stifts und dem Familienwappen). Beifolgende Tafel I zeigt in einer Reihe von besonders geeigneten Abbildungen, über welche das Textblatt nähere Auskunft gibt, die Entwickelung der Wappenkunst und illustriert zugleich die in den Art. »Helm«, »Schild« und oben gegebenen Ausführungen. Über die Entstehung und Zusammensetzung der jetzt geführten Staatenwappen s. die Erläuterungen zu Tafel II.
Für die Beschreibung der Wappen gelten gewöhnlich folgende Grundsätze. Der Begriff von rechts und links ist nicht dem Gesichtspunkt des Beschauers, sondern dem des Schildträgers entnommen. Die rechte Seite des Wappens ist demnach die dem Beschauer zur linken Hand [* 10] liegende. Die rechte Seite des Wappens ist die vordere. Die Beschreibung beginnt stets von der obern oder vordern Seite des Wappens, und es wird daher nicht besonders gemeldet, welche Farbe die vordere oder obere Seite einnimmt.
Zur Erläuterung dienen die untenstehenden Figuren, in welchen die Farben durch die entsprechende Schraffierung [* 11] (s. d.) angegeben sind. [* 1] Fig. 1 ist geteilt von Silber und Rot;
[* 1] Fig. 2 gespalten von Gold [* 12] und Blau;
[* 1] Fig. 3 halbgespalten und geteilt von Blau, Silber und Rot;
[* 1] Fig. 4 gespalten und halbgeteilt von Rot, Silber und Blau;
[* 1] Fig. 5 quadriert von Silber und Schwarz;
die Ordnung der Felder bei komplizierten Schilden ergibt sich aus [* 1] Fig. 6;
das erste Feld ist rechts oben, das zweite links oben, das dritte rechts unten, das vierte links unten.
Hat das einen Mittelschild, so wird dieser zuerst beschrieben. Bei schräggeteilten Schilden ist diejenige Stelle die obere, welche von dem obern Rande des Schildes mit begrenzt ist. [* 1] Fig. 7 ist demnach von Gold und Rot schrägrechts, [* 1] Fig. 8 von Gold und Rot schräglinks geteilt.
Von Wappenbüchern besitzen wir in Deutschland [* 13] eine große Menge; auch ist bemerkenswert, daß dergleichen Sammlungen in Deutschland zuerst an das Licht [* 14] getreten sind. Das älteste Wappenbuch ist die sogen. »Züricher Wappenrolle«, welche um 1320 zusammengetragen ist, im Anfang des 18. Jahrh. im Besitz des bekannten Naturforschers Scheuchzer auftauchte und von der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich [* 15] 1860 in Farbendruck veröffentlicht wurde. Das großartige Wappenbuch des Konrad Grünenberg, Ritters und Bürgers zu Konstanz [* 16] (Original im Besitz des königlichen Heroldsamtes zu Berlin; [* 17] eine prächtigere gleichzeitige Kopie auf Pergament in der Hof- und Staatsbibliothek zu München), [* 18] vollendet 1483, ist von dem Grafen v. Stillfried-Alcantara und Ad. M. Hildebrandt (Görl. 1876-84) veröffentlicht worden. Kleinere Wappenbücher wurden von dem Kupferstecher Virgilius Solis (Nürnb. 1555, Kupferstich), von Zachar. Bartsch (»Steiermärkisches Wappenbuch«, Graz [* 19] 1567; die Originalholzstöcke, im Landesarchiv zu Graz vorhanden, sind neuerlich wie-
[* 1] ^[Abb.: Zur Beschreibung der Wappen.] ¶
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derholt abgedruckt worden),
von Martin Schrot (nach dem Verleger auch »Adam Bertzsches Wappenbuch« genannt, Münch. 1576) herausgegeben. Die größte Sammlung veranstaltete (1604 ff.) der Nürnberger Kupferstecher Johann Sibmacher (s. d.). Durchaus verschieden in Anlage und Ausführung ist das neue Sibmachersche Wappenbuch, von O. T. v. Hefner 1854 begründet und nach seinem Tod unter Mitwirkung von zahlreichen Fachmännern weitergeführt. Außerdem sind im Lauf dieses Jahrhunderts eine Menge provinzieller Wappenbücher erschienen.
Vgl. Gritzner, Grundzüge der Wappenkunst (Nürnb. 1889), und die Litteratur bei Art. Heraldik.