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Tiefebene des Landes wird durch die Alpenausläufer in zwei Hälften geteilt, deren kleinere sich gegen W., die größere gegen O. erstreckt. Die kleine oder oberungarische Tiefebene (Preßburger Becken), zu beiden Seiten der Donau zwischen Preßburg [* 2] und Komorn, etwa 12,000 qkm (220 QM.) groß, breitet sich in Eiform aus, liegt 130 m ü. M., ist meist von Bergen [* 3] umschlossen und sehr fruchtbar, besonders der nördliche Teil und die Donauinsel Schütt (s. d.). Im N. und S. breiten sich auf bald flachem, bald hügeligem Boden die gesegnetsten Gefilde aus mit Äckern, Gärten, Wald, Obsthainen und Weinpflanzungen und dringen zungenförmig an den Flußthälern in die Vorkarpathen, Voralpen und den Bakonyer Wald ein.
Die östliche große oder niederungarische Tiefebene (Alföld oder Pester Becken) wird im N. und O. von den Karpathen, im W. von den Voralpen, im S. von den alpinen Vorhöhen und dem Balkan umsäumt, erstreckt sich an der Donau von Budapest [* 4] und an der Theiß von Szatmár bis zum Strompaß von Orsova und nimmt, ein ununterbrochenes Flachland bildend, im ganzen 96,910 qkm (1760 QM.) ein. Ausgedehnte Sumpfstrecken, Torf- und Moorgründe an der Donau und Theiß, unabsehbare Sandflächen, hier und da mit niedrigen Flugsandhügeln, wasser-, baum- und schattenlose Heideflächen, unterbrochen von Grasangern und fruchtbarem Ackerboden, weit auseinander liegende Meierhöfe auf den Pußten (s. d.), wenige, aber weitläufige und volkreiche Ortschaften bilden den Charakter der eigentlichen Heidelandschaft.
Der nördliche Landstrich zwischen Donau und Theiß führt den Namen Kecskeméter Heide; südlich davon, in der sogen. Bácska, liegt das 169 m hohe Plateau von Telecska und südöstlich an der Theißmündung das Titler Plateau; ferner im NO. unterhalb des Theißbogens der Nyir und südlich hiervon die Debrecziner Heide oder Hortobágyer Pußta. Über 600 Flüsse [* 5] und Bäche durchkreuzen Ungarn [* 6] nach allen Richtungen und gehören mit Ausnahme von Poprád und Dunajec, welche der Weichsel zufließen, sämtlich zum Gebiet der Donau, die bei Theben das Land betritt, sich bei Waitzen südwärts bis zur slawonischen Grenze wendet und das ungarische Gebiet bei Orsova verläßt.
Sie nimmt rechts die Leitha, Raab, [* 7] den Sárviz, die Drau mit der Mur und die Save, links die March, Waag, Neutra, Gran, [* 8] Eipel, die mächtige Theiß, die Temes und die Aluta auf. In die Theiß münden rechts der Bodrog, Sajó mit dem Hernád und die Zagyva, links die Szamos, die dreifache Körös und die Maros. Alle Flüsse, insbesondere aber die Theiß mit ihren Nebenflüssen, verursachen durch Überschwemmungen fast jährlich bedeutenden Schaden; um diesen zu verhindern und zur Erleichterung der Schiffahrt wurden seit 1771, besonders aber seit 1845, umfassende Regulierungen vorgenommen und zahlreiche Kanäle erbaut, unter denen der Franzenskanal (zwischen der Donau und Theiß), der Begakanal (zwischen der Bega und Theiß), der Sárviz- oder Palatinkanal (zwischen Stuhlweißenburg [* 9] und Szegszárd), der Albrechtskanal zur Entsumpfung des Bodens im Baranyaer Komitat, der Kapos oder Zichykanal im Tolnaer Komitat und der Siókanal (zwischen Plattensee und Donau) die bedeutendsten sind.
In den Karpathen finden sich viele kleine Seen (Meeraugen), darunter in der Hohen Tatra allein 58 meist sehr romantisch 1260-1990 m ü. M. gelegene Seen. Größere Seen in der Ebene sind der Plattensee, der größte Südeuropas, und der Neusiedler See. Von den zahlreichen Morästen und Sümpfen sind zu nennen: der mit dem Neusiedler See in Verbindung stehende Hanság, der Ecseder Sumpf bei Szatmár, der Sárrét am Berettyó, der Alibunárer, Hoßzuréter Sumpf etc. Die Sümpfe an der Theiß und Donau sind durch Abzugskanäle meist trocken gelegt worden.
