Kiptschak, mit welchen Busuruk im
Bund war, wurde von
Jakub niedergeworfen; er setzte Busuruk ab, erhob an seiner Statt Kattatjura,
vergiftete denselben aber schon nach vier
Monaten und setzte Busuruk von neuem als
Chan ein. 1866 u. 1867 hatte
Jakub schon
die
Bezirke von
Kaschgar, Jangi-Hissar,
Jarkand und
Chotan unter seine Herrschaft gebracht. Busuruk wurde
nun abgesetzt und
Jakub als
Chan ausgerufen. Er nannte sich anfangs Herrscher von
»Alti Schahar« (s. d.),
dann von
»Dschiti Schahar«.
Zuerst führte
er denTitel
»Atalik Ghazi« (»Verteidiger des
Glaubens«) und schließlich »Badaulet« (»der
Glückliche«).
Sein einziger Gegner in Kaschgarien blieb Rascheddin in
Aksu, gegen welchen er sich 1867 wandte.
Durch
List kam derselbe in die
GewaltJakubs, wurde getötet und
Aksu genommen, ebenso Kurlja. Mit den
Dunganen wurde ein
Vertrag
geschlossen und die
Grenze zwischen ihnen und Kaschgarien festgesetzt.
Bald waren aber diese mit den
Abmachungen nicht zufrieden,
sie überschritten die
Grenze, waren auch anfangs siegreich, wurden aber schließlich doch von
Jakub geschlagen,
welcher nun
Kunja-Turfan und Urumtschi (1869 bis 1870) in seine
Gewalt brachte.
Ein zweiter wieder niedergeworfener
Aufstand der
Dunganen ließ noch 1872
Manaß in seine
Gewalt kommen. 1872-1876 genoß Kaschgarien
endlich der
Ruhe, und
Jakub wurde von
Türken und Engländern als
Emir anerkannt. Den
Chinesen gelang es mittlerweile,
die
Dunganen nach und nach niederzuwerfen und auch
Manaß und Urumtschi wiederzuerobern. Im
Winter 1876-1877 hielten die
Chinesen
Urumtschi,
Jakub Beg die kleine
Festung
[* 2] Dawantschi besetzt. Die
Truppen des letztern waren in moralischer Beziehung merklich
schlechter geworden: die
Desertion nahm überhand; selbst auf die bis dahin ergebensten
Diener konnte
Jakub
nicht mehr rechnen.
Die
Überläufer wurden von den
Chinesen sehr freundlich aufgenommen. Am rückten die
Chinesen aus Urumtschi gegen
Diwantschi aus; nach dreitägiger schwacher
Verteidigung ergab es sich, ebenso Kunja-Turfan. Mit den Gefangenen verfuhr der
chinesische Oberbefehlshaber Lutscha darin sehr geschickt, daß er sie zum Teil wieder freiließ und
ihnen versicherte, daß er lediglich
Krieg mit
Jakub Beg führe. Um die Verbreitung dieser Nachrichten zu verhindern, wurde
ein großer Teil der zurückgekehrten Gefangenen auf das Geheiß des Badaulet ermordet.
Diese Maßregel erregte in ganz Kaschgarien den bittersten
Haß gegen den
Chan. Am war
Jakub
gegen seinen
Sekretär
[* 3] Chamal wegen Nichterfüllung gegebener Befehle so aufgebracht, daß er ihn tötete. Mit seinem Schatzmeister
Sabir Achun wollte er ebenso verfahren, wurde aber plötzlich vom
Schlage getroffen. Der
Sprache
[* 4] und des
Bewußtseins beraubt,
starb
Jakub Beg29. Mai 2
Uhr
[* 5] morgens (daß er von seinem Sohn getötet oder sich selbst vergiftet, sind
Fabeln).
Jakub hinterließ drei
Söhne, Bik Kuly
Beg, Chak Kuly
Beg und Chakim
Chan Tjurja. Chak Kuly
Beg wurde, als er mit der
Leiche seines
Vaters auf dem Weg nach
Kaschgar war, von dem Abgesandten seines ältesten
Bruders, Machmed-siapanssat,
ermordet. Kaschgarien stand nunmehr unter drei Herrschern: in
Kaschgar regierte Bik Kuly
Beg, in
Aksu Chakim
Chan Tjurja und
in
ChotanNiasBeg. Anfang
Oktober war Bik Kuly
Beg nach Besiegung der beiden andern Alleinherrscher. Aber auch er verließ als
Flüchtling das Land, das unter
Jakub Beg eine so große
Rolle zu spielen begann, als Anfang
Dezember die
Chinesen gegen
Kaschgar zogen.
