Altertumskunde (E.Henßlmann, A. Ipolyi, F.
Romer,
Eugen Nyáry,
FranzPulszky u. a.) zu verzeichnen. Überhaupt hat die geistige
ArbeitUngarns seit den letzten zehn
Jahren sich vielfach der wissenschaftlichen Thätigkeit zugewendet, wenn auch die ungarischen
Männer der exakten
Wissenschaften sich bisher hauptsächlich auf Übersetzung oder Bearbeitung ausländischer Werke verlegten
und mit Ausnahme der um die Erforschung ihres
Landes sehr verdienten Geologen und Archäologen noch keine
selbständigen
Entdeckungen aufzuweisen haben, welche ihnen einen
Platz in der Geschichte des Fortschritts der
Wissenschaft
sichern würden.
Vgl.
Toldy, Geschichte der ungarischen
Dichtung (deutsch,
Pest 1863);
Sprache. Die
Sprache der
Magyaren gehört zu der finnisch-ugrischen Abteilung der großen uralaltaischen Sprachenfamilie
(s. d.). Die
Verwandtschaft derselben mit dem Ostjakischen und Wogulischen am Uralgebirge sowie auch mit
der zweitbedeutendsten
Sprache dieser ganzen
Gruppe, dem
Finnischen, ist so unverkennbar, daß sie schon vor dem Aufblühen
der modernen Sprachwissenschaft in frühern
Jahrhunderten von einzelnen
Gelehrten bemerkt wurde; wissenschaftlich nachgewiesen
ward aber dieser Zusammenhang und die entferntere
Verwandtschaft desUngarischen oder Magyarischen mit
dem
Türkischen und den übrigen
Gruppen des uralaltaischen Sprachstammes erst in den letzten Dezennien.
Die wichtigsten Eigentümlichkeiten, die das
Ungarische mit den uralaltaischen und speziell mit den finnisch-ugrischen
Sprachen
teilt, sind die
Vokalharmonie (s. d.) und das
Prinzip der
Agglutination. Die
Agglutination, d. h. die lose Anfügung einer beliebig
großen
Menge von Beugungssilben an den Wortstamm, der unverändert an der
Spitze des
Wortes stehen bleibt, bewirkt, daß die
magyarische
Sprache wie das
Finnische,
Türkische etc. einen ungeheuern
Reichtum an grammatischen
Formen besitzt.
Weit geringer ist dagegen ihr Wortreichtum, teils deshalb, weil neben ihr noch zu viele andre
Sprachen im
Land sich geltend machen, teils und vorzüglich, weil sie viele
Jahrhunderte hindurch aus den Geschäftsverhandlungen der
Behörden, aus
Kirche und
Schule durch das
Lateinische, aus der gebildeten
Konversation durch das
Französische und Deutsche
[* 5] verdrängt
war. Erst seit dem
TodJosephs II. nahm sie einen höhern Aufschwung, auch ist sie seit Wiederherstellung
der selbständigen ungarischen
Regierung (1867) mit der
Terminologie für sämtliche
Zweige des modernen Kulturlebens ausgestattet.
Die
Schrift ist die lateinische.
LangeVokale werden durch
Accente (á, é etc.) bezeichnet. Für die konsonantischen
Laute reichen
die
Buchstaben des lateinischen
Alphabets nicht aus, weshalb man zu
Zusammensetzungen seine Zuflucht genommen hat.
q, w und x hat man überhaupt nicht mit verwendet und auch c und y nur in
Zusammensetzungen mit andern zur Bezeichnung der
Laute, für welche dem lateinischen
Alphabet eigne
Buchstaben fehlen; doch vertritt y in ältern Familiennamen häufig die
Stelle
des i. Im ganzen hat die
Sprache 24 konsonantischeLaute, welche in folgender
Weise bezeichnet werden: b,
cs, cz, d, f, g, gy, h, j,
k, l, ly,
m, n, ny,
p, r, s (spr. sch), sz (spr. ss), t, ty, v, z (spr.
s), zs (weiches sch,
wie franz. j).
In denLauten gy, ny, ly, ty ist das y keineswegs mit i identisch,
sondern wird als ein mit dem vorhergehenden
Konsonanten innig verschmolzenes j gehört; gy ist ungefähr wie dj zu sprechen.
Im Anfang einer
Silbe verträgt
die u.
S. in der
Regel nie mehr als einen
Konsonanten; in Wörtern mit zwei Anfangskonsonanten,
die sie aus fremden
Sprachen aufgenommen hat, hilft sie sich daher durch Vorsetzung oder Einschiebung
eines Vokals, z. B. asztal (slaw. stol), der
Tisch, király (slaw. kral), der König.