Überhaupt ist sowohl von seiten der Regierung als der einzelnen sehr vieles zur Trockenlegung oder doch Einschränkung der Sümpfe geschehen. Für die Theißregulierung allein, um welche sich Graf Széchényi große Verdienste erworben hat, wurden seit 1845 mehr als 26 Mill. Guld. verwendet. Das Ackerland der großen ungarischen Tiefebene besteht zumeist aus schwarzem Thonboden mit mehr oder weniger Humus und ist in manchen Gegenden auch ohne Dünger ebenso fruchtbar wie die zwischen hohen Bergen liegenden lieblichen Thäler (z. B. das äußerst romantische Waagthal). Dagegen gibt es aber auch große unfruchtbare Sandflächen; in der westlichen Ebene erstrecken sie sich nur von Raab und Komorn bis zum Komitat Zala; in der östlichen Ebene jedoch bilden sie, von Waitzen ausgehend, zwischen der Donau und Theiß bis nahe an den Franzenskanal ein wahres Sandmeer.
[Klima.]
Schon die geographische Lage Ungarns, noch mehr aber die Gestalt seiner Oberfläche machen es zu einem klimatisch milden Land. Mit Ausnahme des nach N. geöffneten Popráder Thals ist es vor rauhen Nordwinden durch hohe Gebirge geschützt; im S. aber öffnet es sich den warmen Südwinden, deren oft heftigen Andrang die zahlreichen Gewässer mäßigen. Am Fuß der hohen Karpathen und des Königsbergs (in Gömör), in der Árva, Liptau und Zips reift selbst die Pflaume kaum, und oft bedeckt schon im September Schnee [* 10] den noch stehenden Hafer, [* 11] während 60 km südlicher der edelste Wein gedeiht.
Mitten im ehemaligen Pannonien, das einem fortlaufenden Obst- und Weingarten gleicht, reift in der rauhen Bakony auch die Traube nicht. In Syrmien blüht oft schon im Februar der Haselstrauch, im April überall das Obst, Anfang Mai Roggen und Gerste, [* 12] in den ersten Junitagen der Weinstock, und frisches Grün schmückt acht Monate lang die Wälder, während weiter nach S. zu wieder die rauhe Karpathengegend auftritt. Charakteristisch ist der starke Temperaturwechsel, namentlich der Unterschied zwischen Tages- und Nachtwärme, so im Alföld, wo die Temperatur im Sommer des Morgens nur 45° C. beträgt und mittags auf mehr als 30° steigt; noch größer aber ist der Unterschied der von den Sonnenstrahlen erzeugten Bodenwärme; daher treten dort auch häufig Wechselfieber und andre Krankheiten auf. Im allgemeinen ist aber das Klima [* 13] in Ungarn gesund. Die mittlere Jahrestemperatur bewegt sich zwischen +5,9° und +14° C. und beträgt in Schemnitz 6°, Preßburg 9,6,° Budapest 11°, Klausenburg [* 14] 9,12,° Semlin 11,6,° Fiume [* 15] 14,1°. Eine gewöhnliche Erscheinung ist im Alföld die Fata Morgana, hier Délibáb (»Mittagszauber«) genannt.
Areal und Bevölkerung.
Das Areal von Ungarn samt Nebenländern beträgt 322,940 qkm (5865 QM.), wovon auf das eigentlich Ungarn samt Siebenbürgen 280,387 qkm (5092 QM.), auf Fiume samt Gebiet 20 qkm (0,36 QM.) und auf Kroatien und Slawonien 42,533 qkm (772 QM.) entfallen. Das eigentliche Ungarn wurde früher in administrativer Beziehung in vier Kreise [* 16] eingeteilt und zwar in den Kreis [* 17] a) diesseit und b) jenseit der Donau, c) diesseit und d) jenseit der Theiß. Seit der 1876 erfolgten Einverleibung Siebenbürgens und der Regelung der Munizipalgebiete jedoch teilt man Ungarn in nachstehende sieben Gebiete ein: ¶
