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das Land südlich vom 36. Breitengrad acht Edelleuten, welche für die neue Ansiedelung Carolina durch den berühmten Philosophen Locke eine feudale Verfassung ausarbeiten ließen, die sich zwar als unhaltbar erwies, der Kolonie aber im Gegensatz zu den Neuenglandstaaten ein aristokratisches Gepräge verlieh, welches durch die Ausbreitung der Negersklaverei seit dem Assientovertrag (1713), welcher einer englischen Gesellschaft das Monopol des Negerhandels zugestand, und die dadurch ermöglichte Anlage großer Plantagen in den Südstaaten noch verschärft wurde.
Die britische Krone hatte anfangs den amerikanischen Kolonien eine gewisse Selbständigkeit eingeräumt, suchte sie aber allmählich unter ihre unmittelbare Botmäßigkeit zu bringen. Wiederholt wurden früher erteilte Freibriefe aufgehoben und königliche Gouverneure mit unbeschränkter Machtvollkommenheit ernannt. Auch nach dem Sieg des parlamentarischen Systems im Mutterland 1688 wollte die britische Regierung jenseit des Ozeans eine direkte Herrschaft ausüben und die materielle Entwickelung der Kolonien nur insoweit zulassen, als sie Englands Handel und Industrie zum Vorteil gereichte.
Durch kleinliche Beschränkungen suchte man sie immer wieder zu hemmen: nur englische Schiffe [* 2] durften mit den Kolonien Handel treiben;
der Verkehr derselben untereinander war durch hohe und lästige Abgaben erschwert, sie durften nur in England einkaufen und verkaufen;
die Eisenindustrie war verboten, die Zuckerraffinerie so hoch mit Zöllen belastet, daß sie nicht aufkommen konnte, u. dgl. m. Die Kolonien sollten nur Rohstoffe, wie Tabak, [* 3] Indigo, [* 4] Zucker, [* 5] Wolle und Brotfrüchte, erzeugen, um selbst zahlungsfähig zu bleiben und zugleich dem Konsum und der Industrie Englands das erforderliche Material zu liefern.
Gleichzeitig stieß die Ausbreitung der englischen Ansiedelungen in Amerika [* 6] selbst auf Schwierigkeiten. Die germanisch-protestantische Kolonialwelt, welche sich unter Georg II. noch um das vom General Oglethorpe am Savannahfluß gegründete Georgia vergrößerte, sah sich von einem Gürtel [* 7] romanisch-katholischer Pflanzstätten der Franzosen und Spanier umgeben, welcher sich von dem Mündungsgebiet des St. Lorenz bis zu den Großen Seen im Innern und den Mississippi abwärts an der Küste des Mexikanischen Meerbusens bis Florida erstreckte.
Namentlich die Franzosen, teils stolze, auf Englands Macht eifersüchtige Edelleute, teils fanatische Jesuiten, bemühten sich, durch eine Reihe von Forts die englischen Besitzungen von dem Binnenland abzuschneiden. 1690 kam es zu dem ersten größern Zusammenstoß (König Wilhelms-Krieg) zwischen Engländern und Franzosen um Akadien, welches die erstern an sich zu reißen strebten. Im Frieden von Ryswyk (1697) behaupteten die Franzosen den Besitz Akadiens; nachdem Königin Anna-Krieg (1701-13) mußten sie zwar im Frieden von Utrecht [* 8] das Land an Neuengland abtreten, doch vermochte sich dies bloß in den Besitz des südlichen Teils zu setzen.
