(Gnadenorte). Ihr Vorbild haben die Wallfahrten in den jährlichen Festreisen der Juden nach Jerusalem. Auch Griechen und Römer unternahmen
Reisen nach fernen Tempeln, und die Germanen veranstalteten »Waldfahrten« nach heiligen Hainen. Seit der Zeit des heil. Ambrosius
im 4. Jahrh. kamen die Wallfahrten auch in der christlichen Kirche auf (s. Helena 2). Aus Gründen der Sittlichkeit
eiferten zwar schon die Kirchenväter zu Ende des 4. Jahrh. gegen die Wallfahrten; doch wurden sie bald
von der Kirche selbst als verdienstliche Werke angesehen, und mit den Kreuzzügen ward der Drang zu Wallfahrten nach dem Heiligen Land
noch vermehrt.
Als dasselbe wieder unter die sarazenische Herrschaft gekommen, ersetzte man den Verlust durch Reliquien,
Wunderbilder, heilige Gräber, besonders die des Paulus und Petrus zu Rom (Limina apostolorum), des Jacobus zu Compostela (s. d.)
und des Marienhauses in Loreto (s. d.). Die Wallfahrten nach diesen Orten heißen Hauptwallfahrten (p. primariae), die an andre, weniger
berühmte Orte Nebenwallfahrten (p. secundariae). Ebenso gibt es im Islam zweierlei Wallfahrten: Hadsch, die Wallfahrt
zum Grab Mohammeds in Mekka, welche vorgeschrieben ist, und Ziaret, der Besuch heiliger Gräber im allgemeinen, welcher als gottgefälliges
Werk gilt. S. Pilger.
Johann Jakob von, Militärschriftsteller, geboren in Holland, war der »Stadt Danzig Oberstwachtmeister und
Hauptmann«, später militärischer Beirat des Prinzen Moritz von Oranien, schrieb: »Kriegskunst zu Fuß« (2.
Aufl., Oppenheim 1630);
»Kriegskunst zu Pferdt« (2. Aufl., Frankf. a. M.
1634);
»Romanische Kriegskunst« (das. 1616);
»Künstliche Pikenhandlung« (Hanau 1617);
»Archiley-Kriegskunst« (das. 1617);
»Kriegsbaukunst-Schatzkammer«
(Frankf. 1621);
»Corpus militare, darin das heutige Kriegswesen begriffen ist« (das. 1625).
Moritz von Oranien
führte das von Wallhausen aufgestellte Exerzierreglement ein.
der Stifter des Westgotenreichs, wurde 415 nach Athaulfs Ermordung auf den Thron erhoben, zog, obwohl ein Feind
der Römer und ihrer Sitten, als römischer Heerführer gegen die Völker, welche die Iberische Halbinsel besetzt hatten, und
unterwarf sie, worauf ihm Kaiser Honorius Aquitanien mit Tolosa als Reich abtrat. Er starb 419.
Nathanael (eigentlich Nathan Wolff), Botaniker, geb. 28. Jan. 1787 zu Kopenhagen, studierte daselbst Medizin und Botanik,
ward 1807 Arzt beim dänischen Etablissement zu Frederiksnagor in Ostindien und 1815 Direktor des botanischen Gartens in Kalkutta.
Mit Carey begann er die Herausgabe von Roxburghs »Flora indica« (Serampur 1820),
und in seinem »Tentamen florae nepalensis« (das.
1824-26) erschloß er die fast ganz unbekannte Pflanzenwelt Nepals. 1825 untersuchte er die Waldungen
des westlichen Hindostan, und 1826-27 bereiste er Ava und das birmanische Gebiet. 1828 kehrte er nach Europa zurück und brachte
zahlreiche indische Pflanzenarten mit, welche an alle öffentlichen Herbarien Europas und Amerikas verteilt wurden.
Vgl. seine
»List of plants from the dried specimens in the East India Company's Museum« (Lond. 1828).
Sein Hauptwerk ist: »Plantae asiaticae rariores« (Lond. 1829-32, 3 Bde.
mit 300 Kupfern). 1834 nach Indien zurückgekehrt, erhielt er die Leitung einer Expedition nach Assam, um über den dort betriebenen
Theebau zu berichten. Doch
mußte er des Klimas wegen 1847 Ostindien verlassen und starb 28. April 1854 in London.
