ein Nebentheater in großen
Städten, das mehr für die
Sphäre der niedern
Stände
berechnet ist und deren
Begriffen angemessene
Stücke gibt. Seit der 1869 eingetretenen
Gewerbefreiheit haben die Volkstheater eine schrankenlose
Erweiterung erfahren; sie haben zum Teil selbst das klassische
Repertoire mit
Glück in ihren Bereich gezogen, im allgemeinen
aber sich auf eine
Spezialität:
Operette oder
Posse, geworfen. Infolge einseitiger Bevorzugung der letztern
Gattung trat schnell ein allgemeiner
Verfall der Volkstheater ein, und es machten sich dem gegenüber Bestrebungen geltend, welche das
Volkstheater zu einer wirklichen Bildungsstätte für die unbemittelten
Klassen des
Volkes machen und das Volkstheater der geschäftlichen Ausbeutung
von Theaterunternehmern entziehen wollen.
und zwar meistens nur mit beratender
Stimme, von der
Regierung zugezogen
wurden (landständisches
System), während die Volksvertretung im
Sinn und nach den Bestimmungen der neuern Verfassungsurkunden eine Vertretung
des
Volkes in seiner Gesamtheit bezweckt, so daß die Abgeordneten keineswegs
nur als Vertreter ihres
Standes oder ihres Wahlkreises
erscheinen, auch an
Instruktionen seitens ihrer
Wähler nicht gebunden sind (parlamentarisches, konstitutionelles
System).
Kongreß, eine 1858 zum erstenmal in Gotha zusammengetretene Wanderversammlung, welche sich die
Agitation im
Sinn der wirtschaftlichen
Freiheit zur Aufgabe gestellt hat.
In den ersten
Jahren seines Bestehens wirkte er hauptsächlich
für
Gewerbefreiheit und
Freizügigkeit sowie für
Förderung des Genossenschaftswesens. Seit den Ereignissen
von 1866 wandte er seine
Aufmerksamkeit vorzugsweise der Gestaltung des
Bank- und
Münzwesens zu. Seine Beschlüsse von 1871 waren
ausschlaggebend für die
Goldwährung, diejenigen von 1874 für die Beschränkung der
Banknoten.
Der 1872 in
Eisenach
[* 13] gegründete
Verein für Sozialpolitik trat ihm anfangs gegnerisch entgegen, doch wurde 1875 zwischen beiden
Vereinen eine 1880 wieder rückgängig gemachte Verabredung getroffen, nach welcher in jedem Jahr nur
einer der beiden
Vereine abwechselnd tagen und die Mitglieder des andern an demselben teilnehmen sollten. Die Mitgliedschaft
am volkswirtschaftlichen
Kongreß steht gegen ein mäßiges Eintrittsgeld jedermann offen. Vorsitzender ist fast seit Beginn
KarlBraun (s. d. 8). Die
Berichte über die
Verhandlungen erschienen seit 1861 regelmäßig im
Druck.
(Nationalökonomie, Nationalökonomik, nach der griechischen Benennung
¶
mehr
οἰκονομικὴ τέχνη auch politische Ökonomie genannt), eine Wissenschaft, welche sich mit der Darstellung der
vielfachen, durch Vergesellschaftung, Tausch und Arbeitsteilung hervorgerufenen Verkettung der Verkehrsinteressen, des wechselseitigen
Zusammenhanges und der Abhängigkeit der verschiedenen Wirtschaften voneinander sowie der auf Grund derselben zu beobachtenden
Gesetzmäßigkeiten und Regelmäßigkeiten befaßt, um auf Grund derselben einen Anhalt
[* 15] für Gestaltung
der praktischen Wirtschaft, insbesondere aber der öffentlichen Wirtschaft, bieten zu können.
Eine Wirtschaftslehre hätte eigentlich die gesamte schaffende Thätigkeit der Menschen, Erzeugung und Verwendung von Gütern,
in den Kreis
[* 16] ihrer Betrachtung zu ziehen. Sie würde sich von den Naturwissenschaften dadurch unterscheiden, daß für sie
immer die Zweckmäßigkeit der Herstellung der unmittelbar leitende Gesichtspunkt ist. In Wirklichkeit
wird aber unter dem Titel Volkswirtschaftslehre keine Lehre
[* 17] von der Erzeugung und Verwendung von Gütern gegeben. Allerdings hatten die alten Kameralwissenschaften
die Stadtwirtschaft, d. h. das Gewerbewesen, wie auch den Landbau und Bergbau
[* 18] in den Kreis ihrer Erörterungen gezogen.
Sie gaben Anleitung, wie zu säen, zu pflügen, Flachs zu bereiten und zu spinnen, Branntwein zu brennen,
Essig zu bereiten sei u. dgl., und umfaßten
demnach die gesamte Technologie und die Technik der ganzen Urproduktion. Bald aber mußte sich der encyklopädische Charakter
einer solchen Behandlung als durchaus ungenügend erweisen. Schon aus diesem Grund mußte die Technik, welche
die wirklichen Herstellungsprozesse zum Gegenstand hat, aus dem Kreis der Kameralwissenschaften entfallen, und es verblieb
sonach für die Volkswirtschaftslehre das oben genannte Gebiet. Dies gab Veranlassung dazu, zwischen Privatwirtschaft auf der einen, Volks- und
Staatswirtschaft auf der andern Seite in der Art zu unterscheiden, als ob die Privatwirtschaftskehren
im wesentlichen gleichbedeutend mit Gewerbslehren seien, während Staats- und Volkswirtschaftslehre nur die Beziehungen der Wirtschaften zu einander
betrachteten. Dagegen definierte Hermann (s. d. 3) die Ökonomik als quantitative, die Technik als qualitative Kontrolle und
Zuratehaltung bei der Herstellung und Verwendung von Gütern. In Wirklichkeit aber lassen sich die BegriffeQuantität und Qualität nicht voneinander scheiden, insbesondere haben die Qualitäten (Art der Arbeit, Beschaffenheit der Stoffe
und Arbeitsinstrumente etc.) für alle Wirtschaftserfolge die größte Bedeutung.
