waldreichen Abhängen des zum
Wienerwald gehörigen Lindkogels, an der Südbahn, beliebter Sommeraufenthalt der
Wiener, hat
eine indifferente
Therme von 24° C., eine Badeanstalt,
[* 2] eine neue
Kirche, ein
Schloß mit schönem
Park, elegante
Villen, vorzüglichen
Weinbau (roter und weißer Vöslauer) und Schaumweinfabrikation, eine Kammgarnspinnerei und (1880) 3174 Einw.
Die Zahl der Kurgäste beläuft sich jährlich auf mehr als 4000.
(spr. -mär),Karl, holländ. Kunstschriftsteller, geb. im
Haag,
[* 3] studierte auf der
Leidener
[* 4]
Universität
die
Rechte, war längere Zeit als
Beamter des Hooge Raad in seiner Vaterstadt thätig, widmete sich aber seit 1873 ganz schriftstellerischer
Thätigkeit, welche er schon 1856 mit einer
Studie Ȇber das
Schöne und die
Kunst« begonnen hatte.
Später
widmete er sich besonders der Spezialforschung in der niederländischen
Kunstgeschichte. Seine Hauptwerke sind: »Rembrandt
Harmensz van
Ryn, ses précurseurs et ses années d'apprentissage«
(Haag 1863);
»Rembrandt, sa vie et ses œuvres« (das. 1868, 2. Aufl.
1877);
Er hat sich auch als Dichter hervorgethan
(»Skizzen«, 1860; »Londinias«, 3. Aufl.
1878; »Nanno«, 1882) u. einen Künstlerroman:
»Die
Amazone«
[* 5] (1881),
eine holländische Übersetzung der
»Ilias« sowie zahlreiche
Arbeiten kunstgeschichtlichen und kritischen
Inhalts in der von ihm bis 1876 redigierten »Kunstchronik«
und im »Nederlandsche
Spectator« veröffentlicht. Er starb in Territet bei
Montreux.
»De rhetorices natura ac constitutione« (Amsterd. 1647 u.
Haag 1658).
Die
Poetik behandelt
»De artis poëticae natura« (Amsterd. 1647). Der Geschichte dienen: »De historicis graecis libri
IV«
(Leid. 1624 u. 1651; neue Ausg. von
Westermann, Leipz. 1838);
»De historicis latinis libri III«
(Leid. 1627 u.
1651);
In die
Theologie griff er ein durch: »Historiae Pelagianae libri IV« (Amsterd. 1618 u.
1665),
»De theologia gentili« (das. 1642 u. 1706) u. a.
Seine
Briefe erschienen gesammelt durch Colomies (Lond. 1690 u. 1693),
seine Werke
Amsterdam 1695-1701, 6 Bde.
Vgl. H.
Toll,
De Vossio perfecto grammatico (Amsterd. 1778).
»De poëmatum cantu et viribus
rhythmi« (Oxf. 1673);
»Variarum observationum liber« (Lond. 1685).
Vgl. de
Crane,
De Vossiorum Juniorumque familia
(Franeker 1820).
3)
JohannHeinrich, hervorragender Dichter, poetischer Übersetzer und Philolog, geb. zu
Sommersdorf bei
Waren im Mecklenburgischen als Sohn eines infolge des
Kriegs verarmten Pachters, der eine dürftige Schullehrerstelle
erhalten hatte, kam 1766 auf die
Schule nach
Neubrandenburg
[* 13] und nahm dann, da es ihm an
Mitteln zum Besuch
der
Universität fehlte, eine Hauslehrerstelle bei einem
Herrn v. Örtzen in Ankershagen an, um mit dem hier ersparten
Geld
später seine akademischen
Studien zu beginnen.
Durch Gedichte, die er für den
»GöttingerMusenalmanach« eingesandt hatte, kam er mitBoie in Briefwechsel,
auf dessen Veranlassung er
Ostern 1772 nach
Göttingen
[* 14] übersiedelte. Hier widmete er sich, die
Theologie rasch aufgebend, ausschließlich
philologischen
Studien, trat in
Heynes philologisches
Seminar ein und lebte im übrigen jenen poetischen Bestrebungen, die ihn
mit einer Anzahl gleichgestimmter
Jünglinge zumGöttinger Dichterbund (s. d.) verbanden. Voß war die eigentliche
Seele und treibende
Kraft
[* 15] des
Bundes und entfremdete sich darüber bis zu einem gewissen
Punkt seinem
LehrerHeyne.
