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von Neubraunschweig an bis zum Hudsonfluß aus den Verflachungen des anarchischen Systems (s. Alleghanygebirge), welche einen vorherrschend plateauartigen Charakter haben und an vielen Punkten in ansehnlicher Erhebung bis an die Küste herantreten. Daher die durch kleinere Busen und Fjorde zerschnittenen Steilküsten, zahlreichen Landseen und wenig entwickelten Ströme dieser Strecke. Die bedeutendsten Flüsse [* 2] sind: der St. Croix (Grenzfluß gegen Neubraunschweig), Penobscot, Kennebec, Merrimac, Connecticut und Hudson.
Von New York an besteht das atlantische Küstengebiet aus einer niedrigen Küstenebene, welche ganz allmählich bis zum Fuß der hier Blue Ridge und Blue Mountains (Blaue Berge) genannten Alleghanies ansteigt, in ihrem nördlichen Teil nur 100 km breit ist, weiter gegen S. allmählich an Breite [* 3] zunimmt und sich in Florida bis zur Breite der ganzen Halbinsel ausdehnt. Die größern Flüsse dieser Küstenebene haben das Gemeinsame, daß sie da, wo die Alleghanies in das Flachland abfallen, mit Fällen und Stromschnellen in letzteres eintreten, in ihrem untern Lauf aber sehr wenig Gefälle haben.
Eine andre Eigentümlichkeit dieser atlantischen Küstenebene bilden die sogen. Pine Barrens (Föhrenwälder auf Sandboden) und Sumpfwaldungen, unter welchen der 60 km lange Dismal Swamp, auf der Grenze von Virginia und Nordcarolina, der bekannteste ist. Die bedeutendsten Flüsse dieses Flachlandes sind: der Delaware, Susquehanna, Potomac, Rappahannock, York River, James River, Roanoke, Neuse, Cape Fear River, Yadkin, Santee, Edisto, Savannah, Altamaha, St. Mary und St. John.
Das Mittelgebiet der Vereinigten Staaten [* 4] begreift nicht nur die ungeheure Thalebene des Mississippi (s. d.), sondern auch die Region der nördlichen Binnenseen. Ein Steigen des Meers um 300 m würde diese ganzen Gebiete überfluten, den Golf von Mexiko [* 5] mit dem Arktischen Ozean in Verbindung setzen und Nordamerika [* 6] in zwei ungleich große Inseln trennen. In diesem Gebiet kann man südlich vier Regionen unterscheiden, deren erste das untere, großen Überschwemmungen ausgesetzte Thal [* 7] des Mississippi umfaßt.
Nördlich wird dieses Tiefland von Hügeln begrenzt, doch so, daß sich zwischen den niedern Ausläufern der Alleghanies und den westlich vom Mississippi gelegenen Ozarkhügeln eine 80 km breite, teilweise aus Sumpfwaldungen bestehende Alluvialebene ausbreitet. Im N. dieser Hügelregion liegt die weit ausgedehntere der Grasfluren oder Prärien, welche sich von den Kanadischen Seen westwärts bis weit jenseit des Mississippi erstreckt, weiterhin aber in mit dünnem Gras oder Gestrüppe bewachsene Steppen und stellenweise in eigentliche Wüsten übergeht.
Diese Region enthält keine Gebirgszüge, sondern nur zahlreiche, zum Teil weit ausgedehnte Erdanschwellungen, zwischen denen weite Strecken mit vollkommen ebener, kaum leicht gewellter Oberfläche vorkommen. Ausgedehntere Waldungen kommen hier nur im O. und westlich bis etwa zum 95. Längengrad v. Gr. vor. Die Steppen sind ganz und gar baumlos; im SW. gehen sie in das wüste Sandsteinplateau des Llano estacado über. Allmählich bis zum Fuß der Rocky Mountains ansteigend, erreichen diese unfruchtbaren, den Ackerbau kaum lohnenden Steppengebiete eine Höhe von 1500 m, gehen aber dann in üppige Wälder über.