Die älteste ungarische
Grammatik ist die von
JoannesSilvester Pannonius (Sarvár-Ujszigeth 1539). Neuere Werke für den ersten
Unterricht sind die (deutsch verfaßten)
Grammatiken von
Mailáth (2. Aufl.,
Pest 1832),
Kis
(Wien
[* 6] 1834),
Töpler
(7. Aufl., Budap. 1882), M.
Ballagi (magyarisierte Namensform) oderBloch (8. Aufl., das. 1871),
FranzNey (24. Aufl., das. 1888);
eine wissenschaftliche
Grammatik, obgleich im einzelnen bereits veraltet, ist diejenige von M. Riedl
(Wien 1858). Wörterbücher
lieferten
Richter
(Wien 1836, 2 Bde.),Fogarassy
(Pest 1836, 2 Bde.), J. T.
Schuster
(Wien 1838),
Ballagi (5.
Aufl., das. 1882;
Supplement zum deutsch ungar. Teil 1874). Den ganzen ungarischen Wortschatz streng wissenschaftlich
darzustellen, ist das unablässige Bestreben der
UngarischenGelehrtenGesellschaft, deren großes ungarisches
Wörterbuch, von
G.
Czuczor und J.
Fogarassy redigiert (1862-74, 6 Bde.), nun
vollendet vorliegt. Außerdem ist die Ausarbeitung eines sprachgeschichtlichen
Wörterbuchs unter
Aufsicht der linguistischen
Kommission der
Akademie im
Gang.
[* 7] Die Hauptstützen der sprachvergleichenden Durchforschung des Magyarischen sind
PaulHunfalvy
(s. d.) und
JosephBudenz (s. d.) mit ihren zahlreichen durch die ungarische
Akademie veröffentlichten
Studien über die mit
dem Magyarischen verwandten
Sprachen.
Die
Gebirge gehören den
Karpathen und den
Alpen
[* 14] an, zwischen denen die
Donau mit den von ihr durchschnittenen weiten
Ebenen die
natürliche
Grenze bildet. Die
Karpathen (s. d.), das Hauptgebirge des
Landes, beginnen an der
Donau neben der Marchmündung
und umgeben das Land von
NW. nach SO. in einem mächtigen Halbbogen, dessen Wölbung gegen
NO. fällt;
die
Ausläufer der
Norischen und
Karnischen Alpen hingegen schließen das an dem rechten Donauufer gelegene westliche
Berg- und
Hügelland ein und treffen mit ihren Vorbergen an der
Donau bei
Hainburg
(Leithagebirge) und
Gran
[* 15] (Vértesgebirge) mit den
Karpathen
zusammen. Am südöstlichen Ende, beiOrsova, wird die
Donau abermals von den
Ausläufern der siebenbürgischen
Karpathen und des Balkangebirges eingeengt (die berühmte
Klissura mit dem
EisernenThor). Die weite
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mehr
Tiefebene des Landes wird durch die Alpenausläufer in zwei Hälften geteilt, deren kleinere sich gegen W., die größere
gegen O. erstreckt. Die kleine oder oberungarische Tiefebene (PreßburgerBecken), zu beiden Seiten der Donau zwischen Preßburg
[* 17] und Komorn, etwa 12,000 qkm (220 QM.) groß, breitet sich in Eiform aus, liegt 130 m ü. M.,
ist meist von Bergen
[* 18] umschlossen und sehr fruchtbar, besonders der nördliche Teil und die Donauinsel Schütt (s. d.). Im N.
und S. breiten sich auf bald flachem, bald hügeligem Boden die gesegnetsten Gefilde aus mit Äckern, Gärten, Wald, Obsthainen
und Weinpflanzungen und dringen zungenförmig an den Flußthälern in die Vorkarpathen, Voralpen und
den Bakonyer Wald ein.
Die östliche große oder niederungarische Tiefebene (Alföld oder PesterBecken) wird im N. und O. von den Karpathen, im W.
von den Voralpen, im S. von den alpinen Vorhöhen und dem Balkan umsäumt, erstreckt sich an der Donau von Budapest und an der
Theiß von Szatmár bis zum Strompaß von Orsova und nimmt, ein ununterbrochenes Flachland bildend, im ganzen
96,910 qkm (1760 QM.) ein. Ausgedehnte Sumpfstrecken, Torf- und Moorgründe an der Donau und Theiß, unabsehbare Sandflächen,
hier und da mit niedrigen Flugsandhügeln, wasser-, baum- und schattenlose Heideflächen, unterbrochen von Grasangern und
fruchtbarem Ackerboden, weit auseinander liegende Meierhöfe auf den Pußten (s. d.), wenige, aber weitläufige
und volkreiche Ortschaften bilden den Charakter der eigentlichen Heidelandschaft.