Der nördliche Teil blieb den französischen Ansiedlern auch nach dem ersten König Georgs-Krieg (1744-48) im Frieden von Aachen; [* 9] erst 1755 wurden sie durch einen brutalen Gewaltakt der englischen Regierung vertrieben. Hiermit begann der zweite König Georgs-Krieg (1755-63), der mit dem Siebenjährigen Krieg in Europa [* 10] gleichzeitig war. Die Kolonien, durch das hochherzige Vertrauen, das ihnen William Pitt schenkte, gewonnen, wetteiferten in Hingebung und Opferwilligkeit mit dem Mutterland, und die vereinten Anstrengungen wurden mit dem glänzendsten Erfolg belohnt. 1758 wurden Cape Breton und die Prince Edwards-Insel besetzt und das Fort Duquesne (Pittsburg) von Washington [* 11] erobert; siegte General Wolfe bei Quebec über die Franzosen unter Montcalm, am 18. kapitulierte diese bedeutende Festung, [* 12] und bald fiel auch der zweite Hauptplatz der Franzosen in Kanada, Montreal, [* 13] in die Hände der Engländer, denen im Frieden von Paris [* 14] Kanada und Florida von Frankreich und Spanien [* 15] abgetreten wurden. Hiermit war der Sieg der germanisch-protestantischen Rasse über die romanisch-katholische in Nordamerika [* 16] entschieden.
Der Freiheitskrieg gegen England.
Während die Kolonien als Lohn für ihre Dienste [* 17] und Opfer im letzten Krieg die Verleihung der Autonomie in ihrem innern Staatsleben erwarteten, strebten im Gegenteil der durchaus absolutistisch gesinnte König Georg III. und die Staatsmänner, welche seit Pitts Sturz an der Spitze der britischen Regierung standen, nach straffer Zentralisation aller britischen Besitzungen unter Ministerium und Parlament in London [* 18] und betrachteten die Kolonien nur als Kanäle, die England Reichtum und Kräfte zuzuführen hätten.
Überdies hatte sich während des langen, kostspieligen Kriegs die englische Staatsschuld fast verdoppelt, und die Kolonien sollten zur Deckung der Zinsenlast durch erhöhte Zölle und Steuern in verstärktem Grad herangezogen werden. Wenn die Kolonien auch die höchste gesetzgebende Gewalt des Parlaments nicht bestritten, so verlangten sie doch, daß ihre Landesvertretungen, namentlich bei innerer Besteuerung, um ihre Zustimmung angegangen werden müßten.
Die Erhöhung der Eingangszölle für mehrere Handelsartikel und das verschärfte Verbot des Schleichhandels unmittelbar nach dem Frieden wurden daher noch geduldig ertragen, obwohl die Erklärungen der Minister im Parlament, daß damit auch eine Stärkung der königlichen Gewalt beabsichtigt und die Macht der Krone und des Parlaments über die Kolonialstaaten unumschränkt sei, entschiedenen Widerspruch in Versammlungen und in der Presse [* 19] hervorriefen und dem gegenüber von Männern wie J. ^[James] Otis und J. ^[John] Adams die unveräußerlichen natürlichen Menschenrechte verfochten wurden.
Der Erlaß der Stempelakte für alle schriftlich abgefaßten Geschäfte sowie einer Bill, welche den Kolonien die Verpflichtung auferlegte, den königlichen Truppen Wohnung und Verpflegung zu gewähren, machte aber die Opposition zu einer allgemeinen. Im Herbst versammelten sich in New York Bevollmächtigte fast aller Provinzen, welche die beiden Parlamentsbeschlüsse für ungültig erklärten und sich auf die natürlichen Rechte des Volkes beriefen; ihre Beschlüsse wurden in Adressen dem König und dem Parlament kundgegeben.
Das Stempelgesetz konnte 1. Nov. gar nicht in Kraft [* 20] treten, da niemand das gehässige Amt des Stempelvertreibers auszuüben wagte und man den Verkauf des Stempelpapiers verhinderte. Nun wurde zwar die Stempelakte wieder aufgehoben, aber das Militärverpflegungsgesetz blieb bestehen, und eine vom Parlament gleichzeitig beschlossene Deklarationsbill behielt dem Parlament die höchste gesetzgebende Gewalt für alle Dinge in Amerika vor und erklärte die entgegenstehenden Beschlüsse der amerikanischen Legislaturen und Kolonialkongresse für null und nichtig. Dadurch wurde der beschäftigende Eindruck der Beseitigung der Stempelakte wieder aufgehoben. Die Unabhängigkeitsideen waren schon so verbreitet und der Gegensatz zwischen den Kolonien und dem Mutterland so ¶
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geschärft, daß die neue Zollbill, welche der Schatzkanzler Townshend 1767 erließ, und die niedrige Hafenzölle für nur wenige Artikel festsetzte, zahlreiche Proteste hervorrief und die Amerikaner veranlaßte, sich gegenseitig zur völligen Enthaltung von englischen Waren zu verbinden. 1770 wurde daher auch die Townshendsche Zollbill wieder aufgehoben und nur ein sehr niedriger Theezoll beibehalten, der aber fast nichts einbrachte, da die Amerikaner sich alles englischen Thees enthielten.
