übrigen wird die vlämische
Bewegung, welche 1869 durch
Aufstellung einer einheitlichen offiziellen
Rechtschreibung eine besondere
Festigung erhielt, durch zahlreiche litterarische
Vereine aufrecht erhalten. Obwohl die
Regierung das
Streben der »Vlamingen«
lange Zeit mit ungünstigen
Augen ansah, mußte
sie den in den gesetzgebenden Versammlungen oft warm unterstützten
Forderungen
derselben in Gesetzvorlagen und Verwaltungsmaßregeln doch manches einräumen, und wenn auch gegenwärtig
die
v. S. noch nicht als
Schul- und
Gerichtssprache die ihr gebührende
Stellung einnimmt, so hat sie doch schon so schöne und
reiche Litteraturblüten entwickelt, daß ihre
Erhebung zu einer mit der französischen gleichberechtigten Landessprache kaum
noch zu hindern sein wird. Als die bedeutendsten
Namen dieser modern-vlämischen Litteratur sind zu nennen:
Prudens van
Duyse (1804-59),
KarlLedeganck (1805-47), J. M.
^[JohanMichel]
Dautzenberg (1808 bis 1869),
Theodor van
Ryswyck (1811-49),
JakobDe Laet (geb. 1815), B. J.
^[Bruno Jozef] Boucquillon (1816 bis 1878),
P. F. van
Kerckhoven (1818-57), Jan vanBeers
(geb. 1821),
A. A. Bernaert (geb. 1825), Hendrik
Peeters (geb. 1825),
Guido Gezelle (geb. 1830) u. a. Einen europäischen
Ruf
als
Meister in der
Darstellung vlämischen
Still- und Kleinlebens hat sich Hendrik
Conscience (1812-83) erworben; neben ihm haben
sich in der volksmäßigen Novellistik ganz besonders die beiden
BrüderJohanSnieders (1812-88) und Aug.
Snieders (geb. 1825) hervorgethan.
Von den jüngsten Dichtern sind als der bedeutendste vlämische
LyrikerFransDe Cort (1834-78) und
EmanuelHiel (geb. 1834),
der Verfasser der
Dichtungen:
»Lucifer« und
»DeSchelde« sowie äußerst beliebter
Kinderlieder, anzuführen. Sehr anerkennenswert
sind auch die Leistungen der
Vlämen auf dem Gebiet des
Theaters, und in neuester Zeit ist von den
Kammern
sogar die Errichtung einer vlämischen
Akademie genehmigt worden.
Grammatiken der vlämischen
Sprache
[* 2] lieferten van
Beers,
Heremans,
Verstraeten und
Doms
(Köln
[* 3] 1878); Wörterbücher Sleecks
(»Dictionnaire complet français-flamand«,
Brüssel
[* 4] 1860, 2 Bde.; daneben
eine kleinere
Ausgabe) und Schuermans (»Allgemeen vlaamsch idiotikon«,
Löw. 1865-70).
Vgl. Vandenhoven,
La langue flamande, son passé et son avenir
(Brüssel 1844);
welche einen bedeutenden Einfluß auf die
Entwickelung der tschechischen Litteratur ausgeübt, nebstbei ihrem
Herausgeber eine
sehr behagliche
Existenz gesichert hat. Unter seinen zahlreichen
Erzählungen (»Ctibor Hlava«,
»Johann Swehla«,
»Dalibor«,
»Golgatha
und
Tabor«, »Der Lorbeerkranz«) ragt besonders hervor »Zlato
v ohni« (»Das
Gold
[* 9] im
Feuer«, neue umgearbeitete Ausg. 1883, 5 Bde.).
Der Verfasser bekundet darin eine ganz ungewöhnliche Beobachtungsgabe
und meisterhafte Darstellungskunst der bürgerlichen
Lebensverhältnisse. Unter seinen
Dramen sind zu erwähnen: »Eliza, die Premyslidentochter«, »Milada«,
»Vlasta« und »Lipany«,
welches letztereStück zur
Eröffnung des neuen
Nationaltheaters im Juni 1881 mit durchschlagendem Erfolg
aufgeführt wurde.
Vgl. Slavik, O Vacslavu Vlckovi a jeho Osvete
(Tabor 1880).