1) Johan Olof, schwed. Dichter, von Tegnér als »Davidsharfe im Norden« bezeichnet, war 1779 in Dalarne in sehr
dürftigen Verhältnissen geboren, wußte sich gleichwohl durch seine Geistes- und Willenskraft den Weg zum Studium der Theologie,
sodann wieder zu hohen Stellungen zu bahnen und starb als Erzbischof von Schweden 1839. Wallin besaß eine mächtige
Beredsamkeit und wußte seinen klaren und kräftigen Gedanken in vollendeter Form Ausdruck zu verleihen.
Seine dichterische Bedeutung beruht vorzugsweise, wie schon angedeutet, auf seinen geistlichen Liedern, unter denen mehrere
unübertroffen schön sind; die Zahl derselben beträgt, mit Einschluß der Bearbeitungen und Übersetzungen, weit über 300. Sein
letztes Werk dieser Gattung war die ergreifende Dichtung »Dödens engel«. Auch seine weltlichen Gedichte, der Mehrzahl nach idyllischen
oder humoristischen Charakters, zeichnen sich durch warmes Gefühl und ansprechende Form aus; besonders erwähnenswert ist
der begeisterte Gesang »George Washington«. Mit dem Lehrgedicht »Uppfostraren« (»Der
Erzieher«),
der ersten von ihm veröffentlichen Arbeit, hatte er sich in der Jugend einen akademischen Preis
errungen. Seine »Samlade Vitterhetsarbeten« erschienen in einer Ausgabe in 2 Bänden (Stockh. 1878).
2) Georg August, finn. Orientalist und Reisender, geb. 24. Okt. 1811 auf den Alandsinseln, reiste 1843-49 ununterbrochen in Ägypten,
Arabien, Persien und Syrien, kehrte 1849 nach Europa zurück und wurde 1850 zum Professor der orientalischen
Sprachen an der Universität zu Helsingfors ernannt; er starb daselbst 23. Okt. 1852. Seine Reiseberichte aus dem Orient gab S.
Elmengren heraus (Helsingfors 1864-66, 4 Bde.).
(franz. Le Valais), einer der größten und gebirgigsten Kantone der Schweiz, grenzt nördlich an Bern
und Waadt,
östlich
an Tessin
und Uri,
südlich und westlich an Italien und Frankreich und hat eine Fläche von 5247 qkm (95,3 QM.). Wallis bildet
ein großes, vom Rhône durchflossenes Längenthal mit zahlreichen Nebenthälern, die seitlich in die Hochgebirgswelt der
Walliser Alpen (links) und der Berner Alpen (rechts) hinansteigen und die Abflüsse einer großartigen Gletscherwelt zum Hauptthal
führen. Zu oberst im Hauptthal lagert der Rhônegletscher;
von den Berner Alpen herab steigt der gewaltigste
Eisstrom des Alpengebirges, der Große Aletschgletscher;
im Matterthal, zu oberst in dem einen der Quellthäler der Visp, vereinigen
sich Gorner-, Zmutt- und Findelengletscher;
im Hintergrund der folgenden Thäler lagern der Turtman-, Zinal-, Moming- und Moirygletscher,
der Ferpècle- und Arollagletscher, der Glacier de Corbassière u. a. Über 1027 qkm nehmen bis zum Genfer See
die Gletscher ein.
Einzig durch die enge Porte du Rhône nach dem Genfer See geöffnet, ist Wallis rings von wildem Hochgebirge eingerahmt
und nur durch Paßlücken zu betreten. Diejenigen der Berner Alpen sind sämtlich ungebahnt und von mehr lokaler Bedeutung,
während der Große St. Bernhard (2472 m) seit der Römer Zeiten dem
mehr
Großverkehr diente und der Simplon (2010 m) die erste aller schweizerischen Alpenstraßen erhielt. In neuester Zeit wurde
das Oberwallis auch mit der Zentralschweiz in fahrbare Verbindung gebracht durch die nach dem Urner Thal Ursern führende Furkastraße
(2436 m). Unter den Bergpfaden, welche als Übergänge der Walliser Alpen dienen, sind hervorzuheben:
Nufenen (2441 m) und Gries (2448 m), im obersten Teil des Wallis;
Monte Moro (2862 m) und Matterjoch (3322 m), aus den Quellthälern
der Visp;
Col de Colon (3130 m), aus dem Val d'Hérens;
Col de Fenêtre (2786 m), in der Nähe des Großen St. Bernhard;
Col de Balme
(2204 m), der viel begangene Übergang aus dem untern Rhônethal nach Chamonix;
ferner als Pässe der Berner Alpen:
Pas de Cheville (2036 m), Rawyl (2421 m), Gemmi (2302 m) und Grimsel (2165 m).
