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die
Gerichte gehörigen Angelegenheiten heißen
Justizsachen, im
Gegensatz zu den von den Verwaltung
sbehörden
(Gemeindevorstände,
Amtsvorsteher,
Landräte, Regierungspräsidenten,
Oberpräsidenten etc.) ressortierenden Verwaltungs-
oder Administrativsachen.
Es gehört zu dem
Wesen des modernen
Rechtsstaats, daß die
Justiz von der Verwaltung
völlig unabhängig gestellt ist, und daß gesetzliche
Garantien gegeben sind, welche die Unabhängigkeit der
Gerichte und ihrer Rechtsprechung sichern (s.
Gericht,
S. 164). Die
Entscheidung eines etwanigen Streits,
ob eine
Sache von den
Justiz- oder von den Verwaltung
sbehörden zu beschäftigen
sei
(Kompetenzkonflikt), ist in manchen
Staaten besondern Behörden
übertragen (s.
Zuständigkeit). Zu beachten ist aber, daß
der
Begriff der
Justizsache sich mit demjenigen der
Rechtssache nicht deckt; denn Rechtsangelegenheiten
werden auch von den Verwaltung
sbehörden erledigt.
Allerdings handelt es sich für diese nicht um bloße Privatangelegenheiten, sondern um
Fragen des öffentlichen
Rechts, bei
welchen nicht bloß das Privatinteresse des Beteiligten, sondern auch das öffentliche
Interesse mit in
Frage steht, und bei
welchen vielfach nicht nur das
Recht, sondern auch die Zweckmäßigkeit zu berücksichtigen ist; so z. B.
bei der
Frage, ob jemand das
Recht zum Betrieb einer Schenkwirtschaft zu erteilen sei, ob jemand zum
Gewerbebetrieb im Umherziehen
zugelassen werden könne u. dgl. Der moderne
Rechtsstaat ist aber bemüht, durch bestimmte Rechtsvorschriften das Ermessen
der Verwaltung
sbehörden mehr und mehr einzugrenzen, durch solche Verwaltungsgesetze den einzelnen
Staatsbürgern
subjektive
Rechte einzuräumen und ihre
Pflichten gesetzlich festzustellen.
Man ist ferner darauf bedacht gewesen, auch die
Entscheidung von streitigen
Fragen des öffentlichen
Rechts auf dem Gebiet der
Verwaltung
richterlichen Behörden zu
übertragen, und so entstand die
Verwaltungsrechtspflege
(Administrativjustiz, Verwaltung
sgerichtsbarkeit,
Verwaltung
sjustiz), welche auch für Streitigkeiten des öffentlichen
Rechts die
Garantien richterlicher
Unabhängigkeit und die Vorteile unbefangener richterlicher
Prüfung gewährt.
Fast in allen größern deutschen
Staaten sind
zu diesem
Zweck
Verwaltungsgerichte eingesetzt.
Dadurch ist der Unterschied zwischen reinen Verwaltung
ssachen oder
Beschlußsachen und Verwaltungsstreitsachen (administrativ-kontentiöse
Sachen) entstanden, indem die erstern lediglich im Instanzenzug der Verwaltungsbehörden entschieden
werden, während die letztern vor die
Verwaltungsgerichte gehören. Zur Verfolgung der erstern dient die Verwaltungsbeschwerde,
zur Verfolgung der letztern die Verwaltungsklage. Das gesetzlich geordnete
Verfahren, welches vor den
Verwaltungsgerichten
Platz greift, ist das Verwaltungsstreitverfahren.
[Verwaltungsgerichtsbarkeit.]
Bezüglich der Organisation der Verwaltungsrechtspflege besteht in Deutschland [* 2] zwischen den süddeutschen Staaten und Preußen [* 3] ein wichtiger Unterschied. In Süddeutschland ist nämlich nur ein oberster Verwaltungsgerichtshof eingesetzt, welchem die Befugnis zur Entscheidung von Rechtsstreitigkeiten auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts übertragen ist; in den untern Instanzen entscheiden Organe der Verwaltung. In Preußen dagegen tritt schon in mittlerer Instanz die Scheidung ein. Nur in erster Instanz entscheiden Verwaltungsorgane, in zweiter und dritter Verwaltungsgerichte. In Baden, [* 4] woselbst die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuerst eingeführt ward (Gesetz vom ergänzt durch Gesetze vom und entscheiden in erster Instanz die Bezirksräte, zweite und letzte Instanz ist der aus fünf rechtsgelehrten Richtern bestehende Verwaltungsgerichtshof. In Württemberg [* 5] (Gesetz vom fungieren die Kreisregierungen als Verwaltungsgerichte mit dem aus mindestens fünf Mitgliedern bestehenden Verwaltungsgerichtshof als Rekursinstanz. In Hessen [* 6] (Gesetze vom und entscheidet in erster Instanz der Kreisausschuß, in zweiter der Provinzialausschuß und in dritter Instanz der oberste Verwaltungsgerichtshof als Revisions- und Kassationsinstanz. - In Preußen erging 1875 im Anschluß an die Kreis- und Provinzialordnung ein Verwaltungsgerichtsgesetz mit Zusatzgesetz von 1880. Das Gesetz über die allgemeine Landesverwaltung vom hat dann auch die Verwaltungsgerichtsbarkeit geregelt, doch sind die frühern Bestimmungen über das Oberverwaltungsgericht in Kraft [* 7] geblieben.