Außer dem Mississippi und seinen mächtigen Zuflüssen bewässern dieses Gebiet die dem Golf von Mexiko zuströmenden Flüsse Mobile, Brazos und Colorado, die zahlreichen den Kanadischen Seen tributären kleinern Gewässer und der nach N. in den Winnipegsee sich ergießende Red River. Das Kordillerengebiet wird umschlossen von den reichlich bewaldeten Höhen der Rocky Mountains im O., der Sierra Nevada und dem Kaskadengebirge im W. und gehört drei verschiedenen Becken an, nämlich denen des Snake oder Schlangenflusses im N., des Colorado mit dem Gila im S. und dem sogen. Großen Becken, dessen Gewässer sich in Seen ohne Abfluß ergießen, unter welchen der Grosse Salzsee der bedeutendste ist. In diesem ganzen Gebiet herrscht die Steppenbildung vor; aber auch ausgedehnte Wüsten, teilweise von einer Salzkruste bedeckt, treten auf, wie namentlich in Utah.
Die ausgedehnteste derselben ist die Mohavewüste (s. d.) im W. des untern Colorado. Merkwürdig sind im südlichen Teil dieses Gebiets die horizontalen, Mesa genannten Terrassen und Hochebenen, durchschnitten von bis 1000 m tiefen Schluchten oder Cañons, durch welche sich die Gewässer einen Abfluß zum Meer gewühlt haben. Das pacifische Gebiet endlich kontrastiert durch reiche Bewaldung und Fruchtbarkeit ungemein günstig mit diesem wüsten Binnengebiet.
Sein charakteristischter Zug ist das ungeheure Längenthal von Kalifornien, zwischen der Sierra Nevada und dem Küstengebirge, welches in die Bai von San Francisco einmündet. Gannet hat die mittlere Höhe der Vereinigten Staaten zu 792 m berechnet; 39 Proz. liegen unter 305, 17 Proz. über 1524 m. Die größten Erhebungen sind: Mount Washington [* 8] in den White Mountains (1900 m), Clingman's Mountain oder Black Dome in den Alleghanies (2277 m), Mount Harvard (4381 m) in den Rocky Mountains, Mount Whitney (4404 m) und Shasta (4401 m) in der Sierra Nevada und Mount Rainier (4402 m) im Kaskadengebirge.
Hinsichtlich der geognostischen Verhältnisse verweisen wir auf den Artikel Amerika, [* 9] S. 463 f.
Klima, Vegetation.
Das Gebiet der Vereinigten Staaten liegt zwischen den Juli-Isothermen von 16 und 34° C. und den Januar-Isothermen von -16 und +20° C., woraus hervorgeht, daß die Sommer heiß, die Winter aber streng sind. Die größte Kälte herrscht im Januar im Binnenland, wo das Becken des Saskatchewan mit dem Red River des Nordens in sein Gebiet herübergreifen, während sich zu gleicher Zeit Florida, die Golfküste und das südliche Kalifornien einer sommerlichen Wärme [* 10] erfreuen.
Dahingegen ist der Juli im Gebiet der Kanadischen Seen und längs der pacifischen Küste am kühlsten, im südwestlichen Binnenland aber am wärmsten. Im Vergleich mit Europa [* 11] zeichnen sich die Vereinigten Staaten außerdem durch ihre Trockenheit aus, und die geringe relative Feuchtigkeit hat viel dazu beigetragen, den europäischen Typus zu einem »amerikanischen« umzugestalten. Die Regenmenge bewegt sich zwischen 0 und 380 cm und beträgt im Mittel 74 cm. Sie ist am bedeutendsten an der Golfküste, während das Große Becken, bis zum Golf von Kalifornien, sowie die sogen. Llano estacado im westlichen Texas fast regenlos sind.
Tropische Regen erstrecken sich über Florida und längs des Golfs von Mexiko bis nach dem obern Colorado und fallen meist im Hoch- und Spätsommer. Der Osten, bis zum Mississippi, hat Regen in allen Monaten, im Gebiet der Prärien fällt der meiste Regen im Frühsommer, die Winter sind trübe, und ein sekundäres Maximum des Regens kommt im Vorwinter vor. Längs der pacifischen Küste herrschen Winterregen. Schnee [* 12] kommt überall vor, aber südlich von Washington, am Golf von Mexiko und an der pacifischen Küste nur selten. Was die Vegetation betrifft, so teilt ¶
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O. Drude (Berghaus, Physikalischer Atlas) [* 14] die Vereinigten Staaten in acht Gebiete ein. Das Gebiet der kanadischen Seewälder umgreift den ganzen Nordosten und zeichnet sich durch seine Wälder mit Tsuga, Ulmen und Walnußbäumen aus. Südlich von ihm liegt das Gebiet von Carolina und Florida, mit Kieferwaldungen, immergrünen Eichen und Palmetto. Westlich von beiden liegen die Prärien (s. d.). Südwestlich schließen sich an diese Prärien die Steppen von Arizona an, denen der riesige Säulenkaktus (Cereus) ihren Charakter verleiht. Im Felsengebirge und der Sierra Nevada sind die Waldungen durch das Vorkommen der Pinus ponderosa ausgezeichnet.