Der nördliche Landstrich zwischen Donau und Theiß führt den NamenKecskeméterHeide; südlich davon, in der sogen. Bácska,
liegt das 169 m hohe Plateau von Telecska und südöstlich an der Theißmündung das Titler Plateau; ferner
im NO. unterhalb des Theißbogens der Nyir und südlich hiervon die Debrecziner Heide oder Hortobágyer Pußta. Über 600 Flüsse
[* 19] und Bäche durchkreuzen Ungarn nach allen Richtungen und gehören mit Ausnahme von Poprád und Dunajec, welche der Weichsel zufließen,
sämtlich zum Gebiet der Donau, die bei Theben das Land betritt, sich bei Waitzen südwärts bis zur slawonischen
Grenze wendet und das ungarische Gebiet bei Orsova verläßt.
Überhaupt ist sowohl von seiten der Regierung als der einzelnen sehr vieles zur Trockenlegung oder doch
Einschränkung der Sümpfe geschehen. Für die Theißregulierung allein, um welche sich GrafSzéchényi große Verdienste erworben
hat, wurden seit 1845 mehr als 26 Mill. Guld. verwendet. Das Ackerland der großen ungarischen Tiefebene besteht zumeist aus
schwarzem Thonboden mit mehr oder weniger Humus und ist in manchen Gegenden auch ohne Dünger ebenso fruchtbar
wie die zwischen hohen Bergen liegenden lieblichen Thäler (z. B. das äußerst romantische Waagthal). Dagegen gibt es aber
auch große unfruchtbare Sandflächen; in der westlichen Ebene erstrecken sie sich nur von Raab und Komorn bis zum
KomitatZala; in der östlichen Ebene jedoch bilden sie, von Waitzen ausgehend, zwischen der Donau und Theiß bis nahe an den Franzenskanal
ein wahres Sandmeer.
Schon die geographische LageUngarns, noch mehr aber die Gestalt seiner Oberfläche machen es zu einem klimatisch milden
Land. Mit Ausnahme des nach N. geöffneten PopráderThals ist es vor rauhen Nordwinden durch hohe Gebirge
geschützt; im S. aber öffnet es sich den warmen Südwinden, deren oft heftigen Andrang die zahlreichen Gewässer mäßigen.
Am Fuß der hohen Karpathen und des Königsbergs (in Gömör), in der Árva, Liptau und Zips reift selbst die Pflaume kaum,
und oft bedeckt schon im SeptemberSchnee
[* 22] den noch stehenden Hafer,
[* 23] während 60 km südlicher der edelste Wein gedeiht.
Mitten im ehemaligen Pannonien, das einem fortlaufenden Obst- und Weingarten gleicht, reift in der rauhen Bakony auch die Traube
nicht. In Syrmien blüht oft schon im Februar der Haselstrauch, im April überall das Obst, Anfang Mai Roggen
und Gerste,
[* 24] in den ersten Junitagen der Weinstock, und frisches Grün schmückt acht Monate lang die Wälder, während weiter
nach S. zu wieder die rauhe Karpathengegend auftritt. Charakteristisch ist der starke Temperaturwechsel, namentlich der Unterschied
zwischen Tages- und Nachtwärme, so im Alföld, wo die Temperatur im Sommer des Morgens nur 45° C. beträgt
und mittags auf mehr als 30° steigt; noch größer aber ist der Unterschied der von den Sonnenstrahlen erzeugten Bodenwärme;
daher treten dort auch häufig Wechselfieber und andre Krankheiten auf. Im allgemeinen ist aber das Klima
[* 25] in Ungarn gesund. Die
mittlere Jahrestemperatur bewegt sich zwischen +5,9° und +14° C. und beträgt
in Schemnitz 6°, Preßburg 9,6,° Budapest 11°, Klausenburg
[* 26] 9,12,° Semlin 11,6,° Fiume 14,1°. Eine gewöhnliche Erscheinung
ist im Alföld die Fata Morgana, hier Délibáb (»Mittagszauber«) genannt.
Das Areal von Ungarn samt Nebenländern beträgt 322,940 qkm (5865 QM.), wovon
auf das eigentlich Ungarn samt Siebenbürgen 280,387 qkm (5092 QM.), auf Fiume samt Gebiet 20 qkm (0,36 QM.) und auf Kroatien und
Slawonien 42,533 qkm (772 QM.) entfallen. Das eigentliche Ungarn wurde früher
in administrativer Beziehung in vier Kreise
[* 27] eingeteilt und zwar in den Kreis
[* 28] a) diesseit und b) jenseit
der Donau, c) diesseit und d) jenseit der Theiß. Seit der 1876 erfolgten Einverleibung Siebenbürgens und der Regelung der
Munizipalgebiete jedoch teilt man Ungarn in nachstehende sieben Gebiete ein:
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