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Gebiet und Komitat | Areal QKil. | Einwohner 1881 |
---|---|---|
A. Ungarn mit Siebenbürgen. | ||
I. Am linken Donauufer: | ||
Árva | 2077 | 81643 |
Bars | 2673 | 142691 |
Gran | 1123 | 72166 |
Hont | 2650 | 116080 |
Liptau | 2258 | 74758 |
Neograd | 4355 | 191678 |
Neutra | 5726 | 370099 |
Preßburg | 4311 | 314173 |
Sohl | 2730 | 102500 |
Trentschin | 4620 | 244919 |
Turócz | 1150 | 45933 |
Zusammen: | 33674 | 1756640 |
II. Am rechten Donauufer: | ||
Baranya | 5133 | 293414 |
Eisenburg | 5035 | 360590 |
Komorn | 2944 | 151699 |
Ödenburg | 3307 | 245787 |
Raab | 1381 | 109493 |
Somogy | 6531 | 307448 |
Tolna | 3643 | 234643 |
Veszprim | 4166 | 208487 |
Weißenburg | 4156 | 209440 |
Wieselburg | 1944 | 81370 |
Zala | 5122 | 359984 |
Zusammen: | 43363 | 2562355 |
III. Zwischen der Donau und Theiß: | ||
Bács-Bodrog | 11079 | 638063 |
Csongrád | 4314 | 228413 |
Heves | 3802 | 208420 |
Jazygien etc. | 5374 | 278443 |
Pest-Pilis etc. | 12605 | 988532 |
Zusammen: | 37173 | 2341871 |
IV. Am rechten Theißufer: | ||
Abauj-Torna | 3331 | 180344 |
Bereg | 3724 | 153377 |
Borsod | 3527 | 195980 |
Gömör und Kis-Hont | 4275 | 169064 |
Sáros | 3822 | 168013 |
Ung | 3053 | 126707 |
Zemplin | 6208 | 275175 |
Zips | 3605 | 172881 |
Zusammen: | 31546 | 1441541 |
V. Am linken Theißufer: | ||
Békés | 3558 | 229757 |
Bihar | 10919 | 446777 |
Hajdu | 3353 | 173329 |
Marmaros | 0355 | 227436 |
Szabolcs | 14917 | 214008 |
Szatmár | 6491 | 29309 |
Szilágy | 3671 | 171079 |
Ugocsa | 1191 | 65377 |
Zusammen: | 44456 | 1820855 |
VI. Längs der Flüsse Maros und Theiß: | ||
Arad | 6443 | 303964 |
Csanád | 1618 | 109011 |
Krassó-Szörény | 9751 | 381304 |
Temes | 7136 | 396045 |
Torontál | 9495 | 530988 |
Zusammen: | 34444 | 1721312 |
VII. Siebenbürgen: | ||
Bistritz-Naszód | 4014 | 95017 |
Csik | 4493 | 110940 |
Fogaras | 1875 | 84571 |
Großkokelb. | 3116 | 132454 |
Háromszék | 3556 | 125277 |
Hermannstadt | 3314 | 141627 |
Hunyad | 6932 | 248464 |
Klausenburg | 5149 | 196307 |
Kleinkokelb. | 1646 | 92214 |
Kronstadt | 1797 | 83929 |
Maros-Torda | 4324 | 158999 |
Szolnok-Doboka | 5150 | 193677 |
Torda-Aranyos | 3370 | 137031 |
Udvarhely | 3418 | 105520 |
Unterweißenb. | 3577 | 178021 |
Zusammen: | 55731 | 2084048 |
Ungarn: | 280387 | 13728622 |
B. Fiume samt Gebiet | ||
20 | 20981 | |
C. Kroatien und Slawonien (mit ehem. Militärgrenze). | ||
Komitate: | ||
Lyka-Krbava | 6211 | 174239 |
Modrus-Fiume | 4879 | 203173 |
Agram | 7211 | 419879 |
Warasdin | 2521 | 229063 |
Belovar-Kreutz | 5048 | 219529 |
Požega | 4942 | 166512 |
Virovititz | 4851 | 183226 |
Syrmien | 6870 | 296878 |
Zusammen: | 42533 | 1892499 |
Länder der ungar. Krone: | 322940 | 15642102 |
In Bezug auf die Bevölkerung [* 19] nimmt Ungarn unter den europäischen Staaten die achte Stelle ein. Nach der letzten Volkszählung (1880/81) betrug die Zivilbevölkerung 15,642,102 Seelen (gegen 15,417,324 Seelen im J. 1870). Die Zahl der aktiven Soldaten und Honvéds (Landwehr) belief sich auf 97,157 Mann, daher ergibt sich eine Gesamtbevölkerung von 15,739,259 Seelen. Von 1870 bis 1881 hat dieselbe nur um 1,44 Proz. zugenommen und zwar zumeist nur im W. und in der Mitte des Landes.