Für jeden Kreis [* 8] fungiert als Kreisverwaltungsgericht der Kreisausschuß, in den Städten mit eignem Kreisverband der Stadtausschuß. Für jeden Regierungsbezirk und für den Berliner [* 9] Stadtkreis besteht ein Bezirksverwaltungsgericht, welches sich aus fünf Mitgliedern zusammensetzt, zwei vom König ernannt, drei vom Provinzialausschuß gewählt. In höchster Instanz entscheidet das Oberverwaltungsgericht (Regulativ vom in Berlin. [* 10] Gegen erstinstanzliche Entscheidungen der Kreis- und der Bezirksverwaltungsgerichte geht die Berufung an das Bezirksverwaltungsgericht, resp. an das Oberverwaltungsgericht.
Letzteres bildet außerdem (und darin besteht seine hauptsächlichste Thätigkeit) die Revisionsinstanz in Ansehung der zweitinstanzlichen Entscheidungen der Bezirksverwaltungsgerichte. Die Einheitlichkeit der Rechtsprechung im Verwaltungsstreitverfahren wird so durch das Oberverwaltungsgericht gewahrt. Dasselbe besteht aus dem Präsidenten, den Senatspräsidenten und den Oberverwaltungsgerichtsräten. Sämtliche Mitglieder werden auf Lebenszeit ernannt.
Sie müssen zur einen Hälfte für das Richteramt, zur andern für die höhere Verwaltung befähigt sein. Das Rechtsmittel der Revision im Verwaltungsstreitverfahren kann nur darauf gestützt werden, daß bestehendes Recht nicht oder unrichtig angewendet sei, oder daß das Verfahren an wesentlichen Mängeln leide. Zur Wahrung des öffentlichen Interesses kann im Verwaltungsstreitverfahren ein obrigkeitlicher Kommissar bestellt werden. In Österreich [* 11] (Gesetz vom ist der Verwaltungsgerichtshof lediglich eine Kassationsinstanz, d. h. er erkennt in einer streitigen Verwaltungssache nicht selbst, sondern er entscheidet, nachdem der Instanzenzug der Verwaltungsbehörden erschöpft ist, auf eingelegte Beschwerde nur über die Frage, ob eine Entscheidung dem Gesetz entspricht oder nicht, indem er im letztern Fall die gesetzwidrige Entscheidung aufhebt und eine anderweite Entscheidung anordnet, wobei aber die betreffende Verwaltungsbehörde an eben die Rechtsanschauung gebunden ist, von welcher der Verwaltungsgerichtshof ausging. - In Frankreich besteht zwar eine Verwaltungsgerichtsbarkeit (Jurisdiction administrative), allein diese Verwaltungsjurisdiktion (Contentieux) wird nicht von besondern Verwaltungsgerichten, sondern von den Verwaltungsbehörden selbst ausgeübt. In England, woselbst die Trennung zwischen Justiz und Verwaltung nicht streng durchgeführt ist, entscheidet der ¶
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Friedensrichter über Streitigkeiten öffentlichrechtlicher Art ebensowohl wie über Privatrechtsstreitigkeiten. In Italien [* 13] (Gesetz vom ist die Entscheidung von Verwaltungsstreitsachen den ordentlichen Gerichten übertragen.
[Litteratur.]
Das Verwaltungsrecht wird regelmäßig in den Werken über Staatsrecht (s. d.) mit behandelt.