(spr. -schauer),Louis, vläm. Schriftsteller, geb. zu
Antwerpen,
[* 10] ging 1828 nach
Amerika,
[* 11] wo
er sich als
Lehrer so viel erwarb, um nach seiner Rückkehr 1834 in
Paris
[* 12] und
Berlin
[* 13]
Medizin studieren zu
können, wandte sich aber schließlich der Litteratur zu und kehrte, nachdem er seit 1840 mehrere teils französische, teils
vlämische
Blätter in
Brüssel und
Maastricht
[* 14] redigiert hatte, 1844 nach
Antwerpen zurück,
um an die
Spitze des neubegründeten
»Handelsblad« zu treten. Hier rief er 1845 ein satirisches
Blatt:
[* 15]
»De Roskam«, ins
Leben, das 1849 einging, gab seit 1847 mit
Wolf die litterarische
Zeitschrift
»De Broederhand« heraus und
übernahm 1851 die Redaktion des
»Journal d'Anvers«, die er 1860 aufgab, um wiederum ein satirisches
Blatt: »Reinaert de
Vos«,
zu gründen. Er starb Von seinen
Schriften sind seine vortreffliche Übersetzung von
Goethes
»Faust«
(Brüssel 1842, 2. Aufl. 1864) und das Skizzenbuch »Stukken
en brokken«
(Antwerp. 1851) namhaft zu machen.
Hendrik van, holländ.
Maler, geb. 1611 oder 1612 zu
Delft, bildete sich bei
Mierevelt zum Bildnismaler aus, hat
aber vorzugsweise Architekturstücke (Innenansichten holländischer
Kirchen) gemalt, die sich durch feine Lichtstimmung und
vortreffliche Behandlung der
Perspektive auszeichnen.
Stadt in der niederländ.
ProvinzZeeland, an der Mündung der Westerschelde, auf der Südküste der
InselWalcheren, an der
Eisenbahn Rosendaal-Vlissingen, mit mehreren
Kirchen (darunter die große St. Jakobskirche von
1328), einigen
Fabriken¶
mehr
und (1888) 12,565 Einw., war bis vor kurzem ein ansehnlicher Kriegshafen,
der 1810-12 von Napoleon I. bedeutend verstärkt wurde, nachdem die Engländer 1809 die frühern Werke zum Teil zerstört hatten.
Seit 1865 wurden von der Regierung großartige Werke ausgeführt, um die Stadt zu einem Handelshafen umzuwandeln, wozu sie
sich durch ihre Lage vortrefflich eignet. So wurde zunächst das Sloe (s. d.) abgedämmt. Ein breiter Kanal
[* 28] wurde gegraben von Vlissingen über Middelburg nach Vere durch die InselWalcheren, um einen guten Wasserweg von S. nach N. zu bekommen.
Gleichzeitig wurden in großartigem Maßstab
[* 29] Hafenwerke angelegt, welche für die größten Seeschiffe hinreichen, und 1873 eröffnet.
Sie befinden sich an der Ostseite der Stadt und bestehen aus einem Außenhafen und zwei innern Häfen, welche in einen breiten
Kanal münden, der durch Doppelschleusen mit dem Außenhafen und durch eine Stauschleuse mit dem Walcherschen Kanal verbunden
ist. Das alte Marinedock mündet ebenfalls in diesen Verbindungskanal. Der Außenhafen hat eine Länge
von 660 m und eine Tiefe von mehr als 10 m bei hohem, 6-7 m bei niedrigem Wasserstand. Die Hafenmündung ist 180 m breit und
gehört somit zu den breitesten Europas. Er wird gedeckt von zwei starken Dämmen aus Basaltgestein. Die innern Häfen sind 450 und 400 m
lang bei einer Breite
[* 30] von 100-200 m. Die Tiefe kann aus 8,25 m gebracht werden.
Diese Tiefe hat auch der Walchersche Kanal in seiner ganzen Länge von 13,400 m. Die Stadt ist Sitz eines deutschen Konsuls.
- Vlissingen war bis ins 17. Jahrh. hinein ein blühender Handelsort, späterhin
aber nur als Marinestation wichtig. Hier wurde 1572, nachdem die Wassergeusen Briel genommen, zuerst in den Niederlanden die
Fahne der Freiheit aufgepflanzt. Aus der Neuzeit ist die oben erwähnte Beschießung und Einnahme der Stadt durch die Engländer
unter LordChatham (13.-15. Aug. 1809) bekannt, wobei über 100 Häuser, 2 Kirchen und das schöne Rathaus
zerstört wurden. Dem zu Vlissingen gebornen Admiral de Ruyter wurde hier 1841 ein Denkmal gesetzt.
Vgl. Winkelman, Geschiedkundige
plaatsbeschrijving van Vlissingen (Vlissing. 1873).