AlsBoie, mit dessen
Schwester Ernestine sich Voß verlobt hatte, in den
Staatsdienst trat, übertrug er die Redaktion des »Musenalmanachs«
Voß, der sie von Wandsbeck aus besorgte, wohin er 1775 übergesiedelt war. In Wandsbeck verlebte
Voß mehrere Jahre in freundschaftlichem
Verkehr mit
Claudius und
Klopstock und führte 1777 seine
Braut heim. 1778 übernahm er
das Rektorat zu
Otterndorf im Land
Hadeln, wo er, seinem eignen
Geständnis nach, trotz des beschwerlichen Schuldienstes im
traulichen
Verkehr mit den wohlwollenden Eltern seiner
Schüler eine sehr glückliche Zeit verlebte.
Von hier aus kündigte er auch zuerst seine Übersetzung der
»Odyssee« an, der er als einleitende
Empfehlung einige auf die
Homerische
Weltkunde bezügliche
Aufsätze im
»GöttingerMagazin« vorausschickte. 1782 wurde er auf seines
FreundesFriedrichLeopold v.
Stolberg
[* 16] Betrieb als
Rektor nach
Eutin berufen, wo er 1786 den Hofratstitel erhielt (vgl. Heußner,
als Schulmann in
Eutin,
Eutin 1882). Inzwischen war er in eine ernsthafte, lange dauernde litterarisch-philologische
Fehde mit
seinem alten
GöttingerLehrerHeyne verwickelt worden, welche die ohnehin bei Voß vorhandene Streit- und Kampflust noch steigerte.
Nachdem er 1789 seine Übersetzung des Vergilschen Gedichts »Über
den
Landbau« (neue Ausg.,
Altona
[* 17] 1800 u. 1821, 2 Bde.)
sowie 1793 eine neue Bearbeitung seiner
»Ilias« und
»Odyssee« herausgegeben, wendete er sich mit
Eifer der Forschung in altgriechischer
Geographie und
Mythologie zu.
Um denAnsichten entgegenzuarbeiten, die
Heyne auf diesem
Felde durch das Hermannsche
»Handbuch der
Mythologie« begünstigte und beförderte, machte er einen
Aufsatz über
Apollon
[* 18] bekannt und ließ nachmals die
»Mythologischen
Briefe« (Stuttg. 1794, 2 Bde.; 2. Ausg.
1823, 3 Bde.) erscheinen, in welchen er einen ziemlich heftigen
Ton anschlug. Wichtiger als seine polemische Thätigkeit
¶
mehr
waren die fortgesetzten dichterischen Bestrebungen, die besonders freudig gediehen, seitdem Voß im Idyll eine seiner Natur,
seinen Erinnerungen und Lebenszuständen gleich gemäße Form gefunden hatte, welcher er sich fortan mit Vorliebe bediente.
Eine Reihe früherer Versuche war schon in Göttingen und Wandsbeck entstanden. »Der siebzigste Geburtstag« erschien im »Musenalmanach
für 1781«, »Des Bräutigams Besuch« (das zuerst
veröffentlichte Bruchstück der »Luise«) in dem auf 1783. In seiner Idyllendichtung umgab Voß die nüchterne und oft unschöne
norddeutsche Wirklichkeit mit all der Verklärung, welche aus der eingehenden Schilderung häuslichen Behagens und liebevoller
häuslicher Zustände hervorgehen konnte. Die Form erwuchs ihm aus seinen Homerischen Studien, und die
lebendige Wirklichkeit und Gegenständlichkeit seiner Idylle, die frohe Zuversicht des Dichters auf das Gedeihen des Schönen,
Wahren und Guten im Sinn seines beschränkten Rationalismus ergriffen die Zeitgenossen so, daß den Idyllen und namentlich dem
größern Gedicht »Luise« (Königsb. 1795) ein reicher Beifall zu teil ward.
Der Dichterruf Voß' gründete sich aber nicht allein auf diese Idylle und seine sonstigen »Gedichte« (deren
Gesamtausgabe von 1802 Goethe in der »JenaerLitteraturzeitung« liebevoll eingehend besprach),
sondern vor allem auch auf seine
Meisterschaft der Übertragung. Nachdem Voß Vergils vierte Ekloge mit einem Kommentar, als Probe des Ganzen, herausgegeben, folgten 1797 Vergils
»Eklogen« (neue Ausg., Altona 1830, 2 Bde.),
1793 die Auswahl Ovidscher »Verwandlungen« (2. Aufl. 1829)
und 1799 der ganze Vergil verdeutscht, doch ohne Kommentar. Im Herbst 1802 ging Voß seiner Gesundheit wegen mit einem Gnadengehalt
von 600 Thlr. nach Jena,
[* 20] wo er, von Schütz und Griesbach wiederholt aufgefordert, jene viel besprochene
Rezension der Heyneschen »Ilias« in der »Allgemeinen Litteraturzeitung« (Maiheft 1803) erscheinen ließ. Vergebens suchte ihn
Goethe in Jena festzuhalten; Voß folgte im Sommer 1805 einem Ruf an die Universität zu Heidelberg, wo er den verdeutschten Horaz
(Heidelb. 1806, 2 Bde.; 2. Aufl.