Bei den frühern Erhebungen zählte man: 1850: 13,1, 1857: 13,7, 1869: 15,4 Mill. Einw. Ursachen dieser geringen Zunahme waren anfangs die Nachwehen der Freiheitskriege und wiederholte Choleraepidemien, zuletzt jedoch Seuchen, Mißwachs, Auswanderung und enorme Sterblichkeit der Kinder (bis zu 55 Proz.). Die Dichtigkeit der Bevölkerung ist eine mittlere, denn es entfallen auf 1 qkm durchschnittlich 48 Einw. Am dichtesten bevölkert sind die fruchtbaren und minder gebirgigen Landstriche im W. und NW., am gleichmäßigsten das Innere des Landes, am dünnsten der Nordosten, Osten und Südosten. Von der Zivilbevölkerung entfallen auf die beiden Geschlechter:
Männer | Frauen | |
---|---|---|
in Ungarn (samt Siebenbürgen) | 6749646 | 6978976 |
- Fiume samt Gebiet | 9598 | 11383 |
- Kroatien-Slawonien | 589615 | 604800 |
- der ehemaligen Militärgrenze | 354051 | 344033 |
Zusammen: | 7702910 | 7939192 |
In Ungarn, wo auf je 1000 Einw. 10 Ehen, 45 Geburten und 37 Sterbefälle entfallen, gibt es 163 Städte, 1872 Märkte, 15,394 Dörfer und 4152 Pußten, wovon auf Ungarn allein (mit Siebenbürgen) 143 Städte, 1822 Märkte, 10,873 Dörfer und 3917 Pußten entfallen. Die volkreichsten Städte (mit über 20,000 Einw.) sind: Budapest, Szegedin, [* 20] Maria-Theresiopel, Debreczin, [* 21] Hódmezö-Vásárhely, Preßburg, Kecskemét, [* 22] Arad, Temesvár, Großwardein, [* 23] Makó, Klausenburg, Kronstadt, [* 24] Szentes, Fünfkirchen, [* 25] Agram, [* 26] Kaschau, Stuhlweißenburg, Czegléd, Zombor, Miskolcz, [* 27] Nyiregyháza, Kiskun-Félegyháza, Ödenburg, [* 28] Nagy-Körös, Werschetz, Jászberény, Neusatz, Mezötur, Zenta, Raab und Fiume. Die schönsten Dörfer sind jene der Deutschen, der Ungarn und Slowaken; am schlechtesten wohnt der Rumäne und Ruthene.
Nationalität. Religionsverhältnisse.
Unter den verschiedenen Nationalitäten nehmen die Ungarn (Magyaren, s. d.) als die herrschende Nation die erste Stelle ein. Das Übergewicht verdanken sie nicht nur ihrer größern Anzahl (45 Proz.: 6,445,487 Einw.), sondern auch dem Umstand, daß sie die Mitte und zwar den fruchtbarsten Teil des Landes in ungeteilter Masse bewohnen. Der magyarische Volksstamm wohnt dicht zwischen der Donau und Theiß im Alföld (70,9 Proz. der dortigen Bevölkerung), am rechten Donauufer und in den übrigen ebenen Landstrichen im eigentlichen Ungarn; in den siebenbürgischen Komitaten dagegen bewohnen die Magyaren (dort Szekler genannt) die höchst gelegenen Teile in den östlichen Komitaten. Am schwächsten sind sie am linken Donauufer (25,7 Proz.), im Theiß-Maroswinkel (15,6 Proz.) und in Kroatien-Slawonien (3,9 Proz.) vertreten.
Von den übrigen Nationalitäten sind die Slawen am zahlreichsten. Von den Serbokroaten (2,352,339 Einw.) wohnen die Serben zur Hälfte im SO. von Ungarn, zur Hälfte in Kroatien-Slawonien und der ehemaligen Militärgrenze, die Kroaten aber meist in Kroatien; die Slowaken (1,864,529 Einw.) bilden eine kompakte Bevölkerung im N. und NW., mit einzelnen Ausläufern bis tief nach dem Süden (Békés und Csanád); in den östlichen Karpathen von Marmaros bis nach Sáros und bis in die Zips haben sich die Ruthenen (356,062 Einw.) niedergelassen.
Die Rumänen (2,405,085 Einw.), gleichfalls ein kompakter Volksstamm, bewohnen den Osten, Nordosten und Siebenbürgen. Die Deutschen (1,953,911 Einw.) sind fast über das ganze Land zerstreut und meist in den westlichen Komitaten unterhalb der Donau (Wieselburg, Ödenburg, Eisenburg), in den südlichen Landstrichen (Tolna, Baranya, Bács-Bodrog, Torontál, Temes) sowie im südlichen Siebenbürgen (Hermannstadt, [* 29] Groß-Kokelburg, Kronstadt) und in den Komitaten Zips und Bistritz-Naszód ansässig. In den Komitaten Wieselburg, Ödenburg, ¶