Mit ihrem Einzug hier sind sie wieder
Herren des
Landes geworden: Kaschgarien ist jetzt vollständig in
den
BesitzChinas übergegangen.
Forsyth,
Report of
a mission to
Yarkand
(Kalk. 1875; deutsch
im
Auszug, Gotha
[* 7] 1878), und besonders
Kuropatkin, »Kaschgarja, historisch-geographischer Abriß« (russ.,
Petersb. 1879; engl. Ausg., Lond.
1883).
(Turkomanen,Türkmen, vom
EigennamenTürk und dem
Suffix men, »schaft«, also »Türkenschaft«),
der Gesamtname für mehrere zum türkischen
Zweig der
Altaier gehörige Volksstämme, deren Wohnplätze
und Ernährungsquellen sich in dem anbaufähigen Land finden, das einem
Ringe gleich die in dem
Raum zwischen dem
KaspischenMeer und dem
Amu Darja gelegene ungeheure Sandwüste
Karakum umschließt. Die Turkmenen zerfallen in verschiedene
Stämme,
Zweige,
Geschlechter
und
Familien, die nicht selten sich feindlich gegenüberstehen; ihre Rasseneinheit haben sie aber dennoch
treu bewahrt.
Ursprünglich waren wohl alle Turkmenen
Nomaden; doch haben die Beschränkung ihres Weideterrains sowie ihre Einengung durch die
sie umgebenden
Staaten, besonders Rußland, einen Teil derselben zu Ackerbauern gemacht. Oft nomadisiert der eine Teil der
Glieder
[* 8] einer
Familie, während der andre
Ackerbau treibt und ansässig ist. Die
Nomaden heißen Tschorwa,
die Angesessenen Tschomur. Verliert ein Tschorwa seine
Kamele
[* 9] und
Schafe,
[* 10] so wird er Tschomur, während auch umgekehrt ein
Tschomur wieder zu einem Tschorwa werden kann. Die einzelnen
Stämme sind:
1) Die Jomuden, deren einer Hauptzweig, die
Kara Tschuka, zwischen denFlüssenAtrek und Gurgen, der andre,
Bairam-Schali (20,000 Kibitken), ganz in
Chiwa lebt. Die
Kara Tschuka zerfallen in die 8000 Kibitken zählenden Dschafarbai
mit 2 Untergeschlechtern und 10
Familien und die Atabai (7000 Kibitken) mit 7 Untergeschlechtern. Erstere gelten für russische,
letztere für persische
Unterthanen. Von beiden zusammen gehören etwa 6000 Kibitken zu den Tschomur,
welche neben
Ackerbau noch
Fischerei
[* 11] treiben.
4) Turkmenen verschiedener
Stämme, besonders Igdyr, leben auf der
Halbinsel Mangyschlak vom
KaraBugas bis zum
Kap Tjub Kargan, etwa 1000 Kibitken
stark. Während der
Ackerbau der kaspischen Tschomur sich hauptsächlich am
Atrek und Gurgen konzentriert
und hier die
Ernten in guten
Jahren oft das 20., ja das 30.
Korn geben, ist das Dorf Hassan
Kuli der
Mittelpunkt der
Fischerei.
Salz wird aus
Seen, Salzmooren und Steinsalzlagern gewonnen, jedoch nicht in bedeutendem
Maß;
Persien
[* 14] und
auch
Transkaukasien bilden das Absatzgebiet. Die Naphthaproduktion gewinnt immer bedeutendern
Umfang, seitdem es den Einwohnern
gestattet ist, ihre
Anteile an den Naphthabrunnen
Industriellen in
Pacht zu geben.
5) Goklanen, persische
Unterthanen, nomadisieren östlich von den Jomuden zwischen
Atrek und Gurgen in der
Stärke von etwa 4000 Kibitken,
während etwa 2000 in den Grenzstrichen von
Chiwa leben; sie teilen sich in 6
Zweige: die
Gaï mit 25, Bajandyr
mit 6, Kyryk
¶
6) Die Tschoudoren leben in etwa 12,000 Kibitken in den Grenzstrichen Chiwas.