1820), Hesiod und Orpheus
[* 21] (das. 1806), die Übersetzung des Theokrit, Bion und Moschos (Stuttg. 1808) und
Tibull (Tübing. 1810) sowie eine kritische Bearbeitung des Tibull und Lygdamus nach Handschriften (Heidelb. 1811), die Übersetzung
des Aristophanes (Braunschw. 1821, 3 Bde.)
sowie des Aratos (Heidelb. 1824), des Homerischen »Hymnus an Demeter«
[* 22] (das. 1826) und des Properz (Braunschw. 1830),
mit seinen SöhnenHeinrich und Abraham eine Übersetzung des Shakespeare (Leipz. 1819-30, 9 Bde) herausgab
und in Opposition gegen Creuzer seine »Antisymbolik« (Stuttg.
1824) schrieb, deren zweiten Teil nach seinem Tod sein Sohn Abraham (1826) herausgab. Er rief darin zur Wachsamkeit gegen überspannte
Lobredner der heidnischen Mystik auf und hatte noch kurz vor feinem Tode die Freude, an Lobeck einen wohlausgerüsteten
Waffengenossen zu gewinnen. Fast gleichzeitig entbrannte der Kampf über Katholizismus, Pfaffentum und Junkertum, welchen Voß durch
feinen Aufsatz im »Sophronizon« über den Abfall seines FreundesFritzStolberg von der protestantischen Kirche veranlaßt hatte.
Bis zu seinem Ende als entschlossener und kräftiger Streiter standhaltend, starb Voß in Heidelberg.
Voß höchstes Verdienst um die deutsche Litteratur lag in seiner unübertroffenen Verdeutschung des Homer, durch welche er den
griechischen Epiker zum unverlierbaren Eigentum und einer der Grundlagen der deutschen allgemeinen Bildung
machte. Als selbständiger
Dichter vermochte er eine gewisse Herbheit und trotzige Beschränktheit seiner Natur, einen nüchtern-lehrhaften
Grundzug seiner Bildung nur unter der Zusammenwirkung besonders günstiger Umstände zu überwinden; in allem aber, was »eine
tieffühlende, energische Natur durch treues Anschauen, liebevolles Beharren, durch Absonderung der Zustände, durch Behandlung
eines jeden Zustandes in sich als eines Ganzen schaffend hervorbringen kann« (Goethe), erscheint er gehaltvoll
und bedeutend.
Die Verbindung einer Bestrebungen für die deutsche Litteratur mit seinen philologischen Arbeiten verführte ihn nicht zum Dilettantismus.
In mehreren Zweigen der Altertumswissenschaft verdanken wir Voß die Anbahnung ganz neuer Wege, und besonders gebührt ihm
das Verdienst, in seinen Untersuchungen über die älteste Geographie die Zeiten und Momente der geographischen
Kenntnisse unterschieden, die Quellen gesichtet und eine Fülle von Aufschlüssen über den Verkehr und die Produktion der alten
Länder gegeben sowie in der Behandlung der Mythologie auf eine strenge Methodik mit Beweis und kritischer Sichtung der Mythenmassen
gedrungen zu haben.
Der Ernst und die Tüchtigkeit, die ihn beseelten, interessieren auch bei minder gelungenen Leistungen.
In seinen letzten Übertragungen, namentlich in denen des Aristophanes und vor allen in der der Schlegelschen entgegengesetzten
Shakespeare-Übersetzung, waltete eine zur Manier gesteigerte künstliche Monotonie, deren erste Ansätze übelwollende Kritik
dann freilich selbst aus den gelungenen Homer- und Vergilübersetzungen herausfinden konnte. Die Übersetzungen
Voß aus neuern Sprachen verdankten zumeist dem Bedürfnis seiner bedrängten Jugendjahre ihre Entstehung, so: d'Alemberts »Versuch
über den Umgang der Gelehrten und Großen« (Leipz. 1775);
Außerdem erschienen von ihm »KleineRomane« (Berl. 1811-15, 10 Bde.).
Seine Romane wie seine Lustspiele sind ohne Kunstwert, besitzen aber kulturhistorisches Interesse, insofern sie ein treues Abbild
der Frivolität und innern Verkommenheit geben, wie sie vor 1806 in allen Schichten der Berliner
[* 26] Bevölkerung
[* 27] eingerissen war.