und Kopien (Abschriften) und in archivarische und nicht archivarische Urkunden. Unter den archivarischen versteht man Urkunden,
welche im Archiv einer öffentlichen Behörde aufbewahrt sind, und welchen das sogen. Archivrecht (s. d.) zukommt. Was den
Urkundenbeweis (probatio per instrumenta, preuve littérale) in einem bürgerlichen Rechtsstreit anbetrifft, so haben öffentliche
Urkunden die Vermutung der Echtheit für sich, d. h. sie gelten so lange als echt, bis das Gegenteil
vom Beweisgegner dargethan ist.
Nach der deutschen Zivilprozeßordnung (§ 402) kann jedoch das Gericht, wenn es die Echtheit einer öffentlichen Urkunde für zweifelhaft
hält, von Amts wegen die Behörde oder die Person, von welcher die Urkunde errichtet sein soll, zur Erklärung
über deren Echtheit veranlassen. Privaturkunden haben nur dann die Vermutung der Echtheit für sich, wenn die Echtheit der
Namensunterschrift feststeht, oder wenn das unter der Urkunde befindliche Handzeichen eines des Schreibens unkundigen Ausstellers
gerichtlich oder notariell beglaubigt ist (s. Unterschrift).
Öffentliche Urkunden liefern den vollen Beweis des darin beurkundeten Vorganges; Privaturkunden begründen,
insofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels gerichtlich oder notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet
sind, nur dafür vollen Beweis, daß die in denselben enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind. Die Echtheit
einer nicht anerkannten Privaturkunde ist vom Beweisführer (durch Eidesantrag, Zeugen, Urkunden, auch
durch Schriftvergleichung, s. d.) zu beweisen.
Befindet sich eine Beweisurkunde in den Händen des Prozeßgegners, so kann der Beweisführer von diesem die Edition (s. d.)
der Urkunde verlangen.
Vgl. Deutsche Zivilprozeßordnung, § 380-409, 555-567, 702. Aus einer Urkunde, welche von einem deutschen Gericht
oder einem deutschen Notar amtlich aufgenommen ist, kann nach der Zivilprozeßordnung (§ 702) die sofortige
Zwangsvollstreckung stattfinden, wofern sich der Schuldner in der Urkunde der Zwangsvollstreckung unterworfen hat und die Urkunde über
einen Anspruch errichtet ist, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme oder die Leistung einer bestimmten Quantität
andrer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat.
Auch können derartige Ansprüche bei sofortigem
urkundlichen Beweis im Urkundenprozeß (s. d.) geltend gemacht werden. - Über Urkundenlehre s. d.
eine Fälschung (s. d.), welche an einer Urkunde (s. d.) vorgenommen wird, oder, wie das deutsche
Strafgesetzbuch die Urkundenfälschung näher definiert, das Vergehen desjenigen, welcher in rechtswidriger Absicht eine inländische oder
ausländische öffentliche Urkunde oder eine solche Privaturkunde, welche zum Beweis von Rechten oder Rechtsverhältnissen
von Erheblichkeit ist, verfälscht oder fälschlich anfertigt und von derselben zum Zweck einer Täuschung Gebrauch macht.
Das Strafgesetzbuch bedroht dies Vergehen mit Gefängnisstrafe von einem Tag bis zu fünf Jahren. Als schwere Urkundenfälschung erscheint es,
wenn die Absicht des Fälschers darauf gerichtet war, entweder sich selbst oder einem andern einen Vermögensvorteil
zu verschaffen, oder einem andern, sei es dem Getäuschten selbst oder einem Dritten, Schaden zuzufügen. Hier tritt, wenn
die Urkunde eine Privaturkunde ist, Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren, neben welcher auf Geldstrafe bis zu 3000 Mk. erkannt
werden kann, und, war die Urkunde eine öffentliche, Zuchthaus bis zu zehn Jahren ein, neben welchem auf Geldstrafe von 150-6000
Mk. erkannt werden
kann.