Zwischen beiden Gebirgszügen liegt das Gebiet des Großen Beckens, mit Gesträuch von Artemisia tridentata. Im fernen Nordwesten tritt das Gebiet der Thlinkitwälder, mit Picea sitchensis, der Douglas- und andrer Kiefern in das Gebiet der Vereinigten Staaten über. Endlich liegt südlich davon das Gebiet von Kalifornien, berühmt durch seine Mammutbäume aus der Familie der Sequoja. Weiteres über die Pflanzen- und Tierwelt s. Amerika, S. 470-474.
Bevölkerungsverhältnisse.
Die sogen. Zensusbevölkerung (d. h. die Bevölkerung [* 15] ohne die in Stämmen lebenden Indianer und ohne Alaska) ist 1790-1880 von 3,929,214 auf 50,155,783 Seelen gestiegen.
Jahr | Bevölkerung | Weiße | Farbige |
---|---|---|---|
1790 | 3929214 | 3172006 | 757208 |
1810 | 7239881 | 5862073 | 1377808 |
1830 | 12866020 | 10537378 | 2328642 |
1850 | 23191876 | 19553068 | 3638808 |
1860 | 31443321 | 26922537 | 4441830 |
1880 | 50155783 | 43402970 | 6580793 |
Im J. 1885 schätzte man die Bevölkerung auf 58 Mill., jetzt (1889) beträgt sie wohl nahe an 70 Mill. Das Wachstum betrug 1840-50: 36 Proz., 1850-60: 36, 1860-70 aber nur 23 und 1870-80: 30 Proz. 1850-80 hat die weiße Bevölkerung 61 Proz. zugenommen, die farbige aber nur 48 Proz., wobei allerdings zu beachten ist, daß nur die weiße Bevölkerung durch die Einwanderung neuen Zuwachs erhält. Ohne diese Einwanderung würde sie der Zahl nach ungünstiger stehen, als in der That der Fall ist.
Allerdings kamen 1880 (nach nicht sehr zuverlässigen Erhebungen) auf je 1000 Farbige 17,28 Todesfälle, auf dieselbe Zahl Weißer aber nur 14,74. Es beweist dies aber nur, daß bei der thatsächlich festgestellten farbigen Bevölkerung die Geburtsziffer sehr hoch sein muß. Daß der natürliche Zuwachs der Bevölkerung unter den Weißen ein geringer ist, beweisen die Erhebungen in Massachusetts, Connecticut und Rhode-Island. In diesen Staaten kamen 1870-80 auf 1000 Lebende 25 Geburten und 19 Todesfälle, und zwar ist die Zahl der Geburten unter den gebornen Amerikanern viel geringer als unter den zugewanderten. Daß der Überschuß der Geburten abnimmt, scheint daraus hervorzugehen, daß 1850 noch 5,56, 1880 aber nur 5,04 Köpfe auf die Familie kamen. Am geringsten war das Wachstum 1870-80 in Neuengland (1,39 Proz. jährlich), am raschesten in den Territorien (7,65 Proz.).
Die Einwanderung spielt in den Vereinigten Staaten eine große Rolle, hat aber erst seit den 40er Jahren größere Dimensionen angenommen. In den Jahren 1790-1880 wanderten 10,748,684 Menschen ein, 1881-85: 2,832,566, 1886: 334,203, 1887: 490,109, 1888: 546,889. Schon 1841-50 war der jährliche Durchschnitt der Einwanderer 171,325; er stieg 1851-60 auf 259,821, fiel aber 1861-70 auf 246,675, um 1871-80 abermals auf 294,469 und 1880-85 gar auf 566,513 Köpfe pro Jahr zu steigen.