Gerüchte von der Absicht der Regierung, die freie Verfassung von Massachusetts aufzuheben, steigerten die Aufregung, und als 1773 die Ostindische Kompanie die amerikanischen Häfen mit einer Masse Thee überschwemmte, wurde 18. Dez. im Hafen von Boston [* 22] ein Theeschiff von einer Schar als Mohawkindianer verkleideter Bostoner erstiegen und seine Ladung, 340 Kisten, ins Meer geworfen. Das Parlament beschloß hierauf, daß der Hafen von Boston vom ab gesperrt und die bisherige Verfassung von Massachusetts aufgehoben werden solle.
Zugleich wurde General Gage mit vier Regimentern abgeschickt, um Boston zu besetzen und sich der Rädelsführer der Rebellion zu bemächtigen. Er fand in Boston keinen Widerstand. Aber der Bund der Söhne der Freiheit rief alle Amerikaner zur Verteidigung ihrer Rechte auf, und im September 1774 versammelten sich in Philadelphia [* 23] die Vertreter der 13 Kolonien: Massachusetts, New York, Rhode-Island, New Hampshire, Pennsylvanien, Maryland, Virginia, Nord- und Südcarolina, Connecticut, Georgia, New Jersey und Delaware zu einem Kongreß, der am 26. Okt. eine Petition an den König und eine Erklärung an das britische Volk erließ, in der er zwar die Vereinigung mit dem Mutterland als seinen Wunsch betonte, aber die Aufhebung einer Reihe von Parlamentsakten als Bedingung derselben bezeichnete und Freiheit und Gerechtigkeit für die Kolonien forderte; zugleich verpflichteten sich die Kolonien, vom 1. Dez. ab nichts mehr von England und Irland einzuführen und nichts dahin auszuführen, bis ihren Beschwerden abgeholfen wäre. In England erregte dies energische Auftreten beim Hof [* 24] und beim Parlament die höchste Entrüstung. Die Petition an den König wurde nicht beantwortet, dagegen beim Parlament beantragt und genehmigt, daß Massachusetts in Aufruhrzustand zu erklären und jeder Handelsverkehr mit Neuengland zu untersagen sei. So begann der Kampf.
Zum ersten blutigen Zusammenstoß kam es 19. April bei Lexington und Concord, als General Gage ein von der eigenmächtig weiter tagenden Legislatur von Massachusetts angelegtes Kriegsmagazin wegnehmen lassen wollte. Nicht lange darauf, 17. Juni, bestanden die Amerikaner das blutige, aber ehrenvolle Gefecht von Bunker Hill bei Boston. Der zweite Generalkongreß der Kolonien, der am in Philadelphia zusammentrat, beschloß daher die Errichtung einer gemeinsamen Armee und ernannte 16. Juni Washington zum Oberbefehlshaber derselben, vermied es aber, die Losreißung von England offen auszusprechen.
Die erste Unternehmung der amerikanischen Truppen, ein Einfall in Kanada, hatte freilich keinen Erfolg; sie erlitten 31. Dez. vor Quebec eine entschiedene Niederlage, in der ihr Anführer Montgomery fiel, und mußten im Frühjahr 1776 das Land wieder räumen. Die englische Regierung hatte inzwischen mit aller Macht gerüstet und schickte im Frühjahr 1776 eine große Flotte unter Admiral Howe mit 40,000 Mann (ein großer Teil waren deutsche Mietstruppen) nach Amerika, welche in drei Abteilungen in das Innere vordringen sollten: Clinton in die südlichen Provinzen, General Howe, der im März Boston geräumt hatte, von New York aus in Pennsylvanien, Bourgoyne in die nördlichen Staaten.