Die höchste Erhebung der Walliser Alpen findet sich
in der 4638 m hohen Dufourspitze des Monte Rosa (s. d.); die Berner Alpen, auf der rechten Thalseite, kulminieren
im Finsteraarhorn (4275 m). Den tiefsten Punkt der Oberfläche bildet der Spiegel des Genfer Sees (375 m). Entsprechend der orographischen
Mannigfaltigkeit, bietet das Wallis auch die größten klimatischen Unterschiede. Ein Weg von wenigen Stunden führt aus heißen
Thalkesseln in nordische Kälte. Während der Hauptort Sion eine Jahrestemperatur von 10° C., ein Sommermittel
von 19° hat, sinken diese Zahlen im Kloster des Großen St. Bernhard (2478 m ü. M.) auf -1,3, resp.
+6° C.
Der Kanton Wallis zählte 1888 eine Bevölkerung von 101,837 Seelen. Das Volk, durchaus katholisch, ist in Oberwallis deutscher,
im Unterwallis, etwa von Siders an, französischer Abstammung. Die Oberwalliser sprechen einen sehr eigentümlichen
Dialekt; sie gelten für ernst, ruhig, entschlossen, strenggläubig, wenig intelligent. Der Unterwalliser hat keltisch-romanisches
Blut, spricht ein französisches Patois, ist rühriger und lebenslustiger. Im allgemeinen aber ist das Volk nicht besonders
kräftig, arm, vernachlässigt, sein Kulturzustand niedrig.
In den Seitenthälern finden sich noch manche merkwürdige Gebräuche und viel patriarchalische Sitteneinfalt.
Es gibt noch 10 Klöster mit 180 Ordensgliedern und einem Vermögen von 1 Mill. Frank. Das Land bildet die Diözese Sion, welche
auf Valeria ein Priesterseminar besitzt. Die tiefern Thäler sind treffliche Wein- und Obstgebiete, auch mit stattlichen Walnuß-
und Kastanienbäumen, bis Sion hinauf sogar mit Südfrüchten geziert, dagegen der größte Teil des Areals zum Hirtenland bestimmt.
Das Rindvieh (70,032 Stück) gehört im Oberwallis der Braun-, unterhalb Sion der Fleckrasse an. Die Schafe sind zwar zahlreich
(59,312), liefern aber grobe Wolle. Stark ist auch der Bestand an Ziegen (28,951) und Schweinen (15,657),
geringer an Maultieren (2161) und Eseln. Bienenzucht wird stark betrieben. Das Wallis ist einer der beiden metallreichsten Kantone,
der einzige, wo jetzt Bergbau auf Blei betrieben wird (im Lötschenthal). Bei Riddes wurden eine Zeitlang die silberhaltigen
Bleierze von Nendaz, Isérable etc. verschmolzen; aber der Betrieb mußte wegen
zu geringen Ertrags aufgegeben werden.
Ebensowenig erhielt sich die Ausbeutung der Kupfer- und Nickelerzminen im Val d'Anniviers, deren Verhüttung in Siders geschah.
An einigen Stellen findet sich goldhaltiger Schwefelkies. Beträchtlich sollen die Eisenerzlager von Martigny und Val d'Illiez
sein. In der Gegend von Sion, bei Grone und Chandoline, sind Anthracitlager im Abbau. Die Kristalle und
andre Mineralien aus
den Thälern von Saas, Zermatt, Binnen, Viesch veranlassen einen ziemlich lebhaften Handel.