Für den Zweck der litterarischen Darstellung, insbesondere aber im Interesse einer guten Verteilung des Stoffes auf dem Lehrstuhl
mit Rücksicht auf die Semestereinteilung, war es in Deutschland
[* 19] üblich geworden, die Volkswirtschaftslehre im weitern Sinn
in drei Teile zu scheiden und zwar in: 1) die theoretische oder reine Volkswirtschaftslehre (Grundlagen oder
Grundsätze der Volkswirtschaftslehre). Die Thatsache, daß bei der beobachteten Arbeitsteilung auf Grund kapitalistischer Wirtschaftsprüfung die
Güter nicht von den gleichen Personen verzehrt werden, welche sie erzeugt haben, daß dieselben vielmehr
von Hand
[* 20] zu Hand gehen und hierbei auf Grund der gegebenen Besitzesverhältnisse und der Preisbildung verschiedene Anteile von der
Gesamtheit aller Güter auf die einzelnen Glieder
[* 21] der Gesellschaft entfallen, führte dazu, den Stoff in drei bis vier Abteilungen
zu trennen.
In der zweiten Abteilung wurden Tausch, Kredit und Tauschmittel besprochen und dargelegt, welchen Gesetzmäßigkeiten die Bildung
von Lohn, Zins, Gewinn und Rente unterworfen sei. Die dritte Abteilung fiel meist etwas kurz aus, einmal aus dem Grund, weil Erzeugung
und Verbrauch der Güter sich gegenseitig so bedingen, daß in den vorausgegangenen Lehren
[* 22] schon manches vorausgenommen worden
war, was auch unter dem Begriff der Konsumtion hätte vorgetragen werden können, dann weil der Güterverbrauch selbst sich
zum großen Teil der Öffentlichkeit entzieht und, wenn auf die Technik nicht eingegangen werden soll,
nur wenig Gelegenheit zu Erörterungen allgemeiner Art über Sparsamkeit, Verschwendung u. dgl. bietet.
2) Die praktische Volkswirtschaftslehre (Volkswirtschaftspflege, Volkswirtschaftspolitik, ökonomische Politik). Derselben wurde die Erörterung
der Maßnahmen und Anstalten zugewiesen, welche den Gemeinwirtschaften, insbesondere aber der öffentlichen Gewalt, im Interesse
der Pflege und Förderung aller wirtschaftlichen Bestrebungen der Staatsangehörigen obliegen. Da hierbei
vorzüglich der Staat in Betracht kommt, so gebrauchte man wohl auch die Bezeichnung Staatswirtschaftslehre, welche aber auch
noch für den dritten Teil der politischen Ökonomie, 3) die Finanzwissenschaft (s. d.), in Anspruch genommen wurde.
Gegen die Dreiteilung blieb freilich einzuwenden, daß Rechtsordnung, Gesetzgebung und Verwaltung von größtem Einfluß auf
die Gestaltung des gesamten wirtschaftlichen Verkehrs und auf die volkswirtschaftliche Verteilung sind, und daß demgemäß
die genannte Einteilung zu einer unsachgemäßen Zerreißung zusammengehöriger Stoffe führt. In der Wirklichkeit ist infolgedessen
auch nie die genannte Scheidung in Lehrbüchern oder auf dem Katheder in aller Strenge durchgeführt worden.
In demVortrag über die theoretische Nationalökonomie wird jeweilig von einer bestimmten gegebenen Gestaltung
der gesellschaftlichen Verfassung, der Staats- und Rechtsordnung ausgegangen und von diesem Gesichtspunkt aus nicht allein die
Gestaltung der wirtschaftlichen Begriffe und Erscheinungen betrachtet, wie sie sich thatsächlich ausgebildet haben, sondern
auch Ansichten über Zweckmäßigkeit vorhandener Einrichtungen und Zustände und über Möglichkeit und
Notwendigkeit von Änderungen geäußert.
Dabei werden Gegenstände, welche bei abstrakter Scheidung der Volkswirtschaftspflege zugewiesen werden müßten, bereits
in der theoretischen Nationalökonomie abgehandelt. Die praktische Nationalökonomie ist infolgedessen nichts andres als eine
spezialisierte Behandlung einzelner Wirtschaftsarten, Wirtschaftszweige und wirtschaftlicher Anstalten geworden, wie der
Forst- undLandwirtschaft, des Handels, Bankwesens u. dgl.
Oft wird zur nähern Bezeichnung das WortPolitik in Verbindung mit dem Namen des betreffenden Gebiets oder Gegenstandes gewählt;
so spricht man von einer Bank-, Handels-, Münz-, Agrar-, Arbeiter-, Lohn- etc. Politik. Vorwiegend denkt man hierbei allerdings
an Aufgaben des Staats, nimmt jedoch oft auch das WortPolitik in einem weitern Sinn, indem alle Bestrebungen
und Maßnahmen besprochen werden, welche von allgemeiner Bedeutung sind.
In Geschichte und Litteratur der Volkswirtschaft und der Volkswirtschaftslehre pflegt man drei Hauptsysteme zu unterscheiden.