Dem gegenüber vermochte Washington, ohne Autorität, ohne ausreichende Geldmittel, ohne tüchtige Gehilfen, keine ebenbürtige Streitmacht (nur 17,000 Mann) aufzustellen. Im Süden herrschte Uneinigkeit: hier waren die Royalisten oder Loyalisten, Gegner der Losreißung vom Mutterland, besonders stark. Da vereinigte sich die Mehrheit des Kongresses von Philadelphia, der sich einige Staaten erst in den nächsten Tagen anschlossen, zu der von Jefferson entworfenen Unabhängigkeitserklärung, welche nach Darlegung der natürlichen Grundrechte aller Menschen verkündete, daß »die Vereinigten [* 25] Kolonien freie und unabhängige Staaten seien und von Rechts wegen sein müßten«, und daß sich die versammelten Vertreter zur Aufrechterhaltung dieser Erklärung gegenseitig ihr Leben, ihren Besitz und ihre heilige Ehre verbürgten.
Allerdings mußte Washington nach dem Verlust New Yorks, welches Howe besetzte, und zwei Gefechten bei White Plains über den Delaware zurückweichen, der Kongreß nach Baltimore [* 26] flüchten; aber die englischen Generale wußten ihre militärische Überlegenheit nicht auszubeuten. Der in allem Mißgeschick unerschütterliche Washington erfocht bei Trenton und bei Princeton Siege über die Engländer, unter deren Eindruck ihm endlich der Kongreß diktatorische Vollmacht zur Bildung einer Nationalarmee von 88 Bataillonen und zur Beschaffung der erforderlichen Geldmittel und Kriegsbedürfnisse erteilte. Im Lauf des Sommers 1777 mußte Washington wieder vor Howes Übermacht zurückweichen und erlitt am Brandywine (11. Sept.) und bei Germantown (3. Okt.) empfindliche Niederlagen; Philadelphia wurde von den englischen Truppen besetzt. Dagegen scheiterte der Feldzug der Engländer im Norden [* 27] gänzlich: Bourgoyne wurde 6. Aug. bei Oriskany geschlagen und 17. Okt. mit 6000 Mann und 42 Geschützen von Gates zur Kapitulation von Saratoga gezwungen.
Dieser Erfolg bewog Frankreich, wo die Sache der Amerikaner teils aus Begeisterung für die Freiheit, teils aus Eifersucht gegen England bei allen Ständen lebhafte Sympathien fand, und von wo ihnen unterderhand bereits bedeutende Unterstützungen an Geld, Kriegsmaterial und Freiwilligen (besonders Lafayette) zugeflossen waren, mit den Vereinigten Staaten einen Freundschafts- und Handelsvertrag zu schließen, dem sich auch Spanien anschloß.
Dieses Bündnis kam den Amerikanern sehr zu statten; denn wenn sich auch Washington 1778 und 1779 gegen die Engländer, welche von New York aus die ganze Ostküste beherrschten, im Besitz der Alleghanies und ihrer Abhänge behauptete, so drohten doch der selbstsüchtige Geist in den einzelnen Staaten, der geringe Kredit des von dem Kongreß ausgegebenen Papiergeldes, dessen Folgen verhängnisvoller Geldmangel und die Unmöglichkeit, das Heer zu verstärken, waren, ferner die Unbotmäßigkeit und Unfähigkeit der Unterbefehlshaber auch Washingtons Standhaftigkeit zu erschüttern. Die Engländer boten dagegen alle ihre Kräfte zu Land und zur See auf, um die Rebellen vollends zu unterdrücken. Seit 1779 richteten sie ihre Hauptmacht nach dem Süden, nach Georgia und Carolina, wo sich zahlreiche Royalistenhaufen ihnen anschlossen; sie eroberten Savannah und Charleston, und siegte Cornwallis bei Camden über ¶