In dem einzigen Jahr 1882 kamen 730,349 Menschen in den Vereinigten Staaten an! Daß diese gewaltige Zunahme der Einwanderung ernste Besorgnisse erregte, war um so weniger zu verwundern, als unter den Einwanderern zahlreiche verarmte und nicht länger arbeitsfähige Menschen waren, deren man sich in Europa auf diese Weise zu entledigen suchte. Man erhebt daher seit einiger Zeit von allen Einwanderern eine Kopfsteuer von 1 Dollar und erlaubt arbeitsunfähigen Individuen oder solchen, die sich bereits in Europa kontraktlich verpflichtet haben, zu einem gewissen Lohn zu arbeiten, überhaupt nicht, zu landen.
Was insbesondere die chinesische Einwanderung betrifft, so hat man dieselbe 1882 auf zehn Jahre verboten. Unter den 13,298,042 Einwanderern, die 1821-85 in den Vereinigten Staaten ankamen, waren dem Geburtsland nach: 5,552,368 Briten (3,190,007 Irländer, 1,299,984 Engländer), 4,054,640 Deutsche, [* 16] 1,047,080 aus Britisch-Amerika, 675,895 Schweden [* 17] und Norweger, 340,802 Franzosen, 288,784 Chinesen, 238,298 Österreicher, 196,629 Italiener, 141,504 Schweizer, 150,099 Russen, 102,952 Dänen etc. Im ganzen Gebiet der Union kommen nur 5,5 Einwohner auf das QKilometer, aber selbst in den am dichteten bevölkerten Neuenglandstaaten ist die Bevölkerung kaum dichter als im Deutschen Reich (Rhode-Island 86, Massachusetts 83, Deutsches Reich 84). Der Schwerpunkt [* 18] der Bevölkerung wandelt immer weiter nach W. Bis 1820 lag derselbe noch in der Nähe von Baltimore, [* 19] aber 1880 nicht fern von Cincinnati. Auf 1000 Einwohner männlichen Geschlechts kamen 1870: 978, 1880 aber nur 965 weibliche, offenbar als Folge lebhafterer Einwanderung. Den Altersklassen nach verteilt sich die Bevölkerung wie folgt:
1870 | 1880 | |
---|---|---|
0-20 Jahre alt | 49.7 Proz. | 50.3 Proz. |
20-60 " " | 45.4 " | 44.9 " |
über 60 " " | 4.9 " | 4.8 " |
Der Bewegung der Bevölkerung haben wir bereits oben gedacht. Außerdem mag erwähnt sein, daß 1880 von 1000 Todesfällen 147 auf Rechnung der Atmungsorgane kamen, 115 kamen auf Auszehrung, 114 auf Nervenkrankheiten, 88 auf Diarrhöe und 52 auf Diphtheritis. Man zählte 1880: 91,997 Irre, 76,895 Blödsinnige, 48,920 Blinde und 33,878 Taubstumme.
Im J. 1880 wohnten 11,318,547 Menschen in den Städten. Städte von über 50,000 Einwohnern gab es 1880: 35, unter denen die bedeutendsten waren: New York (1,206,299, mit seinen Vorstädten aber 2,240000), Philadelphia [* 20] (847,170), Brooklyn (566,663), Chicago (503,185), Boston [* 21] (369,832), St. Louis (350,518), Baltimore (332,313), Cincinnati (255,139), San Francisco (233,959) u. New Orleans (216,090). Den Beschäftigungen nach teilt sich die über 10 Jahre alte Bevölkerung wie folgt:
Personen | Prozentsatz | ||
---|---|---|---|
1880 | 1870 | 1880 | |
Landwirtschaft | 7680493 | 47.4 | 44.2 |
Gewerbe und Bergbau | 3837112 | 21.7 | 22.0 |
Handel und Verkehr | 1810256 | 21.4 | 10.4 |
Persönliche Dienstleistungen | 4074238 | 9.5 | 23.4 |
Zusammen: | 17402099 | 100.0 | 100.0 |
Hierzu ist zu bemerken, daß unter persönlichen Dienstleistungen außer Ärzten, Lehrern, Geistlichen u. dgl. nicht nur Dienstboten, sondern auch Tagelöhner (labourers) im allgemeinen eingeschlossen sind. Unter obiger Gesamtzahl sind 2,557,157 Personen weiblichen Geschlechts eingeschlossen. ¶