Berühmt sind die Heilwässer von Leuk und Saxon (s. d.). Der Handel mit Walliser Weinen und Trauben hat neuerdings einen großen
Aufschwung genommen. Zu den 40 alten roten und weißen Rebsorten haben sich neue gesellt, so der berühmte
Johannisberger, der um Sion ausgezeichnet gedeiht. Der hier erzeugte Malvasier steht den feurigsten Ungarweinen nicht nach. Der
lässigen Forstwirtschaft wird neuerdings durch eine vernünftige Gesetzgebung entgegengearbeitet.
Das Wallis hat einige große Märkte, wie Sion und Martigny, aber keinen Großhandelsplatz. Der Haupttransit geht über
den Simplon. Die Eisenbahn (Ligne d'Italie) führt vom Seehafen Bouveret über St.-Maurice, wo die Waadtländer Bahn einmündet,
und Martigny-Sion vorläufig bis Brieg. Eine Haupteinnahmequelle bildet im Sommer der Touristenverkehr. Das Wallis besitzt nur in
den Gymnasien zu Sion und Brieg höhere Schulen; die Lehrer- und Lehrerinnenseminare zu Sion und Brieg sind
von primitiver Einrichtung.
Die öffentlichen Bibliotheken des ganzen Kantons enthalten bloß 35,000 Bände. Das Staatswesen ist durch die Verfassung vom 13. Febr. 1876 neu
geordnet. Es ist eine Repräsentativdemokratie geblieben, ohne das Referendum für Gesetze, Beschlüsse, Staatsverträge und
Konkordate sowie ohne direkte Wahl der Exekutive und ohne Abberufung gegenüber der Legislative oder Exekutive;
indessen sollen alle einmaligen Ausgaben über 50,000 Fr. und alle wiederkehrenden Ausgaben, welche in drei Jahren je 20,000
Fr. übersteigen, dem Volksentscheid unterliegen.
Die kantonale Verwaltung wird je auf vierjährige Amtsdauer neu bestellt, die Legislative (Grand Conseil) direkt gewählt, je
ein Mitglied auf 1000 Seelen, der Conseil d'État (fünf Mitglieder) indirekt gewählt, wie die Cour d'appellation.
Der Kanton zerfällt in 13 Bezirke, deren jeder seinen Préfet oder Regierungsstatthalter hat, dem ein Bezirksrat beigegeben
ist. Jede Gemeinde hat ihre Municipalité (Gemeinderat) und ihren Juge (Richter). Hauptstadt ist Sion.
Die Staatsrechnung für 1887 ergibt an Einnahmen 1,193,155 Fr., an Ausgaben 1,147,693 Fr., also Überschuß
der Einnahmen 45,462 Fr. Die Hauptposten der Einnahmen sind die Steuern, mit ca. 647,000, die »Hoheitsrechte« mit 324,000 Fr.;
unter den Ausgaben fallen die stärksten Beträge auf die Staatsschuld, ca. 338,000, das Bauwesen 171,000 Fr. etc., während
der Unterricht kaum 88,000 Fr. aufweist. Zu Ende 1887 betrugen die Aktiva 3,819,151, die Passiva 6,778,777
Fr., also Überschuß der letztern 2,959,626 Fr.
[Geschichte.]
Das abgeschlossene Becken des obern Rhône, von den Römern schlechthin Vallis, d. h. Thal, genannt, war im Altertum
von den keltischen Stämmen der Nantuaten, Seduner und Veragrer sowie den ligurischen Viberern bewohnt. Von Cäsar 57 v. Chr.
unterworfen, wurde es von Augustus Rätien einverleibt, später jedoch wegen seiner Pässe über den Großen St. Bernhard und
Simplon als besondere Statthalterschaft, mit Octodurum (Martinach) als Hauptstadt, organisiert. Um 480 geriet das Thal unter
die Botmäßigkeit der Burgunder, deren König Siegmund auf dem Grab des Märtyrers Mauritius das berühmte
Kloster St.-Maurice stiftete (516). Mit dem Burgunderreich kam es 534 an die Franken und wurde 888 ein Bestandteil des neuburgundischen
Reichs. Rudolf III. (993-1032) verlieh die Grafschaft über Wallis dem Bischof von Sitten; um 1250 aber riß das Haus Savoyen das romanische