Außerdem werden verschiedene Delikte durch das Reichsstrafgesetzbuch mit der Urkundenfälschung zusammengestellt und derselben gleich behandelt
(uneigentliche so: der wissentliche Gebrauch einer falschen oder verfälschten Urkunde zum Zweck einer Täuschung;
das vorsätzliche Bewirken falscher öffentlicher Beurkundung;
die Vernichtung, Unterdrückung und Beschädigung von Urkunden
zum Zweck der Benachteiligung andrer;
die Fälschung von Stempelpapier, Stempel-, Post- und Telegraphenmarken und das Vernichten,
Verrücken und Fälschlichsetzen von Grenz- und Wasserstandszeichen.
Urkundenfälschung, von einem Beamten begangen, wird als Amtsverbrechen
(s. d.) bestraft.
(Exekutivprozeß), das summarische Prozeßverfahren, welches bei sofort urkundlich erweisbaren Forderungen
dem Gläubiger den Vorteil schleuniger Zwangsvollstreckung gewährt. Der Urkundenprozeß verdankt seine Entstehung der italienischen Jurisprudenz
des Mittelalters, welche bei sogen. guarentigiierten Schuldurkunden (instrumenta
guarentigiata) die sofortige Hilfsvollstreckung oder Exekution (parata executio) statuierte, d. h. bei solchen Schuldbriefen,
welche dem Gläubiger dadurch eine besondere Sicherheit (guaran) boten, daß sie notariell beglaubigt und mit der Hilfsvollstreckungs-
oder Exekutivklausel versehen waren.
Die Klausel, welche in der Erklärung des Schuldners bestand, daß er sich für den Fall nicht rechtzeitiger
Zahlung der sofortigen Exekution unterwerfe, wurde jedoch von der Praxis später aufgegeben, indem man ein besonders schleuniges
Verfahren zum Zweck einer schnellen Herbeiführung der Zwangsvollstreckung auf Grund von Schuldurkunden überhaupt zuließ. So
bildete sich der Urkundenprozeß aus, dessen wesentliche Grundsätze nach den neuern Prozeßordnungen und namentlich
nach der deutschen Zivilprozeßordnung folgende sind.
Eine Klage im U. (Exekutivklage) kann auf Grund eines Anspruchs erhoben werden, welcher die Zahlung einer bestimmten Geldsumme
oder die Leistung einer bestimmten Quantität andrer vertretbarer Sachen oder Wertpapiere zum Gegenstand hat, wofern sämtliche
zur Begründung des Anspruchs erforderliche Thatsachen, also z. B. nötigen Falls auch die Kündigung,
durch Urkunden bewiesen werden können. Die Klage muß den Antrag auf Einleitung des Urkundenprozesses enthalten; die betreffenden
Urkunden müssen ihr in Urschrift oder in Abschrift beigefügt sein.
In dem daraufhin anberaumten Termin (Rekognitionstermin) hat der Kläger bei Vermeidung des Verlustes der Exekutivklage jene
Urkunden vorzulegen, der Beklagte sich bei Strafe fingierten Anerkenntnisses über die Echtheit derselben
zu erklären. Der Kläger muß die Echtheit der Urkunden nötigen Falls beweisen und zwar nur entweder durch anderweite Urkunden
oder durch Eidesantrag. Einreden des Beklagten werden im U. nur dann berücksichtigt, wenn sie ebenfalls durch Urkunden oder
durch Eid liquid gestellt werden. Dem Beklagten ist aber die Ausführung seiner Rechte vorzubehalten, wenn
er dem
mehr
klägerischen Anspruch widersprochen hat, aber den Urkundenbeweis für seine Einwendungen nicht antreten kann. Der Prozeß wird
alsdann im ordentlichen Verfahren fortgesetzt. Auf Grund des ergehenden Urteils kann sofort die Zwangsvollstreckung nachgesucht
werden. Eine Unterart des Urkundenprozesses ist der Wechselprozeß (s. d.).
Vgl. Briegleb, Einleitung in die Theorie der summarischen
Prozesse, S. 525 (Leipz. 1859);
Siegeth, Der Urkunden- und Wechselprozeß der deutschen Zivilprozeßordnung
(Pirna 1878);
Stein, Der Urkunden- und Wechselprozeß (Leipz. 1887);