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Fingerglieder ist bei den echten Walen größer als sonst üblich (6-12 statt 3). Von den Hintergliedmaßen sind nur die Überbleibsel eines Beckens vorhanden; in die Schwanz- und Rückenflosse tritt kein Teil der Wirbelsäule ein (s. Figur). Der Schädel nimmt zuweilen ein Drittel der Länge des ganzen Tiers ein, wozu hauptsächlich die Kiefer beitragen. Diese entbehren oft der Bezahnung vollständig. Ein Milchgebiß ist überhaupt nur bei den Seekühen vorhanden, bei den echten Walen kommen die Zähne [* 2] im fötalen Leben zur Entwickelung, fallen aber vor der Geburt aus (Bartwale) oder bilden sich, wie bei den Delphinen, zu bleibenden Zähnen aus.
Bei den Bartwalen entwickelt sich ein eigentümlicher Besatz des Oberkiefers und der Gaumenfläche, indem
sich in queren
Furchen hornige, frei in die Mundhöhle
[* 3] herabhängende
Platten bilden, deren innerer
Rand in
Fäden aufgelöst
ist
(Fischbein). An dem oft schnauzenförmig ver
längerten
Kopfe fehlen stets die Ohrmuscheln, die
Augen sind auffallend klein
und stehen oft in der
Nähe des Mundwinkels, die Nasenlöcher sind auf den
Scheitel gerückt; die
Nase
[* 4] hat
übrigens beim Mangel eines
Riechnervs ihre Bedeutung als Geruchsorgan ganz ver
loren und dient ausschließlich zur
Atmung.
Aus den oft zu einem halbmondförmigen sogen.
Spritzloch ver
einigten Nasenlöchern wird die
Luft bei den großen
Walen so stark
ausgeblasen, daß ihr Wasserdampf sich in der kalten Umgebung zu einer mächtigen
Säule ver
dichtet und
so den Anschein hervorruft,
als spritzten die Wale
[* 5]
Wasser aus. Das
Gehirn
[* 6] ist außerordentlich klein, aber sehr windungsreich. Durch die besondere Gestaltung
des
Kehlkopfes können die Wale zu gleicher Zeit atmen und
Nahrung aufnehmen. Die
Lungen sind sehr geräumig
und erstrecken sich weit nach hinten, so daß das
Zwerchfell nicht quer, sondern schräg ver
läuft.
Speicheldrüsen fehlen fast gänzlich; der Magen [* 7] ist aus mehreren (bis zu sieben) Abteilungen zusammengesetzt, jedoch nicht zum Wiederkäuen eingerichtet. Einige größere Adern haben in der Nähe des Herzens ansehnliche Erweiterungen zum Zurückhalten des Bluts, so daß die Atmung auf längere Zeit unterdrückt werden kann. Die Nieren bestehen aus einzelnen Lappen. Die Hoden liegen in der Bauchhöhle, die beiden Zitzen in der Weichengegend oder an der Brust. Meist wird nur ein Junges zur Zeit geboren; es hat bei den großen Walen eine Länge bis zu 6 m.
Die Wale leben meist gesellig, bisweilen in Herden, die größern im offenen Meer, besonders in der kalten Zone, die kleinern mehr an den Küsten und in den Flußmündungen. Sie schwimmen vortrefflich, halten sich dabei gewöhnlich an der Oberfläche und durchschweifen große Gebiete, wobei ein regelmäßiger, an die Jahreszeiten [* 8] gebundener Ortswechsel stattfindet. Die riesigen zahnlosen Bartwale nähren sich von kleinen Seetieren (Nacktschnecken etc.), die Delphine von größern Fischen, die Seekühe von Pflanzen. Man unterscheidet in drei, resp. fünf größern Gruppen etwa 30 lebende Gattungen mit etwa 170 zum Teil jedoch zweifelhaften Arten; fossile sind von den ältern Tertiärschichten ab gefunden worden; in historischer Zeit ist eine Art der Seekühe, das Borkentier (s. d.), ausgestorben, und andre Arten sind, wie es scheint, der völligen Ausrottung nahe.
Einteilung.