Unter den besondern Darstellungen sind hervorzuheben: Meyer, Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts (Leipz. 1883-84, 2 Bde.);
Sarwey, Allgemeines Verwaltungsrecht (Freib. 1887);
Löning, Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts (Leipz. 1884);
Stengel, [* 14] Lehrbuch des deutschen Verwaltungsrechts (Stuttg. 1886);
»Wörterbuch des deutschen Verwaltungsrechts«, herausgegeben von Stengel (Freiburg [* 15] 1889 ff., 2 Bde.);
Hue de Grais, Verfassung und in Preußen und im Deutschen Reich (6. Aufl., Berl. 1888);
Zelle, [* 16] Handbuch des geltenden öffentlichen und Privatrechts für das Gebiet des preußischen Landrechts (das. 1888);
Stengel, Die Organisation der preußischen Verwaltung (Leipz. 1884);
Pözl, Lehrbuch des bayrischen Verwaltungsrechts (3. Aufl., Münch. 1871; Supplement 1874);
Leuthold, Das königlich sächsische Verwaltungsrecht (Leipz. 1878);
Küchler, Verwaltungsgesetzgebung im Großherzogtum Hessen (2. Aufl., Darmst. 1885, 2 Bde.): Pann, Verwaltungsjustiz in Österreich (Wien [* 17] 1876);
Ulbrich, Grundzüge des österreichischen Verwaltungsrechts (Prag [* 18] 1884);
Derselbe, Handbuch der österreichischen politischen Verwaltung (Wien 1888);
Gumplowicz, Verwaltungslehre mit besonderer Berücksichtigung des österreichischen Verwaltungsrechts (Innsbr. 1882);
Mayerhofer, Handbuch für den österreichischen politischen Verwaltungsdienst (4. Aufl., Wien 1880, 2 Bde.);
Ducrocq, Cours de droit administratif (6. Aufl., Par. 1881, 2 Bde.);
Mayer, Theorie des französischen Verwaltungsrechts (Straßb. 1886);
Burn, Justice of peace and parish officer (30. Aufl., Lond. 1869, 5 Bde.);
Gneist, Das englische Verwaltungsrecht (3. Aufl., Berl. 1883 bis 1884, 2 Bde.);
Derselbe, Selfgovernment, Kommunalverfassung und Verwaltungsgerichtsbarkeit in England (3. Aufl., das. 1871);
Demurtas Zichina, La giustizia amministrativa in Italia (Turin [* 19] 1883).
Vgl. ferner Bornhak, Geschichte des preußischen Verwaltungsrechts (Berl. 1885-86, 3 Bde.);
d'Elvert, Zur österreichischen Verwaltungsgeschichte (Brunn 1880);
Gneist, Verwaltung, Justiz, Rechtsweg, Selbstverwaltung (Berl. 1869);
v. Stein, Die Verwaltungslehre (Stuttg. 1865-68, 7 Tle.);
Derselbe, Handbuch der Verwaltungslehre (3. Aufl., das. 1889, 3 Bde.);
v. Inama-Sternegg, Verwaltungslehre in Umrissen (Innsbr. 1870);
v. Kirchenheim, Verwaltungsrechtspraktikum (Stuttg. 1883);
»Handwörterbuch der Staatswissenschaften« (hrsg. von J. ^[Johannes] Conrad u. a., Jena [* 20] 1889 ff.);
Block, Dictionnaire de l'administration française (2. Aufl., Par. 1877; mit Supplementen).
Unter den Zeitschriften sind hervorzuheben: »Jahrbuch für Gesetzgebung, Verwaltung und Volkswirtschaft im Deutschen Reich« (1871 begründet von Holtzendorff; seit 1881 hrsg. von Schmoller, Leipz.);
»Archiv für Verwaltungsrecht« (hrsg. von Stolp, [* 21] jetzt von Klinckmüller, Berl. 1876 ff.);
»Preußisches Verwaltungsblatt«, Wochenschrift (das. 1880 ff.);
»Blätter für administrative Praxis, zunächst in Bayern« [* 22] (Nördl. 1851 ff.);
»Zeitschrift für Praxis und Gesetzgebung der Verwaltung im Königreich Sachsen« [* 23] (Leipz. 1880 ff., als »Zeitschrift für Rechtspflege und Verwaltung« begründet 1838);
»Württembergisches Archiv für Recht und Rechtsverwaltung« (Stuttg. 1858-82);
»Zeitschrift für badische Verwaltung und Verwaltungsrechtspflege« (Heidelb. 1869 ff.);
»Zeitschrift für Staats- und Gemeindeverwaltung im Großherzogtum Hessen« (Mainz [* 24] 1876 ff.);
»Entscheidungen des königlichen (preuß.) Oberverwaltungsgerichts« (Berl. 1877 ff.);
»Sammlung von Entscheidungen des bayrischen Verwaltungsgerichtshofs« (Münch. 1881-82);
»Österreichische Zeitschrift für Verwaltung« (Wien 1869 ff.; mit Beilage: »Erkenntnisse des k. k. Verwaltungsgerichtshofs«, 1878 ff.).