7) Dem linken Ufer des Amu Darja weiter aufwärts folgend, leben die Sakar, 3000 Kibitken, 20 km oberhalb der bocharischen
Stadt Tschardschui, und
8) die 30,000 Kibitken zählenden Erssary mit 4 Geschlechtern; sie sind mehr oder weniger von Bochara abhängig und erstrecken
sich bis Afghanistan.
[* 16]
ihre Gebiete wurden dem
transkaspischen Bezirk einverleibt.
10) Die Saryk bewohnen die südöstlich von Merw am Murghab gelegenen Landschaften Juletan und Pandsh-Dech;
12,000 Kibitken in 5 Geschlechtern mit 16 Familien; sie treiben Garten- und Ackerbau und leben mit den Merw-Teke in Feindschaft.
11) Die Salyr, 3000 Kibitken, hatten sich in der persischen LandschaftSur-Abad niedergelassen, verlegten dann ihren Wohnsitz
nach Alt-Sarachs am Heri-Rud, wurden hier aber von den Merw-Teke überfallen, mit ihrer ganzen Habe fortgeschleppt
und diesen einverleibt. Im ganzen beziffert sich somit die Stärke aller Turkmenen auf 900,000-950,000, auch wohl 1 Mill. Köpfe.
Alle Turkmenen betrachten den Raub als eine vollständig gestattete Erwerbsquelle; sie leben deshalb in fast steter Feindschaft untereinander,
sind aber besonders eine entsetzliche Geißel für die benachbarten Völkerschaften, zumal wenn sie als
Sunniten den Schiiten gegenüberstehen. Nachdem aber Rußland bis in das Herz Turkmeniens vorgedrungen ist, wird diesen Räubereien
wohl bald ein Ziel gesetzt werden, zumal wenn Persien in seinen Nordprovinzen einen größern Widerstand leistet, als dies jetzt
der Fall ist.
Das einzige, was die Turkmenen achten, ist die Macht der Stärke und das Adat, das uralte Gewohnheitsrecht. Die
Stämme wählen wohl aus ihrer Mitte Chane; doch haben diese keinerlei Gewalt, wenn sie auch durch persönliche Vorzüge zuweilen
bedeutenden Einfluß ausüben. Die Mollas sind wenig geachtet, wie überhaupt die Turkmenen sich leicht über
die Lehren
[* 17] des Korans hinwegsetzen. Je mehr aber die seßhafte Lebensweise Platz greift, desto mehr werden die Turkmenen auch
einer gesellschaftlichen Ordnung zugänglich werden.
Die den Frauen zugestandene geachtete Stellung, die Liebe zu den Kindern, das Halten des gegebenen Wortes und stete Gastfreiheit
sind als Charaktereigenschaften hervorzuheben. Dabei sind sie äußerst mäßig. Ein magerer, zäher
Körper, fast bronzefarbige Gesichter mit kleinen, tief liegenden Augen, schwarze Haare,
[* 18] ungewöhnlich weiße Zähne,
[* 19] lange Bärte
kennzeichnen das Äußere. Das nationale Kostüm
[* 20] besteht aus einem weiten, langen Gewand, je nach dem Stand von Seide
[* 21] oder einem
andern Stoff, und hohen Lammfellmützen, welche die Frauen durch einen um den Kopf gewundenen
Shawl ersetzen.
Letztere lieben und tragen viel Schmuck und verhüllen sich nicht. Zur Wohnung dient die Filzjurte, in welcher die Frauen frei
schalten. Gewöhnlich hat der Turkmene zwei Frauen, für welche er einen gewissen Kaufpreis zu zahlen hat. Die Ehe kann aber
willkürlich gelöst werden. Ackerbau, Gartenbau, Fischerei, Viehzucht
[* 22] sind je nach den Wohnplätzen die
Hauptbeschäftigungen. Die Jagd wird nicht sehr kultiviert. Die Industrie beschränkt sich auf Anfertigung von Reitzeug, Kamelhaartuch,
Ackergerätschaften etc.; die Fischerboote, in Hassan Kuli gefertigt, und die Teppiche der Teke haben einen großen Ruf.
Vorläufig ist von Handel noch keine Rede, daß aber die Transkaspische Eisenbahn in dieser Beziehung einen
Umschwung hervorbringen wird, dürfte kaum bezweifelt werden.