I. Zeuglodonten (Zeuglodontia). Nur fossil, mit langer, schmaler Schnauze und mit Kiefern voller Zähne. Wahrscheinlich Fleischfresser. In den Tertiärschichten von Europa [* 9] u. den Ver. Staaten (s. Taf. »Tertiärformation [* 10] II«). [* 11]
II. Seekühe (Sirenia, pflanzenfressende Wale). Haut [* 12] dick, spärlich beborstet;
an den Flossen noch eine Spur von Nägeln;
Halswirbel unter sich beweglich;
Zähne ähnlich denen der Huftiere, im Milchgebiß nur die Schneidezähne, Eckzähne fehlen, Backenzähne wohl entwickelt, Schneidezähne zuweilen in Stoßzähne umgewandelt;
Zitzen an der Brust. Die Seekühe bewohnen die Meeresküste und die Flüsse [* 13] und nähren sich von Tangen, Seegras etc. Hierher 3 lebende Gattungen mit mehreren Arten, darunter Manatus, der Lamantin, an der Westküste Afrikas und der Ostküste von Mittel- und Südamerika, [* 14] Halicore, der Dugong, im Indischen Ozean, und Rhytina, das Borkentier (s. d.), das im vorigen Jahrhundert noch in Kamtschatka lebte, jetzt aber ausgestorben sein soll.
Fossil Halitherium im ältern Tertiär von Frankreich und Deutschland. [* 15]
III. Echte fleischfressende Wale (Cete). Haut ganz haarlos;
Kopf sehr groß;
Nasenöffnungen auf der Stirn;
Zitzen in der Weichengegend.
Man unterscheidet zwei Gruppen:
A. Zahnwale (Denticete), mit Zähnen in beiden oder nur in einem Kiefer.
1)
Delphine (Delphinidae).
Zähne in beiden
Kiefern. Nasenlöcher zu einem halbmondförmigen
Spritzloch ver
bunden. Etwa 10 lebende
und einige fossile
Gattungen mit über 100 zum Teil unsichern
Arten.
2) Narwale oder Einhörner (Monodontia). Männchen mit nur einem großen Stoßzahn im Oberkiefer, meist auf der linken Seite, Weibchen ohne solchen. Hierher nur die Art Monodon monoceros, der Narwal, im Eismeer.
3) Döglinge (Hyperoodontidae). Nur 1-2 Zähne jederseits im Unterkiefer; ein halbmondförmiges Spritzloch. 6 lebende Gattungen mit 12 Arten, außerdem mehrere fossile. Hierher unter andern Hyperoodon, der Dögling oder Entenwal, im nördlichen Teil des Atlantischen Ozeans.
4) Pottwale (Catodontidae). Mit Zähnen im Unterkiefer, ohne Barten. Kopf sehr groß (bis ein Drittel der Körperlänge) und hoch aufgetrieben; in den Schädelhöhlen flüssiges, an der Luft erstarrendes Fett (Walrat, Sperma ceti). 2 lebende Gattungen mit 6 Arten, mehrere fossile. Hierher unter andern Catodon macrocephalus, der Pottwal, in den wärmern Meeren, selten im Atlantischen Ozean.
B. Bartenwale (Mysticete). Ohne
Zähne, aber mit
Barten.
Kopf sehr groß,
Schlund eng,
Spritzlöcher nie ver
wachsen.
5) Glattwale (Balaenidae). Ohne Rückenflosse und ohne Hautfurchen auf der Bauchseite. Die hierher gehörigen Gattungen und Arten (aus den kalten und gemäßigten Meeren) sind zum Teil nur unvollständig bekannt. Besonders wichtig Balaena mysticetus, der grönländische Wal oder Walfisch.
6) Furchenwale (Balaenopteridae). Mit Rückenflosse und mit Längsfurchen auf der Bauchseite. 5 Gattungen mit etwa 30 höchst unsichern Arten, leben gleichfalls in den kalten und gemäßigten Meeren. Hierher unter andern Physalus, der Finnwal, Balaenoptera, der Sommerwal, und Megaptera, der Kaporkak.
Vgl. Cuvier, Histoire naturelle des Cétacés (Par. 1836);
Eschricht, Zoologisch-anatomisch-physiologische Untersuchungen über die nordischen Waltiere (Leipz. 1849);
Gray, Catalogue of Seals and Whales in the British Museum (2. Aufl., Lond. 1866);
Brandt, Untersuchungen über die fossilen und subfossilen Cetaceen Europas (Petersb. 1873-1874, 2 Tle.);
Weber, Studien über Säugetiere (Jena [* 16] 1886).
[* 1] ^[Abb.: Skelett [* 17] eines Walfisches. a Schulterblatt, b Vorderbein. Rest des Hinterbeins]